Ich kann dem Artikel fast Wort für Wort zustimmen, bis auf einen Einwand bzgl. Bob Dylan. Dieser Künstler hat den Preis nicht als Rockmusiker bekommen sondern er erhielt ihn für seine überragenden Texte. Man lese nur die Frühwerke ” Masters of war”, ” The Times they are a-changing” oder “Like A Rolling Stone”. Diese tiefgründigen Lyrics sind gehaltvoller und ausdrucksstärker als vieles was in den letzten Jahren von zurecht unbekannten “Dichtern” aus der Dritten Welt produziert und schon längst wieder vergessen wurde.
Abgesehen von der absoluten politischen Geschmacklosigkeit solcher als Künstler bezeichneter stammelnder Krachmacher zeigt der ganze Rummel einer solchen Preisverleihung nur die absolut morbide Geistesverfassung großer Teile der Gesellschaft. Bei uns gabs immer den Frageschnelltest bei solchen Leuten: “Würdest du dem einen Gebrauchtwagen abkaufen?” Die Frage kann sich jeder selbst beantworten. Im übrigen hatte Albert Schweitzer ganz recht, wenn er sagte: Mit 20 hat man das Gesicht, das einem Gott gegeben hat, mit 40 das Gesicht, das einem das Leben gegeben hat und mit 60 das, welches man verdient.
Ich finde, Sie machen es sich zu einfach, Herr Rietzschel. Dass man irgendwann auf die Idee kam, der äußere Schein sage nichts darüber aus, wer jemand ist, war nicht ganz unbegründet: Die Herren, die vornehm und mit weißem Kragen Sonntags in die Kirche gingen, ließen in der Woche in ihrer Funktion als Mafiaboss vielleicht Leute umbringen. Oder sie waren im dritten Reich Nazis gewesen und haben Unrechtsurteile zu verantworten oder ähnliches (siehe Filbinger und Konsorten). Herr Assad sieht auf den Bildern, die ich kenne, wie ein netter Herr aus. Und Abbas wirkt eher wie ein harmloser alter Mann auf mich. Des weiteren sehe ich oft Männer mit Migrationshintergrund, modern gekleidet, und ich denke: Das wird kein konservativer Muslim sein. Dann erblicke ich seine verschleierte Frau…. Die Behauptung, dass man am “stumpfen Gesichtsausdruck” den Verbrecher erkenne, ist ein Rückfall in voraufklärerische Zeiten. Heute weiss man: Der persönlichen Wahrnehmung ist nur bedingt zu trauen.
Ich halte ja viel von der Stellvertreter-These, Asi-by-proxy gewissermaßen. Die sedierten Gesellschaftsschichten brauchen Typen, die stellvertretend Aggression und Rowdytum ausleben, sowohl physisch wie intellektuell. In zivileren Formen passiert, scheint mir, folgendes: man sitzt zusammen, unterhält sich über die Lage (DIE ZEIT liegt auf dem Beistelltischchen). Einer, z. B. ich, äußert Bedenken, schildert Erfahrungen aus dem öffentlichen Raum, dem ÖPNV, oder Unwohlsein angesichts der Messermeldungen. Abstrafung folgt qua entsetztem Schweigen, Aufschrei, vielsagender Blicke. Ich bin ziemlich sicher, man war froh, daß einer ausgesprochen hat, was man selber denkt. Damit ist das erledigt. Man kann es sich wieder mit seinem Latte Macchiato gemütlich machen.
Nur der gänzlich Dumme misstraut dem äußeren Schein. Oder für Religiöse: Hüte dich vor Denen, die Gott persönlich gezeichnet hat.
Mit der “Ehrung” der antisemitischen Rapper (- darunter ein zum islam konvertierter Deutscher, der andere ein in Spanien geborener Deutscher marokkanischer Abstammung) hat sich die ganze Scheinheiligkeit der Berliner Gutmenschen gezeigt: Antisemitismus und Gewaltverherrlichung ist ok, wenn die Täter sich als links gebärden und dazu den Minderheiten.-Bonus haben. (Wobei sich der Erstgenannte seinen Bonus durch seinen neuen Glauben erworben hat.) Äusserungen, die bei Heimat-Deutschen sofort als rassistisch und nazistisch entlarvt worden wären, erfahren von der Medien-Branche eine offizielle Ehrung. (Kleiner Tip an Antisemiten: Konvertiert vorher zum Islam, dann dürft Ihr ...)
Die Kultur der Preisverleihung lehne ich schon seit Jahren ab. Die Art der Inszenierung, die Selbstzelebrierung, die angebliche Preiswürdigkeit samt Begründung - zu oft eine Fragwürdigkeit ... der Lobbyismus dahinter bzw. die politische Funktion. Der deutsche Musikpreis “Echo” ist durch seine Nominierungs- und Vergabepraxis schon lange und mehrfach diskreditiert - dennoch gibt es ihn weiterhin. Jeder Auftretende blamiert sich also zwangsläufig. Campino überlegte immerhin, “ob es sinnvoll ist, überhaupt hierhin zu kommen”, entschied sich dann aber für den “Echo” und gegen einen Boykott (“Wer boykottiert, der kann nicht mehr diskutieren ...”), sowie für ein moralisches Plädoyer und gegen Kollegah & Farid Bang. Somit ist der Echo-Preisträger Campino ein Teil des Problems. Warum? Er hätte den Veranstaltern und dem siebenköpfigen Echo-“Ethikbeirat” den skandalösen Entschluß vorwerfen müssen, an der Nominierung der Antisemiten-Rapper festzuhalten. Und er hätte dem Sender VOX eben wegen dieses ethischen Bankrotts die Ausstrahlung vorwerfen können. Doch als millionenschwerer Punk-Rocker (eigentlich ein Widerspruch in sich) bleibt Campino auch mit seiner kritischen Attitüde handzahm genug - er will es sich verständlicherweise mit der Branche nicht verscherzen. Daß der Islam-Konvertit Kollegah ein Antisemit ist, davon konnte sich, wer wollte, schon 2016 durch “Kollegah’s Trip to Ramallah” überzeugen. Diese Doku läßt keine Zweifel offen. Text und Video zum neuen Song “Apokalypse” oder die inkriminierte Zeile aus “0815” sind nur weitere Belege für den Befund. Antisemitismus wird in der deutschen Kulturszene wieder preiswürdig. Schauderhaft!
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