Roger Letsch / 16.12.2022 / 14:00 / Foto: Carl Spitzweg / 48 / Seite ausdrucken

Gerüchte über mein Ableben

Ich habe „Corona“. Ungepikst, wie ich bin, erwarte ich nun selbstverständlich mein rasches Ableben und möchte die Zeit bis zum Kondolenzschreiben meines fürsorglichen Gesundheitsministers damit überbrücken, dass ich Protokoll führe, wie mich die Seuche dahinrafft.

Die erste Infektion vor ziemlich genau zwei Jahren hatte mich für eine Woche aus den Socken gehauen. Das Original, Wuhan-Style, nicht so leicht zu kriegen, aber schwer wieder loszuwerden. Es folgten zahlreiche verpasste Gelegenheiten, bei denen in meinem Umfeld Familie und Freunde sich das „Hohe C“ einfingen, ich jedoch nicht. Nun die Überraschung in Form eines positiven Selbsttests. Die Nase lief und ich dachte, was, wenn es jetzt mal zur Abwechslung keine Erkältung ist? Es brauchte keine 10 Sekunden, um im Ergebnisfensterchen den zweiten, roten Balken zu erzeugen. Bingo!

Ungepikst wie ich bin, erwarte ich nun selbstverständlich mein rasches Ableben und möchte die Zeit bis zum Kondolenzschreiben/Grinsen (nicht Zutreffendes bitte streichen) meines fürsorglichen Gesundheitsministers damit überbrücken, dass ich Protokoll führe, wie mich die Seuche dahinrafft. Opfer müssen gebracht werden für die Wissenschaft!

Tag 1

Wie gesagt, die Nase lief. Deshalb ja der Test, den ich eher aus einer Laune heraus machte und nicht, weil ich mich irgendwie krank fühlte. Am späten Abend dann leichter Temperaturanstieg, jedoch kein Fieber. Ansonsten symptomfrei.

Tag 2

Gut geschlafen. Kein Fieber, Nase läuft kaum noch, leichter, trockener Husten. Verstörender Appetit auf Hörnchen und Marmelade, esse sowas sonst so gut wie nie. Der Lauterbach und die Chinesen stecken also auch mit Zentis und Schwartau unter einer Decke! Weil nichts anderes im Kühlschrank war, kann der Heißhunger aber auch diesem Umstand geschuldet sein und der Minister hat (außer gegenüber Pfizer und Moderna) gar keine anderen Lobbypflichten. Keine Beeinträchtigung von Geruchs- und Geschmackssinn, der Kaffee schmeckt wie immer und das ist das Wichtigste.

Später an Tag 2

Kein Husten mehr. Dennoch werde ich sterben, das ist gewiss. Wenn nicht an Covid, dann doch an Langeweile. Nicht dass es mir an Aufgaben mangelt, es ist nur so öde, ständig in sich hineinzuhören, um nicht zu verpassen, ob sich da doch noch irgendwas Berichtenswertes ereignet. In mir drin ist sterbenslangweilig wenig los. Es ist wohl nicht zu leugnen, dass ich gerade symptomlos schwer krank bin, und das macht mich verrückt! Moment, war da nicht gerade… Aber nein, da war nichts. Das Fieberthermometer kooperiert auch nicht mit dem Gesundheitsminister, es zeigt 36,5 °C.

Tag 3

Der leichte Husten ist wieder da. Es ist wohl eher ein Hüstelchen. Aus Sicht des Virus bin ich eine totale Enttäuschung, weil ich, obwohl ich mich doch sonst gut fühle, nicht unter Leute gehe. Deshalb macht auch ein weiterer Test keinen Sinn, den gibt’s dann morgen. Für den Moment ist aber Schluss mit den Selbstbetrachtungen, ich habe zu tun.

Tag 4

Test positiv, Symptome keine. Es schneit. Passt zur Stimmung. Schokolade. Alles ist leichter mit Schokolade! Erste Mitleidsbekundungen gehen ein, und die Stimmung steigt wieder etwas an, als es mir gelingt, Befürchtungen, mein Ableben betreffend, zu zerstreuen. Seltsam ist das schon, denn jeder, dem ich von der Sache erzähle, geht davon aus, dass es mir hundsmiserabel gehen muss. „Aber du bist doch nicht geimpft, oder?“ höre ich und spüre die Verwirrung bei den Leuten. Ich unterstehe mich, in der Sache weiter zu argumentieren und lasse die Logik einfach schweigend ihre Arbeit tun.

Tag 5

Neuer Tag, neuer Test. Das muss dieses Long Covid sein, von dem alle sprechen, denn ich hab’s nun schon viel zu lange, wie ich finde. Immerhin: Der rote Strich ist kaum noch zu sehen. Außer Lagerkoller keine Symptome.

Tag 6

Seit fünfzehn Minuten starre ich auf das kleine Testfenster. Keine Linie beim „T“, der Spuk ist vorbei. Außer am ersten Testtag war auch nicht der Hauch einer Veränderung zu spüren. Von Bedrohlichkeit ganz zu schweigen. Lauterbach muss leider darauf verzichten, eine weitere Kerbe in den Pfosten seiner misslungenen Amtszeit zu schnitzen, weil ich unbelehrbarer Verweigerer seiner höchst fragwürdigen Anweisungen mich weigerte, den Prognosen des Bundesministers folgend, qualvoll abzunippeln oder die Kliniken zu verstopfen. Statt dieser letzten Worte: „Hätte ich mir doch nur den ersten, zweiten, dritten, vierten und den aktuellen Piks geholt, wäre es weniger schlimm gekommen“ sind es nur folgende, mit denen ich diese kleine Selbstbetrachtung abschließen möchte: „Hätte ich doch nur den blöden Test nicht gemacht!“

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog.

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Leserpost

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Andreas Müller / 16.12.2022

Obacht, Herr Letsch. Nach Montgomery könnte dieser Beitrag als das Tagebuch eines Tyrannen ausgelegt werden. Bringen Sie eine eventuell vorhandene Cordhose zur Altkleidertonne, zahlen Sie Ihr Bargeld bis auf weiteres bei der Bank ein und deponieren Sie Ihre Küchenmesser vorübergehend bei den Nachbarn. Bleiben Sie gesund !

Thomas Szabó / 16.12.2022

Ein Freund von mir war von Haus aus kränklich und nahm viele Medikamente von vielen Ärzten. Sein Zustand verschlimmerte sich. Eines Tages riet ihm ein humanistisch gesinnter Arzt die ganzen Medikamente abzusetzen. Er tat es und er wurde wie durch ein Wunder wieder gesund! Sein Vertrauen in die Ärzte und in die Wissenschaft hatte sich bezahlt gemacht! Dann verloren wir uns für eine Weile aus den Augen. Kürzlich wollte ich ihm zu seinem 49 Geburtstag gratulieren. Leider habe ich seine Beerdigung im Vorjahr verpasst.

A. Ostrovsky / 16.12.2022

Herr Letsch, der C-Virus ist christlich, wie alles mit C. Am siebten Tag ruht er.

Thomas Szabó / 16.12.2022

Lieber Herr Gesundheitsminister. Ich habe seit Anfang der Corona-Pandemie immer dieselben Symptome, nämlich gar keine. Steht es sehr schlimm um mich?

S. Andersson / 16.12.2022

Wer testet, stirbt…. oder auch nicht. Wer dem Lappen immer noch lauscht, der hat den Schuss tatsächlich nicht gehört. Ich wäre jetzt aber vorsichtig. Wenn Kalle das liest… wer weiss was dem dann noch ein fällt. Dem ist alles zu zu trauen…. also beim abendlich Spazieren gehen immer schön um gucken. Man weiss ja nie….

Claudius Pappe / 16.12.2022

Musste mich wegen Krankenhausbesuchen Testen lassen, bei -7 Grad 30 Minuten am Container eigentlich eine schöne Gelegenheit sich einen Schnupfen holen zu können. Test negativ, keinen Schnupfen, immer noch ungeimpft, und als Ungeimpfter oute ich mich im Krankenhaus nicht mehr. .........Die Deutschen sind DUMM.

A. Ostrovsky / 16.12.2022

Sterbeleugner, pfui!

D. Schmidt / 16.12.2022

LOL, Genauso stellte sich der Verlauf bei mir auch dar. Am letzten Montag habe ich mir dafür eine dicke Grippe eingefangen als ich 1 Std. bei frostigen Temp. auf einen Bus wartete der nicht kam. Also ich muss schon sagen. Die Grippe haut mich voll aus den Latschen. Aber Corona dagegen war eher ein Witz.

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