Ramin Peymani, Gastautor / 09.03.2020 / 10:00 / Foto: Martin Kraft / 61 / Seite ausdrucken

Franziska Giffey als Ministerin für Volksbildung

Eineinhalb Jahre ist es her, dass Franziska Giffey erstmals mit der Forderung aufwartete, es müsse ein neues Gesetz her, um die Demokratie zu stärken. Sie bemühte sich, unverdächtig zu klingen, als sie darauf pochte, „dass es auch die Aufgabe des Staates sei, die demokratische Bildung junger Menschen auf allen Ebenen zu organisieren“. Aufmerksame Zeitgenossen wussten allerdings sofort, was die Bundesfamilienministerin meinte. Ihr Vorstoß folgte den „Hetzjagden“, die es angeblich kurz zuvor in Chemnitz gegeben hatte.

Plötzlich diskutierte ein ganzes Land über den Ausländerhass, der sich nach Meinung der Medieneifrigen vielerorts ausgebreitet hatte. Giffey diagnostizierte seinerzeit richtig, dass immer mehr Menschen das Gefühl hätten, „von denen da oben nicht wahrgenommen zu werden“. Dass eine noch aufdringlichere Indoktrinierung Abhilfe schaffen soll, ist jedoch reichlich skurril. Schon heute gibt es unzählige Förderprogramme, mithilfe derer allerlei Organisationen und Initiativen politische Bildung vermitteln. Unter anderem fließen mehr als 115 Millionen Euro jährlich aus Steuermitteln in viele Tausend im Bundesprogramm „Demokratie leben“ gebündelte Projekte zur Demokratieförderung und Extremismusprävention.

Dabei ist allerdings nur ein Bruchteil des Geldes für den Kampf gegen linken Extremismus vorgesehen – nicht einmal zwei Prozent der Fördersumme. Daneben ist die Bundeszentrale für politische Bildung aktiv, insbesondere im schulischen Umfeld. Sie allein verfügt über ein Haushaltsvolumen von beinahe 65 Millionen Euro. Von einer Unterversorgung im Bereich der politischen Bildung kann angesichts dieser Fakten also beim besten Willen keine Rede sein.

Lobbyistin einer ganzen Industrie

Dennoch lässt die ehemalige Bezirksbürgermeisterin von Berlin-Neukölln nicht locker. Sie will ihr „Demokratiefördergesetz“ noch in der laufenden Legislaturperiode zum Leben erwecken. Eines ihrer Hauptanliegen ist die Umstellung der zeitlich befristeten Förderung auf eine dauerhafte Zuwendung. Unverhohlen betätigt sich Giffey dabei als Lobbyistin einer ganzen Industrie, die davon lebt, dass der Staat sie mit dreistelligen Millionenbeträgen versorgt, und die nichts mehr hasst als die regelmäßige Überprüfung ihres Gebarens. Denn es geht nicht nur um ideologische Motive, sondern vor allem um handfeste Wirtschaftsinteressen. Zu den aktuellen Verlieren gehört der Paritätische Gesamtverband, der beleidigt ist, weil 70 seiner Mitgliedsorganisationen für ihre Flüchtlingsprojekte ab 2020 keine neuen Fördermittel mehr erhalten haben.

Giffey will allerdings nicht nur die Finanzierung umstellen, sondern auch gesetzlich regeln lassen, was der Demokratie dient. Sie zielt auf die „Krebsgeschwüre mit dem Namen Rassismus, Extremismus und Menschenfeindlichkeit“. Nach einem entschlossenen Kampf gegen jegliche Form von Extremismus klingt das nicht. Dazu passt, dass sie ihre Forderung stets nach Straftaten erneuert, für die rechtsextreme Urheber verantwortlich gemacht werden. Nach islamistischen Terrorattacken meldet sich die SPD-Ministerin hingegen ebenso wenig zu Wort wie nach linksextremen Großstadt-Feldzügen. Es ist daher nicht schwer zu erraten, welche gesetzlichen Regelungen sich Giffey wünscht. Dabei bedarf es derlei gar nicht, denn es gibt klare Förderrichtlinien und eine aus gutem Grund regelmäßig erfolgende Überprüfung.

Noch bleibt es Giffeys Wunschtraum, ihre Vorstellung von Demokratie per Gesetz zu verordnen. Und doch findet sie beim Berliner Koalitionspartner bereits Gehör: CSU-Minister Seehofer unterstützt das Ansinnen. Aus der eigenen Bundestagsfraktion bläst ihm deshalb heftiger Gegenwind ins Gesicht. „Demokratie kann nicht per Gesetz verordnet werden“, empören sich die Abgeordneten, die wohl nicht zu Unrecht befürchten, der Bundesfamilienministerin gehe es eher um linke Volkserziehung als um allgemeine politische Bildung.

Man muss allerdings kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass der Widerstand bald bröckeln wird. Neben dem immer lauter werdenden Chor der „Kämpfer gegen Rechts“, der überall dort Gefahr wittert, wo linke Narrative hinterfragt werden, ist eine grundsätzliche Tendenz der Politik zu beobachten, die Demokratie durch Automatismen auszuhöhlen. Je seltener Beschlossenes auf den Prüfstand muss, je weniger Gremien mitwirken und je geräuschloser die Umsetzung gelingt, desto leichter lässt es sich regieren.

Dies gilt erst recht für die Finanzierung des als „Zivilgesellschaft“ gefeierten linken Milieus. Giffeys Idee einer staatlich verordneten politischen Bildung weckt Erinnerungen an die Staatsbürgerkunde in der ehemaligen DDR. Und auch wenn die 41-Jährige damals zu jung war, wird sie sehr genau wissen, wie „effektiv“ das staatliche Instrument wirkte. Franziska Giffey wollte übrigens mal Lehrerin werden. Eine schwere Erkrankung durchkreuzte ihre Pläne. Nun scheint es, als könne sie ihren Traumberuf mit einiger Verspätung und über Umwege doch noch ausüben. Und ein neues Schulfach hat sie gleich mit im Gepäck. Die Staatsbürgerkunde.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Ramin Peymanis Liberale Warte

Foto: Martin Kraft CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Armin Hoffmann / 09.03.2020

nie unterrichtende Lehrer mit Studienabschluß und Theologen-Tanten - noch schlimmer - ohne Studienabschluß, Berufslose und Studienabbrecher aller Couleur verderben dieses Land mit ihren großen, lauten Reden - Seelenlose Schreihälse und -hälsinnen ... Hennig-Wellsow ... Giffey ... Göring-Eckhardt ... Roth ... “Joschka” (!) ... Ziemiak ...

Friedrich Richter / 09.03.2020

@Veronika Deutsch: Ich habe damals hingehört, und ich habe meine Wut in mich hineingefressen. Ich weiss noch genau, wie ungesund das “Zwiedenken” und “Zwiesprechen” war. Leider war und bin ich kein Held, und studieren wollte ich auch. Zum Glück wachsen meine Kinder woanders auf. Unser Auswandern hatte damals andere Gründe, erweist sich aber heute als eine unserer besseren Ideen.

G.Schilling / 09.03.2020

@Petra Wilhelmi: Genau richtig. Wie heißt es doch im Volksmund: Die dümmsten Kälber wählen ihren Metzger selber.

Sam Lowry / 09.03.2020

“Money makes the world go round” (Bill Gates?). Jedenfalls würde mich mal brennend interessieren, warum der Liter Super immer noch 1,40 Euro kostet, obwohl sich der Ölpreis in den letzten 3 Monaten fast halbiert hat. Wer zockt denn da die Milliarden ab???

Fritz kolb / 09.03.2020

Ein Albtraum alleine schon, ihre Barbie-Stimme hören zu müssen. Ein Albtraum zu vermuten, daß die Ehefrau eines beamteten Betrügers von dessen Machenschaften gewusst haben könnte. Ein Albtraum, daß diese Frau ihr Amt schamlos dazu missbraucht, alles rechts von den Sozen zu stigmatisieren. Die Frau gehört genau so wie die SPD insgesamt auf die harte Oppositionsbank und nicht in Regierungsverantwortung. Und das möglichst schnell.

Arnd Siewert / 09.03.2020

Ja ja - die Damen und Herren des Bundestages, die gut (allimentiert) und gerne in unserem Lande leben! Früher musste eine rechte Scene durch Geld vom VFS gepäppelt werden und heute lebt die linke Gutmenschindustrie von Steuergeld “im Kampf gegen rechts” und als Weltenretter der Menschheit - Flüchtende/Klima und das alles nur auf Staatsknete, sprich Steuergeld. Wie gut und gerne wenn andere bezahlen - paradisisch, man beschliesst einfach und die Kohle fliesst! Ohne Rücksicht auf Verluste - Politik bis der Abgrund zuschnappt.

Wolf Kull / 09.03.2020

Vor vielen, vielen Jahren gab es einmal eine freiheitliche demokratische Grundordnung in Deutschland. Seit einiger Zeit ist zu beobachten, dass das Freiheitliche nicht mehr existiert. Die Ordnung des Grundgesetzes, so wie sie einmal z. B. von Carlo Schmid u. a. verstanden wurde, überließ es dem Einzelnen, die Ordnung zu akzeptieren oder auch abzulehnen. Eine Erziehungsdemokratie ist nach dem GG zutiefst verfassungswidrig, da sie sich gegen das Freiheitliche wendet. Da scheint es besonders bei Poltikern aus dem Osten, aber nicht nur bei solchen, einiges an Verständnisdefiziten zu geben. Vermutlich war es für die SED wichtiger zu lehren, wie man aufmüpfige Menschen tötet. Dieser Geist scheint ja weiterhin sehr lebendig zu sein. Die Artikel 1-19 des Grundgesetzes sollten früher den Einzelnen vor staatlichen Übergriffen schützen, nicht aber Religionen oder anderes vor den Meinungen Einzelner. Im Artikel 4 ist der Begriff Religionsfreiheit nicht enthalten. Dort steht etwas von Weltanschauung. Das soll dem Einzelnen die Gedankenfreiheit geben und auch die Möglichkeit, FREI zu äußern, was er denkt. Das schließt sogar nationalsozialistisches oder antisemitisches Denken ein. Die Grenzen der Freiheit legte das Strafrecht fest, kein blondes Mädel aus dem Osten und auch keine Oma gegen irgend etwas.

Andreas Rochow / 09.03.2020

Mich packt das kalte Grausen, wenn Frau Fehler-Dr. Giffey eine Gesinnungsindustrie aufbaut und sich der Seelen der Kinder ermächtigt. Wohl aus linker Verachtung der Lehrer und Eltern mischt sie sich immer dreister in deren Belange ein. Wir beobachten, wie sie brachial antidemokratisch, also “von oben” linke ideologische Projekte durchpeitschen will, um die sie der Souverän gar nicht gebeten hat.  Ganz offenkundig will sie als “Pionierin des Wandels” (Die Große Transformation) aus der koalierenden Verliererpartei heraus die die letzte Gelegenheit für Weichenstellungen nutzen. Die Propagandaschlachten, die gegenwärtig veranstaltet werden, sollen ihr Tun legitimieren. Giffey hätte argumentativen Gegenwind verdient! Demokratie funktioniert nämlich, wenn eine starke Opposition als Regulator an Entscheidungsprozessen zugelassen wird. Der Mangel großer Koalitionen ist, dass sie irrtümlich meinen, Opposition von außen nicht mehr nötig zu haben und was im Koalitionsvertrag steht, sei schon Gesetz. Demokraten aller Parteien dürfen jetzt nicht auf Giffeys Framing hereinfallen; ein “Demokratieförderungsgesetz” ist in hohem Maße lächerlich und muss mit allen Mitteln verhindert werden, auch wenn es so heißt. Die DDR nannte sich auch “demokratisch”. Stattdessen gehört die Evaluation des Programms “Demokratie leben!” und die Finanzierung linksextremer Bewegungen endlich auf den Tisch!

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