Vera Lengsfeld / 06.02.2023 / 13:00 / Foto: Imago / 28 / Seite ausdrucken

Fliegen und Kleben

Es wurde viel über die Heuchelei zweier Klimakleber berichtet, die zum großen Thailandtrip aufgebrochen sind. Das ist selbstentlarvend genug, das Problem sind aber Institutionen, die vor solchen Leuten zurückweichen und Medien, die das Treiben verharmlosen oder damit sympathisieren.

Am Thailand-Trip der Klimakleber ist die Politik schuld! Das glauben Sie nicht? Das klingt nach einer Verschwörungstheorie? Nein, so steht es, nicht wörtlich, aber sinngemäß in einer Stellungnahme der Klimakleber und Thailandreisenden von Stuttgart. Erst blockierten die zwei Klima-„Aktivisten“ von der „Letzen Generation“ den Berufsverkehr in Stuttgart, dann machen sie sich zu einer CO2-treibenden Fernreise auf. Sind auch sie für ihre Aktivitäten bezahlt worden? 

Jedenfalls sind die Studenten in der Lage, mehrere Monate in Fernost zu verbringen. Nicht gerechnet haben sie offensichtlich damit, dass ihre Reise auf Kritik, nicht nur in den sozialen Netzwerken, sondern auch in den meinungsmachenden Medien stoßen würde. Waren sie es doch gewohnt, eher von denen verhätschelt zu werden, wegen ihres richtigen Anliegens, für das man Verständnis haben muss, auch wenn die Mittel die falschen sind. Nun haben die Beiden notgedrungen in der taz Stellung genommen. 

Das Pamphlet trieft vor Weinerlichkeit und Selbstmitleid. Man spürt in jeder Zeile, wie sehr die Beiden von dem negativen Medienecho überrascht wurden. Die Thailandreise sei ein „Traum von Luisa“ gewesen. Sie hätten lange überlegt, ob sie es wagen könnten, und endlos Alternativen mit Bus und Bahn geprüft. Aber ach, die Welt ist ein gefährlicher Ort, voll von Kriegen und anderen Konflikten zu Wasser und zu Lande, also wäre nur die Möglichkeit geblieben, zu verzichten. Oder zu fliegen. Verzichten kam offensichtlich nicht infrage, das sollen gefälligst die anderen, also Flug. Economy natürlich. Alles andere hätte das Konto nicht zugelassen.

Ein rhetorischer Salto mortale

Man habe sich viele Gedanken gemacht, auch jetzt noch würden sie pausenlos weiterdenken. Den Rückflug würden sie nur bis in die Türkei unternehmen und dann auf dem Land weiterreisen. Dieser Flug sollte der letzte ihres Lebens sein. Wer das glaubt, wird selig. Danach kommt es knüppeldicke: „Doch denken wir, dass nicht Klimaaktivist*innen in eine besondere Pflicht genommen werden müssen, sondern jede*r nach menschs Möglichkeiten.“ 

Das heißt doch wohl, dass die Klimakleber nicht damit behelligt werden wollen, das zu leben, was sie verkünden. Es folgt ein rhetorischer Salto mortale: „Doch diese Möglichkeiten müssen in so rasanter Weise erweitert werden, dass sie nur durch die Politik beschlossen werden können. Es muss aber auch Aufgabe der Politik sein, für das Klima schlechte Entscheidungen, wie unsere, zu verhindern und in gute zu lenken.“ 

Im Klartext heißt dieses Kauderwelsch: „Möglichkeiten“ sind rigorose Einschränkungen, die schnell von der Politik beschlossen werden müssen, damit die Klimakleberlein, die sich offensichtlich nicht in der Lage sehen, „gute“ Entscheidungen entsprechend der Ideologie, die sie verkünden, zu treffen, auf den Pfad der Tugend geführt werden. Dort wollen sie aber nicht allein sein, sondern alle sollen den Beschränkungen zwangsweise unterworfen werden, die sie sich selbst nicht auferlegt haben. Also ist die Politik schuld, die nicht diktatorisch genug handelte. 

Das Problem sind die Institutionen, die zurückweichen

Von diesen Leuten, die nicht willens und in der Lage sind, Verantwortung für ihr eigenes Handeln zu übernehmen, sollen wir uns sagen lassen, wie wir zu leben haben! Doch das Problem sind nicht die bezahlten Klimakleberlein, die in der Zeit, da ich dies schreibe, nun auch in Thüringen eingefallen sind und eine Landstraße bei Jena blockieren. 

Das Problem sind die Institutionen, die vor ihnen zurückweichen. Das Problem sind die Medien, die ihre Aktionen verharmlosen oder sogar feiern. Das Problem ist die Politik, die hauptverantwortlich dafür ist, dass die Gesetze nicht mehr eingehalten werden. So erodiert der Rechtsstaat.

Foto: Imago

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Leserpost

netiquette:

Michael Schneider / 06.02.2023

@Xaver Huber:  Das „Doch denken wir, dass nicht Klimaaktivist*innen in eine besondere Pflicht genommen werden müssen, sondern jede*r nach menschs Möglichkeiten.“  war wohl ein Zitat aus den Verlautbarungen der fliegenden Kleber (oder klebenden Flieger)?  An solchen sinnbefreiten Satzkonstruktionen lässt sich der Matsch im Kopf der Sprecher/Schreiber gut erkennen.

Peter Wachter / 06.02.2023

Alles lamentieren hilft nicht, da hilft nur tonnenschweres Lametta, guckst Du YT:“Zehn kleine Klimakleber…” Ja, könnte besser sein, aber dann wär es strafbewehrt, ja es gibt noch Werte im Dummland !?

Jo Waschl / 06.02.2023

Letzte Woche im Swingerclub -> wer kommt zu Tür herein herein ? Der Papst ! Er hat mir dann später in der Sauna erklärt, man     ” müsse das alles auseianderhalten “, schließlich ist er ja “privat” hier… Bei soviel Blödheit am Stück, wird die letzte Generation ihr im Vereinsnamen angegebenes versprechen auch einhalten und das sind doch gute Nachrichten für Mutter Erde. Wenn man denen erklären würde, dass es Bahnstrecken gibt, auf denen noch Dieselloks fahren, die würden sich glatt auf die Gleise kleben….

Detlef Holzner / 06.02.2023

Da denke ich direkt an den Ausspruch “Herr, führe uns nicht in Versuchung.” Dämliche Politik natürlich, die das Fliegen noch nicht verboten hat, und uns Klimaspinner quasi GEZWUNGEN hat in den Urlaub um die halbe Welt zu fliegen! Das eigentlich interessante ist doch, ob das alles bei der “Letzten Generation” ein Nachspiel haben wird. Bei den Woken herrscht ja eiserne Disziplin, schon das kleinste Ausscheren wird mit Exkommunikation bestraft. Einmal falsch gegendert? Tja, du fliegst! (aus der Organisation, nicht in den Urlaub, versteht sich). Also werden die beiden Vielflieger weiterhin das Privileg genießen, sich auf die Straße kleben zu dürfen, oder werden sie aufgrund ihrer Klimasünden von der “Letzten Generation” rausgeworfen? Falls kein Ausschluss erfolgt, dann ist das natürlich nur ein weiteres Beispiel dafür, dass die Moralapostel der heutigen Zeit bei den eigenen Leuten ein anderes Maß anlegen, als bei den Konservativen/Klimakillern/bösen Rechten und so weiter, auf welche sie immer so gerne mit den Finger zeigen.

Xaver Huber / 06.02.2023

Entschuldigung, werte Frau Lengsfeld, doch bei “sondern jede*r nach menschs Möglichkeiten.” brach ich den Artikel ab.

Jörg Themlitz / 06.02.2023

Salonbolschewisten

Gerard Doering / 06.02.2023

Das Problem ist ein Staat welcher sich nicht mehr durchsetzen mag.Ja sie haben recht,wenn das so weitergeht erodiert dieser Staat und wer hat denn wohl sein Ziel erreicht? Mich würde auch sehr interessieren wer diese Bekloppten für sich vereinnahmt und auch bezahlt.

Christoph Müller / 06.02.2023

Früher gab es den Spießbürger, der Anstand und Moral predigte und dann im Puff erwischt wurde; heute gibt es den Klimakleber, der zuerst gegen den Flugverkehr demonstriert, um dann in den “wohlverdienten” Urlaub zu fliegen! Meiner Meinung nach sind die Klimakleber keine Terroristen, sondern die erwachsen gewordenen Tyrannenkinder, wie sie der Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie Michael Winterhoff und später die Ärztin und Psychotherapeutin Martina Leibovici-Mühlberger in ihren Büchern beschrieben haben:  Groß gewordene, aber psychisch immer noch im Kleinkindstadium verharrende Menschen. Sie halten sich für den Mittelpunkt der Welt, und wollen mit Wutgeheul ihren Willen durchsetzen, weil es ihnen ihr kindlicher Egozentrismus so eingibt. Was sie jedoch genau wollen, wissen sie selbst gar nicht. Die Kindlichkeit ihres Verhaltens sieht man allein schon darin, wie sie ihren Fehler wieder gutmachen wollen, indem sie nur (!) bis in die Türkei fliegen und dann mit dem Bus nach Hause fahren wollen. Das ist doch einfach lächerlich! Ich bezeichne diese Truppe nur noch als die “Generation Hanno”. Wer den Roman “Buddenbrooks” kennt, weiß, was ich meine. By the way: Wohin sind sie denn nun geflogen? Nach Bali (Indonesien) oder nach Thailand? Nicht dass es wichtig wäre, aber man hört ständig beides.

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