Fabian Nicolay / 29.06.2022 / 06:20 / 80 / Seite ausdrucken

Feigheit als Markenkern

Die Diskreditierung von unangepasster Meinungskultur hat in Deutschland Tradition. Sie ist getrieben von Gehorsamspflicht, Eifer und Opferwille für das Große und Erhabene, aber auch von einem sinistren Neid auf das vermeintlich Abseitig-Individuelle und Exzellente.

Stellen Sie sich vor, es gibt nur eine anerkannte Meinung. Nur eine Perspektive darf zur Grundlage von Entscheidungen herangezogen werden. Der Meinungskorridor ist eng und hat keine seitlichen Türen. Stellen Sie sich außerdem vor, dass seit gestern vorgegeben ist, wie die Herstellung von Eindeutigkeit und Einigkeit vonstattengeht – nämlich nicht auf der Grundlage individueller Anschauung, des Austauschs, Ermessens und Urteils, sondern allein nach den Vorgaben „allgemeingültiger“ Muster, einer absoluten Wissenschaft und einer glaubensgleichen Haltungslehre, die in den Augen ihrer Verfechter Widerspruch und Kritik nicht erforderlich macht und folgend auch nicht duldet. Denken Sie etwa, dass dies in weiten Teilen einer Darstellung der aktuellen gesellschaftlichen Lage entspricht?

Die Diskreditierung von unangepasster Meinungskultur hat in Deutschland Tradition. Sie steckt in der DNA des deutschen Gemüts, das von Gehorsamspflicht, Eifer und Opferwille für das Große und Erhabene, aber auch von einem sinistren Neid auf das in seinen Augen Abseitig-Individuelle und Exzellente getrieben ist. In regelmäßigen Abständen ist der Deutsche des Individuums überdrüssig und verfolgt es manisch. Das manifestiert sich an erster Stelle in dem kollektivistischen Irrtum, Einigkeit sei alles. Es ist nahezu eine Ironie des deutschen Geschichts-Kontextes, dass dieses Wort das erste ist, das gesungen wird, wenn die Nationalhymne erklingt. Einigkeit und Konsens will man immer erzielen – wenn es sein muss auch erzwingen. Schnell mutiert das dann zum Konformismus, zur Gleichschaltung, zur Stilllegung der Vielfalt und schließlich zum Terror der Besserwisser.

„Aushängeschuld“ made in Germany

Es liegt in den Deutschen eine Sehnsucht nach fötaler Geborgenheit in einer Gemeinschaft Gleichgesinnter, deren Transzendenz sich heute in neuen Kulten der Überlegenheit, der Vorreiterrollen und des Missionarischen auskristallisiert. Darin gleichen sich alle Systeme neuer Absolutismen: Sie missbrauchen die lebensmüde Demokratie als Sprungbrett in den Unrechtsstaat. Um der Gemeinschaftswerte und -standards willen muss man die Abweichler aussieben, schelten, boykottieren und bestrafen. Wohin das führt, wenn eine Gesellschaft die Exklusion Andersdenkender gutheißt, sie hätschelt und großzieht, müssten wir Deutschen eigentlich gut genug wissen. Und ein Blick über den Atlantik offenbart, dass die Amerikaner selbst schwer davon betroffen sind: Die „Cancel Culture“ zeigt dort bereits die Charakteristika einer menschenverachtenden Kulturrevolution à la Mao Tse-tung.

Es kehren deutsche Wesenszüge zurück, die lange schlummerten. Sie schleichen sich unerkannt in die Gemüter der Sanften und Willfährigen, als sei nie etwas gewesen: als strukturelle Angst vor Andersdenkenden, als struktureller Hass auf den Westen und in dessen Schlepptau als struktureller Antisemitismus. Die vielen besinnungslos Betroffenen merken gar nicht, dass sie infiziert sind. Und ein Symptom dieser geistigen Krankheit ist der ausgestreckte Zeigefinger, mit dem auf „Abweichler“ und „Schuldige“ gedeutet wird.

Das schlimmste Ergebnis dieser Krankheit ist der Vernichtungswille. Wir Herausgeber von Achgut.com müssen diesem Land leider attestieren: Es ist krank an Leib und Seele. Die einst so wirksamen Schutzmechanismen sind dahin. Die Deutschen trudeln im zerebralen Schluckauf einer historischen Verantwortung, die als Kainsmal gedacht war, später zum Schmuckstück der „Betroffenheit“ umgeschmiedet wurde und nun bei keinem Lippenbekenntnis und keiner Holocaust-Kranzniederlegung fehlen darf. Das ist die „Aushängeschuld“ made in Germany. Man hatte sie einst notgedrungen angenommen, doch jetzt hat sie sich zum sozio-kulturellen Hospitalismus ausgewachsen, nunmehr unfähig, den Phantomschmerz nationaler Amputationen zuzudröhnen. Darum kehren die Symptome der Krankheit zurück, die sich anscheinend nie ausheilen ließ.

Der soziale Kitsch einer Welt ohne Streit

Eigentlich propagiert man ständig das Gegenteil: Man ist doch für Vielfalt, eine offene Gesellschaft, jüdische Kultur. All die Verhaltensregeln für eine Welt ohne Streit würgen die Vielfalt jedoch ab, statt sie zu fördern. Man meint hier offensichtlich immer eine formale Vielfalt, ungefähr so, als wären auf dem Kunstmarkt nur Blumenbilder in jeglicher Farbenvielfalt erwünscht, dagegen düstere Schlachtenbilder verboten. Der soziale Kitsch einer Welt ohne Streit und Drama steht gegen den Realismus von Darstellungen der Wirklichkeit, wie sie ist. Die Eliten scheinen diesen Eskapismus in das Formale zu fördern, weil es ihrem Herrschaftsanspruch dient. Wohlverhalten und die ganzen Varianten der postmodernen Neo-Etikette sind nichts anderes als habituelle Staatskunst unter Verhinderung einer freien, unkontrollierten Avantgarde, die das Böse nur aufzeigen will.

Und man hat genügend sprachliche Beschönigungen, mit denen man solche Zwanghaftigkeiten des deutschen Gemüts im Positivismus aufbauschen kann: „Diskurs-Kultur“, „Unternehmens-Standards“, oder „Compliance“ (Regelkonformität). Aber auch die gern verwendeten „Roten Linien“ dienen der geistigen Einhegung der unerwünscht frei flottierenden Meinung und können jederzeit wie ein Elektrozaun ums Vieh verschoben werden, wenn die Herrschaft meint, es ginge zu heiß her auf der Weide. Im Gehege des Obrigkeitsstaates, wo eine Übereignung des Denkens in kollektiv-automatisierte Zustimmung stattfindet, wuchert allerdings eine verlogene Einseitigkeit, mit der man den eigenen Schmutz bemäntelt. Im Milieu des Unsagbaren entsteht eine Vielfalt der Verfehlungen, die erschreckend ist.

Betrug, Mitwisserschaft, Förderung des Antisemitismus

Solcherart Strukturen entstehen nicht nur in den Gefilden der Politik. Seit Jahren beherrschen sie schon das Denken und Handeln in Universitäten und Unternehmen. Sie sind die Quelle einer geheuchelten Reinheit, deren Unschuldskult alles beseitigen will, was Konflikte aufkommen lassen könnte. Die freie Entfaltung von Meinung, von Streit und dessen kultivierte Beilegung – also die Grundpfeiler demokratischer Auseinandersetzung – sind heute Angelegenheiten, die durchaus im Widerspruch zu den Angelegenheiten der „Achtsamkeit“, „Compliance“ oder „Brand Safety“ (Markensicherheit) stehen. Hier liegt das Problem: Die Zielrichtung dieser Begrifflichkeiten führt zur Entmündigung des Individuums, ja sogar zu dessen Stummschaltung, weil das Individuum als potenzieller Störfaktor gesehen wird. „Compliance“ verkommt auf diese Weise zu einem Werkzeug der Unterdrückung von Freiheit und Vielfalt, wenn sie Diskurs verhindert und sich vor den Konflikten wegduckt.

Moderne Unternehmen tragen ihre „Corporate Social Responsibility“ (gesellschaftliche Unternehmensverantwortung) und ihre „Brand Safety“ wie Monstranzen vor sich her. Indem sie sich hinter ihren Compliance-Richtlinien verschanzen, hoffen sie, der Verantwortung für die Schweinereien zu entkommen, die sie hinter solchen Potemkin’schen Dörfern anrichten. Ganz konkret: Wenn der Volkswagen-Konzern ein integres Unternehmen wäre und seine eigenen Compliance-Richtlinien so ernst nähme, wie er es propagiert, dürften so unglaubliche Verfehlungen nicht passieren wie der Betrugsskandal um Abgaswert-Manipulationen ab 2015, VW-Fabriken im chinesischen Uiguren-Gebieten, wo Menschen aufgrund ihrer Herkunft in Lagern interniert werden, oder aktuell das großzügige Sponsoring der weltweit renommierten Kunstausstellung documenta 15, wo offener Antisemitismus gefeiert werden sollte. Wo bitte waren denn bei all diesen groben Verstößen gegen die Regelkonformität die hauseigenen Compliance-Hüter? Offiziell geht es dabei um banden- und gewerbsmäßigen Betrug, die Mitwisserschaft und Duldung von Verstößen gegen die Menschenrechte, und ganz frisch um die Förderung des Antisemitismus.

Definitiv nicht „compliant“

Ein altes Sprichwort sagt, man solle zuerst vor der eigenen Haustür kehren. Was konkret wirft uns also ein Unternehmen vor, das so massiv gegen die eigene Regelkonformität und Markensicherheit verstößt? Der Versuch, Achgut.com aus dem Anzeigengeschäft herauszumobben, ist vor diesem Hintergrund mieseste Doppelmoral. Dabei tritt der Konzern selbst – in unserem aktuellen Fall die Tochter Audi – als Handlanger der Denunziation auf.

Verlogener geht es nicht: Beim VW-Konzern hört man wieder auf Denunzianten und biedert sich dem Zeitgeist an. Wofür man nach dem Dritten Reich zu Kreuze kriechen musste, das lässt man heute weiterhin im Verborgenen geschehen. Unrechtsbewusstsein entsteht bei VW anscheinend erst bei Aufdeckung. Das ist definitiv nicht „compliant“. Man fördert strukturellen Antisemitismus – bewusst oder unbewusst, das ist in diesem Fall nicht von Relevanz. Der Staat, das Land Niedersachsen, ist mit über 20 Prozent Eigentümer von VW und steht damit genauso im Fokus dieser skandalösen Fehlentwicklungen. Mit seiner Sperrminorität könnte Niedersachsen dem Ganzen entschieden entgegentreten, tut es aber nicht.

Anonyme Denunzianten gegen jüdische Autoren

Wir Herausgeber von Achgut.com verstehen nicht, dass bei VW die Alarmglocken nicht angehen, wenn anonyme Aktivisten an sie herantreten, deren Agenda das Unternehmen gar nicht im Blick haben kann. Der Konzern müsste anonyme Denunziation schlicht ächten und ignorieren. Das wäre „compliant“, denn dann entstünde unversehens kein Schaden bei den Opfern von Verleumdung und Rufmord – eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Die Aktivisten hingegen spannen den gefallsüchtigen Konzern einfach vor ihren Karren. VW verlässt sich auf falsche Freunde, die ihr hetzerisches Spiel treiben, um die Meinungsvielfalt in Deutschland zu zerstören und um Menschen zu schaden.

VW hat ein Markenproblem. Wenn anonyme Denunzianten bei VW intervenieren können, wird die Marke zum nützlichen Idioten im Kampf gegen Wahrheit, Meinungsfreiheit, Kapitalismus und im Fall von Achgut.com sogar direkt gegen jüdische Autoren. Unsere Plattform ist ein medialer Vorposten gegen Antisemitismus und antiamerikanische Hetze. VW schadet seinem eigenen Ansehen und Geschäft, wenn der Konzern dem Hass von Hetzern auf den Leim geht und anonymen Denunzianten zubilligt, Exklusionslisten mit Namen befüllen zu lassen. VW lässt es wieder zu, dass dort jüdische Namen stehen!

 

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Gustav Kemmt / 29.06.2022

Dank! Und bitte keine Sorge! Das VW wird schon noch sehen, was es davon hat. Es ist halt jetzt nicht nur eine kriminelle, sondern auch eine korrupte Korporation. Eines zum anderen. Es werden viele zahlen, keine Sorge! Mir wurde kürzlich klar, was eig. mit ‘Einigkeit’ in der Hymne gemeint ist und ich war richtiggehend selig darüber. Die ‘Einigkeit’ meint das Bekenntnis zur Demokratie. Darin sei sich jeder einig, dass es jenseits des demokratischen Rechtsstaats (gewaltengeteilt) nichts gibt. Und darin einig zu sein, ist auch gar nicht schwer. Allerdings gibt es Sowjetideologen, die “Sozialisten” aller Couleur, das ist richtig. Die sind eben nicht hinter der (gewaltengeteilten) Demokratie vereint, sondern hinter deren Zersetzung. Früher wie heute. Die Sowjetideologie ist damit verantwortlich dafür, dass die Demokratie in Deutschland nie sich entfalten konnte und die Sowjetideologie ist auch verantwortlich für den NS. Darüberhinaus hat die Sowjetideologie China und Russland über die Klinge springen lassen. Und nicht nur diese beiden Länder. Sie ist das Furchtbarste, was die menschliche Geschichte an “Geist” bisher hervorgebracht hat. Die ‘Einigkeit’, so verstehe ich das, ist das ‘E pluribus unum’ (aus dem Vielen das Eine) in Amerika. Das Problem der Demokratie: sie benötigt Demokraten. Eingefleischte Freunde der Gewaltenteilung.

Rainer Niersberger / 29.06.2022

Zu den multiplen Ursachen oder der Frage des typisch “Deutschen” : Es gibt eine biopsychologische Verfasstheit des Homo an sich und die ist durchaus universell. Darauf setzt sich eine, partiell unterschiedliche, kulturelle Evolution, die im Westen zu partiell aehnlichen Phänomenen fuehrt, was wiederum die kollusiven Transformatoren, ein bekanntes Ziel vor Augen, mit ihrem umfassenden Ansatz zu Massnahmen und Einwirkungen auf Mensch und Gesellschaft motivierte, die wiederum auf unterschiedliche Befindlichkeiten treffen. Zu diesen Befindlichkeiten gehoeren Aspekte wie der Traditionalismus, die Einstellung zur eigenen Geschichte, zur Nation, zum Staat und seiner Gewalt, zum Individuellen und Kollektiven usw. Dass es (erst) hier Unterschiede zwischen dem gemeinen Deutschen, vom Autor zutreffend beschrieben, und anderen Westvoelkern gibt, ist bei allen biopsychisch triggerbaren Gemeinsamkeiten unstrittig. Der Deutsche weist ohne Zweifel besondere (leicht) triggerbare Eigenschaften auf, die ihn fuer sich und andere potentiell auch dann gefährlich machen, wenn er nicht militärisch, hier greift das Angst - und Feigheitsmomentum, aber militant unterwegs ist, wobei diese Militanz nichts anderes als die zahlreichen Kompensationsversuche eines, allgemein formuliert, gestörten Menschen ist.  Natuerlich besteht diese Triggeranfälligkeit bei allen Menschen, im Westen qua Konditionierung auf bestimmte Reize, aber keineswegs alle Westgesellschaften (re) agieren mit der Begeisterung, wenn ein Regime totalitaer herrscht, sie einsperrt, die Weltrettung verspricht und verelendet, um endlich qua Selbstzerstoerung erlöst zu werden. Die US - Gesellschaft z. B. zeigt sich nicht nur hier voellig anders. Weder der protestantische “mittlere Westen”, noch die atheistische Kuestensociety will sich auflösen und fuer die Welt opfern. Alle Gesellschaften bis auf einer!, die deutlich sektenaehnliche Zuege aufweist, wollen nicht nur zu ueberleben, sondern moeglichst “gut” leben.

Franz Klar / 29.06.2022

“VW lässt es wieder zu, dass dort jüdische Namen stehen”! Es geht hier um Meinungsfreiheit vs. Marktmacht (“Premium-Advertiser”) . Dieser Sache nun einen antisemitischen Spin zu geben , ist kontraproduktiv . Cool bleiben !

Jörg Themlitz / 29.06.2022

@Fabian Nicolay: Wahrscheinlich sehen wir nur, das was wir sehen sollen. Und der “unbekannte” Denunziant ist VW, Land Niedersachsen VW Gesetz, gar nicht so unbekannt. Sondern ein benötigter, willkommener Sender Gleiwitz. Den “frechen und vorlauten” Juden Broder einknasten geht noch nicht. Obwohl es sicherlich so einigen in den Fingern juckt. Was geht immer im kapitalistischem System, wirtschaftlicher Ruin.

Paul Sperling / 29.06.2022

Die jüdische Bevölkerung war “das Salz in der Suppe” Deutschlands. Um die 19./20. Jahrhundertwende gab es in der jüdischen Bevölkerung die große, nicht unberechtigte Hoffnung, dass gerade in Deutschland Assimilierung und friedliches Beieinander möglich sind. Die ungeheuren zivilisatorischen Leistungen der deutschen (und österreichischen) jüdischen Bevölkerung wurden ab 1933 resp. 1938 Schlag auf Schlag ausgelöscht. Ausgerechnet ein eigentlich nicht antijüdisch gesinntes, kultiviertes, hochgebildetes Volk half einem fanatischen, larmoyanten Hysteriker aus Österreich bei der millionenfachen Ausrottung vermeintlich Unwerter; normale Beamte schrieben Deportationslisten, konfiszierten, arisierten, normale Reichsbahner karrten die Menschen in die Todeslager, normale Ingenieure entwarfen und bauten die ganze Vernichtungsmaschine, normale Ärzte führten ungerührt tödliche Experimente durch, normale Soldaten ermordeten diese Menschen. Nach ‘45 hat man notgedrungen wenige aufgehängt, einige eingesperrt. Für die meisten sollte das Leben normal weitergehen; schließlich war man ja nicht auf Hitler sauer, weil er die Juden ermordet, sondern weil er den Krieg verloren hatte. Bis auf wenige bemerkenswerte Ausnahmen wurde die deutsche Kultur dann mit Heimatfilmen, unverfänglichen Schlagern, amerikanischen Unterhaltungskopien zugesoßt. Ein Uropa aus der Kaiserzeit wurde Kanzler; nicht die Jugend erneuerte etwas, sondern die guten alten Zeiten sollten den Sündenfall vergessen machen und der Mann mit dem Indianergesicht, aber nicht einer solchen Seele, durfte viel zu lang die Geschicke der BRD bestimmen. Und dieser deutsche Patient, der sich jenseits von Lippenbekenntnissen, ideologischen Instrumentalisierungen und Schuldkult nie schmerzhaft offen mit der eigenen Vergangenheit auseinandersetzte, soll nun widerständisch werden, dem Druck und den Einflüsterungen einer covidhysterischen Politik widerstehen? Ja woher denn?

Holger Schütt / 29.06.2022

Abgesehen vom Schlenker zum Antisemitismus ein guter und leider zutreffender Artikel.  Im Hexenjagen waren die deutschen auch “besser” als andere.  Geschichte reimt sich.

Detlef Rogge / 29.06.2022

Ausgezeichneter Artikel. Meine Einschätzung zum Grundleiden der Deutschen: Leider läßt sich sagen, lebensfremde Weltverlorenheit und Sendungsbewußtsein der Deutschen sind historisch nichts Neues, sondern waren stets Begleiterscheinungen des Niederganges. Realitäts- und Orientierungsverlustverlust ruinierten in Deutschland die Monarchie, den nationalsozialistischen Staat und die sozialistische DDR; vieles deutet darauf hin, daß die Bundesrepublik Deutschland die unsägliche Traditionslinie fortsetzt. Deutschland beweist sich aufs Neue, daß es mit dem politischen Verstand einer Mehrheit seiner Bewohner nicht weit her sein kann. Wer indes noch hofft, der politisch-mediale Komplex könnte durch die Anerkennung des Faktischen noch eines Besseren belehrt werden und an einen Sinneswandel glaubt, der irrt, denn es ist ja gerade das Wesen untergehender Systeme, daß sie resistent gegenüber Sachzwängen und vernunftbestimmtem Denken bleiben. Prognose: infaust.

Jörg Themlitz / 29.06.2022

@Fabian Nicolay: Wahrscheinlich sehen wir nur, das was wir sehen sollen. Und der “unbekannte” Denunziant ist VW, Land Niedersachsen VW Gesetz, gar nicht so unbekannt. Sondern ein benötigter, willkommener Sender Gleiwitz. Den “frechen und vorlauten” Juden Broder einknasten geht noch nicht. Obwohl es sicherlich so einigen in den Fingern juckt. Was geht immer im kapitalistischem System, wirtschaftlicher Ruin.

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