Der Artikel eines Fachanwalts für Arbeitsrecht beginnt ganz harmlos mit einer bekannten Feststellung: „Grundsätzlich ist es die Entscheidung des Arbeitgebers, einen Bewerber einzustellen, oder einem Mitarbeiter zu kündigen. Bekanntlich muss das Unternehmen den Betriebsrat sowohl zu geplanten Einstellungen als auch zu Entlassungen anhören.“
Doch dann entwickelt sich der von der FAZ publizierte Ratgebertext zu einem Leitfaden, wie man auch als Mitarbeiter die Entlassung eines Kollegen aus Gesinnungsgründen betreiben kann. Zwei Dinge braucht man: Zum einen den Betriebsrat und zum anderen eine Äußerung oder Handlung des zu entlassenden Kollegen, die sich als fremdenfeindlich oder rassistisch brandmarken lässt. Heutzutage reicht da ja augenscheinlich oft schon mangelnde Begeisterung für unkontrollierte Zuwanderung oder Islamkritik.
Wünscht man also einem solchen Kollegen die Entlassung, obwohl der Arbeitgeber dazu keine Veranlassung sieht, so weist der Fachanwalt auf eine elegante Möglichkeit hin, mit der eine Entlassung sogar bei bestehendem Kündigungsschutz funktionieren soll:
Was aber oft übersehen wird: Der Entschluss, ein Arbeitsverhältnis zu beenden, kann auch vom Betriebsrat ausgehen. Die Arbeitnehmervertreter können nach § 104 BetrVG vom Arbeitgeber verlangen, einen „betriebsstörenden“ Mitarbeiter durch Versetzung oder Entlassung aus dem Betrieb zu entfernen. Dieses Recht des Betriebsrats zielt auf die Wiederherstellung des Betriebsfriedens ab, insbesondere bei rassistischem oder fremdenfeindlichem Verhalten eines Arbeitnehmers.
Kommt der Arbeitgeber einem solchen Entlassungsverlangen nicht nach, kann der Betriebsrat ein entsprechendes Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht einleiten. Die Arbeitsrichter müssen dann prüfen, ob der betreffende Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzeswidriges oder diskriminierendes Verhalten wiederholt ernstlich gestört hat und ob eine Entlassung in Bezug auf die Störung des Betriebsfriedens verhältnismäßig ist.
"Sogar ordentlich unkündbare Mitarbeiter sind zu entlassen"
Hier könnte, wer die Entlassung eines Kollegen auf diesem Wege betreibt, offenbar noch scheitern. Aber wann dürfte es so weit kommen? Welcher Arbeitgeber prozessiert schon gegen einen Betriebsrat, um einen Mitarbeiter zu halten, der als Rassist und Fremdenfeind verdächtigt wird? Aber mit etwas Glück vor dem Arbeitsgericht, kann man sogar einen evtl. bestehenden Kündigungsschutz bei vermeintlichen Fremdenfeinden und Rassisten aushebeln. Hierzu kann ein entsprechendes Urteil führen
Das Bundesarbeitsgericht hat aber am 28. März 2017 entschieden, dass ein vom Arbeitsgericht bestätigtes Entlassungsverlangen des Betriebsrats einen betrieblichen Kündigungsgrund im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes darstellt (Az.: 2 AZR 551/16). Die Forderung des Betriebsrats, den betroffenen Mitarbeiter aus dem Betrieb zu entfernen, rechtfertige eine ordentliche – nicht aber eine fristlose – Kündigung.
Sogar ordentlich unkündbare Mitarbeiter sind nach einer solchen Entscheidung des Arbeitsgerichts zu entlassen.
Es ist leider eine rhetorische Frage, wie die Chancen stünden, wenn man sich eines deutschen- oder christenfeindlich, bzw. antisemitisch auftretenden muslimischen Mitarbeiters mit Migrationshintergrund entledigen möchte. Diskriminierungen gibt es ja bekanntlich nur in eine Richtung:
Gerade bei Diskriminierungen von Mitarbeitern haben Betriebsräte somit einen weiten Handlungsspielraum. Nach rassistischen oder fremdenfeindlichen Verfehlungen können sie Arbeitgebern so auch die Entlassung betriebsstörender Arbeitnehmer deutlich erleichtern.
Wenn Entlassungen erleichtert werden sollen, dann müsste das doch die Gewerkschaften auf den Plan rufen, oder? Arbeitsrecht muss doch unabhängig von Gesinnungen gelten, war das nicht so? Aber warum sollten sich Gewerkschaften für Beschäftigte mit falscher Gesinnung engagieren. Erst wenn die geduldeten oder gar beförderten Entlassungsmöglichkeiten auch Kollegen mit richtiger und guter Gesinnung treffen, werden sie wahrscheinlich wach. Leider wird es dann zu spät sein. Warum nur funktioniert es so leicht, Freiheiten und Rechte stückweise zu beschneiden, in dem man bei denen anfängt, mit denen sich niemand solidarisieren will. Wer solcherlei Entlassungen befürwortet, darf dann auch nichts dagegen haben, wenn muslimische Mitarbeiterinnen wegen ihrer Kopftücher entlassen werden.
Dieser Beitrag erschien auch auf Peter Grimms Blog sichtplatz