Ich war neulich zu einer Talkrunde als Vertreter der „alten weißen privilegierten Männer“ eingeladen, weil ja jede gute Talkshow auch einen robusten Counterpart braucht. Eigentlich ging es um das Thema „Generationenkonflikt“ und das war so weit auch ganz munter, und innerhalb der „Show“ war zu bemerken, dass wir Alten uns mehr auf die Jungen zu bewegen als umgekehrt.
Eine Bemerkung hat mich dabei erstaunt: Eine junge Mitdiskutantin war dunkelhäutig. Und sie beklagte lauthals, dass in wichtigen Gremien PoC (also „People of Color“ oder schlicht „Schwarze“) nicht vertreten seien und somit nicht die Gesamtgesellschaft abbilden könnten. Auf meine Nachfrage, warum es in einem Umweltausschuss denn wichtig sei, dass dort auch bunte Trans-Cis-Dingenskirchen-Leute vertreten seien, wir würden doch unter dem gleichen Himmel mit der gleichen Sonne leben und die gleiche Luft atmen und hätten somit auch die gleichen Herausforderungen, entgegnete mir das junge Fräulein: „Nein“.
Schade, ich hätte das gerne weiter vertieft, aber der Moderator hastete weiter. Es hätte mich wirklich sod- und sonnenbrennend interessiert, warum in einem Umweltausschuss auch „PoC“ dringend vertreten sein müssen. Und warum nur „PoC“? Warum nicht auch Vertreter der Buddhisten, Islamisten, Sikhs, Hindus und die Reichsbürgerabteilung? Warum nicht Attila Hildmann? Und was ist mit Einbeinigen? Und Hundehaltern? Und einbeinigen hundehaltenden Hausfrauen mit begrenztem bulgarischen Aufenthaltsvisum und einer Glutenallergie? Warum sind in Umweltausschüssen keine Einbeinigen?
Er soll seinen Job ordentlich machen
Ich ging in meiner „alten-weißen-Mann-Naivität“ bisher davon aus, dass in einem Ausschuss für ein bestimmtes Spezialgebiet entsprechende Experten sitzen sollten, also Leute, die zumindest ansatzweise Ahnung von der Materie haben, über die sie beraten sollen. Die einzige Begründung, einen „PoC“ in einen Umweltausschuss aufzunehmen, könnte die Frage sein, ob er seinen Mitbunten einen stärkeren oder schwächeren Sonnenschutzfaktor empfiehlt. Wenn er ansonsten nichts weiß, halte ich seine Teilnahme für überflüssig und 'rausgeschmissenes Geld. Umgekehrt, wenn jener „PoC“ absoluter Profi auf seinem Gebiet ist, dann ist die Hautfarbe völlig wurstegal, dann soll er seinen Job ordentlich machen. Das erwarte ich dann von ihm wie von allen anderen „weißen privilegierten alten Männers und Frauens“ auch.
Ich kann doch von einem Fachgremium nicht erwarten, dass es „die Gesamtbevölkerung“ abbildet. Das wäre doch Unsinn. Wenn ich ein „Fachgremium für Frauenrechte“ eröffne, dann sollten dort vielleicht auch ein paar Frauen sitzen, wenn ich ein „Fachgremium gegen Rassismus“ brauche, dann ist es sicher sinnvoll, „PoC“ drinnen zu haben. Und auch ein paar Juden, die mit Sicherheit eine ganz andere Art von Diskriminierung und Rassismus erleben. Meinetwegen auch ein paar türkisch- oder arabischstämmige Stämmige. Auch eine Asiatin oder ein Asiate und ein/zwei Vertreter der LGBTQXYZ-Gemeinschaft sind da sicher wünschenswert. Und der oder die oben genannte Einbeinige. Die könnten dann alle gemeinsam auf mich schimpfen. Das würde ich ja verstehen. Ich habe ja auch LGBTQXYZ absichtlich falsch geschrieben!
Wenn ich das Gremium dann nicht unnötig aufblasen will, kann ich mir ja dunkelhäutige, transsexuelle, moslemische Einbeinige einladen und so mehrere Rand- und Betroffenengruppen quasi mit einer großen Klappe schlagen lassen. Aber wenn es doch darum geht, wie hoch künftig Flutmauern gezogen werden müssen und welche Antriebsenergien wir künftig meinen, nutzen zu müssen, dann würde ich mir doch eher die besten Ingenieure und Mathematiker und Marktwirtschaftler suchen, völlig unabhängig von Hautfarbe, Geschlecht, sexueller Orientierung und Religion. Ich lade mir doch dann keinen nach dem Motto ein: „Er ist zwar von Beruf Koch, aber die Hautfarbe gefällt mir so gut.“
Der Typ soll seine Arbeit machen
Früher, das ist da, „wo nicht alles besser, sondern nur früher war“ (Malmsheimer), hätte ich der jungen Dame ins Gesicht gelacht und wäre Essen gegangen, heute würde mich die gleiche Vorgehensweise als wenigstens unsensibel und rücksichtslos outen, und ich bekäme eine Rechnung von ihrem Psychologen geschickt, weil ich sie traumatisiert habe. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich habe nichts gegen „Teilhabe“ oder „Gleichberechtigung“. Aber da, wo es sinnvoll und angebracht ist.
Der Friseur meines Vertrauens ist es deshalb, weil er Haare wie Gott schneidet, mein Lieblingsbäcker backt die besten Brote und Brötchen und in meinem Stammlokal ist es einfach gemütlich und das Essen ist prima. Mein Hausarzt ist ein cooler Typ, der meine Kippen mitraucht und mir das dann als „Beratung – auch telefonisch“ in Rechnung stellt. Aber er ist heilsam. Ob also die jeweiligen Inhaber, grün, grau, braun, blau, gelb oder lilablassrosa mit beigen Sternchen sind, ist mir dabei völlig egal.
Ich gehe doch nicht zu einem Friseur, nur weil er schwarz ist. Umgekehrt gehe ich auch nicht nicht zu einem Friseur, nur weil er schwarz ist. Wenn jemand ein schlechter schwarzer Friseur ist und ich nach einem Besuch wie ein kahlgeschorenes Frettchen aussehe, dann bedeutet das in erster Linie, dass er ein schlechter Friseur ist. Bestenfalls, dass ich ansonsten wie ein strubbeliges Frettchen aussehe. Der Typ soll seine Arbeit machen. Ende Gelände.
Es wird viel zu sehr über „Gleichberechtigung“ und viel zu wenig über „Gleichverpflicht(ig)ung“ geredet. Dabei fallen jedoch viel zu viele wirklich Verwirrte durch die Kulissen, die sich dringend „weniger weiße heterosexuelle Männer aus der Arbeiterschicht“ bei der Feuerwehr wünschen. Und was noch viel schlimmer ist: Die werden auch noch ernst genommen! Aber nicht von und mit mir. Ich will einfach nur einen sauberen Haarschnitt. Und eine höhere Flutmauer. Und wenn es die auch noch gegen Dummheit gäbe – ladet mich als Spezialisten ein.
Ich würde dann auf der dummen Seite eine Leiter an die Wand lehnen und drunter „bitte nicht übersteigen, Lebensgefahr!“ schreiben. Oben gäbe es dann fiese Laserstrahlen. „Natürliche Auslese.“
(Weitere feinfühlige Artikel des Autors auch unter www.politticker.de)