Bei einem Geheimtreffen in Berlin haben prominente Vertreter der Grünen die Kritik an ihrer Politik erörtert und nach Auswegen gesucht, wie Recherchen des medialen Redaktionsnetzwerks Achgut (mRNA) belegen.
In den hell erleuchteten Speisesaal des zwischen 1933 und 1945 errichteten Gebäudes in Berlin Mitte treten nach und nach gut zwei Dutzend Menschen. Viele sind Mitglied der Grünen, ein ehemaliger Kurzzeit-Generalsekretär der CDU ist dabei. Manche sind Studienabbrecher, Kinderbuchautoren, Trampolinspringerinnen. Auch fünf Journalisten sind dabei, Sympathisanten der Ökos.
Es geht um nicht weniger als den Machterhalt. Nach nicht einmal zweieinhalb Jahren in der Regierung bildet die Partei ein Bild des Jammers. Protestierende Bauern und andere Bürger tauchen an Veranstaltungsorten der Grünen auf, buhen. Die Ministerin bringt es auf den Punkt: „Die Prostituierenden riefen mir unverständliches Zeuch auf Englisch zu: ,How up!‘ und so.“ „Sogar ,How up, doo high knee!'“, ergänzt ihr Mitstreitender. „Schlüttsiel steckt mir bis heute in den Knochen. Bin immer noch in Therapie deswegen.“
Der Minister, der das Geheimtreffen eröffnet, rügt zunächst die Parteichefin: „Ricarda? Du bist so ungewohnt still heute. Du solltest das eigentlich machen hier.“ „Geht nicht“, erklärt ein Teilnehmer, „die bekommt gerade die neue ChatGPT-Version draufgespielt, das dauert mindestens noch eine halbe Stunde.“ Der Versammlungsleiter verdreht genervt die Augen, fährt dann aber fort.
„Die Maurer muss weg!“
„Gut, dann ist das so. Aber dann musst eigentlich du das machen, Omid.“ „Ich sag nix ohne meine Ko-Vorsitzende, ich bin nur der Quoten-Migrant!“ „Na dann. Also, Ihr wisst alle, warum wir heute hier sind. – Milla, leg‘ doch mal das Scheißhandy beiseite, kannst dein Selfie später schießen! – Danke. Ich sag, wie’s ist, uns steht das Wasser bis zum Hals. Klar, da sind die vielen Nazis und die Fakenews-Portale, aber jetzt pissen sie uns auch noch in den Öffentlich-Rechtlichen an.“
„Hab‘ ich gesehen! Wie dich diese Berlin direkt-Tante kritisiert hat. Rechtes Framing pur!“ „Klar, die Maurer muss weg.“ (Spontan skandieren die Anwesenden: „Die Maurer muss weg! Die Maurer muss weg!“) „Oder zumindest aufrichtige Reue bekunden. Man kann da ja was machen im Rundfunkrat. Man könnte live übertragen, wie sie im Beichtstuhl ihre Sünde bekennt und Besserung gelobt. Oder sie zumindest im Büßer*innengewand moderieren lassen.“
„Neulich durfte der Steingart in der Talkshow Hass und Hetze verbreiten. Der hat dich ,den Melker mit den kalten Händen‘ genannt und die Leute haben auch noch gelacht! Selbst auf das eigentlich handverlesene Publikum ist kein Verlass mehr. Und diese Desinformationsschleuder muss die Faeser jetzt sofort wegen Verhöhnung des Staates und seiner Repräsentanten drankriegen. Und den Verfassungsschutz auf die Öffis hetzen. Da sind immer noch Ewiggestrige beschäftigt.“
Kubitschek oder Kubicki, Hauptsache rechts
„Ja, aber ich muss auch ganz selbstkritisch sagen, dass wir manchmal suboptimal performt haben. Mir ist da selbst das eine oder andere rausgerutscht. Ist aber ja auch der pure Stress hier. Selbst Ricarda musste neulich bei Lanz passen, nicht wahr, Ricarda? (Zwischenruf: „Lädt noch!“) Oder Annalena? Ich mein‘, so eine Kriegserklärung en passant… Aber: Schnee von gestern. Wir müssen jetzt vor allem aufpassen, dass uns die FDP nicht abhandenkommt, sonst fliegt uns der ganze Laden auseinander.“ „Ach, das sind doch alles leere Drohungen von diesem Kubitschek.“ „Du meinst Kubicki.“ „Ja. Der Christian hat doch damals hoch und heilig versprochen: Lieber falsch regieren als gar nicht regieren. Die wollen doch auch keine Neuwahlen.“ „Nee, Wahlen sind ja auch gefährlich.“
„Die Leute kommen einfach nicht mit den Veränderungen klar.“ „Das ist nur eine Übergangsphase. Irgendwann finden’s die Leute geil, zu Fuß zu gehen, Insekten zu fressen und in Bottrop Urlaub zu machen, aber das ist eine Gewöhnungssache. Die darf man nicht von vornherein mit der Aussicht aufs Armenhaus verschrecken, verstehst du, Ulrike? Oder was von 10 Gramm Fleisch pro Tag verbreiten lassen, das gibt nur Aufregung und die Faschisten nutzen das aus und das muss man hinterher alles wieder einfangen. Milla! Leg das verdammte Handy weg, ey! Oder geh raus, tanzen. (Emilia F. verlässt mit pikierter Miene den Saal). Es sieht jetzt gerade eh scheiße aus mit der Wirtschaft und so, das geht mir auch an die Nieren. Irgendwie geht gerade alles bergab.“
Zwischenruf einer Teilnehmerin: „Warum fällt es den Leuten bloß so schwer, mal ein bisschen Verzicht zu üben? Darüber habe ich neulich auf dem Rückflug von den Seychellen länger nachgedacht. Ich meine, woanders auf der Welt geht’s den Leuten lange nicht so gut.“ „Ja, aber da arbeiten wir ja dran, dass sich das angleicht. Damit haben die Leute natürlich Probleme. Daher diese Makroaggressionen in letzter Zeit. Die sind einfach noch nicht so weit wie wir. Die verstehen nicht mal, dass eine Bezahlkarte für Zuwanderer voll die Schikane ist.“
„Das Schlimmste sind die Wahlen“
„Die sind doch nur noch am Meckern. Wenn Frauen sich nicht mehr trauen, spätabends öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, warum nehmen sie nicht den Dienstwagen?“ „Genau, aber das ist jetzt nicht das Thema. Wir haben demnächst die Europawahl am Hacken, dann die Landtagswahlen in der Zone, und wir müssen auch noch einen Nachfolgenden für den Winfried ausgucken. Ricarda, sei mir nicht böse, aber ich denke mal, wir versuchen’s mit dem Cem.“ „Hajo, so isch des!“ „Aber da reden wir noch in Ruhe drüber. Also, wir müssen jetzt sehen, welche Pfeile wir noch im Köcher haben. Ich hab so das Gefühl, unser Gerede von Vielfalt und Toleranz und Kampf gegen rechts hängt den Leuten zu den Ohren raus.“
„Wir brauchen irgendeinen neuen heißen Scheiß. Feministische Innenpolitik oder sowas. Oder irgendwas mit Digitalisierung.“ „Das kauft uns doch kein Schwein ab. Hast du vergessen, was wir schon alles verbieten wollten? Ich sag nur: Konsolenspiele, Kabel- und Satellitenfernsehen, Glasfaserverkabelung, Digitalisierung des Fernsprechnetzes, ISDN, Streaming. Wir gelten als technikfeindlich, nur weil wir lieber alte Kohlekraftwerke laufen lassen als moderne Atommeiler.“ „Ist ja auch nicht unsere Kernkompetenz! Weltrettung, das ist unser Ding!“
„Ich wär‘ schon froh, wenn ich mal unfallfrei durch eine Sitzung oder eine Talkshow käme. Freunde, die haben uns jetzt auf dem Kieker. Das Schlimmste sind die Wahlen. Aber vielleicht kann man ja nicht nur diesem Höcke das Wahlrecht entziehen, sondern allen Boomern. Oder wenigstens den Ossis. Da müssen wir uns aber ranhalten. Oder erst mal die Wahlen in Neufünfland verschieben, der Lauterbach hat doch bestimmt für den Herbst noch ein unbekanntes, neuartiges, extrem gefährliches Virus in petto… Wie auch immer, wir müssen hier erst mal Schluss machen. Überlegt euch bitte mal für die nächste Krisensitzung, was wir dringend angehen müssen. Ich brauch' Vorschläge! Die Situation ist extrem herausfordernd, wir müssen mehr tun, aber wir sollten es tun mit einer Haltung des Unterhakens und der konkreten nächsten Schritte.“
Claudio Casula arbeitet als Autor, Redakteur und Lektor bei der Achse des Guten.