Thilo Schneider / 13.06.2018 / 06:20 / Foto: Ronny Stiffel / 29 / Seite ausdrucken

Ein Gymnasium geht baden

Nachdem es ja aus Rücksicht auf die muslimischen Mitschüler_Innen* (so richtig?) mit und ohne Migrationsvordergrund schon kein Schweinefleisch mehr in den Schulkantinen gibt (sehr zum Nichtärger aller hinduistischen Kinder ist Rindfleisch nach wie vor zu haben), geht das Pestalozzi-Gymnasium in Herne nun einen weiteren wichtigen Integrationsschritt nach vorne: Künftig gibt es für kleine Muslima und ihre großen Eltern keine Ausrede mehr, nicht am Schwimmunterricht aus religiösen Gründen teilzunehmen.

Denn das Pestalozzi-Gymnasium – benannt nach dem Pädagogen Heinrich Pestalozzi („Der Gott meines Hirns ist ein Hirngespinst … der Gott meines Hirns ist ein Götze, ich verderbe mich in seiner Anbetung; der Gott meines Herzens ist mein Gott, ich veredle mich in seiner Liebe.“) hat sich 20 Burkinis zum Lachpreis von 400 Euronen angeschafft. Die Damen und Herren haben jetzt die Faxen dicke. Das Geld wurde (unter irgendetwas anderem) durch einen Spendenlauf aufgebracht, und sage und schreibe 15 Schülerinnen haben das Angebot des Leihburkinis auch schon genutzt. Also – sie haben ihn geliehen. Ob sie damit ins Wasser sind, ist nicht überliefert.

Natürlich wird jetzt das Gejammer von wegen „schleichender Islamisierung“ wieder losgehen – aber denken wir doch einmal rational: Es ist doch besser, die angehenden Rechtsanwältinnen, Chirurginnen und Atomphysikerinnen lernen im Burkini schwimmen, als dass sie religionskonform in der Emscher ertrinken. Da würde Deutschland und den Herkunftsländern wahnsinniges Potenzial entgehen, sofern tatsächlich später ein Studienplatz und nicht ein Platz am heimischen Herd des Bräutigams gewählt würde. 

Im Gegenteil ist der Leihburkini ein sehr cleverer Schachzug: Hier wurden die – nennen wir sie mal „etwas konservativeren“ – Eltern plötzlich überrumpelt. Zumindest angeblich „vergessene“ Badebekleidung sind jetzt keine Ausrede mehr, jetzt müssen hier die Eltern, aber auch die muslimischen Schüler und Schülerinnen (deswegen beide Geschlechter, da ja auch der Bruder über seine Schwester und deren sittsame Ehre mit Argusaugen wacht) Farbe bekennen: Liegt eine Verweigerung der Unterrichtsteilnahme an der „unmoralisch freizügigen“ Badebekleidung oder eher doch an sturem Religionsfanatismus? 

Es fehlen die Sparten „Gangsta- und Battlerap“

Bei Gott, Allah und Buddha: Ich wäre so gerne bei den jetzt folgenden Diskussionen am halal-gedeckten Küchentisch dabei…

Natürlich ist noch nicht alles perfekt auf die muslimischen Mitschüler_Innen* abgestimmt. So fällt beispielsweise die zentrale Mathematikklausur noch mitten in den Ramadan, wie der Schulkalender zeigt, und unter den Sprachfächern finden sich weder Türkisch noch Arabisch. Auch was die Geisteswissenschaften angeht, besteht Nachholbedarf, kann der geneigte Schüler hier doch nur zwischen evangelischem, katholischem und philosophischem Unterricht wählen. Ebenfalls fehlen im Musikbereich die Sparten „Gangsta- und Battlerap“, und der Chemieunterricht dürfte im Hinblick auf die Fertigung von Freizeitpharmazeutika als Nebenerwerbsquelle auch noch zumindest ausbaufähig sein.

Außerdem werden keine speziell auf eine später mögliche antiquierte Rollenverteilung gezielten Tätigkeiten wie Bügeln, Waschen, Kochen und Dem-Manne-untertan-sein vermittelt. Die wichtigen Sachen bleiben eben immer noch an den Eltern hängen. Aber das Pestalozzi-Gymnasium scheint engagiert und eine wirklich mitarbeitende Schüer_innenschaft zu haben. Da geht noch was.

Denn immerhin sieht sich „die Fachgruppe Politik/Wirtschaft und Sozialwissenschaften besonders dem Leitziel verpflichtet, die ihr anvertrauten Schüler.innen (fortan: SuS) in der mündigen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu unterstützen… Gerade in Zeiten gesellschaftlicher Umwälzungen und oft überhitzter und verkürzter öffentlicher Debatten ist es der Fachgruppe ein besonderes Anliegen, die Selbstkompetenz der SuS zu stärken, sich durch Abwägung von Fakten und Argumenten eine unabhängige Meinung bilden zu können und gleichzeitig offen für konträre Standpunkte und Ideen in Bezug auf gesellschaftliche Entwicklungen zu sein. Dazu sieht sich die Fachgruppe dem Gebot der politischen Neutralität ganz besonders verpflichtet.“ 

Na dann…

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Leserpost

netiquette:

Susanne antalic / 13.06.2018

In anderen moslemischen Ländern kämpfen starke moslimischen Frauen gegen solche frauenfeindliche Praktiken, werden dafür eingesperrt und geschlagen und in Deutschland? Hier kämpfen mit vorauseilende Geschwindigkeit Frauen und Männer( bei manchen Männern kann ich mir vorstellen, dass sie die Unterwerfung der Frau begrüssen würden), damit man solche Zustände bekommt. Vieleicht würden sich viele moslemische Frauen freuen so zu leben, wie die Frauen hier vor kürzem gelebt hatten, keine Kopftücher, den die meisten haben schöne Haare,keine Burkinis, vieleicht auch Bikini, aber nein, Das gefählt unseren liksgrünenspdcdu nicht. Schnelles Anpassung und Unterwerfung ist angesagt, es ist das Messer, soche die “Gutmenschen” den forschritlichen und stolzen muslemischen Frauen ins Rücken stösst und man feiert sich noch als Weltoffen, ich würde meinen offen ist bei diesen Menschen ganz was anderes.

Hans-Peter Hammer / 13.06.2018

Moment, wo bleibt da die Gleichbehandlung (oder gar Gleichstellung?)? Bietet die Schule für alle anderen wenigstens auch Leihbadehosen, Leihbikinis und -badeanzüge an?  Und werden die, die das Adams- oder Evaskostüm bevorzugen wenigstens entschädigt, weil für sie die Kosten solcher Leih- .... nicht anfallen?

Chris Lock / 13.06.2018

Ich habe nicht grundsätzliche etwas gegen Burkinis im Schwimmunterricht einzuwenden, nur dagegen, dass die Schule dafür zahlt. Schwimmkleidung ist Privatsache. Offensichtlich ist es aber den Familien die Ausgabe nicht wert, dass ihre Töchter schwimmen lernen. Einmal mehr wird die Zustimmung tumber Ignoranten erkauft, das ist für mich die falsche Politik, in diesem Fall der Politik der Schule.

Sabine Heinrich / 13.06.2018

@ Frau Hirsch: Bitte geben Sie zu, dass das von Ihnen beschriebene Szenario eine Satire ist. Es fällt mir heutzutage immer öfter schwer, zwischen bitterem Ernst und Satire zu unterscheiden. Also - helfen Sie mir bitte!

Michael Hinz / 13.06.2018

Politik des Zurückweichens wohin man schaut. In einigen Großstädten des Ruhrgebiets sind Schwimmbäder an einem Tag in der Woche nur für Muslimas geöffnet. Hinter dieser falsch verstandenen Toleranz steckt überall dasselbe: der deutsche Nationalmasochismus und Selbsthaß.

Belo Zibé / 13.06.2018

In diesem Zusammenhang lässt sich wohl sagen,dass Toleranz die Fortsetzung der Ratlosigkeit mit anderen Mitteln darstellt.

Jochen Wegener / 13.06.2018

Nee.wäre nicht besser, wäre besser.

Julian Schneider / 13.06.2018

Das ist genau das, was Houellebecq gemeint hat. Also im Roman natürlich, nicht im deutschen Fernsehfilm.

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