In irgendeinem Asterix-Comic gibt es eine nette Szene: Der greise Methusalix schlägt den Schmied Automatix. Dieser schlägt daraufhin Verleihnix, den Fischhändler. Auf dessen verblüffte Frage, was er denn getan hätte, antwortet Automatix sinngemäß: „Nichts, aber ich kann ja das alte Wrack da nicht schlagen.“ Daraufhin beschwert sich Methusalix lautstark (ebenfalls sinngemäß): „Ich will, dass man mich schlägt, ich habe ein Recht darauf, dass man mich schlägt!“
Ich glaube, Diskriminierung ist ein Menschenrecht. Wer, wie ich, viel im Internet unterwegs ist, der erlebt als „alter weißer Mann“ jede Menge Diskriminierung, angefangen vom spöttischen Hashtag #OKBoomer bis hin zu Aussagen wie „Ihr seid sowieso bald alle tot“. Und, seltsam, mich freut das. Ich habe mir das Recht, diskriminiert und beschimpft zu werden, hart erarbeitet. Hinzu kommen dann die üblichen Tobsuchtsanfälle, wenn mein politischer Background sichtbar wird, das geht dann vom „Neoliberalen“ über den „kaltherzigen Narzissten“, die „Umweltsau“ und den „Tiermörder“ bis hin zum heutigen All-time-Klassiker „Nazi“. Gelegentlich, wenn die Emotionen hochschlagen, kassiere ich auch mal die eine oder andere Morddrohung, übrigens von allen Seiten. Je nachdem, wem ich gerade auf die linken oder rechten oder religiös gereinigten Füße getreten bin. Sowas adelt, ich werde deshalb damit nicht weinend meine Mitmenschen nerven.
Tatsächlich fände ich es schlimm, wenn über uns „Boomer“ keine Witze gemacht werden dürften, wenn wir nicht beschimpft werden dürften. Das würde bedeuten, dass uns unsere Antagonisten für nicht ganz voll nähmen oder seelisch instabil hielten. Dass man glaubt, wir würden wegen derartigem Pillepalle in Schock- oder Deckstarre fallen, dass man uns schonen müsste, weil wir Beschimpfungen und Beleidigungen seelisch nicht verkraften würden. Dass wir irgendwelche Sensibelchen und Heulsusen wären, die einen kräftigen Streich nicht abkönnten. Das Leben ist nun einmal kein Ponyhof. Wir „Boomer“ wissen das. Oder lernen es spätestens, wenn wir den Pflegegrad für Eure Großeltern beantragen müssen.
„Endlich etwas verboten“ bekommen
Ich habe das Glück oder auch nur schlicht keine Zeit, an Depressionen zu leiden. Ich muss arbeiten, weil hier so ein wenig Lebensunterhalt verdient werden muss. Ich habe keine Zeit, beleidigt und traurig zu sein. Und ich glaube, es geht vielen von uns Babyboomern so, selbst wenn die ersten von uns jetzt in Rente gehen und einige bereits Opfer ihres Lebenswandels wurden. Wer sich seiner Sache sicher ist, fällt so schnell nicht in Ohnmacht. Meinetwegen kann man das auch die „Arroganz des Alters“ nennen, aber wir sind nun einmal veritable Schlachtrösser, die – und da haben die zukunftszitternden FFF-Protagonisten recht – ebenfalls dieses Land mit aufgebaut und in eines der, wenigstens bisher, schönsten, friedlichsten und freiesten Länder dieses hübschen Erdballs verwandelt haben.
Wenngleich diese Tendenz durch die wohlstandsverwahrlosten Volltrottel der von uns gezeugten und unerzogenen Handy-Generation einen rückläufigen Trend erfährt. Weil diese Horde Instagram-Süchtiger vor lauter Langeweile ganz offiziell und schizophren „endlich etwas verboten“ bekommen will. Oder wenigstens verbieten will. „Kinder nehmen ihre Eltern in Haft“ oder so.
Umgekehrt können nämlich die Austeiler schlecht einstecken, das macht es schwierig in den Diskussionen. Unsere Erziehung und Etikette verbietet es uns meist, mit gleicher Münze zurückzuzahlen. Tatsächlich sind wir vermeintlich unsensiblen alten Drecksäcke viel zu nett zu unseren Beschimpfern. Weil wir wissen, was unter Umständen ja dranhängt. Weil sich gelegentlich der ein oder andere von uns Gedanken darüber macht, welcher Mensch hinter dem anonymen Avatar steckt, der meinte, ihn soeben mit #OKBoomer auf die schiefe Bahn des Diskurses schieben zu müssen. Denn wehren wir uns mit den gleichen Waffen, sind wir diejenigen, die „für Hass und Hetze verantwortlich sind“. Bereits mit der harmlosen Erwiderung #YoureWelcomeSnowflake ergreift das Gegenüber eine Mischung aus Zorn und Panik und das wäre ja typisch und wie könne man nur …
Gebt uns alles, Ihr Spinner
Ein simples „würdest Du weniger auf Dein Geschlechtsteil und mehr auf Deinen Charakter achten“ offenbart für das Schneeflöckchen von heute eine derart grobe und großartige Unsensibilität mit Menschen des 16ten Geschlechts, dass er zornestränenweinend dich Nazidrecksau am liebsten vor die Wand stellen würde, damit du endlich Toleranz lernst. Das ist dann der gleiche Mensch, der dich am CSD mit an der Intimpiercingkette baumelndem Geschlechtsteil für die Idee begeistern möchte, ihm ein Kind zur Adoption in den Arm zu drücken. Weil ihm eine unbarmherzige und gnadenlose Natur das immer noch verwehrt. Aber was weiß ich als alter weißer heterosexueller Mann (der natürlich seine Frau, seine Kinder und alle Ausländer schlägt) schon?
Deswegen: Her mit der Diskriminierung, gebt uns alles, Ihr Spinner, wir können das tragen und ertragen. Weil wir am Ende des Tages auf ein für unsere Verhältnisse schönes und reiches Leben blicken werden, verbunden mit den Erinnerungen und positiven Dingen, die wir sowohl für Euch als auch für uns geschaffen haben. Ihr werdet das spätestens bei der Testamentseröffnung erfahren, wenn Ihr den Wohlstand, den wir geschaffen oder gemehrt haben, erbt. Den könnt Ihr dann ja ausschlagen, wenn Ihr meint.
Aber bis dahin passen wir noch ein wenig auf Euch auf, damit Ihr Euch und uns nicht versehentlich die Beine unter dem sensiblen Hintern wegzieht und, verdammt, ja: Ihr werdet uns noch einmal dankbar sein. Später. Wenn Ihr selbst Erinnerungen geschaffen habt und wir nur noch Erinnerung sind. Beschimpft und „diskriminiert“ uns also ruhig. Ich bitte darum! Wir machen die Türe zu und die Stereoanlage laut. Genau so! Schiebt Euch Eure dämlichen Gendersternchen dahin, wohin die Sonn*in nicht scheint. F... you. Wir sind #OKBoomer!
P.S.: Damit wir uns nicht falsch verstehen und weil man ja manchen Leuten alles erklären muss: Wenn jemand eine Wohnung oder einen Arbeitsplatz nicht bekommt, weil er zu schwer, zu schwul oder zu schwarz ist, dann ist das eine echte Diskriminierung. Und gegen das Grundgesetz und indiskutabel. Aber darum geht es in diesem Artikel nicht.
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