Martina Binnig, Gastautorin / 07.11.2023 / 06:15 / Foto: Imago / 55 / Seite ausdrucken

Die WHO, die Weltbank und der internationale Pandemievertrag

Hinter dem internationalen Pandemievertrag offenbart sich ein eng verwobener Filz von Politik, Konzernen, Stiftungen und global agierenden Organisationen, die keine demokratisch gewählten Mandatsträger sind. Es ist zum Fürchten.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) arbeitet derzeit ein internationales Pandemieübereinkommen aus, das im Juni 2024 verabschiedet werden soll. Über das Abkommen, das oft auch als Pandemievertrag bezeichnet wird, berichteten wir unter anderem hier. Vom 6. bis 10. November findet nun in Genf das 7. Treffen des Verhandlungsgremiums zum WHO-Pandemievertrag (Intergovernmental Negotiating Body for a WHO instrument on pandemic prevention, preparedness and response, kurz: INB) statt, das vom 4. bis 6. Dezember fortgesetzt wird. Bei diesem Treffen sollen die WHO-Mitgliedstaaten den aktuellen Verhandlungstext des WHO-Pandemieabkommens prüfen. Dazu veröffentlichte die WHO am 30. Oktober die neueste Version des Vertragstexts. Am selben Tag wurden außerdem der „COVID-19 Vaccine Insights”-Report der WHO sowie der Jahresbericht des Global Preparedness Monitoring Board (kurz: GPMB) zum „State of the World´s Prepardness“ (Stand der globalen Krisenvorsorsorge) publiziert. 

Der „COVID-19 Vaccine Insights”-Report ist ein analytischer Standardbericht  mit den wichtigsten Daten zur COVID-19-Impfstoffimplementierung, aus dem sich beispielsweise ersehen lässt, dass weltweit 89 Prozent der Mitarbeiter im Gesundheitswesen und 67 Prozent der Gesamtbevölkerung eine „COVID-19-Impfung“ erhalten haben. 69 WHO-Mitgliedstaaten haben demnach mehr als 70 Prozent ihrer Bevölkerung geimpft. In Afrika liegen die Zahlen allerdings deutlich niedriger. Die bunten Grafiken und Tabellen gleichen einem Geschäftsbericht, und auch die Finanzgeber für die Impfdurchführung sind aufgeschlüsselt. Inhaltlich wesentlich ergiebiger ist jedoch der Jahresbericht des Global Preparedness Monitoring Board. Das GPMB wurde 2018 als globales Überwachungsgremium für die Krisenvorsorge gemeinsam von der WHO und der Weltbank gegründet. 

Bereits in seinem ersten Bericht vom September 2019 hatte das GPMB die unmittelbare Bedrohung durch eine große Atemwegspandemie, die viele Millionen Todesfälle und immense Schäden für die Weltwirtschaft verursachen würde, prognostiziert. Ein Gremium, das über derartige hellseherische Fähigkeiten verfügt, sollte man also durchaus ernst nehmen. Neben dem Hauptdokument, nämlich dem Jahresbericht mit dem vollständigen Titel „Ein fragiler Zustand der Krisenvorsorge: Bericht über den Stand der weltweiten Krisenvorsorge 2023“ („A Fragile State of Preparedness: 2023 Report on the State of the World's Preparedness“) steht noch ein 54-seitiger Anhang mit Informationen zu den angewendeten Methoden und Indikatoren zur Verfügung. Zudem sind einer 122 Seiten umfassenden Kompilation zu entnehmen, welche Experten herangezogen wurden. Der Jahresbericht selbst liegt in zwei verschiedenen Versionen vor: einmal in einer vollständigen, die 48 Seiten lang ist, und einmal in einer gekürzten Zusammenfassung für „Policy-Makers“, die nur aus zwölf Seiten besteht. 

Verlockend lukrativer Markt für mRNA-Technologie

Die erste Aussage dieser Zusammenfassung lautet: „Die Fähigkeit der Welt, mit einer potenziellen neuen Pandemie umzugehen, ist nach wie vor unzureichend.“ Verbesserungsbedarf gebe es beispielsweise noch bei der „globalen Koordinierung von Forschung und Entwicklung (F&E) zur Bekämpfung von Fehlinformationen“. Außerdem müsse die Finanzierung der Pandemieverhütung, -vorsorge und -reaktion (Pandemic Prevention, Preparedness and Response, kurz: PPPR) „grundlegend reformiert werden, um sie von den Beschränkungen der Entwicklungshilfe zu befreien und sie auf eine nachhaltige Basis zu stellen, die auf Lastenteilung beruht“.

Dies erfordere die Sicherstellung einer nachhaltigen Finanzierung der WHO und anderer internationaler Organisationen, die sich mit PPPR befassen. Darüber hinaus sei es notwendig, die „Mechanismen für die Koordinierung zwischen den vielen Sektoren zu stärken, die auf nationaler, regionaler und globaler Ebene eine Schlüsselrolle bei der PPPR spielen“. Mit anderen Worten: Das GPMB fordert nicht nur die „nachhaltige“ Finanzierung der WHO ein, sondern nimmt auch eine zentrale Rolle der WHO für die globale Gesundheitspolitik in Anspruch. Dabei muss noch einmal betont werden: Das GPMB wurde von eben dieser WHO im Verbund mit der Weltbank gegründet.

Ausdrücklich wird hervorgehoben, dass die weit verbreitete Auffassung, COVID-19 sei vorbei und die Bedrohung durch Pandemien insgesamt zurückgegangen, eine gefährliche Fehleinschätzung sei, da sich die Welt weiterhin mit schweren Krankheitsausbrüchen konfrontiert sehe. In diesem Jahr seien dies unter anderem Mpox (ehemals Affenpocken, wir berichteten hier) gewesen. Wichtig sei nun vor allem die Vertrauensbildung: Das Vertrauen zwischen den Ländern habe nämlich einen Tiefpunkt erreicht, was unter anderem auf die ungleiche Reaktion der Länder auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen sei. Daher müsse die Vorsorge nun näher an die bedürftigsten Bevölkerungsgruppen herangeführt werden, wobei der WHO-Pandemievertrag eine wichtige Rolle spielen könnte, wenn er rechtzeitig vor der Weltgesundheitsversammlung im Mai 2024 vorgelegt werden würde. In diesem Zusammenhang wird kritisiert, dass der Fortschritt bei den Verhandlungen über das WHO-Pandemieabkommen zu langsam vorangehe. 

Diese Aussagen wirken in Anbetracht der Realität geradezu absurd: Wurden doch die Corona-Maßnahmen in einem bemerkenswert globalen Gleichschritt vollzogen und hatten die ärmsten Länder der Welt vor allem unter den Kollateralschäden der getroffenen Maßnahmen wie beispielsweise den Lockdowns zu leiden. Eher ist zu vermuten, dass hinter der „Vorsorge“, die „näher an die bedürftigsten Bevölkerungsgruppen herangeführt werden“ müsse, der verlockend lukrative Markt etwa für die Produkte der mRNA-Technologie steht. In diese Richtung weist jedenfalls auch das „100-Tage-Ziel“ der Coalition for Epidemic Preparedness Innovations (kurz: CEPI), durch das die Welt in die Lage versetzt werden soll, „auf die nächste Krankheit X innerhalb von 100 Tagen mit einem neuen Impfstoff zu reagieren.“ 

Das Mainzer Unternehmen BioNTech ist denn auch gleich schon eine „strategische Partnerschaft“ mit CEPI eingegangen, um dieses Ziel zu unterstützen. Die CEPI wurde 2017 beim Weltwirtschaftsforum in Davos gegründet und unter anderem von der EU, der Bill & Melinda Gates Foundation und dem Wellcome Trust startfinanziert. Deutschland gehört zu den größten Geldgebern der CEPI.

„Zuviel an Informationen“

Wörtlich heißt es in dem Bericht weiter: „Misinformation und Desinformation tragen zum weltweiten Vertrauensdefizit bei. Dennoch gibt es derzeit keinen globalen Mechanismus, um wirksam gegen gesundheitsbezogene Fehlinformationen und Desinformationen vorzugehen.“ Zum Unterschied zwischen Mis- und Desinformation haben die Medienanstalten in Deutschland übrigens schon 2020 ein Gutachten erarbeitet, demzufolge Misinformation eine ungenaue oder auch unbeabsichtigt verwirrende Berichterstattung darstellt, während unter Desinformation bewusste Falschinformation, manipulative (politische) Werbung, Propaganda, „bewusste Dekontextualisierung realer Information“ sowie „unauthentischer und irreführender Pseudojournalismus“ zu verstehen sei.

Zu letzterem wird ausgeführt: „Eine recht verbreitete Form von Pseudojournalismus tritt in Online-Nachrichten auf, die sich nicht an journalistische Standards halten, manchmal auch alternative Medien genannt.“ Fragt sich, wer befugt ist zu definieren, was genau „Pseudojournalismus“ ist. Die EU hat dieses Problem nun unter anderem mit ihrem Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act, kurz: DSA) gelöst, durch das sich die EU-Kommission selbst die Macht gegeben hat, Online-Plattformen wie Google oder Facebook kontrollieren zu können. In dem GPMB-Bericht klingt es nun geradezu so, als würde eine Art globaler Digital Services Act angestrebt werden.

Denselben Eindruck vermittelt auch der aktuelle Entwurf des WHO-Pandemievertrags. So wird „Infodemie“ nicht nur als das Verbreiten von „falschen oder irreführenden Informationen“, sondern sogar auch als ein „Zuviel an Informationen“ definiert. Außerdem ist unter Artikel 18 („Kommunikation und Sensibilisierung der Öffentlichkeit“) festgelegt:

„Die Vertragsparteien stärken die Wissenschaft, die öffentliche Gesundheit und die Pandemiekompetenz in der Bevölkerung sowie den Zugang zu Informationen über Pandemien und ihre Auswirkungen und Triebkräfte und bekämpfen Falschinformationen, irreführende Informationen, Misinformationen oder Desinformationen, unter anderem durch wirksame internationale Zusammenarbeit und Kooperation nach Artikel 16.“  In Artikel 16 wird zur „Internationalen Zusammenarbeit und Kooperation“ ausgeführt: „Die Vertragsparteien arbeiten mit den zuständigen internationalen und regionalen zwischenstaatlichen Organisationen und anderen Stellen sowie untereinander bei der Ausarbeitung kosteneffizienter Maßnahmen, Verfahren und Leitlinien für die Verhütung von Pandemien sowie für die Vorsorge- und Reaktionsplanung zusammen und kooperieren.“ 

Dabei sollen die Vertragsparteien „das globale, regionale und nationale politische Engagement, die Koordinierung und die Führungsrolle bei der Verhütung von Pandemien, der Vorsorge und der Reaktion darauf“ fördern. Außerdem sollen sie Mechanismen installieren, „die sicherstellen, dass politische Entscheidungen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen“. Vor dem Hintergrund, dass während der Coronakrise ein echter wissenschaftlicher Diskurs verhindert und im Gegenteil die Wissenschaft politisch missbraucht wurde, ist dieser Hinweis allerdings eher als Einschränkung der wissenschaftlichen Debatte zu verstehen denn als Appell für die Wissenschaftsfreiheit.

Klimawandel als größte Gesundheitsbedrohung

Auch die in Artikel 16 benannte „Führungsrolle bei der Verhütung von Pandemien, der Bereitschaft und der Reaktion darauf“ ist problematisch: Diese Führungsrolle würde nämlich ausschließlich der WHO zukommen, was einerseits zu einer eben gerade nicht sinnvollen Zentralisierung von Maßnahmen im Falle einer Krise und andererseits zu einem massiven Einschnitt in die Souveränität der einzelnen Mitgliedstaaten führen würde. Die WHO ist jedoch keine demokratisch legitimierte Institution und erhält einen Großteil ihrer Finanzen von privaten Geldgebern via Stiftungen, die nicht frei von eigenen Interessen sind. In den Jahren 2020/2021 stand Deutschland mit 1,268 Milliarden US-Dollar an der Spitze der Geberländer, gefolgt von der Bill & Melinda Gates Foundation mit 751 Millionen US-Dollar. Danach kamen die USA, Großbritannien, die EU-Kommission sowie die Impfallienz GAVI. Mitglieder der GAVI sind wiederum neben Regierungen unter anderem die WHO, die Weltbank, die Bill & Melinda Gates Foundation sowie Impfstoffhersteller. 

Nicht nur die WHO und die CEPI werden maßgeblich von Deutschland finanziert; auch bei der Weltbankgruppe ist Deutschland viertgrößter Anteilseigner. Die Weltbank ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen und vergibt Kredite für Entwicklungsländern. Deutsche Gouverneurin bei der Weltbank ist Svenja Schulze, Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. In einer Pressemitteilung vom 12. Oktober 2023 teilte das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gerade mit, dass sich die Anteilseigner der Weltbank bei ihrer Jahrestagung in Marrakesch auf eine „ambitionierte Reform“ verständigt haben, die unter anderem zu mehr Investitionen in den Klimaschutz führen soll.

Die Weltbank werde künftig stärkere Finanzierungsanreize setzen für Projekte, die nicht nur einzelnen Ländern zugutekommen, sondern der ganzen Welt – von Klimaschutzprojekten über den Erhalt der Biodiversität bis hin zur Pandemieprävention. Die Reform hatte Entwicklungsministerin Svenja Schulze im vergangenen Jahr gemeinsam mit den USA und weiteren Anteilseignern angestoßen. Auch die WHO betont übrigens, dass der Klimawandel die größte Gesundheitsbedrohung der Menschheit darstelle.

Klimapolitische Notstände ausrufen

Es steht zu vermuten, dass es weniger um das individuelle Gesundheitswohl geht als um viel Geld, wenn im Entwurf des Pandemievertrags festgehalten wird, die Vertragsparteien seien „zutiefst besorgt über die groben Ungleichheiten auf nationaler und internationaler Ebene, die den rechtzeitigen und gerechten Zugang zu medizinischen und anderen Produkten im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie“ und dabei insbesondere zu Impfstoffen behinderten. Schließlich ist beispielsweise der Markt in Afrika groß und in Hinblick auf RNA-basierte Medikamente noch weitgehend unerschlossen.

So ist denn auch vom „Schutz der Rechte des geistigen Eigentums für die Entwicklung neuer medizinischer Produkte“ und von Patenten die Rede. Und es wird betont, „wie wichtig es ist, den frühzeitigen, sicheren, transparenten und raschen Austausch von Proben und genetischen Sequenzdaten von Krankheitserregern mit pandemischem Potenzial“ zu gewährleisten. Daher soll ein internationales Netz von Laboratorien entstehen, das von der WHO koordiniert werden und das ganzjährig Erreger mit Pandemiepotenzial überwachen soll.

Schließlich wird hervorgehoben, dass das Pandemie-Abkommen der WHO jederzeit Gültigkeit haben werde und im Einklang mit den Internationalen Gesundheitsvorschriften (International Health Regulations, kurz IHR), die ebenfalls gerade überarbeitet werden, stehe. Auch das klingt nicht unbedingt beruhigend. Denn würden die überarbeiteten Gesundheitsvorschriften im kommenden Jahr verabschiedet, würden die Kompetenzen des WHO-Generaldirektors bei der Feststellung von gesundheitsbezogenen Ausnahmezuständen erheblich ausgeweitet werden – was gerade hinsichtlich der WHO-Definition des Klimawandels als größter Gesundheitsbedrohung der Menschheit bedenklich wäre. Dann könnten nämlich auch klimapolitische Notstände ausgerufen werden, die entsprechende Maßnahmen, wie sie in der Coronakrise praktiziert wurden, verbindlich nach sich ziehen würden.

Eindeutig totalitäre Züge

Doch noch einmal zurück zum GPMB-Bericht (Global Preparedness Monitoring Board). Hier wird als Kritikpunkt konstatiert: „Ein One-Health-Ansatz wurde nicht wirksam in die Gesundheitsvorsorge integriert.“ Im Entwurf des Pandemievertrags wird der „One-Health“-Ansatz definiert als ein „integrierter, vereinheitlichender Ansatz, der darauf abzielt, die Gesundheit von Menschen, Tieren und Ökosystemen nachhaltig auszugleichen und zu optimieren. Er erkennt an, dass die Gesundheit von Menschen, Haus- und Wildtieren, Pflanzen und der weiteren Umwelt (einschließlich Ökosystemen) eng miteinander verbunden und voneinander abhängig ist.“

Demnach würden dieselben menschlichen Aktivitäten, die den Klimawandel und die Biodiversitätsverluste verursachen, also auch das Pandemierisiko erhöhen. Deswegen müsse auf allen Ebenen der Gesellschaft dafür gesorgt werden, dass Maßnahmen gegen den Klimawandel ergriffen werden. Wörtlich ist im Vertragsentwurf zu lesen: „Die Vertragsparteien verpflichten sich, ein One-Health-Konzept für die Pandemieprävention, -vorsorge und -reaktion zu fördern und umzusetzen.“ Dieser „One-Health“-Ansatz müsse auch in Bezug auf die Sozial- und Verhaltenswissenschaften, die Risikokommunikation und die Einbindung der Bevölkerung sowie auf Weiterbildungsprogramme für Mitarbeiter im Gesundheitswesen angewendet werden. Diese Forderung zeigt eindeutig totalitäre Züge.

Das GPMB verweist – wenig überraschend – in seinem Jahresbericht auch auf die Agenda 2030 und ihre Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, kurz: SDGs), mit deren Hilfe die Erde in ein Paradies der Gleichheit und der Klimaneutralität transformiert werden soll: „Die Stärkung der Pandemievorsorge geht Hand in Hand mit den globalen Bemühungen um die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs), und viele der Lücken in der Pandemievorsorge decken sich mit den Bereichen, die bei der Verwirklichung der SDGs die größten Herausforderungen darstellen.“

Schließlich spricht das GPMB umfangreiche Empfehlungen aus: So soll die Pandemieverhütung, -vorsorge und -reaktion (PPPR) durch eine verbesserte Datenerhebung gestärkt werden, die von internationalen Organisationen wie der G7, der G20, CEPI und Gavi unterstützt werden soll. Die Weltbankgruppe, die WHO und die G20 sollen im Rahmen der Gemeinsamen Task Force der G20 für Finanzen und Gesundheit eine Bewertung des Finanzierungsbedarfs für die Pandemievorsorge durchführen. Dabei müsse eine Lücke von 10 Milliarden US-Dollar pro Jahr geschlossen werden.

„Transformation der digitalen Gesundheitssysteme“

Die WHO-Mitgliedstaaten sollen außerdem die Mittel für den WHO-Notfallfonds aufstocken, um den Bedarf von 500 Millionen US-Dollar für den Tag Null zu decken. Multilaterale Entwicklungsbanken auf globaler und regionaler Ebene, einschließlich des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbankgruppe, sollen zusammen mit unter anderem der G7 und der G20 Strategien zur Förderung der internationalen Finanzierung von Kriseneinsätzen umsetzen. Geldgeber (Regierungen und philanthropische Organisationen) sollen sicherstellen, dass ein gerechter Zugang zu Technologien, Daten und Informationen gewährleistet wird.

Ausdrücklich bezieht sich das GPMB auch auf die sogenannte „Quadripartite“: eine Allianz von WHO, WOAH (Weltorganisation für Tiergesundheit), FAO (Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen) und UNEP (Umweltprogramm der Vereinten Nationen), die einen One-Health-Aktionsplan vorgestellt hat, durch den die Welt vor Pandemien und Klimawandel gerettet werden soll. (Wir berichteten hier.) Die Quadripartite soll gemeinsam mit der Weltbankgruppe, der Welthandelsorganisation (WTO) und der WIPO (Weltorganisation für geistiges Eigentum) einen strukturierten Ansatz zur Verbesserung der sektorübergreifenden Pandemieverhütung, -vorsorge und -reaktion auf allen Ebenen etablieren.

Da jeder Monat, in dem diese Maßnahmen verzögert würden, die Welt weiteren Pandemierisiken aussetze, müsse das Verhandlungsgremium zum WHO-Pandemievertrag (INB) im kommenden Jahr seine Verhandlungen über ein WHO-Pandemieabkommen abschließen, damit dieses von der Weltgesundheitsversammlung im Mai 2024 verabschiedet werden kann. Außerdem sollen die Weltbankgruppe und der Internationale Währungsfonds auf ihrer Frühjahrstagung 2024 prüfen, wie sie die Unterstützung der PPPR weiter verstärken können, beispielsweise auch durch den Resilience and Sustainability Trust (RST), einem Treuhandfonds des Internationalen Währungsfonds (IWF). Dieser Fonds wurde 2022 gegründet, wofür Bundesfinanzminister Christian Lindner ein deutsches Darlehen in Höhe von 6,3 Milliarden Euro versprach. Nicht zuletzt müsse die Rolle der öffentlichen Entwicklungsbanken (PDB) bei der Unterstützung von PPPR gestärkt werden.

Die Liste der „Stakeholder“, die auf irgendeine Weise mit dem Verhandlungsgremium zum WHO-Pandemievertrag (IBN) zusammenarbeiten, führt übrigens auf: Gavi, Bill & Melinda Gates Foundation, Caritas Internationalis, Clinton Health Access Initiative, Inc. (CHAI), The Rockefeller Foundation, The Wellcome Trust, World Bank Group, World Trade Organization, Global Health Technologies Coalition, Open Society Foundations, World Wide Fund for Nature Food and Agriculture Organization of the United Nations, die Islamic Development Bank und viele mehr. Bleibt noch zu ergänzen, dass die WHO im August dieses Jahres gemeinsam mit der G20 eine neue globale Initiative für digitale Gesundheit (Global Initiative on Digital Health, kurz: GIDH) vorgestellt hat, die von der WHO verwaltet werden soll, um „die Transformation der digitalen Gesundheitssysteme zu beschleunigen“. Neben der Pharmaindustrie können sich also auch die Digitalkonzerne wie etwa Microsoft auf einträgliche Geschäfte mit der Gesundheitspolitik freuen. Sofern alles nach Plan läuft.

„Notwendigkeit einer unabhängigen Überwachung“

In seiner Eröffnungsansprache vor dem Global Preparedness Monitoring Board am 30. Oktober 2023 merkte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus zum GPMB-Jahresbericht denn auch ausdrücklich an, dass es keine Zeit zu verlieren gelte, da eine weitere Pandemie oder ein globaler Gesundheitsnotfall jederzeit eintreten könne. Der Pandemievertrag sei ein Generationenvertrag und müsse von der Generation verfasst werden, die die Pandemie am eigenen Leib erfahren hat. Tedros zeigte sich jedoch „besorgt, dass die Verhandlungen zu langsam vorankommen und dass das Abkommen möglicherweise nicht rechtzeitig zur Weltgesundheitsversammlung im nächsten Jahr fertig wird“.

Als Erfolg hob er dagegen die Gründung des Pandemiefonds von der Weltbank unter der fachlichen Leitung der WHO hervor. Weitere Erfolge seien beispielsweise das Logistikzentrum in Dubai, das mRNA-Impfstoff-Technologie-Transferzentrum („mRNA Vaccine Technology Transfer Hub“) in Südafrika sowie das WHO-Zentrum für Pandemie- und Epidemie-Intelligenz („Hub for Pandemic and Epidemic Intelligence“) in Berlin. Gründungspartner des WHO-Hub in Berlin waren übrigens das Robert-Koch-Institut und die Charité-Universitätsmedizin Berlin.

Außerdem flunkert Tedros ein wenig, indem er nicht ohne Stolz hervorhebt, dass er zusammen mit dem damaligen Weltbankpräsidenten Jim Kim das GPMB im Jahr 2018 eingerichtet habe, weil er die „Notwendigkeit einer unabhängigen Überwachung“ erkannt habe. Unabhängige Überwachung? Wie kann ein Gremium, das zum großen Teil von der WHO finanziert wird, eine von der WHO unabhängige Überwachsungstätigkeit ausüben? Geradezu erheiternd wirkt die Feststellung des GPMB, dass die Redewendung „Niemand ist sicher, solange nicht alle sicher sind“ auch noch nach der Pandemie gelte.

Das ist wirklich ein gelungener Scherz, denn diese „Redewendung“ hat niemand anderes als das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR im Mai 2021 als Teil der COVID-Impfkampagne in Umlauf gebracht, und es lautet im Original: „Nobody will be safe until everyone is safe – why we need a global response to COVID-19” („Niemand wird sicher sein, solange nicht alle sicher sind – warum wir eine globale Antwort auf COVID-19 brauchen“). Und kein Geringerer als WEF-Chef Klaus Schwab hat sie am 27. August 2021 noch einmal nachdrücklich modifiziert: „Nobody will be safe, if not everybody is vaccinated“ („Niemand wird sicher sein, wenn nicht alle geimpft sind“).

Impfstoffe in nur 100 Tagen zur Marktreife zu bringen

Ich fasse also zusammen: Die WHO, die unter anderem von Organisationen (zum Beispiel Gates Foundation, Gavi) finanziert wird, die direkt oder indirekt an einem Absatzmarkt für Impfstoffe und Digitaltechniken interessiert sind, will einen Pandemievertrag abschließen, der den Interessen ihrer Finanzgeber entspricht. Dazu installiert sie zusammen mit der Weltbank ein Gremium namens „Global Preparedness Monitoring Board“ (kurz: GPMB), das die Krisen- und Pandemievorsorge „unabhängig“ überwachen soll. Dieses Gremium fordert nicht nur die „nachhaltige“ Finanzierung der WHO von deren Mitgliedsstaaten ein, sondern auch eine zentrale Rolle der WHO in der globalen Gesundheitspolitik.

Das Verhandlungsgremium zum WHO-Pandemievertrag (IBN) wird wiederum unter anderem von der Weltbank, der Impfallianz Gavi und der Gates Foundation finanziert, wobei die Gavi, die am 29. Januar 2000 beim Weltwirtschaftsforum in Davos gegründet wurde, ebenfalls unter anderem von der WHO, der Weltbank und der Gates Foundation getragen wird. Auch die Coalition for Epidemic Preparedness Innovations (CEPI) wurde 2017 beim Weltwirtschaftsforum in Davos gegründet und unter anderem von der EU, der Gates Foundation und dem Wellcome Trust startfinanziert. Die CEPI verfolgt gerade das Ziel, Impfstoffe in nur 100 Tagen zur Marktreife zu bringen. Darüber freuen sich Unternehmen wie BioNTech.

Deutschland gehört zu den größten Geldgebern der WHO, der Weltbank sowie der CEPI und ist Sitz des WHO-Zentrums für Pandemie- und Epidemie-Intelligenz. Über allem schwebt die Agenda 2030 mit ihren Nachhaltigkeitszielen, die auch im europäischen Green Deal umgesetzt werden sollen, der Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent der Welt machen soll. Die WHO sieht den Klimawandel als die größte Gesundheitsbedrohung der Menschheit an und fordert über den globalen „One Health“-Ansatz die Zentralisierung der gesundheitspolitischen Kompetenzen, wodurch sie leichter Notstände ausrufen könnte. Außerdem hat sie eine digitale Transformation des Gesundheitswesens eingeleitet, über die sich wiederum Digitalkonzerne wie ihr Partner Microsoft freuen. Im Pandemievertrag soll die Bekämpfung von Fehlinformationen implantiert werden, sodass kritische Stimmen leicht ausgeschaltet werden könnten. 

Fazit: Vertrauenswürdig ist dieser Filz zwischen Politik, Konzernen, Stiftungen und global agierenden Organisationen, die keine demokratisch gewählten Mandatsträger sind, nicht gerade.

 

Martina Binnig lebt in Köln und arbeitet u.a. als Musikwissenschaftlerin (Historische Musikwissenschaft). Außerdem ist sie als freie Journalistin tätig.

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Sigrid Leonhard / 08.11.2023

@Boris Kotchoubey, “Wenn alles so läuft wie jetzt geplant, wird die Entscheidung, ob in einem Land der Welt (oder in allen Ländern der Welt) Notstand ausgerufen wird, in BERLIN getroffen - wenn auch nach Absprache mit Klaus und Bill.” So ein Quatsch, Deutschland hat gar nichts zu sagen. Die Leute an der Macht hierzulande sind Vasallen und/oder Marionetten. Die große Mehrheit der Deutschen (mindestens 60 %) ist gehirngewaschen, wahlweise eingeschüchtert, wahlweise komplett desinformiert und stimmen deshalb in Wahlen zu, dass sie selbst vernichtet werden.

MarcusCato / 07.11.2023

Die Vertreter dieser Organisationen fordern Vertrauen ein als würden wir es ihnen schulden. Das tun wir mitnichten! Unser Vertrauen können sie, die aufgrund der fürstlichen Gehälter, die wir ihnen zahlen, uns zu dienen verpflichtet sind, nur durch Loyalität, Integrität und untertänigste Dienstbarkeit erwerben. Davon ist jedoch nichts zu bemerken - im Gegenteil benehmen sie sich wie unsere Herrscher. Aber wir werden sie abwählen und vor Gericht anklagen!

W. Renner / 07.11.2023

Die Welt wird durch den Leyerkasten gedreht.

Sam Lowry / 07.11.2023

Ganz einfach: Follow the money. Das habe ich während der angeblichen “Corona-Pandemie” getan. Die haben sich doch alle selbst verraten und nichtmal mit der Wahrheit hinter dem Berg gehalten. Alles war bekannt, wurde offen sogar in der Tagesschau gesagt. Gates und die deutsche Regierung finanzieren die Verbrecher in der WHO. 2018 haben sich alle Beteiligten sogar zusammen auf die Bühne gestellt (“World Health Summit 2018”), und da war Ugur auch schon dabei…

S.Busche / 07.11.2023

Der liebe Gott wird über sie richten, wenn man auf der Erde dazu nicht mehr in der Lage ist. Ganz sicher!

Gunther Laudahn / 07.11.2023

Lewer dood as slaav!

B. Zorell / 07.11.2023

Bettina Landmesser / 07.11.2023 ... Ja warum? Also ich habe 2020 diese Leute in ihrem Tun genau beobachtet, und konnte in ihrem Sagen und ihren Taten Widersprüche entdecken. Von Tag zu Tag stieg mein Misstrauen. Ausschlaggebend war für mich, die Aufhebung der Haftung für die Pharmaindustrie. Warum nur für die Pharmaindustrie? Warum wurde die Haftung eingeführt? Würden Sie ein Auto kaufen, das gesetzlich nicht garantiert, daß die Bremsen funktionieren? Danach gab es für mich den Entschluß: kein PCR-Test, keine Maske, keine Impfung. Wer sein Leben Mitmenschen(ausser Eltern) in die Hände legt, hat sein Leben weggegeben. Also Verantwortung für sein Leben nie einem Mitmenschen überlassen. Schon gar nicht einer Frau Ursula von der Leyen.

B. Zorell / 07.11.2023

Hätte UvdL keine Kinder, würde man sich fragen, warum hat sie gelebt?

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