Vera Lengsfeld / 09.11.2018 / 10:00 / 61 / Seite ausdrucken

Die vollkommen irre Migrationspakt-Debatte

In meiner immerhin 16-jährigen Bundestagszeit habe ich vieles erlebt, aber eine solche Debatte, wie sie gestern zum Globalen Migrationspakt geführt wurde, noch nie.

Dass die Argumente der Altparteien austauschbar sind und man nicht erkennen kann, ob Regierungs- oder Oppositionsvertreter sprechen, daran ist man schon gewöhnt. Dass alle Altparteienredner hasserfüllt auf die AfD einhacken, ohne sich die geringste Mühe zu geben, mit Argumenten zu überzeugen, weiß man auch. Aber dass sich die Pro-Migrationspakt-Vertreter auf offener Bühne widersprechen, ohne es zu merken, das war neu.

Die Redner der Union wurden nicht müde zu betonen, dass es sich bei diesem Pakt um eine unverbindliche Absichtserklärung handele, die keinerlei nationale Souveränität einschränken würde. Auf die naheliegende Frage, warum dann ein so aufwändiges Verhandlungs- und Unterzeichnungsverfahren gewählt wurde, gehen sie natürlich nicht ein. Stattdessen wird behauptet, dass der Pakt vor allem Deutschland nütze. Der Pakt solle die Migrationsströme reduzieren, die Fluchtursachen bekämpfen, den Schleusern das Handwerk legen, eine klare Trennung von legaler und illegaler Migration ermöglichen, die Rückführung in die Heimatländer erleichtern, deshalb läge er besonders in Deutschlands Interesse.

Wieso eine unverbindliche Absichtserklärung das bewirken soll, wird nicht gesagt. Eine Reduzierung der Migrantenströme nach Deutschland soll der Pakt auch bewirken, weil endlich deutsche Standards in der Migrantenbetreuung weltweit gelten sollen. Hier wird es völlig absurd. Moldawien, Bulgarien, Rumänien, Albanien sollen demnächst deutsche Standards für die Flüchtlingsbetreuung einführen, wo der Hartz-IV-Satz höher liegt als das Durchschnittseinkommen dieser Länder? Die Schweiz, Dänemark, Österreich und Schweden, die gerade Zuwendungen für Flüchtlinge reduzieren und zum Teil auf bloße Sachleistungen umstellen, werden ganz sicher nicht zu „deutschen Standards“ zurückkehren.

Ist Israel jetzt antisemitisch?

In den höchsten Tönen gelobt von der Union wird die unverbindliche Festlegung im Pakt, dass Migranten zukünftig mit „rechtlich klaren Identifikationspapieren“ zu uns kämen. Schließlich wollten „wir“ wissen, „wer zu uns kommt“. Allerdings haben „wir“ seit der Anweisung des damaligen Innenministers de Maizière vom Herbst 2015 alle „Asylsuchenden" auch ohne oder mit sichtbar gefälschten Papieren einzulassen, selbst wenn es sich um mehrfach abgeschobene Intensivtäter handelt – eine Situation des bewussten Nichtwissens, wer unsere Grenze passiert. Eine unverbindliche Absichtserklärung soll das ändern? Das könnte man einfacher und glaubwürdiger haben, indem die Ministeranweisung endlich widerrufen und die gesetzliche Lage an der Grenze wiederhergestellt würde.

Die SPD machte sich gar nicht erst die Mühe, sich in der Debatte sachlicher Argumente zu bedienen. Statt dessen wurde moralisiert, was das Zeug hält. Der Abgeordnete Christoph Matschie war sich nicht zu Banane, die Pogromnacht gegen die jüdischen Bürger in Nazideutschland zu instrumentalisieren. Er war zwar noch klug genug, nicht direkt zu behaupten, dass der Widerstand gegen den Globalen Migrationspakt nach Auschwitz führe, aber hat es mit Emphase nahegelegt. Die Grüne Filiz Polat verstieg sich gar zu der Behauptung, die Petitionen gegen den Globalen Migrationspakt seien antisemitisch. In ihrem Furor ist ihr nicht aufgefallen, dass Israel dem Pakt auch nicht beitreten wird. Ist Israel jetzt antisemitisch?

Außerdem bemängelte Polat, dass die Regierung nicht eine „leichte, verständliche Erzählung“ über den Migrationspakt verbreitet hätte. Das zeigt, für wie blöde die Abgeordnete die Bevölkerung hält. Die Bürger haben nach Bekanntwerden des Paktes sehr schnell begriffen, was für ein trojanisches Pferd ihnen da hingeschoben werden soll, denn sie erleben die Folgen der Masseneinwanderung seit 2015 im Gegensatz zu den Politikern am eigenen Leib.

Etwas aus dem niveaulosen Rahmen fiel überraschend die Abgeordnete der Linken Sevin Dagdelen. Sie war nach eigener Aussage die einzige Abgeordnete, die ab und zu in New York bei den Verhandlungen zum Migrationspakt dabei war. Sie sprach als Einzige an, dass der Pakt als Abwanderungswerbung zugunsten des Westens gesehen werden kann. Der Brain Drain käme einer Enteignung des Südens zugunsten des reichen Nordens gleich. Damit hat sie einen der problematischsten Punkte der gesteuerten Migration angesprochen. Wenn die Eliten der Entwicklungsländer in die reichen Nordstaaten gelockt werden, ist das tatsächlich „Nützlichkeitsrassismus“.

Dann wäre es mit der Unverbindlichkeit endgültig vorbei

Die Abgeordneten der Grünen ließen am deutlichsten die Katze aus dem Sack. Die Unverbindlichkeits-Beteuerungen der Koalition konterkarierend, forderten sie, sich die Vereinbarungen des Paktes umgehend zu eigen zu machen und konsequent umzusetzen. Schon beim Fachkräfte-Zuwanderungsgesetz würden die Grünen darauf achten, dass alle Forderungen des Paktes eingeflossen seien. Das meinen sie ganz ernst.

Das Pariser Klimaabkommen, das ja auch eine unverbindliche Absichtserklärung und nur in Deutschland ernsthafte politische Handlungsrichtlinie ist, soll nach deren Forderungen Verfassungsrang erhalten. Warum nicht auch der Globale Migrationspakt? Dann wäre es mit der Unverbindlichkeit allerdings endgültig vorbei.

Während die Debatte im Bundestag stattfand, kämpft Kroatien – von den Medien weitgehend unbeachtet – mit dem Problem, dass um die inzwischen 20.000 junge, aggressive Männer, nach Angaben kroatischer Grenzsoldaten mehrheitlich mit Messern in ihren Taschen und UNHCR-Kreditkarten in der Brieftasche, seit Monaten die Grenze bei Velika Kladusa belagern. Diese Männer kommen hauptsächlich aus Pakistan, Iran, Algerien oder Marokko. Alles keine Kriegsgebiete.

Was die Pakistani betrifft, sind das die Söhne, Brüder oder Cousins der Männer, die der pakistanischen Regierung gerade Bürgerkrieg androhen, wenn die freigesprochene Christin, die schon acht Jahre in der Todeszelle gesessen hat, nicht doch noch wegen „Blasphemie“ hingerichtet wird. Wer die Szenen in Pakistan gesehen hat, dem kann alles andere als wohl sein, dass demnächst 20.000 dieser religiösen Fanatiker bei uns willkommen geheißen werden sollen.

Komplett anschauen kann jedermann die Debatte hier.

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Leserpost

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Adolf Murmelstein / 09.11.2018

Weiteres Indiz, daß an diesem Pakt etwas faul ist: In den wichtigesten italienischen, spanischen und portugiesischen Tageszeitungen wird seit einiger Zeit kein Wort mehr darüber verloren. Warum wohl?

Uta Buhr / 09.11.2018

Liebe Frau Lengsfeld, genau das habe ich auch gedacht angesichts dieser Farce, die uns als Debatte über den Migrationspakt verkauft wurde. Selbst der dümmste Bürger dieses Landes müsste doch gemerkt haben, welcher Bär ihm mit einem Vertrag, der angeblich zu nichts verpflichtet, aufgebunden werden soll. Das ist Volksverarsche in höchster Potenz, Dieses Papier, das unmissverständlich die Mitwirkung jener Raute trägt, die heuchlerisch verkündet, “Deutschland noch weiter dienen zu wollen”, ist doch bei dieser Regierung längst in den berühmten trockenen Tüchern. Und selbstverständlich bedeutet dieser Pakt nach Ansicht unserer selbsternannten “Eliten”, die beileibe keine sind, nur Vorteile für uns. Für die Kirchen, Wohlfahrtsverbände, Pro Asyl etc. und deren zahlreiche Mitarbeiter ergeben sich in Zukunft wohl noch bessere Möglichkeiten des Absahnens. Deutschland ist ja ein so reiches Land. Zumindest glauben das immer noch viele Bürger, die sich von den Flötentönen unserer Politikerdarsteller einlullen lassen. Jene Rentner, die in den Abfallcontainern von Lidl, Penny & Co. wühlen und Flaschen sammeln, tun dies wohl nur aus reiner Langeweile, weil diese Tätigkeiten so amüsant sind. Die Masse der Verblendeten wird wohl erst aufwachen, wenn sie selbst am Ende der Nahrungskette angelangt ist. Nach dem 11. Dezember wird sich bestimmt viel verändern. Aber ganz sicher nicht zum Vorteil der autochthonen deutschen Bevölkerung - ich meine natürlich im politisch korrekten Merkel-Stottersprech jene, die schon länger hier leben.

Gerhard Maus / 09.11.2018

Sehr geehrte Frau Lengsfeld, weiß gar nicht, was Sie gegen den Migrationspakt haben. Wenn ich es richtig verstehe, wird es für uns alle leichter, z.B. nach Afghanistan, Somalia, Pakistan oder Nordkorea auszuwandern. Und weil das sooooo toll ist, werden vermutlich die Damen Roth, Polat und Herr Matschie bestimmt auch schon ihre Koffer packen, um dieses wundervolle Geschenk baldmöglichst zu genießen … Mal ehrlich: wer ist hier gaga: die Abgeordneten oder die Bürger ???

Karl-Heinz Vonderstein / 09.11.2018

Eine SPD Abgeordnete rief während der Debatte einem AfD Redner zu, dass es schlimm sei, dass man über diesen “Lügenantrag” der AfD im Bundestag reden müsse und die AfD sich dafür schämen müsse.Sie solle sich mal den Migrationspakt richtig durchlesen.

Horst Lange / 09.11.2018

Die Debatte war eine Ungeheuerlichkeit. Petry gefiel mir gut. Ich habe es zum Anlass genommen und dem Abgeordneten meines Kreises heute schriftlich gebeten, gegen den Pakt zu stimmen und mit uns Wählern offen zu diskutieren.

Bärbel Schneider / 09.11.2018

Widersprüche über Widersprüche: Einerseits ist der Pakt folgenlos und unverbindlich (Warum will unsere Regierung ihn dann unbedingt unterschreiben?), andererseits aber soll er alles mögliche bewirken, zum Beispiel gleichzeitig mehr und weniger Migration und sowohl die bessere Unterscheidung von legaler und illegaler Migration als auch die Aufhebung dieses Unterschieds. Und drittens soll er so schnell wie möglich zum Gesetz werden, was aber andererseits wieder nicht nötig ist, weil wir ja sowieso schon alle Forderungen des Paktes erfüllen, und was man nicht zu fürchten braucht, weil er ja unverbindlich ist. Die Meinungsfreiheit soll natürlich unverletzt bleiben, jeder darf also über Migration sagen, was er will, außer er sagt etwas Negatives. Eines sollte nun jedem klar geworden sein: Ganz gleich, wen die CDU zum Parteichef wählt, diese Partei ist genauso unwählbar wie FDP, CSU, SPD, Linke und Grüne. Wenn künftige Generationen in Polen oder Australien nicht glauben können, dass ein Land wie Deutschland sich durch das irre Handeln seiner Regierung und seines Bundestags ohne Not entgegen jeder Vernunft und ohne grundsätzlichen Nutzen für die Migranten selbst zugrundegerichtet hat, wird man ihnen diese Debatte vorführen. Wenn ich es nicht selbst erlebt hätte, ich würde es auch nicht glauben.

Ilse Polifka / 09.11.2018

Sehr geehrte Frau Lengsfeld, ich danke ihnen dafür, dass sie imstande sind sich solche Debatten anzuhören und dann darüber berichten. Ich selbst kann das nicht mehr. Es ist mir nur noch möglich ihre Berichte zu lesen. Allmählich neige ich dazu den Jungen und den Grünen samt ihrer Deutschen Umwelthilfe das Feld zu überlassen. Sie haben es sich verdient. Leid tun mir nur deren Kinder.

Armin Reichert / 09.11.2018

Alles richtig. Aber die tägliche Gehirnwäsche der öffentlich-rechtlichen Medien und der gleichgeschalteten Presse, sie funktioniert. Man kann noch so differenziert und informiert gegen die “no borders, no nations” Agenda argumentieren, der meist viel weniger informierte Gegenüber, der schon immer CDU oder SPD gewählt hat, diffamiert Dich mangels Argumenten ganz einfach als “Rechts”, “Ausländerfeind” oder “Rassist”. Damit ist er aus der Nummer raus. Gegen die menschliche Dummheit bzw. moralische Überheblichkeit ist offenbar kein Kraut gewachsen.

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