Thilo Schneider / 08.07.2021 / 16:30 / Foto: Timo Raab / 55 / Seite ausdrucken

Die unglaublich schrumpfende Kandidatin

Da haben die Grünen erstmals eine Kanzlerkandidatin nominiert, und dann stiefelt sie von einem Fetteimer in den nächsten. Hoffentlich hält sie bis zum Wahlabend durch. 

Gute Geschichten beginnen am Anfang (Copyright Thilo Schneider). Dass eine Partei mit 20-Prozent-plus in Umfragen vor einer Bundestagswahl einen Kanzlerkandidaten stellt, ist ein völlig logischer Vorgang. Erst recht, wenn die bisherigen Konkurrenten ebenfalls um diese Marke herumdümpeln und die bisherige Übermutti aus Altersgründen in den nicht so ganz wohlverdienten Ruhestand geht und die Karten komplett neu gemischt werden.

Wären FDP und AfD nicht so feige, dann hätten sie selbst ebenfalls einen Kandidaten aufgestellt, aber das nur am Rande. Dann hätten wir endlich mal wieder eine Bundestagswahl mit Schmackes und echter Auswahl gehabt! Bundestagswahlen sind Kanzlerwahlen, sind letztlich immer auch Personenwahlen.

Es sah auch ziemlich easy nach einem fröhlichen Durchmarsch mit Regenbogen und Sonnenblumen aus. Die SPD hatte zu diesem Zeitpunkt schon den knorrigen Scholz aufgestellt. Der das Pech hat, dass, wer ihn wählt, mutmaßlich auch Saskia Esken und Sawsan Chebli und einigen anderen SPD-Koryphäen aus dem politischen Schreckenskabinett einen Ministerposten verpasst. Bei der Union war noch nicht klar, ob es der übermotivierte Bayern-Söder oder das Abziehbild eines angegrauten Lateinlehrers wird, der bereits mit der korrekten Tragweise eines Nasen-Mundschutz überfordert ist.

Im Trampolin-Springen ist sie ganz gut

Habeck oder Özdemir hätten bei den Grünen, allein schon aus taktischen Erwägungen heraus, den Zuschlag bekommen müssen. Beide sind jung, beide sind smart und beide reden auch gelegentlich Klartext. Wenngleich nicht immer sinnvollen. Aber ach… Da stand den Grünen jetzt die eigene Agenda im Weg und wer Roth, Göring-Eckardt und Baerbock in eine Reihe stellt – es war klar, dass die beiden Erstgenannten konservative Wähler eher auf- als hinter sich würden bringen können. Also Baerbock.

Annalena Baerbock ist eine Frau, jung, hübsch anzusehen, leidlich intelligent, nicht ungebildet – und das war es dann leider auch schon.

Ihr erstes Bein stellt sich Baerbock, als sie Habeck vor laufender Kamera in dem Duktus „Ich Völkerrechtlerin, Du Schweinebauer“ düpiert. Ich glaube nicht einmal, dass sie das böse gemeint hat, sie wollte nur „die unterschiedlichen Welten“ darstellen, kam dabei aber in ihrer Unbedarftheit arrogant und etwas verächtlich rüber. So isse halt, die Annalena.

Dann stellt sich heraus, dass sie zwar „irgendwas mit Völkerrecht“ irgendwie irgendwo irgendwann gemacht hat, aber mit den entsprechenden Scheinen echten Akademikern nur ein Lächeln aufs Gesicht zaubern kann. Immerhin hat sie ihren Lebenslauf „konkretisiert“ (wie man seit Neuestem das Korrigieren von Hochstapelei nennt) – allerdings steht jetzt auch nicht wesentlich mehr als vorher darin. Im Trampolin-Springen ist sie ganz gut. Das kann ihr niemand nehmen. Will auch keiner. Sie ist halt einfach Annalena.

Schlicht an das Peter-Prinzip gekracht

Danach die extrem verhaspelte Rede auf dem Grünen-Parteitag, bei der sie fleißig und vor lauter Aufregung „Wechsstaben verbuchselt“, Begriffe vertauscht und immerhin die Selbsterkenntnis hat, ihre eigene Rede „scheiße“ zu finden. Ehrlich, ladgrienig, unwervechselbar. Annalena eben.

Dann kommt „ihr“ „Buch“ heraus: Bestehend aus fröhlich zusammengeklöppelten Versatzstücken richtiger Autoren und damit in etwa so gehaltvoll wie einer ihrer lustigen und purzelnden Redeschwalle. Und Annalena fällt dazu nichts Besseres ein als: „Kein Autor schreibt sein Buch allein“. Nun ist Annalena nicht Hemingway, der ganz allein seine Bücher schrieb (okay, Alkohol war hilfreich), aber sogar ich schaffe es, mein Buch allein zu schreiben. Sozusagen „Schreiben, ohne abzuschreiben“. Ich will aber nicht Kanzler werden. Noch nicht. Aber so denkt sie halt, die Annalena.

Woran liegt es? Ich mutmaße, Annalena Baerbock ist schlicht an das Peter-Prinzip gekracht, also „bis zur Stufe ihrer Inkompetenz befördert worden“. Baerbock ist sicher kein schlechter Mensch, nicht verkehrt, fröhlich und nett und als Firmeninhaber (der ich auch als Wähler bin) würde ich sie jederzeit die Betriebsfeier organisieren lassen. Ich schwöre, es stünden da sogar frische Blumen auf dem Tisch und jeder würde sich wohl fühlen. Prokura würde ich ihr lieber nicht geben, damit würde sie Unsinn machen und diese als „offizielle Auskunftei“ getarnten Betrugswerbeanzeigen zahlen, die einem ja gelegentlich in die Firma flattern. Und mehr Prokura als eine Kanzlerin hat, geht nicht, sorry.

Es ist einfach nur so, dass Baerbocks Treten von einem Fett-Eimer in den Nächsten (von „Näpfchen“ kann schon lange keine Rede mehr sein) etwas von einer Slapstick-Komödie hat und ich stelle mir vor, wie eine Annalena „von wo aus dem Völkerrecht kommen tut“ dereinst einem Putin oder Erdogan oder irgendeinem Terrorfürsten der Hamas gegenübersteht (oder, in angemessener Entfernung, gegenübersitzt). Wie soll das gehen? Die Reibungshitze beim Ziehen über den Tisch wird eine Kanzlerin Baerbock als menschliche Wärme interpretieren! Da ist das Heulen und Zähneklappern hinterher doch schon vorher programmiert? Annalena Baerbock ist keine Margaret Thatcher, keine Golda Meir und nicht einmal eine Angela Merkel, Gott behüte! Annalena ist einfach nur Annalena.

Wanken und Schwanken in viel zu großen Schuhen

Das reicht dicke für den Ortsvorstand der Grünen in Hasenheide-Buntekuh – zur Kanzlerin reicht es nicht. Baerbock kann weder intern noch extern mit Widerspruch umgehen, wie ihre verzweifelt um sich schlagenden Reaktionen zeigen. Sie wirkt wie ein verzogenes Kind, das nie eine Gegenrede erhielt, das immer machen konnte, was es wollte, weil es doch so niedlich aussah und sonst geweint und getobt hat. Und für Selbstverständlichkeiten und Mittelmaß über den sprichwörtlich grünen Klee gelobt wurde. Und ja – sie tut mir leid. Ein bisschen. Sie ist sicher mit den besten Absichten gestartet, wollte Deutschland ein neues, ein junges – aber damit auch leider unbedarftes und naives Gesicht geben. Was vom Grunde her zu großen Teilen der teilzeitarbeitenden woken Bevölkerung gepasst hätte.

Falls Annalena Baerbock nicht bis zur Wahl ausgewechselt wird, wird sie tapfer am Wahlabend vor der Kamera stehen und trotzig „die volle Verantwortung übernehmen“ und alle Welt beschuldigen, sich gegen sie verschworen zu haben. Bis heute ist bei ihr und ihren Parteifreunden nicht angekommen, dass sich Kritik nicht deshalb manifestiert, weil Annalena eine Frau ist, sondern obwohl sie eine ist. Man muss als (grüne) Frau wirklich viel in den Sand setzen, um wie ein weit weniger fehlerhafter Mann behandelt zu werden. Bisher war das alles noch vergleichsweise nett!

Ich für meinen schlechten und bösartigen Teil hoffe, dass Baerbock noch bis zum Wahlabend durchhält. Einfach, weil ich es mag, sie in viel zu großen Schuhen wanken und schwanken und schusselig wie in einem Comic rudern zu sehen. Ich bin da vielleicht etwas sadistisch. Und nur ein bisschen habe ich Angst, dass Totgesagte länger leben. Sonst gäbe es ja auch die FDP schon lange nicht mehr. Fakt ist jedoch, dass das weibliche Spitzenpersonal der Grünen das fleischgewordene Gegenargument zur sogenannten „Frauenquote“ ist.

(Weitere Bärböcke des Autors unter www.politticker.de)  

 
Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.

Foto: Timo Raab

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E Ekat / 08.07.2021

Annalena B. ist die bisher erfolgreichste Kanzlerrkandidatin der Grünen. Das sollte man mal festhalten. Daneben hat bewirkt, uns den Maoisten Habeck zu ersparen. Schließlich wurden die Grünen durch sie an einen erträglicheren Stimmen-Anteil herangeführt. Sie weist einen außerordentlichen Wirkungsgrad auf in eine Richtung, die Deutschland insgesamt nützlich sein dürfte.  Darin wäre sie erträglicher als die bieder erscheinende, jedoch hintergründige Angela M.  Man sage bitte nur Gutes über diese Dame.  Das, so interpretiere ich das Eintreten des Ex-Siemens-Vorstandes Joe Kaeser für diese Dame, scheint die einzige Chance, welche unserem Land verblieben ist. In Zeiten, in denen man sich alles vorstellen können muß, sollte man sich auch eine Annalena Baerbock vorstellen können. Auf einem Trampolin, oder wo auch immer. Ich werde sie wählen.

H.Milde / 08.07.2021

Jo, und das “Drama des unbegabten Kindes” und seiner Freunde*innen*diverse geht munter weiter. Wie von -> Danisch & Leser erarbeitet, hat Plagalena wohl nicht nur fröhlich abgepinnt, und/oder abpinnen lassen, sondern sich auch von der Böller-Stiftung, GRÜNE*INNEN*DIVERSE, möglicherweise auch unberchtigt ein >40.000€ (netto) Stipendium, bzw. Übergangsgeld(?) “organsisiert” , oder wurde ihr angeboten? -Btw. Stipendien von Partei-Stiftungen werden 100% bezahlt von arbeitenden(!) Steuerzahlern-  Fragt sich nur für für welche “Gegenleistungen”? Böse Zungen sprechen sogar schon von illegaler Parteienfinzierung, Steuer- und/oder Sozialabgaben-betrug, qua Promotions-Rollercoaster, deren Absolventen dann, wenn sie später in Partei-/Ämtern sitzen, die Steuer-G€ldquellen nie versiegen lassen sollen, um sich ihren Gönnern “erkenntlich” zu zeigen. Das soll übrigens parteiübergreifend so funktionieren, seit Jahrzehnten. Der Swamp wird immer tiefer, fauler, stinkender, ekliger,dreckiger, aber langsam tauchen die Moorleichen wieder auf. Stück für Stück, und eine nach der anderen wird rekonstruiert werden. Dank dafür auch der besonderen Begabung und Pfiffigkeit der Galeonsfigurinen von Generation “Grün & Dumm”, Plagelena ,Langstrecken-Luischen & Co*in Gromek aplavz an -> Danisch, auf dem Weg zum Pulitzer-Preis?-

Frank Holdergrün / 08.07.2021

Politik ist mit Baerbock mitten im Kabarett gelandet, man hat Erwartungshaltungen inzwischen, die sie peinlichst genau umsetzt. “Ortsvorstand der Grünen in Hasenheide-Buntekuh führen können?” Auch daran muss man große Zweifel haben. In Brandenburg konnte sie noch nicht mal einen Dirnen-Süchtigen als Schatzmeister erkennen und hat erhebliche Summen in den Sand gesetzt. Ich dachte nicht, dass es nach dem Buchhändler aus Würselen noch schneller bergab gehen könnte. Die rot grünen Faschingskommandanten gehen ihrem Aschermittwoch entgegen und Armin kann in Ruhe zuschauen. Danach geht es weiter wie bisher, bei den Reden des Kanzlers können wir auf bewährte Hausmannskost hoffen und der Präsident wird weiter seine Textbausteine bei uns abladen.

Kay Ströhmer / 08.07.2021

Mitleid mit den Grünen? Never! Nicht das kleinste Bißchen. Wer ein Land regieren will, mit dem er “nichts anfangen” kann, wer dieses Land “ein mieses Stück Scheiße” nennt, der muss mit allen Mitteln gestoppt werden. In diesem Sinne: Mach kaputt, was Dich kaputt macht. Mitleidlos.

Knapp,Heinerich / 08.07.2021

Herr Thilo Schneider, wie immer hervorragend *anna*lysiert ! Besonderen Dank Ihnen für die strikte Auslassung des Gendersxxxxxxxx !

j. heini / 08.07.2021

Habeck oder Özdemir als jung und smart zu bezeichnen, hat mich zum Lachen gebracht. Danke dafür.

Angelika Meier / 08.07.2021

Die deutschen Wähler sind blöd. Wie gut, dass Frau Baerbock so ist wie sie ist. Die Grünen würden sonst locker zur stärksten Partei werden.

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