Thomas Eppinger, Gastautor / 04.12.2018 / 13:55 / Foto: IDF / 30 / Seite ausdrucken

Die Sicherheit Israels ist sehr wohl verhandelbar

Die Meldung ist mittlerweile zwei Wochen alt, und sie blieb von den deutschen Leitmedien weitgehend unbeachtet: Nach einem Bericht von Benjamin Weinthal in der Jerusalem Post hat Angela Merkel im April dieses Jahres den rumänischen Präsidenten Klaus Iohannis persönlich gedrängt, die Verlegung der rumänischen Botschaft nach Jerusalem zu verhindern. Man geht davon aus, dass Merkel auch bei anderen europäischen Politikern interveniert hat. Zur Stunde haben weder Merkel noch Iohannis die Berichte dementiert.

Auch Thomas Sandell, Gründer und Leiter der „European Coalition for Israel“, die in Brüssel für engere Beziehungen und ein besseres Verständnis zwischen der EU und Israel wirbt, bestätigte am Donnerstag in einer Videobotschaft aus dem Europäischen Parlament den Report. In mehreren Telefonaten mit ost- und zentraleuropäischen Ländern, die planten ihre Botschaft in die israelische Hauptstadt zu verlegen, hätte die deutschen Kanzlerin im Wesentlichen darauf bestanden, dass dies unter keinen Umständen geschehen dürfe.

Die Deutschen, mit denen er gesprochen habe, hätten davon nichts gewusst und seien schockiert gewesen, dass Deutschland als einziges Land der EU von anderen Ländern verlange, ihre Botschaft nicht nach Jerusalem zu verlegen. Dies sei beispiellos und ein großer Schock für ihn, das sei nicht das Deutschland, das er kenne, nicht einmal die Angela Merkel, die er bis dahin gekannt habe. Sandell vermutet einen Zusammenhang mit dem Atomabkommen mit Iran und mit der Stimme der deutschen Regierung 2015 für die Kennzeichnung von Produkten aus den umstrittenen Gebieten.

Hand in Hand mit arabischen Diktaturen gegen Israel

Abseits der üblichen Lippenbekenntnisse lässt sich der zunehmend anti-israelische Kurs der deutschen Außenpolitik kaum mehr leugnen. Dass man in der UN-Generalversammlung zusammen mit arabischen Diktaturen gegen Israel stimmt, ist ein altes Spiel, selbst neun Verurteilungen an einem einzigen Tag mögen da kaum überraschen. Aber die kleinen Gesten und strategischen Handlungen häufen sich, die Angela Merkels berühmten Satz vom 18. März 2008 im israelischen Parlament konterkarieren, die deutsche Verantwortung für Israels Sicherheit sei Teil der deutschen Staatsräson: „Diese historische Verantwortung Deutschlands ist Teil der Staatsräson meines Landes. Das heißt, die Sicherheit Israels ist für mich als deutsche Bundeskanzlerin niemals verhandelbar.“

Nun wird niemand annehmen, dass Israel bei einem Waffengang auf die deutsche Bundeswehr setzen würde, zumal man bei deren Zustand ohnehin nicht sicher sein könnte, ob sie es überhaupt bis zum Einsatzort schafft. Der Satz meint vor allem die enge geheimdienstliche und rüstungspolitische Zusammenarbeit der beiden Staaten. Auch, dass Deutschland zu den größten Geldgebern der palästinensisch kontrollierten Gebiete und palästinensischer Hilfsorganisationen gehört, könnte man wohlwollend als Beitrag zur Sicherheit Israels deuten. Zumindest, wenn man der Ansicht ist, dass die finanzielle Unterstützung der palästinensischen Bevölkerung die Region stabilisiert, und wenn sich Deutschland informell mit Israel abstimmt, worüber öffentlich allerdings nichts bekannt ist.

Wie auch immer. Deutschland gilt in Israel seit Jahrzehnten als einer der verlässlichsten und engsten europäischen Partner, auch wenn das nach außen nicht immer sichtbar gewesen sein mag. Doch dass die deutsche Kanzlerin nun bei EU-Kollegen gegen Botschaftsverlegungen in die israelische Hauptstadt interveniert, geht über die üblichen Heucheleien in der europäischen Nahost-Politik weit hinaus.

Die Kanzlerin missachtet die Souveränität anderer Länder

Henryk M. Broder hat einmal gesagt, ein Antisemit sei, wer die Juden noch weniger mag als es allgemein üblich ist. Im übertragenen Sinn passt dieses Bild auch auf die Intervention der Kanzlerin. Nicht nur missachtet sie damit die Souveränität anderer EU-Länder in der Entscheidung über den Sitz ihrer Botschaft. Sie delegitimiert damit auch den israelischen Staat, indem sie ihm das Recht abspricht, wie jeder andere Staat der Welt über seine Hauptstadt selbst zu bestimmen.

Ein Recht übrigens, das Deutschland nach seiner Wiedervereinigung selbstverständlich für sich in Anspruch genommen hat, und das dem Land ebenso selbstverständlich eingeräumt worden ist. Wenn Deutschland nun mit seinem politischen und finanziellen Gewicht auf andere EU-Staaten Druck ausübt, um die Verlegung weiterer Botschaften nach Jerusalem zu verhindern, wiegt das schwerer als die allgemein übliche pro-palästinensische Folklore der Union.

Kein Land kämpft härter darum, das selbstmörderische Atomabkommen mit Iran am Leben zu erhalten, als Deutschland und Frankreich. Der Deal ebnet Iran den Weg zur Atommacht und hilft ihm, Terroranschläge in Israel und Europa zu finanzieren. Doch trotz Irans offensichtlicher, aggressiver Expansion in der Region und den ständigen Vernichtungsdrohungen gegen Israel unternehmen Merkel und Macron jede erdenkliche Anstrengung, um die Sanktionen gegen Iran zu umgehen. Auch die jüngste Hasstirade des iranischen Staatspräsidenten Hassan Rouhani, bei dem er Israel als „Krebsgeschwür im Nahen Osten“ bezeichnete, wird daran nichts ändern. 

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Leserpost

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P. Wedder / 04.12.2018

Was in dieser Regierung an Antisemitismus zu Tage tritt ist widerwärtig und abstoßend. Hat man aus der Vergangenheit gar nichts gelernt? Diese Anbiederei wird bei den arabischen Staaten so wenig Wirkung zeigen wie damals bei Hitler

C. J. Schwede / 04.12.2018

Das derzeitige Verhalten der deutschen Regierung gegenüber Israel widert mich an und beschämt mich zutiefst.

Gabriele Klein / 04.12.2018

Danke für d. “Details”. Leider versagen fast alle Deutschen komplett und sind hierfür verantwortlich. Man ist “komischen” Wahlen und Regierung nicht hilflos ausgeliefert, so wie immer Hände ringend behauptet wird. Man braucht ihr auch nicht mit Petitionen zu kommen, die “untergehen”.  Nein, es genügt dieser Regierung die Loyalität als Wähler komplett und zwar auch nach “Außen” aufzukündigen, nach Vorbild d. Regierung die genau das Gleiche mit d.Wählern macht.  Mich vertritt diese Regierung NICHT da ich die Verfassung nach dem 2. Weltkrieg ab 2012 geschändet sehe. Wow, über 70.000 Demonstranten in Frankreich.  Wie wärs mit 70.000 mal Thank you for moving the embassy to Jerusalem!  auf der Webseite von H. Trump? Auf der webseite erfahren wir, dass sehr viele ihr “Thank you….” inkognito über Trumps Schwiegertochter ausrichten lassen.  Warum? Haben sie die Hosen voll? Oder will man vielleicht vorher wissen ob diese Geschichte mit Trump am Ende auch wirklich gut ausgeht, so daß man dann auf der richtigen Seite schon immer war? Irgenwie so wie vor dem Krieg mit dem Iraq, dessen Ausgang im Nachhinein in einer Art self fulfilling prophecy, dann jenen Recht gab die Busch in den Rücken fielen, wobei es erst gar nicht zum Kriege gekommen wäre, hätten sie dies nicht getan (s. Broder)  Da lob ich mir doch diesen Satz von Kirkegaard, den ein Rabbi namens Berger in einem Vortrag   zitierte: Life can be understood only understood backwards but must be lived forward…...... (sinngemäß: Das Leben kann nur rückblickend verstanden werden, muß aber vorwärtsgewandt gelebt werden…..)  Ja, und wenn man letzteres nicht nicht schafft, dann gelingt auch der Rückblick leider nicht, auch nicht Kopf schüttelnd,wie nach dem 3. Reich…....... Nur ganz ganz wenige distanzierten sich wie z.B. Tucholsky, Heinrich Heine oder Kafka   von ihren “regierenden” Zeitgenossen.  Nun ja,facebook gabs nicht, heute allerdings schon gar ohne NetzDG bei den Trumps in U.S.A.

Marcel Seiler / 04.12.2018

Frau Merkel meint, dass sich der Frieden dann erhält, wenn man sich den machtbewussten, militaristischen Mächten des Nahen und Mittleren Ostens anbiedert. Dies ist ein Fehler. Diese Mächte werden nur dann friedlich sein, wenn sie die Aussichtslosigkeit militärischer und expansiver Bestrebungen erkennen. Appeasement bewirkt, wie bei Hitler, das Gegenteil. Frau Merkel wird dies nicht mehr begreifen; vielleicht ja ein Nachfolger.

Gabriele Schulze / 04.12.2018

Guck mal an, die Hinterhältigkeit. Und? Kommt das in die handelsüblichen Medien? Ach, selbst dann passiert nix. Der Boden ist ja bereitet durch die gängige Israel-“Kritik” bzw. Propaganda und durch die hagiographischen Ergüsse in den Medien. Hätte nicht gedacht, daß meine Abneigung gegenüber dieser Frau noch steigerbar ist

Gerhard Giesemann / 04.12.2018

Bin gottfroh, dass die Deutschen militärisch auf Null gebracht worden sind. Jetzt machen sie eben nur noch Geschäfte, gerne mit Semiten, also Arabern. Die paar anderen Semiten da in Israel, ach was. Die PR-Maßnahme namens “ein freundliches Gesicht zeigen” soll das unterstützen, obwohl die arabische Kundschaft alles andere als freundlich gesinnt ist, egal. Man sieht doch auch: Die deutsche Politik ist keineswegs von Schuldkomplexen getrieben, sondern vom Geschäftemachen, alles klar?

Constanze Rüttger / 04.12.2018

Merkel lügt ständig wie gedruckt, warum sollte sie sich bei diesem Thema anders verhalten? Ich wünschte, ich hätte eine Zeitmaschine und könnte mir dadurch ein Geschichtsbuch besorgen, wie es in 200 Jahren aussieht (okay, ein Geschichts-eBook halt). Mich würde brennend interessieren, wie schlecht Merkel dabei wegkommt. Und was den ‘Iran-Deal’ angeht: wenn irgendwann der Iran auf’s Knöpfchen gedrückt hat und Israel von der Landkarte getilgt hat (möge ER das verhindern), dann wird es in der deutschen Presse heißen: ein bedauerlicher Einzelfall.

Matthias Braun / 04.12.2018

“Die Zunge ist der falscheste Zeuge des Herzens.” Deutsches Sprichwort

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