Ich habe schon einen Kommentar zum Artikel von Herrn Thym geschrieben. Das möchte ich hier nicht wiederholen. Ich möchte hier den Aspekt der Rechtsdurchsetzung aufgreifen, den Herr Sarrazin von Herrn di Fabio aufgegriffen hat. In einem Rechtstaat muss nicht nur Recht gelten, sondern er muss es auch tatsächlich durchsetzen, sonst ist das Recht nicht das Papier wert, auf dem es geschrieben ist. Und hier liegt tatsächlich ein Mangel unseres Rechtsaates vor. Wie viele Menschen wandern noch immer zu? Wie viele haben (hätten) keinen Anspruch auf Schutz in Deutschland? Wie viele davon werden tatsächlich wieder abgeschoben? Hier haben wir eine Differenz um sechsstelligen Bereich und das pro Jahr. Wie viele davon fangen früher oder später damit an wenigstens selber für ihren Lebensunterhalt zu sorgen? Die allerwenigsten. Die Zahl der Sozialhilfeempfänger steigt auch deshalb Jahr für Jahr im sechstelligen Bereich. Das ist keine Politik, sondern Politikversagen und somit ein Mangel des Rechtstaates.
Aus“grauen Vorzeiten „ stammt der vielsagende Satz: Die Justiz ist die Hure der Politiker. Dass der Satz heute auch zutrifft, hätte ich gedacht.
Es steht zu befürchten, dass Herr Prof. Thym seine juristische Paragrafenreiterei dazu benutzt, seine lieben Mitmenschen, die halt ein bisschen tumb sind, einzuschüchtern, indem er einen Wirbel von Gesetzeserlassen auf allen Ebenen von der EU über die Mitgliedstaaten bis hinunter in die Kommunen zitiert, mit grosser Kelle kräftig umrührt und hin und wieder darauf hinweist, dass die meisten ohnehin nichts verstünden. Mal abgesehen von der Arroganz einer solchen Haltung, würde ich allzu gerne sehen, wie er in seinem Gesetzesdschungel umherirren würde, wenn er dereinst, wenn Deutschland und andere europäische Länder vor dem Islam kapituliert haben, den Muslimen seinen juristischen Salat präsentieren will. Die hören ihm garantiert noch viel weniger zu als seine deutschen Landsleute. Die Muslime schmeissen nämlich mit der Einführung der Scharia seinen ganzen juristischen Ballast in den Mülleimer der Geschichte.
Einen Fortschritt stellen Thyms Einlassungen jedenfalls dar: Intellektuell überforderten Journalisten/Journalistinnen oder grüne/ linkssozialdemokratische/linkssozialistische Politiker/innen “argumentieren” gern mit der Genfer Flüchtlingkonvention. Entweder sind sie dann zu dumm, den gar nicht so schwierigen Text zu verstehen, oder sie lügen (ich gehe im Zweifel eher bzw. lieber von ersterer Variante aus). Es besteht nämlich ein inhaltlicher Gleichklangvon GFK und GG 16,2: Nur wer aus unmittelbarer Gefahr kommt, darf laut GFK nicht zurückgewieden werden. Thym bringt wenigstens die Sache auf den Punkt: Es geht um aushebelndes europäisches Recht. Mag sein, mag nicht sein. Aber jetzt sind wir in der Debatte wenigstens so weit, wie wir schon vor drei Jahren hätten sein können. Und wir können fragen, warum alle Nachbarländer das europäische Recht offenbar nicht so interpretieren.
Für mich stellt sich seit einiger Zeit auch die Frage, mit welchem Recht unsere Politik xtausende von Menschen in unsere Sozialsysteme “implementieren”. Dieses gehört doch der Bevölkerung und nicht den Politikern. Für mich ein Betrug von immensen Ausmass welcher vielen, allem Anschein nach, gar nicht bewusst ist.
Thyms Argumentation ist kafkaesk, finde ich. Abgehoben, für den normalen vernunftbegabten Menschen unverständlich und abstrus. Paragrafen und Artikel werden gewälzt um zu erklären, dass das GG oder die Verfassung von der Behörde in Brüssel außer Kraft gesetzt werden kann. Wozu es eigentlich “Recht” gibt, steht gar nicht mehr zu Debatte.
“15.600 Worte in einer weitgehend unverständlichen Dublin III-Verordnung, die zudem weitgehend gar nicht angewendet wird, sind ein UNWILLKÜRLICHER Beitrag zur Störung des Rechtsfriedens. ” Sehr freundlich, Herr Dr. Sarrazin, viel zu freundlich - die Rechtschreibreform kann ich noch mit viel gutem Willen als “unwillkürliche” Störung der Organisation der dt. Sprache bezeichnen, vielleicht noch in anderen Bereichen die Waldorfschule, den Genderismus, den bedingungslosen Grundlohn für alle, aber in gezielt vernebelnden, möglichst komplex gehaltenen Formulierungen, erstellt von den Bauingenieuren der Politik, den Staatssekretären, den wahren Könnern - da ist kein Wort zufällig, kein Zusatz ungewollt und schon mal gar nichts “unwillkürlich”. Und was den jungen Hrn. Professor angeht - wenn er nicht bewußt die Öffentlichkeit in die Irre zu führen versucht, bleibt eigentlich nur die Frage, wie er es zu einer Professur gebracht hat.
Gut gekontert, Herr Sarrazin. Und man kann es auch noch (Im Gegensatz zum Text von Herrn Thym) nachvollziehen.
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