@Thomas Taterka: Lieber Herr Taterka, daß das ZDF-Magazin in Ihrer Jugend das letzte gewesen wäre, was Sie sich angeschaut hätten, glaube ich Ihnen ohne weiteres. Ob es sich tatsächlich nur “verbitterte Ältere” ansahen, kann ich nicht beurteilen. Was ich aber beurteilen kann: Jüngere, die sich für das Schicksal der Deutschen “drüben” auch nur die Bohne interessiert hätten, kannte ich in meiner Jugend nicht. Vielleicht kennen Sie noch den Spruch: “Die DDR ist fremder als die Mongolei”. Ja, ja, die “DDR”. Aber nicht die Menschen, die das Pech hatten, unschuldig hinter Mauer und Stacheldraht gesperrt zu werden. Und: Mit seinen “Hilferufen von drüben” hatte Löwenthal vielen geholfen, die sich in einer ausweglos erscheinenden Lage befanden. Löwenthal hatte eben nicht nur angeklagt, sondern gehandelt.
Bei diesem Lamento über »die Presse« wird ständig ausgeblendet, daß es jedem freisteht, sein eigenes Presseerzeugnis herauszugeben und sich seine Leser selbst zu suchen. Jeder kann das, es ist niemandem verboten. Vergleicht man die IVW-Zahlen der Zeitschriften, erkennt man schnell, daß konservative Blätter offensichtlich nicht so gefragt sind wie linke. Woran das liegt, kann sich jeder selbst überlegen. Man vergleiche nur die Zahlen von Wochenblättern wie der JF, der Zeit, dem Freitag oder Tichy. Es braucht auch nicht von der Freiheit des Journalisten fabuliert zu werden, denn es gilt: Wer zahlt, schafft an. Und es zahlt der Leser. Alle Verlage müssen von den drei Säulen Einzelverkauf, Abo und Werbung leben. Und anscheinend funktioniert das bei den meisten Presseprodukten immer noch—vielleicht nicht mehr so gut wie früher—, aber immer noch so gut, daß es Zeitschriften wie Zeit und Spiegel und Zeitungen wie SZ und FAZ gibt. Um es ganz provokant zu sagen: Die gedruckte Ausgabe von Achgut suche ich am Kiosk vergebens. Man kann es nur immer wieder betonen: Zeitungen/Zeitschriften/Magazine haben nicht »eine Wahrheit« zu verbreiten, wo auch immer man die findet, sondern sie sind Waren, die verkauft werden müssen. Und deshalb müssen sie schreiben, was ihre Leser lesen wollen. Solange sie dies tun, klappt das Geschäftsmodell, wenn sie es nicht mehr tun, müssen sie entweder schließen oder—es lebe die »Parteiendemokratie«—, sie müssen einen Politiker finden, der sie subventioniert.
Nun auch ich (Jahrgang 1950) zähle mich zur Flower-Power-Generation, aber für den Aufenthalt im Altersheim ist es für mich noch 10 Jahre zu früh. Und ich glaube, da bin ich nicht der Einzige.
Ein linker Traum wurde wahr. Die absolute Meinungshoheit auf fast jedem veröffentlichten Gebiet. Eine linksgrüne Einheitsmeinung wird dem Medienkonsumenten Tag für Tag eingehämmert, ein Entziehen ist unmöglich. Wer hätte das zu Axel Springers Zeiten für möglich gehalten? Handelt es sich um eine Umkehrung der Verhältnisse? Bürgerliche Zeitungen werden zu linken Postillen, das Fernsehen zur linken Propagandainstitution. Der lange Marsch durch die Institutionen. Er ist geschafft. Man ist angekommen. Mal sehen, ob er sich nun gelohnt hat. Arbeiter an die Macht? Na ja, nicht ganz. Dafür vielleicht ausgebeutete Muslime an die Macht? Wer weiß. Jedenfalls wird das Klima nun gerettet. Ach ja, und die Welt. Ist doch auch nicht schlecht für den Anfang.
“Augeweckte Zeitgenossen” entdecken aber, dass die Presse nicht nur mit Lücken arbeitet, sondern eben auch mit Falschbehauptungen (siehe Chemnitz). Lückenpresse trifft es dann nun mal nicht und lügen kann man auch durch entstellende Weglassungen. Müllpresse trifft es insgesamt vielleicht am besten und macht auch gleich auf die ungeheuerliche ökologische Dimension des Problems aufmerksam.
Erst gestern schrieb Ulf Poschardt (WELT) gegen die taz “Von Umerziehungsgelüsten zu Auslöschungsfantasien”, weil er selber zuvor Opfer eines taz-Artikels geworden war. Die dort ausgedrückte “Haltung” liess ihn “schaudern”. Folgender Leserbrief kam durch und stand ganz oben bei den “Likes”: “Herr Poschardt, erst jetzt gemerkt, was in diesem Lande seit geraumer Zeit vor sich geht? Fing meiner Meinung nach an, als ein Minister Andersdenkende als ‘Pack’ bezeichnete. Man muss nun nicht so denken wie die ‘Andersdenkenden’, aber mir liefen schon damals Schauer über den Rücken. Erinnerte mich an die Beschreibungen meiner Großeltern aus einer tiefdunklen Zeit. Jetzt, wo es Sie selbst betrifft, reagieren Sie. Könnte zu späat sein.” (Ende LB) Nicht durch kam meine Antwort auf diesen LB: “Gemerkt hat er es zweifellos schon eher. Aber damals, also 2015/16/17 lief bei der Verarbeitung von Kommentaren zu WELT-Artikeln der Motor “entfernt”/“verwarnt”/“gesperrt” noch auf vollen Touren. Er wird vielen Lesern bekannt sein. Warum dieser Motor jetzt ins Stottern gekommen ist, weiss ich nicht. Ob mein Kommentar wohl durchkommt?” (Ende LB von mir). Mittlerweile ist auch der LB, auf den bereits mehrere Antworten veröffentlicht waren, verschwunden. Übrig ist eine sehr große Zahl LB voller Lob für den mutigen und eloquenten Poschardt.
Sollte sich im D der nächsten Jahre eine Medienlandschaft durchsetzen, die eher liberalkonservativ eingestellt ist (von ideologiefreien Medien wage ich nicht mal zu träumen), werden die meisten ihrer Journos zunächst eine rotgrüne Vergangenheit haben, wie Sethe und Nannen 1945 ff eine braune. Vielleicht, aber nur vielleicht, war die Chemnitzer Lektion der Bruchpunkt. Aus der Lückenpresse wurde eine wirkliche Lügenpresse und -senderlandschaft. Seitdem ist für immer mehr Menschen Schicht im Schacht - und wenigstens einige (Print)redaktionen haben das kapiert. In der Nacht vom 5. zum 6. 3.2019 tötete in Worms ein Abschiebepflichtiger eine junge Frau, und das stand schon am 8.03.2019 im “Darmstädter Echo”, das vor Chemnitz diese Petitesse zuerst nicht erwähnt und 3, 4 Tage später garantiert “ein Mann” statt “ein Abschiebepflichtiger” geschrieben hätte. Bei den Fernsehsendern ist die unfrohe Botschaft noch nicht angekommen; da müssen wir alle unsere Demokratie abgeben, und somit sind die festangestellten Mitarbeiter versorgt. Sie spüren nicht, dass Schweige-Exzesse und eindeutige Lügen immer schlechter ankommen. Sie werden auch weiter gut von Zwangsbeiträgen leben und dabei immer weniger Bedeutung haben.
Gnieflig, genudelt, bekakelt: herrlich, diese Wortschöpfungen! Bitte mehr davon!
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