„Die herrschende Meinung ist immer die Meinung der Herrschenden.“ Schon mein längst verstorbener Vater, selbst Sozialdemokrat (und zwar noch ein „echter“), sagte immer, der Marxismus sei (teilweise) gut in der Diagnose, aber sehr schlecht in der Therapie. Das gilt wohl auch für den zitierten Eingangssatz.
Der Staat hat sich nicht mit Moral zu beschäftigen, sondern mit dem materiellen wohl seiner Bürger, mit Rechtssicherheit, rechtsgueterschutz und dem bereitstellen von Gemeinschaftsguetern, Infrastruktur, vor allem. Fuer Deutsche ist das offenbar zu wenig, auch für sie, Herr vahlefeldt. Ihnen und der deutschen Mehrheit scheint der Staat ein Mittel zu sein, um das zu erzeugen, was als Gerechtigkeit bezeichnet wird und in Wahrheit nur die Interessen irgendwelcher Gruppierungen darstellt. Wenn wir Politik als Kampf der Meinungen und kolkektiver Interessen verstehen würden und nicht im Kontext einer kollektiven Moral, die es nicht gibt, wäre es nie so weit gekommen. Es geht um Interessen. Es geht um rechtsgueter. Gerechte Herrschaft sorgt sich um das Wohl aller und schützt diesen Wohlstand, aber nicht, indem sie den reichen nimmt und den armen gibt, sondern indem sie die Voraussetzung dafuer schafft, dass die armen reich werden und bleiben koennen. In diesem Sinn ist ein liberaler Staat hochmoralisch, jedenfalls moralischer als einer, der mit moralischem impetus in Wahrheit nur eine Form der Korruption foerdert, indem er das Geld seiner bürger nimmt und an von ihm ausgewählte dritte verteilt. Ein solcher Staat ist eine raeuberbande und nichts weiter. Und Demokratie wäre dann nur dazu da, den raeuberhauptmann zu bestimmen. Wollen sie das?
“Die Kongruenz von Moral und Regierungshandeln war immer schon ein signifikanter Hinweis auf totalitäre Strukturen. Die Beherrschten haben keine Möglichkeit der Kritik mehr und sind ihrer Stimme beraubt.” Auf meiner Suche nach den Sätzen der Woche fiel meine Wahl auf dieses Zitat, verehrter Marcus Vahlefeld. Meine Verzweiflung steigt, weil sie damit einen Gedanken von mir klar bestätigen. Auf der Seite der Beherrschten gehören lämmerhafte Duldsamkeit, Denkfaulheit und Angst dazu; letztere wird durch laute Einschüchterungswellen von Merkels Propagandaschergen systematisch hoch gehalten. Kritiker, besonders beredte und solche, die sich an den neuen Verbotskanon: “Sowas sagt man nicht (ohne Strafe)” halten, verschwinden in der Unhörbarkeit. Und pfründeversessene Parlamentsschweiger versuchen, sich einem krischen Blog anzubiedern, obwohl sie jahrzehntelang ihren Lebensunterhalt als passives Rädchen im Merkelismus verdienen. Der Einfluss des linksgrünen Merkelismus auf die Sprache geht sogar so weit, dass der Begriff der Pfründe in der Deutschen Rechtschreibung des Duden nicht mehr zu finden ist. Sie nehmen uns nicht nur die Stimme, sondern auch die Sprache!
Was ein wenig Hoffnung macht, ist, dass die herrschende Klasse, die ja eine Synthese gegenteiliger Milieus ist, schon bald sowohl (1) aufgrund der internen Widersprüche an ihren unterschiedlichen Interessen (s. z.B. „Dieselaffäre“, Industrie versus Öko-Weltrettung) als auch (2) aufgrund ihrer enormen Ideologielastigkeit an der Wirklichkeit scheitern wird.
Guter Artikel. Problem der Auf-Rechten ist leider auch ein selbstverschuldetes: Sie es versäumen die großen Begriffe für sich zu deklarieren. Ihr Narrativ ist: wir sind gegen XY. Bestenfalls kommt noch ein weil hintendran. Die Grünen (egal welcher Partei) hingegen bedienen die Klaviatur der Begrifflichkeiten entschieden eleganter. Die “großen Begriffe” haben sie alle für sich gepachtet: Solidarität, Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichberechtigung…. alles “linke” Begriffe, obzwar sie defacto seit Jahren dern Ausverkauf wenn nicht gar offenen Verrat des Begriff-Inhaltes betreiben, die Worthülsen gehören noch ihnen. Die Auf-Rechten hingegen, füllen diese Begriffe tatsächlich mit Inhalt, resp. verteidigen den Inhalt, aber benutzen sie nur nachgeordnet. Statt wir sind FÜR Solidarität, Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichberechtigung…. und deshalb lehnen wir XY ab…. kommt eben das ungeschickte, grobschlächtige, plumpe “Gegen XY”. Die Aufrechten mögen zwar neben mehr vernunft auch mehr Herz haben, aber wie man Herzen erobert, das bekommen sie nicht hin! In der Beziehung könnten sie idT so einiges von den “Grünen jeglicher Partei” lernen.
Hervorragend analysiert! Wie wir uns auch drehen und wende, wir werden keinen unserer Steine zurück bekommen.
Sehr geehrter Herr Vahlefeld, eine treffende Analyse. Auch die Zwickmühlen- Mechanik aus ökonomischen Sachzängen und moralischen Imperativen ist absolut zutreffend beschrieben. Der sich anbahnende Totalitarismus dieses mal neoliberalen mal hypermoralischen Januskopfes wird noch für manchen Rechtsbruch und manch kurioses “neues Recht” sorgen. Robespierre liess einst denjenigen als “Feind des Volkes” guillotinieren, der “Mutlosigkeit zu verbreiten sucht mit der Absicht, die Unternehmungen der gegen die Republik verbündeten Tyrannen zu fördern; wer falsche Nachrichten ausstreut, um das Volk zu spalten oder zu verwirren”. Statt Republik “Vielfalt und Toleranz”, statt Tyrannen “Populisten” eingesetzt klingt der Satz gleich etwas vertrauter. Dass es bereits wieder gefährlich ist, die falsche Gesinnung zu haben zeigt nicht zuletzt das Beispiel der Bremer Stadtantifanten.
Man nennt das auch “Politische Theologie”, die Grünen als als Religion, unfehlbar, nicht zu kritisieren.
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