Vera Lengsfeld / 13.02.2023 / 12:06 / Foto: Olaf Kosinsky / 49 / Seite ausdrucken

Die Berliner Wahl und Friedrich Merz

Spitzenkandidat Kai Wegner war im linken Berlin mit klassischen CDU-Themen der Vormerkelzeit erfolgreich. Friedrich Merz merkt indes nicht einmal, dass er sich selbst demontiert, indem er die Partei auf Merkel-Kurs hält.

Die Niederlage der rot-rot-grünen Koalition wird erst so richtig deutlich, wenn man den Verlust an Direktmandaten betrachtet, den die SPD hinnehmen musste. Franziska Giffey, Regierende, Raed Saleh, SPD-Fraktionschef, und Andreas Geisel, Senator, sind die prominentesten der Verlierer. Bettina Jarasch, die gern Regierende Bürgermeisterin würde, ging in ihrem Spandauer Direktwahlkreis sogar nur als Dritte über die Ziellinie. 

Rot-Rot-Grün wird trotzdem weitermachen, frei nach dem Motto von Annalena Baerbock: Wir behalten die Macht, egal was die Wähler gewählt haben. Das war schon vor dem Urnengang klar. Franziska Giffey, die schlechteste Regierende aller Zeiten, hatte verkündet, dass die Koalition Bestand haben würde, wenn sie ihren Posten behalten könne. 

Das scheint nun der Fall zu sein. SPD und Grüne haben sich ein Kopf an Kopf-Rennen geliefert und kommen nach dem vorläufigen Endergebnis beide auf 18,4 Prozent der Stimmen, wobei Giffey mit 105 Stimmen die Nase vorn hat. Vorausgesetzt die hauchdünn unterlegene grüne Spitzenkandidatin Jarasch lässt nicht nachzählen, könnte die Koalition sich sofort neu konstituieren. Das würde aber zu undemokratisch aussehen, weil die CDU die Wahl so klar gewonnen hat.

Am Wahlabend verkündete SPD-Chefin Esken, dass Wegner keine Machtoption habe. Damit hat sie offenbart, was der Öffentlichkeit verheimlicht werden soll. Prompt kam wenige Stunden darauf das Statement der Vize-Chefin der SPD, Klara Geywitz, dass die Partei mit langwierigen Verhandlungen rechne. Mit diesem „Ringen“ um Mehrheiten soll der Öffentlichkeit ein demokratischer Prozess suggeriert werden, der alles beim Alten belässt. Wer hatte noch gleich gesagt: „Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben?“

Erbittert von der Seitenlinie aus zusehen

Die Berliner haben gewählt, aber ihre Stimmen werden missachtet. Berlin ist nicht mehr sexy, sondern arm dran. Die Koalition gibt zwar zu, dass die Berliner unzufrieden mit ihr sind, aber sie hat nicht vor, daraus Konsequenzen zu ziehen. Wahlsieger CDU kann nur erbittert von der Seitenlinie aus zusehen, wie sie um ihren Sieg betrogen wird.

An diesem Sieg ist zweierlei bemerkenswert: Spitzenkandidat Kai Wegner war im linken Berlin mit klassischen CDU-Themen der Vormerkelzeit erfolgreich und er hat mit großer Wahrscheinlichkeit keine Möglichkeit, Regierender Bürgermeister zu werden.

Es besteht wenig Aussicht, dass die Botschaft der Berlin-Wahl bei CDU-Chef Friedrich Merz auf Glauben stößt. Er merkt ja nicht einmal, dass er sich selbst demontiert, indem er die Partei auf Merkel-Kurs hält. Er könnte von Kai Wegner lernen, wird er aber nicht. Aus der Traum, Kanzler zu werden.

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Leserpost

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Peter Thomas / 13.02.2023

Die CDU ist so tot wie die SPD und die FDP. Die in Merz gesetzten Erwartungen resultierten allein aus seiner Privatfehde mit der Großen Verderberin. Inzwischen hat er bewiesen, daß er den Mut eines Räucheraals und das Rückgrat eines Wattwurms hat. Charmante Idee: Die GröKaz selbst habe noch genug Binnenmacht, um dem CDU-Präsidium sowohl das Maaßen-Verdikt als auch den Zeitpunkt der Verkündung aufzuzwingen. // Ob sie wohl anschließend in ihrem Honecker-Bunker das Deutschlandlied auf volle Lautstärke gedreht hat, um sich in einen ihrer geliebten epileptischen Anfälle hineinzukrümmen…

Jochen Brühl / 13.02.2023

Da die CDU selbst mit der absolut ausgeschlossenen Zusammenarbeit mit der AFD keine Mehrheit hätte, hat natürlich Rot/Grün/Rot ein Mandat dafür, exakt so weiterzumachen wie bisher. Die Mehrheit wollte es so. Und da die Merkel-CDU ja nichts besseres zu tun hat, als Parteiausschlussverfahren gegen Maaßen zu betreiben, geschieht ihr das auch ganz recht so. Sie würde mit den Grünen ohnehin keine andere Politik machen. Nun, Maaßen wird gerichtlich dagegen kämpfen, Ausgang offen. Ich würde an seiner Stelle ein Vergleichsangebot im Gerichtsverfahren machen. Die CDU distanziert sich offen vom Erbe Adenauers, Erhards und Helmut Kohls und benennt das Konrad Adenauer-Haus in Angela Merkel Haus um. Wenn sie das macht, tritt er aus und das Verfahren ist zu Ende. Dann, und nur dann, ist auch für ihn selbst klar, dass er in dem Laden nichts mehr verloren hat. Das wäre lustig. Ansonsten werden wir eben noch länger anderweitig gut unterhalten.

PeterBernhardt / 13.02.2023

@Peter Krämer ++++++++++++  “Herr Merz hat nicht den Mut und das politische Stehvermögen, seine Partei vom Merkel-Kurs wegzubewegen.”  Der Arme hat keine Erziehung nötig; Die für seinen Stand ausreichende wird ihm schon durch die Verhältnisse aufgezwungen; er wäre nicht in der Lage, sich eine andere zu verschaffen. Jean-Jacques Rousseau (1712 - 1778),

Gus Schiller / 13.02.2023

2018 Wahlen in Bremen: 26,7%  CDU, 24,9% SPD, 17.4% Grüne, 11,3 %  Linke, wer regiert? SPD/Grüne/Linke. Bremen ist die kleine Schwester von Berlin. Bremen wählt im Mai 2023.

Gottfried Solwig / 13.02.2023

Wie konnte man überhaupt Hoffnungen an Merz haben,das ist mir immer noch ein Rätsel? Friedrich Merz, Roland Koch und andere sind innerhalb der CDU bereits vor 20 Jahren gescheitert.  Sie konnten sich nicht gegen Merkel durchsetzen und es blieben in der Partei nur die Mitläufer übrig und grüne Anhänger a la Geißler und Blüm. Und dann sieht man so einen als Hoffnung für konservative Werte? Die Union ist seit 1998 nicht mehr die Union. Wann will man das endlich kapieren? Dafür müsste man an die Politik Helmut Kohls anknüpfen und das müsste erstens bedeuten, die Einbürgerung der Gastarbeiter,  hauptsächlich aus der Türkei,  rückgängig zu machen und die unmittelbare Aufnahme der Banater und Siebenbürger in ihr Land ermöglichen solange diese Opfer noch am Leben sind. Über 100000 Banater und Siebenbürger sind seit 1998 gestorben ohne die Aussicht auf Aufnahme zu ihrer Verwandten.  Stattdessen sind jetzt Visaerleichterrungen für Türken und Syrier geplant und das große Schweigen geht weiter.

Gus Schiller / 13.02.2023

@Jörg Themlitz: Willi Brandt wurde in 1913 in Lübeck geboren!

Horst Jungsbluth / 13.02.2023

Die Situation ist trotz des Wahlsieges der CDU so zerfahren, dass alles möglich ist, nur das dringend Erforderliche wird nicht eintreten, da einerseits diese grauenvolle Koalition ihre destruktive Politik einfach weiter betreiben kann und andererseits die CDU auf Partner angewiesen ist, die schon jetzt freudig erregt die Messer wetzen. Die Opposition besteht bei einer CDU-Führung nicht nur aus den nicht an der Koalition beteiligten Parteien, sondern auch aus den Ämtern , der Justiz, den Gewerkschaften und den Medien. Man hat eben aus verschiedenen, aber sehr eigennützigen Gründen vor über 30 Jahren versäumt, die klar erkennbaren Verbrechen des damaligen SPD/AL-Senats als Erfüllungsgehilfe der SED anzuprangern, hat diese Parteien dadurch stark gemacht, die Stadt Berlin ganz erheblich geschwächt und die eigenen Wähler und sogar Mitglieder verprellt.

Georg Jaeger / 13.02.2023

Habe leider wegen Merz bei der letzten Landtagswahl in S/H die CDU gewählt. Ich hätte nicht gedacht, das die CDU mittlerweile so kaputt ist, das man sich nur noch angeekelt abwenden kann. Konservative Wähler haben tatsächlich keine Heimat mehr. Siehe u.a. die Causa Maaßen. Der Mann hat nichts, aber auch gar nichts gesagt, was ein alter weißer Mann nicht sofort unterschreiben könnte. Wieso soll ausgerechnet der weg?? Und sollen wir alten weißen Männer (und Frauen?) uns jetzt in Luft auflösen? Wer bezahlt denn dann eigentlich noch die ganze Bude hier? Die SED, die Grünen oder die SPD etwa?? Pfui Teufel- Versager wären in der freien Wirtschaft echt arbeitslos….

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