Dirk Maxeiner / 14.04.2019 / 06:29 / Foto: Pixabay / 62 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Das Kamel ist der Speicher

Nach Transrapid und Flugtaxi nimmt die Flughöhe der Verkehrsvisionen stark ab, in München ist man mittlerweile beim Lastenfahrrad angelangt. Immerhin eine bewährte Technik aus der ersten Hälfe des letzten Jahrhunderts. Als Schüler habe ich mit so einem Ding für den örtlichen Bäcker das Brot ausgefahren. Ich wusste gar nicht, wie zukunftsweisend das war. Auch hatte ich keinen blassen Schimmer, dass ich per Lastenesel zur Rettung der Welt beitragen würde. 

Meine Verdienste um den Planeten wurden mir erst jetzt klar, nachdem ich die „Förderrichtlinie Elektromobilität" der Landeshauptstadt München durchgelesen hatte. Wer sich ein elektrisches Lastenfahrrad anschafft, erhält nicht nur ökologische Absolution, sondern auch bis zu 1.000 Euro Zuschuss. Ich hoffe, dass man diese Prämie auch rückwirkend beantragen kann, schließlich bin ich fünf Jahre lang Lastenfahrrad gefahren, und das auch noch ohne Elektromotor. So ähnlich, wie man jetzt auf die Rente Erziehungszeiten angerechnet bekommt, sollten für den ökologischen Fußabdruck auch vergangene Lastenfahrrad-Zeiten angerechnet werden. Liebe Generation Greta, dann seht Ihr mit euren zwölf Jahren ganz schön alt aus.

Ich finde so einen Lastenesel im Prinzip prima, den elektrischen Antrieb aber wegen des Stroms ohne Herkunftsnachweis und der Batterie mit ihren Schadstoffen suboptimal. Sehr viel besser wäre ein Lastenesel mit einer wassergetriebenen Brennstoffzelle. Also ein Kamel. Ich habe sofort gegoogelt und bin auf auf folgendes Angebot gestoßen

"Zu verkaufen: 1 jahr alten kamelhengst
Mit chip und pass
100 procent in ortnung.
Höcker schon halb hoch.
Kerzengrade auf die beine.
Schön dunkel braun/schwarz."

Der Kaufpreis beträgt schlappe 2.500 Euro, liegt also deutlich unter einem elektrischen Lastenesel, für den man bis zu 5.000 Euro rechnen muss. Von den technischen Daten und dem ökologischen Rucksack her ist der Kamelbulle eindeutig überlegen. Im Sinne der „Förderungsrichtlinie Elektromobilität“ erfüllt er sämtliche Voraussetzungen mit Bravour. Die benennt folgende Ziele:

  • Senkung der lokalen CO2-Emissionen im Sinne des Klimaschutzes durch eine Minderung des Verbrauchs von fossilen Energieträgern
  • Verringerung der Emissionen von Schadgasen (v.a. NOx) und Feinstäuben im Stadtgebiet als Beitrag zum Luftreinhalteplan der Landeshauptstadt München
  • Flächendeckende Lärmminderung im Rahmen des Lärmaktionsplanes der Landeshauptstadt München zum Wohle der Münchner Bürgerinnen und Bürger. 

Im Sinne des Verkehrsentwicklungsplanes „Perspektive München“ kann ich das Kamel als geradezu ideales Transportmittel bezeichnen, „um einen Beitrag zur Luftreinhaltung, zum Klimaschutz und zur Verkehrswende in München zu leisten“. Aufgrund seiner langjährigen Sahara-Erfahrung ist es außerdem extrem klimakatastrophenfest, es übersteht mühelos Hitze, große Temperaturschwankungen und Sandstürme.  Außerdem wurde es von Weihrauchhändlern gezähmt, also den Vorgängern der heutigen Klima-Politiker. Die Beduinen haben dem Kamel nicht umsonst den Namen „Ata Allah“ gegeben, „Geschenk Gottes“. 

Die beste Qualität, die es im Morgenland zu kaufen gibt

Seine Traglast beträgt für den Dauereinsatz 150 Kilogramm, kurzzeitig sind aber bis zu 450 Kilo möglich. Die Lebensdauer eines Wüstenschiffes liegt bei etwa 40 Jahren, das ist die beste Qualität, die es im Morgenland weit und breit zu kaufen gibt. Nach dieser Laufzeit kann es rückstandsfrei recycelt werden. Im Sparmodus bewegt sich das City-Kamel mit 5 km/h fußgängerfreundlich voran. Die Geschwindigkeit kann im Galopp aber auf 40 km/h gesteigert werden, beispielsweise wenn der Pizzabote es eilig hat, damit seine Chose nicht kalt wird. Das Kamel braucht weder Strom noch besondere Nahrung. Zur Not verspeist es auch das Zelt seines Beduinen. Oder die Pizza seines Lieferando. 

An dieser Stelle ein kleiner Exkurs: Warum baut die Post bloß diesen elektrischen City-Scooter, vor dem alle Postboten Reißaus nehmen? Post-Chef Frank Appel sollte stattdessen in den nächsten Flieger nach Ägypten steigen und zum Kamelmarkt von Birquaasch nördlich von Kairo eilen. Dort gibt’s die weltweit größte Auswahl von Transportkamelen ab 1.000 Euro aufwärts. Eine bessere Methode als das Kamel gibt es für die Post nicht, um Geld zu sparen und das Personal zu versöhnen. Die Bediensteten würden womöglich sogar ein Kamel auf dem Chefsessel vorziehen. Wie sagte Goethe schon so schön: „Ein schäbiges Kamel trägt immer noch die Lasten vieler Esel.“

Im Gegensatz zum City-Scooter ist die Reichweite eines Kamels übrigens gigantisch. So ein City-Kamel kommt bis zu einer Woche ohne Wasser und Nahrung aus. Das Tankstellen-Netz muss nicht dichter als in der Sahara sein und lange Schlangen an der Zapfsäule gibt’s auch nicht: 100 bis 200 Liter Wasser schluckt ein Kamel in 10 bis 15 Minuten. Ein Boxenstopp ist sozusagen Formel 1-tauglich.

Großstädter sind besonders gefühlige Wesen

Man muss aber auch die emotionale Seite betrachten, schließlich sind Großstädter besonders gefühlige Wesen. „Die Augen eines Kamels sind groß mit einem weichen und verständnisvollen Ausdruck“, heißt es in einem Kompendium über die „erstaunlichen Eigenschaften der Kamele“. Das Kamel ist gewissermaßen der Golden Retriever unter den Transportmitteln und kann schon aus Herkunftsgründen nicht so rechts sein wie ein deutscher Schäferhund. Außerdem liefern weibliche Tiere eine Latte Macchiato kompatible Milch ohne Beta-Laktoglubolin und Beta-Kasein, die in Prenzlauer-Berg regional erzeugt und direkt vermarktet werden kann. All das bietet ein Lastenfahrad nicht. Allerdings gibt es Kamele noch nicht in grün, sondern nur in Rentner-Creme und Brauntönen bis hin zu Schwarz, da muss man noch dran arbeiten.

Im Sinne der Selbstversorgung denke ich neben der Anschaffung eines subventionierten Kamels über die Bohrung eines Brunnens in meinem Garten nach. Dort könnte ich mit Hilfe eines Windrades Wasser für meine mild grunzende Brenstoffzelle fördern. Die Verbindung von Kamel und Windkraft ist meines Erachtens extrem zukunftsfähig. In dem bereits erwähnten Kompendium zum Kamel heißt es am Schluss: „Deshalb ist es an uns und künftigen Generationen, dafür zu sorgen, dass dieses wunderbare Tier einen besonderen Platz im Herzen der Welt von morgen erhält“. Ich bin da sehr optimistisch.

Lesen Sie passend zu diesem Beitrag auch: Wir reiten auf Kamelen durch Berlin

Von Dirk Maxeiner ist  in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er) Portofrei zu beziehen hier.

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Dietmar Blum / 14.04.2019

Auch die unsinnigen Investitionen in das Straßennetz würden überflüssig, sind die Transporttiere doch geländegängig und kämen somit auch mit den momentanen, maroden Zuständen der hiesigen Verkehrswege zurecht. Obwohl, als Quasi-SUV, würden sie nicht so recht in das Weltbild der grünen Idioten passen.

Wilfried Cremer / 14.04.2019

Unsere Senioren kommen da nicht hoch, nicht mal an hängend angebrachte Satteltaschen. Es sei denn, man lässt parallel, quasi so als Stufen, kleine Tiere laufen.

B. Jacob / 14.04.2019

Was hätten Claudia Roth und Kumpanen bei ihrer lustvollen Dienstreise nach Bangladesch und Fidschi Inseln wo sie sich bunt bekleidet auf einer Yacht suhlt mit einem Kamel der Atmosphäre mit einer teuren Flugreise für eine positive Klimabilanz einsparen können, anstatt die Lasten auf die deutschen Esel die zur Kasse gebeten werden umzulegen. Nun ja, es hätte einige Monate gedauert bis wir unsere “geliebte” Claudia und Gefolge wiedersehen, aber sie hätte mit diesen Transportmittel in Form eines Kamels Vorbildwirkung gezeigt und eine innige Genderbeziehung eingehen können.

Dr. Gerd Brosowski / 14.04.2019

Goethe mag in manchen Dingen recht haben, aber die Fähigkeiten eines Esels unterschätzt er. Wenn ich recht informiert bin, kann Meister Langohr eine Masse von 90 kg im Dauereinsatz schleppen, er kann zwar keine Woche, jedoch immerhin drei, vier Tage ohne Fressen und Saufen auskommen, gerne frisst er Disteln oder anderes Futter, das von unseren Kühen und Pferden hochnäsig verschmäht wird. Es waren die Esel, welche vor rund fünftausend Jahren das Transportwesen im Mittelmeerraum revolutioniert haben. Zu empfehlen ist vor allem der Poitou-Esel, eine mitteleuropäische Züchtung (eine originär europäische Innovation), der in seiner Belastbarkeit, aber freilich auch in seiner Größe an ein Pferd heranreicht.

Volker Derouaux / 14.04.2019

Für die Exkremente der Tiere gibt es ja schon lange Camel-Filter!

Bernd Ackermann / 14.04.2019

“Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung”, sagte Wilhelm II. vor mehr als 100 Jahren. Mit dem Auto hat er wohl recht gehabt, auch wenn es etwas länger gedauert hat als erwartet. Ich persönlich denke aber nicht, dass Pferd, Lastenfahrrad oder Kamel die Zukunft gehört. Wie soll man denn damit die Wochenendeinkäufe nach Hause schaffen oder die Blagen zur Gretademo bringen? Ich denke, dass sich in Zukunft der kubanische Eselkarren bei uns durchsetzen wird, ein sozialistisches Erfolgsmodell. Dafür sprechen zum einen die hohe Verfügbarkeit von Eseln in diesem Land (in Berlin in die Eseldichte besonders hoch), zum anderen weist uns der Name (nomen est omen) der aktuellen CDU-Vorsitzenden und (jede Wette) zukünftigen Bundeskanzlerin den Weg. Also weg mit den Tesla-Aktien, Eselzüchter und Karrenbauer gehören als zukunftssichere Anlage in jedes Depot.

Fritz Hoffmann / 14.04.2019

Super !!!  Und für die neue Landeshymne bestellen wir etwas bei Mike Batt (Caravans).

Peter Wachter / 14.04.2019

Sehr geehrter Herr Maxeiner, sie haben noch was elementares Positives vergessen, das wären die Ausscheidungen der Kamele. Man (m,w+d) kann am Hinterteil einen nicht mehr benötigten Postsack anbringen und den Dung an Biobauern oder Heimgärtner verkaufen, getrocknet ist es auch ein gutes Brennmaterial, allerdings nicht ganz CO2 neutral, aber einen Tod muss man (m,w+d) ja sterben! LOL

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