Dirk Maxeiner / 16.09.2018 / 06:15 / Foto: Pixabay / 30 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Hauptsache frisiert!

Genau wie ein Auto, so braucht auch der Mensch regelmäßige Wartung und Pflege. Zum Glück aber keinen TÜV, da bin ich mir nämlich nicht sicher, ob ich den schaffen würde. Ich lasse es deshalb im Wesentlichen bei zwei Service-Intervallen. Da wäre einmal die „professionelle Zahnreinigung“, damit ich auch morgen noch kraftvoll zubeißen kann. Zur Erinnerung ruft mich zweimal im Jahr eine junge Frau aus der Zahnarztpraxis an, weil die genau wissen, dass ich das sonst verschwitze. 

Für die Anmahnung der zweiten Service-Dienstleistung ist Sabine zuständig: „Hör mal, Du müsstest mal wieder zum Friseur.“ Die Intervalle zwischen dieser Aufforderung werden dann von Woche zu Woche kürzer, bis sie schließlich ultimativen Charakter annehmen. Ich rufe dann da wegen einem Termin an und es ist immer das gleiche Ritual. „Zu wem möchten Sie denn gerne, Sandra, Bettina....?“ „Ist mir egal, ich kann mir leider keine Namen merken“. Das geht seit Jahren so. Ist echt eingespielt und ich kriege dann einfach nach dem Zufallsprinzip die nächstbeste Fachkraft zugewiesen. 

Deren Eröffnungfrage lautet: 

„Wie hätten sie es denn gerne?“ 

Antwort: „Ich kämme die einfach immer zurück und dann fallen die irgendwie“. 

„Kürzer?“

„Na klar kürzer“

„Ohrenfrei?“

„Ja, ohrenfrei, alles andere überlasse ich ihrem Geschmack, sie haben freie Hand und ich beschwere mich nachher auch nicht “. 

Das Personal mag inzwischen diese selbstbestimmte und eigenverantwortliche Herangehensweise, weil sie wissen, dass ich mich wirklich nicht beschwere. Für mich hat das den Vorteil, dass ich jedes Mal eine etwas andere Frisur nach Hause bringe, wo Sabine sich dann beschwert, aber das merken die beim Friseur ja nicht. Die tanzen nach vollbrachter Arbeit stets mit einem runden Spiegel um meinen Kopf, von der Seite von oben, von schräg unten. Meine Brille liegt dann aber noch auf dem Friseurtisch, daß heißt, ich sehe aufgrund meiner ausgeprägten Kurzsichtigkeit rein gar nichts. Macht aber nix, weil ich mich ohnehin nicht beschweren würde. „Zufrieden?“ flöten sie. Und ich antworte stets: „Wie neu“. Mehr Konversation ist da meist nicht, denn ein Friseur darf bei mir alles, nur nicht reden. Die psychologisch Begabteren merken das auch sofort.

Ein Bilderbuch mit sämtlichen Kinostars

Echt herausgefordert war ich allerdings vor einiger Zeit bei einem Friseur in Saigon. Ich gehe gerne im Ausland zum Friseur, weil das Ergebnis meist noch überraschender ist als zu Hause. Ein Haarschnitt in einem Land, in dem man sich absolut nicht verständigen kann, ist für mich die Inkarnation von Abenteuer-Urlaub. Dieser Friseur in Saigon legte mir jedenfalls ein Bilderbuch mit sämtlichen Kinostars des Westens vor: Von Brad Pitt bis George Clooney, von Alain Delon bis Nicolas Cage. Ich deutete auf George Clooney, das erschien mir das geringste Risiko. Als er fertig war, sah ich leider immer noch nicht wie George Clooney aus, aber ich hatte zumindest den Scheitel auf seiner Seite. Außerdem war eine Fuß- und Nackenmassage sowie eine Pediküre an mir vollzogen worden. Das macht der Clooney offenbar auch immer so, wenn er in Vietnam ist. 

Und weil mir das so gut gefallen hat, bin ich neulich ins Dong Xuan Center in Berlin („Frühlingswiesen-Center“) gefahren. Und siehe da, in dem ausgedehnten Hallenkomplex findet man alles, was es in Vietnam gibt, darunter auch eine ganze Reihe Friseure. Diesmal entschied ich mich für Brad Pitt, sah aber genauso aus wie George Clooney, damals in Saigon. Also ich glaube, die Vietnamesen flunkern ein bisschen. Das dürfen sie auch, weil der Preis immer der gleiche ist, egal ob Brad Pitt oder George Clooney. Das ist so ähnlich wie bei Volkswagen, wo die Abgase auch immer die gleichen sind, egal ob Euro 1, 2, 3, 4 oder 5. 

Manchmal hab ich auch ganz radikale Anwandlungen. Mein Bewuchs ist ja noch relativ komplett, deshalb dachte ich, man könnte ihn ja mal völlig abschneiden, damit er danach umso besser wieder wächst, so wie der Rasen vor unserem alten Haus. Doch Sabine hat es mir verboten, weil sie zuvor heimlich Jakob Augstein gelesen hat. Der hat in seiner Kolumne was geschrieben über„dicke, stiernackige Männer, die mit ihren Glatzen aussehen wie Pimmel mit Ohren“. Ich habe dann im Internet nach solchen Typen gesucht und bin auf Peter AltmaierPapst Franziskus und Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück gestoßen. Also lieber nicht.

Andererseits geben ja nicht irgendwelche Polit-Promis die Haarmode vor, sondern unsere Fußballspieler. Die deutsche Nationalmannschaft ist ja auch nicht durch irgendwelche Tore auffällig geworden, sondern dadurch, dass die Frisur immer tadellos gesessen hat. Von den Höhen der Nationalmannschaft diffundieren die Coiffeur-Trends dann in die ehrenwerte Gesellschaft. Wer nach Anregungen für seine nächste Frisur sucht, wäre beispielsweise bei der kürzlichen Trauerfeier libanesischer Familienclans in Berlin richtig gewesen. Es bot sich ein beeindruckender Überblick über die zeitgenössische Haarmode tiefergelegter AMG-Fahrer. Eine wunderbare Tuningmesse und zugleich Leistungsschau des deutschen Coiffeur-Handwerkes. Als nächstes probiere ich jetzt mal einen Friseur in Neukölln aus.

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Leserpost

netiquette:

Bernd Ackermann / 16.09.2018

In Asien zum Friseur zu gehen wäre mir zu riskant. Am Ende sieht man dann aus wie Pai Mei, der legendäre Kung Fu-Kämpfer aus “Kill Bill”:  einfach die Haare auf dem Kopf verknotet und dazu einen langen Ziegenbart. Kann passieren, wenn man die Sprache nicht beherrscht. Ähnliches könnte in Neukölln geschehen, nur   kann man in deren Bilderbuch wählen zwischen Recep Erdogan, Recep Erdogan und Recep Erdogan und was schließlich dabei herauskommt ist Osama bin Laden. Lieber nicht.

Emmanuel Precht / 16.09.2018

Tiefergelegte AMG-Fahrer sind schon eine ander Hausnummer als Fahrer von tiefergelegten AMGs. Ich denke das war so gemein(t). Wohlan…

S. Salochin / 16.09.2018

Im Video: “Grosse Anteilnahme bei Beerdigung” (eines Clanmitglieds, der wohl von einem anderen kriminellen Clanmember eines anderen “Libanesen” clans erschossen (“Schüsse abgegeben”) wurde). Nun sind die “Libanesen” ja bekanntlich Kurden, klingt aber besser, sie “Libanesen” zu nennen. Bei so viel verlogenem Aktuelle Kamera/Schnitzler-Euphemismus: warum nicht gleich “Neuseeländer” oder “Isländer” oder “Brasilianer” . Ist doch eh egal ob es stimmt. Dann könnte man die ganze Story noch weiter aufhübschen: Salvatore de C. (klingt ja besser als Mohammed/Farid/Hassan) wollte einer Rentnerin und ihrem Pudel über die Straße helfen, da lösten sich die Schüsse bei einem Bekannten des Familienvaters. Da geht noch was, FAZ!

Maximilian Kellner / 16.09.2018

Als flanierender Beobachter der verschiedenen Berliner Subkulturen finde ich ja, dass der panarabische Kulturkreis ziemlich wenig Variation kennt, wenn es um das männliche Haupthaar geht. Im Grunde tragen die Herrschaften alle das, was international unter der Bezeichnung “Pompadour” oder “Pompadour Hairstyle” läuft. Wäre man gezwungen, das Phänomen allein in Worten zu beschreiben: Alles runterrasieren bis auf den Grund, aber oben auf der Kalotte (dem Mediziner auch als Calvaria bekannt) eine verspielte Insel lang stehenlassen. Fertig ist die Pompadour. Kaum bemerkt, aber wichtig: Die Herren lassen sich gerne auch die Augenbrauen “machen”. Das verursacht dann den oft etwas effeminiert wirkenden Blick der ansonsten eher kriegerisch auftretenden Jungs. Es ist das altbekannte Phänomen von Männergesellschaften mit wenig oder nur gestörtem Kontakt zum anderen Geschlecht: Haar- und Barttracht erfahren gesteigerte Aufmerksamkeit.

Peter Wachter / 16.09.2018

Ja unsere lieben Libanesen spielen auf offener Straße mit scharfen Waffen. Ich glaube, ich kaufe mir anstatt einer Hieb-+Stichschutzweste, gleich eine kugelsichere Schutzweste, weiß nur noch nicht, bis zu welchem Kaliber? Schalom

Elmar Schürscheid / 16.09.2018

Die “Mannschaft.” Herr Maxeiner. Die “Mannschaft!”

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