Dirk Maxeiner / 03.09.2023 / 06:05 / Foto: Montage Achgut.com / 43 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Packt die Roten in den Tank!

Hilfe, in Frankreich geht der Rotweinverbrauch drastisch zurück. Doch wohin mit dem überschüssigen Stoff? Ich hätte da ein paar Vorschläge. Wie wäre es beispielsweise mit einer Demokratieabgabe nach deutschem Vorbild: Jeder Franzose blecht 18,36 Euro für die Rotwein-Grundversorgung im Monat – egal ob er ihn trinkt oder nicht.

Manchmal könnte ich an den Franzosen verzweifeln, wobei mich das entschlossene Festhalten an der Atomkraft immer wieder mit den Galliern versöhnt. Und zwar aus purem Eigennutz: Sollte ich im nächsten Winter hierzulande kalte Füße kriegen, kann ich jedenfalls binnen drei Stunden über die Grenze ins nuklear befeuerte Elsass rübermachen, vorausgesetzt, die ändern die Asylgesetzgebung nicht. Also: Ganz so bekloppt wie wir sind die Franzosen nun auch wieder nicht, nur fast.  

So musste ich bei der Lektüre der Nachrichten der vergangenen Woche feststellen, dass sie keinen Rotwein mehr trinken wollen. Innerhalb von 60 Jahren sank der Weinkonsum der Franzosen um drei Viertel von über 120 Litern pro Jahr und Einwohner 1960 auf aktuell 29 Liter im Jahr 2022. Da schwankt mein Frankreichbild wie der Eiffelturm in einem schweren Orkan. Aber nicht nur deswegen. 

Schwer zu denken gab mir beispielsweise der Verkauf des Provence-Weingutes Chateau Miraval an Brad Pitt und Angelina Jolie. Über Letztere heißt es: „Sie hat einen Raum mit einem Altar und vielen Kerzen eingerichtet. Angelina steht jeden Morgen vor vier Uhr auf und sitzt bis zum Sonnenaufgang im Kerzenlicht. Sie meditiert und stellt sich ihren Sieg vor.“ Ja, Gottseibeiuns, bei denen kaufe ich doch keinen Rosé! Und die Franzosen schon gar nicht. Zum Glück meiden Brad und Angelina die Gegend nach ehelichen Differenzen inzwischen weiträumig. Man kann jetzt also wieder in die Provence fahren. 

Ein Grund, mal wieder den Louvre zu besuchen

Beim Studium der französischen Weinbilanz keimte in mir übrigens ein schwerwiegender Verdacht. So hielt ich mich in den 1970er und 80er Jahren länger in Paris auf und stabilisierte den Rotweinkonsum zusammen mit meinem Freund Peter, einem dort ansässigen Fotografen. Wir frequentierten ein kleines Bistro in der heimeligen Rue des Arquebusiers oft schon zur Mittagszeit, verpassten den Absprung und blieben dann gleich zum Abendessen. Der zeitliche Zusammenhang zwischen meinem Wegzug aus Paris und dem sinkenden Rotweinverbrauch in Frankreich ist auffallend. Ich erwäge jetzt meine Rückkehr, um die französischen Winzer vor weiterem Ungemach zu bewahren. Zuvor werde ich aber noch die portugiesische Wein-Statistik für das Jahr 2023 überprüfen. Ich war da dieses Jahr im Urlaub und vermute einen starken Ausschlag nach oben.

Die Lage in Frankreich ist jedenfalls beunruhigend. Der Präsident des Weinbauverbandes Vin-&-Société, Samuel Montgermont, schildert sie so: „Die Frage ist: Wollen wir in den kommenden Jahren Wein auf unseren Tischen sehen oder in unseren Museen?“ Nun ja, das wäre für mich zumindest ein Grund, mal wieder den Louvre zu besuchen. Gründe für die sinkende Popularität insbesondere des „Rouge“ werden übrigens viele angeführt: Etwa das Ende der traditionellen Mahlzeiten mit Familie und Wein auf dem Tisch, ein Hang zur Abstinenz bei einem Teil der Jugend und hohe Preise. Nach der Weinlese steht für etliche Winzer um Bordeaux jetzt ein Kahlschlag an: Auf rund 9.500 Hektar Fläche werden die mühsam kultivierten Reben mit staatlichen Subventionen herausgerissen, um das Überangebot zu reduzieren. Das finde ich jetzt keine so gute Idee.

Hier bietet sich doch zunächst einmal das bewährte Vorbild der deutschen Rundfunkgebühren an: Jeder muss hierzulande dafür bezahlen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die demokratische Gesinnung sicherstellt, egal ob er Fernsehen guckt oder Radio hört – oder eben auch nicht. Diese staatstragende Idee lässt sich eins zu eins auf Frankreich übertragen: Jeder Franzose muss ab sofort 18,36 Euro im Monat für eine Vollversorgung mit dem Nationalgetränk Rotwein bezahlen, egal ob er ihn trinkt oder nicht. Mir scheint diese Version der Demokratieabgabe übrigens deutlich zielführender und mit Sicherheit auch populärer als das deutsche Original.  

Kein Wunder, dass dieses Auto ständig blau ist

Im Zuge der Selbstbestimmungs-Gesetzgebung könnte man dieses Angebot vielleicht auch bei uns einführen – zumindest wahlweise. Die Bundesbürger könnten sich dann zwischen dem Empfang der öffentlich-rechtlichen Medien und einer Kiste Bier entscheiden, beides entspricht dem Programmauftrag, „die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen“ – mit leichtem Vorteil für die Kiste Bier. Mir persönlich fällt die Wahl zwischen der Tagesschau-Redaktion und 20 Flaschen Tegernseer Hell übrigens sehr leicht.

Falls man sich in Frankreich nicht unter einen solchen Rettungsschirm begeben will, gibt es natürlich noch viele andere Möglichkeiten. Statt Verknappung kann man schließlich auch auf Angebots-Erweiterung setzen und neue Märkte erschließen. Wie man das macht, zeigen den Franzosen ausgerechnet die ungeliebten Banausen, die jenseits des Ärmelkanals in der Küchenhölle schmoren. So hat König Charles der III. seinen Aston Martin auf Bioethanol umgestellt, das aus überschüssigem englischen Weißwein und Molke aus der Käseherstellung auf dem königlichen Biohof gewonnen wird, kein Wunder, dass dieses Auto ständig blau ist. Jetzt sind auch die Konkurrenz in der EU und der französische Staat auf den Trichter gekommen und spendieren 160 Millionen Euro, damit der Rote im Tank landet. 

Jetzt muss noch eine entsprechende Marketing-Kampagne her: Ein Liter „Saint-Émilion“ klingt für den Porschefahrer doch gleich ganz anders als ein schnödes „Super Plus“. Da zahlt man doch gerne zwei Euro für den Liter. Ich wäre dafür, den Edelsprit in Flaschen abzufüllen und in hübschen Holzkisten als Geschenk zu verpacken. Ja, und das Klimaargument darf auch nicht fehlen: Angeblich ist der ökologische Fußabdruck eines Liters Wein etwa 25 Prozent geringer als der eines Liters Benzin. Jetzt weiß ich endlich, warum mir nach einer Pulle Rotwein die Schuhe zu groß sind.

 

Dirk Maxeiner ist einer der Herausgeber der Achse des Guten.Von ihm ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Zu beziehen hier.

Foto: Montage Achgut.com

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Gerd Maar / 03.09.2023

Frankreich wird zudem allmählich zu warm für die Reben. Die ohnehin mittelmäßigen Südfranzosen kann man dann allenfalls noch zu Cognac brennen. Dafür wächst der Weinbau in England beträchtlich, obgleich nicht immer mit konsistenter Qualität. Was nicht mundet landet daher im königlichen Tank.

Manfred Westermann / 03.09.2023

Ein Tip noch, Herr Maxeiner: Ihr Starnberger Hell ist im 5-Liter-Faß mit integriertem CO2-Zapfsystem zur Zeit für 14,39 € ab Brauerei im Versand erhältlich. Der Knaller! Es soll sogar angebrochen 30 Tage im Kühlschrank frisch bleiben. Mag ja sein, aber ich schaffe höchstens 3 Stunden, und schon ist es alle.

Gerd Maar / 03.09.2023

@Rolf Michael: Warum schottischer Whisky wenn Sie in Japan leben? Die Japaner machen den besten Whisky überhaupt. Hibiki 12 war mein Favorit als es ihn dort noch zu kaufen gab ( für heute sagenhaft billige 6000 yen).

Thomin Weller / 03.09.2023

Geehrter Dirk Maxeiner, es ist tatsächlich so das synthetisierte Geschmacksrichtungen absolut egal welcher Richtung, weit mehr Geld bringen, als ein echter edler Tropfen. Sie können jedes Baguette, jedes Brot mit paar Tropfen “Buttergeschmack” den Konsument täuschen. Inzwischen eine abartig, große Industrie der Täuschung, soweit mir bekannt, direkt aus dem dänischem Königshaus, Nebenstelle umbei Husum. Wenn Sie einmal wissen wollen wie groß die Täuschung, suchen sie die Aromen für “Dampfer”, E-Zigarette. Da können sie einen Bordeaux mit Knoblauch und Lebkuchengeschmack ordern. Uns allen wurde der gute Geschmack, einer der menschlichen Sinne, durch die Industrie restlos, gründlich abtrainiert. Und nicht nur dieser eine Sinn wird getäuscht. Obst, Gemüse, für mich alles Analog-Plagiate.. den echten Geschmack lernen die heutigen Kinder nie-niemals. Ausser sie werden mit dem echten, wahren Geschmack zusammen gebracht!! Gleiches gilt für Wein, Bier und fast alle “Lebensmittel”. Wer einmal eine “nicht Monsanto-Bayer-Blackrock” Tomate oder nicht Holland-Käse gegessen hat, wird sich ein Leben lang erinnern. Genau wie ich mich an den Wein einem kleinst Winzer mit seinem Wein in Frankreich erinnern werde. Das ist immerhin weit über 20 Jahre her….ein Geschmacks-Traum(ata). Sooo lecker, auch aus Nord-Portugal etc.

Hans Meier / 03.09.2023

Herr Maxeiner, Sie haben die praktische, logische Alternative erkannt. Fall`s es im Winter in Deutschland zu kalt wird, wegen sauteurem Gas, CO2 verdächtigen Heizungen, oder Wärmepumpen die nicht wirken - fahren wir in`s Elsass. Mieten ein Ferienhaus im Weinberg, in der Nähe einer Gastronomie, in einem ländlichen Dorf. Essen und trinken vom Feinsten. Wenn wir in der Ferienwohnung sind drehen wir den Regler an der Elektroheizung auf, gönnen uns ein angenehmes Vollbad, schlürfen noch was mit “Sabine”, sinken in`s Bett und träumen in Drehbüchern, lustiger Familien-Kommödien. Wenn es wieder hell wird, gehen wir gut erholt in`s Dorf, frühstücken. Dort sitzen schon die Ersten die ihren neuen Tag mit einem sehr guten Roten beginnen. Später könnten wir beratschlagen was wir weiter anstellen. Die Stromversorgung ist auch im Elsass dank Kernkraft sehr günstig und sicher. MfG

Peter Bernhardt / 03.09.2023

Schilda lebt, die legendäre Heimat der Schildbürger, die naiv, töricht und engstirnig sind! Hört, hört, ihr deutschen grünen Weltretter ·  Erlöserfiguren ·  Heilsbringer · Hoffnungsträger · Lichtgestalten · Retter aus höchster Not :  Erleuchtete! Deutsche, verbeamtete Gesundheitsexperten haben in mehrjähriger Zusammenarbeit mit der Ethikkommission festgestellt,  das genossener Alkohol in ausreichender Menge bewirkt, das alle Symptome der Trunkenheit auftreten.

sybille eden / 03.09.2023

Steffen HUEBNER, - ......... richtig, ein Drittel der ” Franzosen” ist mittlerweile muselmanisch !

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