Peter Grimm / 18.06.2019 / 13:30 / Foto: Lowdown / 88 / Seite ausdrucken

Der Fall Lübcke: Kampf gegen die falschen Rechten?

Rechtsextremismusexperten sind in diesen Tagen gefragt wie selten. Seit ein Mann des Mordes am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke tatverdächtig ist, der offenbar zur gewaltbereiten rechtsextremen Szene gehörte und einschlägig vorbestraft war, verlangen deutsche Redaktionen nach Hilfe von Fachleuten. Seitdem wegen dieses Verdachts auch die Generalbundesanwaltschaft ermittelt, ist der Fall Lübcke für die meisten deutschen Redakteure eindeutig ein politischer Mord von rechts.

Feinheiten wie die Unschuldsvermutung oder die theoretische Möglichkeit, dass ein Rechtsextremist auch aus anderen als politischen Motiven gemordet haben könnte, muss man hintanstellen, wenn man nicht in den Verdacht geraten will, rechte Terrornetzwerke zu verharmlosen.

In diesen Verdacht wollen wir hier selbstverständlich nicht geraten, weshalb wir uns an dieser Stelle die Auseinandersetzung mit all den ungeklärten Fragen in diesem Fall ersparen. Da man hier ohnehin angesichts geringer Faktenkenntnis vor allem spekulieren muss, lässt sich das getrost auf einen späteren Zeitpunkt vertagen, zu dem es mehr gesicherte Informationen gibt.

Deutsche Redakteure aller Geschlechter wollen aber nicht so lange warten, denn die Warnung vor der großen Gefahr von rechts duldet keinen Aufschub. Auch für Differenzierungen zwischen rechts, rechtsradikal, rechtsextrem oder Neonazi ist angesichts eines Mordes keine Zeit und kein Platz. Der Feind steht rechts, egal wie rechts!

Differenzieren ist jetzt noch viel weniger en vogue

Dass es innerhalb des demokratischen Spektrums noch so etwas wie einen rechten Teil geben könne, war auch vor dem Lübcke-Mord unter deutschen Meinungsbildnern keine sonderlich populäre Auffassung. Differenzieren ist jetzt noch viel weniger en vogue. Im Gegenteil.

Kaum ein Kommentar kommt ohne irgendeine Verbindungslinie vom mutmaßlichen rechtsextremen Lübcke-Mörder zur AfD aus, während viele der vor die Kameras und Mikrophone geladenen Rechtsextremismus-Experten und Kampf-gegen-rechts-Aktivisten gleichzeitig beklagen, dass in den letzten Jahren immer wieder übersehen wurde, wie präsent und gefährlich der braune Terror in Deutschland eigentlich sei.

Letzteres will ich wirklich nicht kleinreden. Dass es gefährliche gewaltbereite Rechtsextreme gibt, gegen die die zuständigen Verantwortungsträger nicht in der angemessenen Konsequenz vorgehen, will ich nicht bestreiten. Ich weiß viel zu wenig von dieser Szene, als dass ich mir hier ein Urteil erlauben könnte. Und dieses Nicht-Wissen teile ich wahrscheinlich mit der Mehrheit der Bevölkerung. Aber natürlich weiß ich, dass auch Dinge, deren Existenz ich nicht wahrnehme, existieren können.

Ich frage mich nur, warum die meisten der jetzt beinahe hyperventilierenden Kämpfer gegen rechts uns in den letzten Jahren dann nicht genau auf diese Gefahren aufmerksam gemacht und davor gewarnt haben, anstatt sich fast ausschließlich an der AfD abzuarbeiten?

Verbalaktivisten mit pauschaler Gewissheit

Oder hat man berechtigte Warnungen nur nicht mehr wahrgenommen, weil das Nazi-Etikett durch seinen inflationären Missbrauch im Meinungskampf gegen Kritiker der unkontrollierten Zuwanderung oder der Islam-Ideologie kaum noch Aussagekraft besitzt? Es sind vor allem die lauten Maulhelden im Kampf gegen rechts, die dazu beigetragen haben, dass kaum jemand weiß, wie wirkmächtig gewaltbereite Rechtsextreme hierzulande nun tatsächlich sind.

Die Engagierten, die sich ganz konkret mit Rechtsextremismus und Rechtsextremen befassen, dringen leider selten in der Öffentlichkeit durch. Vielleicht, weil sie es in ihrer Arbeit gewohnt sind, zu differenzieren. Während die Verbalaktivisten der pauschalen Gewissheit folgen, dass der Feind rechts steht, loten die Praktiker erst aus, wie weit rechts der Punkt liegt, an dem eine für Freiheit und Demokratie gefährliche Zone beginnt. Die gegenwärtige Diskussion nach dem Lübcke-Mord folgt leider größtenteils nicht letzterem Weg, obwohl gerade eine solche Bluttat ein geeigneter Anlass dazu wäre.

Der Beitrag erscheint auch hier auf sichtplatz.de.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Michael Hinz / 18.06.2019

” Die DNA der Verpackerin der Wattestäbchen für die DNA Entnahme?..” - Das bezog sich auf das sogenannte “Phantom”, welches über ganz Deutschland an zig Delikten beteiligt gewesen sein soll. Vom Einbruch in Gartenlauben bis zum Mord an Michele Kiesewetter. Am Ende war es eine Polizeipanne, weil diese selbst DNA-Spuren von kontaminierten Wattestäbchen von derselben Firma an allen Tatorten hinterlassen hatte. (Das “Phantom” war zur Überraschung aller eine Frau - eine Verpackerin der Wattestäbchen.) Selbst der Mord an einem zwölfjährigen Jungen im Osten wurde den beiden Uwes vom NSU angelastet. man hatte eindeutige ! DNA-Spuren, und ich meinen Zweifel. Wenige Tage danach wurde zurück gerudert. Irrtum vom Amt, die Uwes waren es nicht. Alles deutsche Wertarbeit eben.

Hans Meier / 18.06.2019

Unmittelbar nach dem Mord äußerten die Ermittlungsbehörden, der Tatverdächtige stehe mit dem Getöteten in “persönlichen Beziehungen”. Was ist denn damit? Hatte Lübcke etwa Verbindungen in die rechtsextreme Szene?

W.Schneider / 18.06.2019

Es war mir von Anfang an klar dass man den Täter im rechten Umfeld suchen würde. Dabei ist natürlich die Konnotation Rechtsradikaler gleich AfD überdeutlich. Selbstverständlich ist eine solche Tat zu verabscheuen!  Ich bin gespannt, wie sich alle drehen werden, sollte der Täter unschuldig sein!

Klaus blanken / 18.06.2019

Scheinbar sucht man immer noch nach einem Mitgliedsbuch des vermeintlichen, mutmasslichen, moeglichen und sonst nochwas, Taeter!

Gabriele Schulze / 18.06.2019

Auf den Punkt! Applaus!

Paul J. Meier / 18.06.2019

Die Gefahr von Rechts wird unterschätzt, die Gefahr von Links auch, die Gefahr von Clans ebenso, die Gefahr durch kriminelle Zuwanderer überhaupt, die Gefahr durch Islamisten äh…wo war ich stehen geblieben? Wie blauäugig kann man eigentlich sein? Die Gefahr von rechts wird natürlich instrumentalisiert, um dem unliebsamen Erfolg der AfD entgegenzutreten! Es wäre ja auch zu einfach, die Ursachen der verfehlten Politik anzugehen, vielmehr versucht man verzweifelt eben genau diese Symptome zu “behandeln”, die einen selbst treffen. Das ist zum Scheitern verurteilt! Wie erstaunt unsere vom Ende her denkenden, unsere Zukunft planende Elite plötzlich sein kann, wenn Ereignisse eintreten oder auch nur bekannt werden, die jeder halbwegs Vernunftbegabte voraussagte!?

H. Schmidt / 18.06.2019

Habe das Thema heute nur im Focus gelesen und mich gewundert was da für ein Hype gegen Rechts und auch die AFD gemacht wird. Soweit ich informiert bin begehen die Linksfaschisten doch deutlich mehr Straftaten in Deutschland. Von brennenden Autos in Berlin (fast schon ein Dauerzustand zu anderen kriminellen Taten (das zu analysieren überlasse ich den vermeintlichen Gutmenschen die Vogelstraußpolitik betreiben wenn es um ihre eigene Kundschaft geht) Darüber liest man entweder nichts, oder nur ganz sporadisch wie wenn es nichts Besonderes wäre. Sobald “Rechts mal ins Spiel kommen sollte wird das Thema immer extrem überdreht und gehetzt wie zu besten Adolf Zeiten. Böses “Rechts” sollte man nicht unter den Tisch kehren, aber (nicht zu vergessen) permanentes böses “Links” wird immer wie ein Kavaliersdelikt behandelt. Fazit: Man muss sich echt schämen für Deutschland das nichts mehr sortiert bekommt. Was für ein Schwachsinnsland in dem wir nicht gut und gerne leben müssen.

Sepp Kneip / 18.06.2019

Natürlich kommt dieser Mord der links/grünen Denkungsart entgegen, um ihn gegen die AfD zu instrumentalisieren. Gerade diejenigen, die sich immer wieder dagegen aussprechen, Morde und Vergewaltigungen von Migranten gegen diese zu instrumentalisieren, tun hier genau das. Bei den Migranten-Schandtaten sind die Täter identifiziert. Im Falle Lübcke wird die AfD einfach in Sippenhaft genommen, ohne dass sie auch nur das Geringste mit dem Mord zu tun hat. Es muss nur eine Ober-Linke auftreten und einen Verdacht in die Welt setzen - und schon ist der Beweis erbracht. Die Hetzjagd auf die AfD geht also weier. Mit allen Mitteln. Mein Gott, was muss der Mainstream eine Angst vor dieser Partei haben, die nichts weiter will, als dem Bürger wieder zu dem Recht zu verhelfen, das ihm die Etablieten verweigern: Wieder geachtet und im Sinne des Grundgesetzes vom Parlament vertreten zu werden - auch gegen die Regierung.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Peter Grimm / 26.04.2024 / 12:00 / 37

Keine Kästner-Lesung für „Freie Wähler“

Zweimal wollten die Freien Wähler in Dresden eine Lesung aus Erich Kästners „Die Schule der Diktatoren“ veranstalten. Beide Male wurde sie untersagt. Eine bittere Realsatire.…/ mehr

Peter Grimm / 23.04.2024 / 06:05 / 94

Anleitung zum vorbeugenden Machtentzug

Was tun, wenn die AfD Wahlen gewinnt? Das Votum des Wählers akzeptieren? Oder vielleicht doch schnell noch mit ein paar Gesetzen dafür sorgen, dass sie…/ mehr

Peter Grimm / 12.04.2024 / 06:15 / 136

Kein Drama beim Höcke-Duell

Dass Thüringens CDU-Chef Mario Voigt mit seinem AfD-Pendant Björn Höcke in ein TV-Duell ging, sorgte für Aufsehen und Protest. Heraus kam eine ganz normale Fernsehsendung,…/ mehr

Peter Grimm / 11.04.2024 / 12:45 / 50

Die Rundfahrt eines Polizeibekannten

Der Irrwitz deutscher Asylpolitik zeigt sich zuweilen auch in absurden Geschichten aus dem Polizeibericht. Bei zu vielen Asylbewerbern drückt sich das Verhältnis zur Gesellschaft im…/ mehr

Peter Grimm / 09.04.2024 / 06:15 / 140

Droht eine Landesregierungs-Entmachtung nach AfD-Sieg?

Fünf Jahre nach dem „Rückgängigmachen“ einer Ministerpräsidentenwahl überlegen Juristen jetzt, wie man missliebige Landesregierungen mittels „Bundeszwang“ entmachten und zeitweise durch einen Staatskommissar ersetzen könnte. Sie…/ mehr

Peter Grimm / 03.04.2024 / 13:00 / 33

Wer darf Feindsender verbieten?

Wenn Israel das Gleiche tut wie EU und deutsche Bundesregierung zwei Jahre zuvor, dann ist selbige Bundesregierung plötzlich besorgt. Bei Doppelstandards ist Deutschland immer noch…/ mehr

Peter Grimm / 30.03.2024 / 09:00 / 75

Durchsicht: Die populärste Kommunistin?

Sahra Wagenknecht verteidigte als Kommunistin die DDR und begeistert heute selbst Konservative. Klaus-Rüdiger Mai beschreibt, wie die Frau zu verstehen ist. / mehr

Peter Grimm / 24.03.2024 / 12:00 / 77

Fürchtet Putin Angriffe aus verdrängten Kriegen?

143 Todesopfer hat der Anschlag auf ein Konzert in der Moskauer Region gefordert. Der Islamische Staat hat sich dazu bekannt, doch der Kreml hätte gern andere…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com