Rainer Bonhorst / 09.04.2022 / 10:00 / Foto: Imago / 40 / Seite ausdrucken

Der doppelte Dieseltod

Der Erfinder Rudolf Diesel nahm ein ebenso rätselhaftes Ende, wie nun der von ihm erfundene Motor nehmen soll.

Ob er in einem depressiven Anfall das schlimme Ende seiner Erfindung vorausgeahnt hat? Das wäre eine extrem weitblickende Voraussicht gewesen. Jedenfalls ging Rudolf Diesel im Jahr 1913 über Bord, als er auf dem Dampfer „Dresden“ von Antwerpen nach Harwich unterwegs war, und fand dort sein Seemannsgrab. Es hat lange gedauert, aber jetzt geht es auch seinem Dieselmotor unweigerlich ans Leben. In den nächsten drei Jahren will die Europäische Union ihn mit Hilfe kaum erfüllbarer Normen abwürgen. Zehn Jahre später soll er endgültig vom europäischen Boden verschwinden. Es handelt sich um einen doppelten Selbstmord.

Denn Deutschland begräbt im Einklang mit der EU eine seiner herausragenden Erfindungen. Der Dieselmotor, den sein Erfinder vor 125 Jahren bei MAN in Augsburg entwickeln und bauen ließ, hat der Welt die Mobilität beschert, von der wir immer noch leben. Vor allem Langstrecken auf der Straße und zu Wasser waren und sind noch immer die Domäne des genial einfachen Selbstzünders. Aber auch im schlichten PKW hat er sich als Konkurrent des Benziners eine beachtliche Position erobert.

Angeregt zu diesem Blick auf Rudolf und seinen Diesel hat mich ein Bericht in der „Augsburger Allgemeinen“, der so schön nostalgisch ist, dass er sich fast wie ein vorweggenommener Nachruf liest. Und so ist es ja auch. Die Tage des Selbstzünders sind gezählt. Und leider kann der Dieselmotor, könnte er denn sprechen und nicht nur brummen, bald nicht mehr mit Mark Twain sagen: „Die Nachricht über meinen Tod ist stark übertrieben.“

Hätte ich statt „brummen“ besser „nageln“ geschrieben? Naja, die alten hässlichen Nagelzeiten sind schon lange vorbei. Längst hat sich der PKW-Diesel als halbwegs dezenter Brummer etabliert. Und vor allem als sparsamer Brummer. Auf der Autobahn schluckt mein Mittelklasse-Diesel bei zurückhaltender Fahrweise kaum über vier Liter auf hundert Kilometer. Und wenig Verbrauch heißt wenig umweltschädlicher Ausstoß. So wenig, dass er in der ökologischen Gesamtbilanz dem hochgejubelten E-Auto auf Jahre hinaus ganz oder fast das Wasser reichen kann.

Allerdings: Wer seinen Diesel wie ein Alonso oder ein Schumacher peitscht, der kann nicht mit Umweltpunkten rechnen. Das ist, soweit ich weiß, beim E-Auto anders. E bleibt E, egal ob er sanft kutschiert oder hart gedroschen. Und der Strom kommt bekanntlich aus der Steckdose. Bei diesem Fahrzeug finden die größeren Schweinereien hinter der Kulisse statt, vorher bei der Suche nach den Seltenen Erden und nachher bei der Entsorgung der Batterie-Monster.

Aber was soll‘s. Die höhere Weisheit der Politik hat gesprochen. Und sie sagt: Eine revolutionäre deutsche Erfindung wird in Richtung Müllhaufen der Geschichte umgelenkt. Eine Gedenkplakette in Augsburg nennt Rudolf Diesel zwar einen „Helfer der Menschheit“. Ob die sich aber noch lange helfen lässt, ist die Frage. Der Diesel ist nicht woke. Sein Erfinder dürfte – wie sein Motor – über kurz oder lang ein posthumes Opfer der Cancel Culture werden.

Auch das E-Auto ist eine deutsche Erfindung

Und der Erfinder des E-Autos wird in den Woke-Himmel aufsteigen. Elon Musk also? Moment mal. Der E-Motor hat – wie der Diesel – eine uralte Geschichte. Und sogar eine deutsche. Ein gewisser Andreas Flocken baute schon 1888 das erste echte E-Auto. Diese frühen E-Mobile wurden von den Riesen des Straßenverkehrs, den Benzinern und den Dieseln, lange Zeit in eine Nische verbannt. Jetzt aber drängen die einst so scheuen E-Mobile mit Macht ins Zentrum des Geschehens, weil die zu Sauriern erklärten Verbrenner zum Aussterben verurteilt sind.

Aber werden sie die Welt des Verkehrs allein beherrschen? Im Hintergrund lauern als Konkurrenten im Kampf ums Überleben schon die Wasserstoff- und die Solar-Alternativen. Sie werden die arroganten Aufsteiger mit dem dicken „E“ auf dem Nummernschild früher oder später in ihrem Alleingang ausbremsen. Geschieht ihnen recht. Auf Darwin ist auch im Wettkampf der Antriebe Verlass.

Was also tun? Als opportunistischer Autofahrer werde ich mich am Multi-Tasking versuchen. Darum spiele ich mit dem Gedanken, mir neben meinen Diesel (Reichweite 1.200 Kilometer) einen Elektro-Stadtflitzer (Reichweite Nebensache) in die Garage zu stellen. Warum soll man sich nicht das Beste beider Welten gönnen? Also ein dickes „D“ und dazu ein niedliches „E“. Die Zeit für das dicke „E“ ist erst dann reif, wenn es mich – wie mein „D“ – mit einer einzigen „Tankfüllung“ nach Italien bringt.

Foto: Imago

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

P. Wedder / 09.04.2022

Beim Diesel muss ich jetzt immer an ein Bild vom letzten Jahr aus dem Überschwemmungsgebiet denken, wo ein Dieslfahrzeug, bis Mitte der Mororhaube im Wasser, im laufenden Rettungseinsatz war. Unter das Bild hatte jemand geschrieben: “Liebe Grüne, kann das ein E-Auto auch?”

E Ekat / 09.04.2022

Der Dieselmotor wird natürlich weiterleben. Nur eben nicht in der EU, und geistesverwandter Gebiete.

Matthias Böhnki / 09.04.2022

Herr Bonhorst, da haben Sie aber nicht richtig hingehört. Ihre persönliche Vorlieben für 1200km-Nonstop-Fahrten nach Italien sollen grundsätzlich unterbunden werden. Da kommen Sie in Zukunft weder mit Diesel noch mit Strom noch mit Wasserstoff hin. Höchstens mit der Bahn, wenn überhaupt. Persönliche Mobilität ist der Tod des Planeten. Wußten Sie nicht ? Einfach mal bei Luisa oder Greta anklingeln, diese Kreateurinnen der Zukunft weisen Ihnen den Weg…..........

U. Langer / 09.04.2022

Der Dieselmotor wird neben dem Otto-Motor und der Turbine auch in absehbarer Zukunft der Motor für mobile Anwendungen bleiben. Wenn er dann in 100 oder 500 Jahren (keiner weiß es) von einem anderen Motor abgelöst wird, wird das mit Sicherheit nicht der E-Motor sein, der für stationäre Anwendungen super aber für mobile Anwendungen Murks ist, denn Strom kann man nicht direkt speichern. Der EU gebe ich dagegen noch maximal 2 Jahre, dann wird sie von der Energiewende erlegt. Viele Bewohner der EU (und vor allem ihre Spitzenpolitiker) werden fassungslos vor der “leeren” Steckdose und einer kaputten Wirtschaft stehen. Man kann nur hoffen, dass dieses Ende möglichst schnell kommt, damit noch genügend Substanz für einen Neuanfang oberhalb des 19. Jahrhunderts vorhanden ist. Ich hoffe noch weiter, dass die Verantwortlichen diesmal alle auf der Strafbank in Nürnberg Platz nehmen dürfen.

Wilfried Cremer / 09.04.2022

Sehr geehrter Herr Bonhorst, die Metapher „um die Ecke bringen“ wird bei grünen „Um-die-Ecke-Mördern“, die für Hungertote in der Zukunft sorgen, zur konkreten Wirklichkeit.

Frank Holdergrün / 09.04.2022

Dann fehlt nur noch das zum Heiligenschein in der besten aller Welten: Rudolf Diesel beschäftigte sich auch mit sozialen Fragen. 1903 veröffentlichte er ein Buch mit dem Titel “Solidarismus: Natürliche wirtschaftliche Erlösung des Menschen.” Er entwarf darin die Idee einer solidarischen Wirtschaft, bei der die Arbeiter die Finanzierung, Produktion und Verteilung von Gütern selbst organisieren. Alle sollten in eine Volkskasse einen geringen Betrag einzahlen. Das gesammelte Geld sollte für Bürgschaften und Kredite an gemeinschaftliche Betriebe der Kassenmitglieder verwendet werden.

giesemann gerhard / 09.04.2022

E-Mobidick ist nur sinnvoll ohne Akku. Sprich: Nur mit Brennstoffzelle. Das geht mit “Dr. Giesemanns zwo,drei vier, Sprit-in Strom-Box Klimazier”. Dabei wird in der Box der Sprit (egal welcher) in el. Strom verwandelt und damit päßt der Verständige durch die Gegend. Elenktrisch, versteht sich. Ein buckliger Vorläufer ist schon da, nämlich die “Direkt-Methanol-Brennstoffzelle”, gucksdu wiki. Korrigiere: Mit Hydrazin geht es auch, genau genommen sogar besser als mit Methanol. Aber das ist eine andere Geschichte. Wer will, der kann auch Stromschienen verlegen in den Ballungsgebieten, Methode “Carrera-Bahn” - auch hier kein Akku nötig. Einfach Anker werfen am Stadtrand und ab geht’s wie Schmidts Katze. Problem: Für die Methanolherstellung braucht mensch Unmengen CO2, aber es geht, schon lange, wikipedia/wiki/Carbon_Recycling_International - woher das CO2 nehmen, wenn nicht Kohle verbrennen? Zum Strom machen und Zement? Porca miseria.

Claudius Pappe / 09.04.2022

Kaufen sie sich doch eine e-Karre. Eines ist sicher-der Strom wird teurer. Und wenn die Batterie nach 10 Jahren den Geist aufgibt dann fallen die Entsorgungskosten an. ......Freiheit und Marktwirtschaft hatten wir bis 1990. Dann kam die EU mit Vorschriften , Verbote , Euro, Geldentwertung- Inflation, Völkeraustausch, Arbeitslosigkeit,  Enteignung und Krieg….Wer hätte das gedacht…..und die Franzosen wählen wieder den Macron

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Rainer Bonhorst / 07.08.2021 / 14:00 / 30

Ein Inselreich schwimmt davon

Johnson und die Seinen haben sich für eine "splendid isolation" entschieden. Seither bewegt sich das Königreich in einem Krisenmodus, der alles andere als splendid ist.…/ mehr

Rainer Bonhorst / 11.06.2021 / 10:00 / 43

Boris Johnson und der peinliche Besuch aus Amerika

Boris Johnson, der Oliver Cromwell des (noch?) vereinigten Brexitreichs, hat hohen, aber auch etwas peinlichen Besuch. Das planende Schicksal hat es so gewollt, dass am…/ mehr

Rainer Bonhorst / 03.02.2021 / 11:00 / 13

Die Schönheit des Flickenteppichs in der Krise

Zwei Seelen wohnen, ach, in der deutschen Brust. Eigentlich sogar drei, aber die dritte kommt erst später dran. Hier die ersten zwei: Die eine Seele…/ mehr

Rainer Bonhorst / 27.01.2021 / 13:30 / 9

Hätte Shakespeare für den Brexit gestimmt?

Der Brexit zeigt seine ersten praktischen Macken. Die Grenzen zwischen England und dem Kontinent sind auf einmal wieder Grenzen geworden. Das tut weh, aber so…/ mehr

Rainer Bonhorst / 13.01.2021 / 12:00 / 24

Nix wie weg: Die Deutsche Bank macht Schluss mit Donald

Donnerwetter! Die Deutsche Bank will, berichtet die Agentur Bloomberg, ihre Geschäftsbeziehung mit Donald Trump beenden. Das wäre das abrupte Ende einer wunderbaren Freundschaft. 20 Jahre…/ mehr

Rainer Bonhorst / 28.12.2020 / 06:25 / 63

In the Year 2025

Der Jahreswechsel naht. Man blickt zurück aber mehr noch in die Zukunft. Ins kommende Jahr und darüber hinaus. Meine Vorhersage ist bescheidener als die damalige…/ mehr

Rainer Bonhorst / 15.12.2020 / 06:20 / 16

Der große europäische Fisch-Krieg?

Am ersten Januar 2021 könnte es so weit sein. Nehmen wir an, die Freihandelsgespräche zwischen England und der EU scheitern. Auch die vertrackte Fischfrage bleibt…/ mehr

Rainer Bonhorst / 22.04.2020 / 11:30 / 21

Der Klopapierindex macht Hoffnung

Das Schlimmste scheint vorüber zu sein. Wieso? Darum: Als ich heute meinen Supermarkt betrat, erfreute mich ein Anblick, den ich schon auf Nimmerwiedersehen in die…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com