Rainer Bonhorst / 22.04.2020 / 11:30 / Foto: Bildarchiv Pieterman / 21 / Seite ausdrucken

Der Klopapierindex macht Hoffnung

Das Schlimmste scheint vorüber zu sein. Wieso? Darum: Als ich heute meinen Supermarkt betrat, erfreute mich ein Anblick, den ich schon auf Nimmerwiedersehen in die gute alte Zeit verbannt hatte. Aber da stand er, hoch aufgetürmt wie eine kühne Skulptur: der Stapel Toilettenpapier.

Prominent stand er da. Nicht im üblichen Regal, das so lange leer und wüst dahin schlummerte, sondern mitten auf der Hauptverkehrsader des Supermarkts. Dort, wo alle Käufer vorbeikommen. Ein Signal der Hoffnung. Ein Verkünder des normalen Lebens. Und man spürte gleich: Dieser Turm aus Produkten für den Intimbereich war der ganze Stolz des Kaufmanns. Er signalisierte: Seht her, wir haben es wieder, das verloren geglaubte Sehnsuchtsprodukt. Extrafein und mehrlagig.

Und das erstaunlichste war: Der Warenturm schmolz nicht dahin wie Neuschnee in der Frühlingssonne. Nein, er hielt stand. Niemand stürzte sich auf ihn. Kein Hamster hamsterte ihn weg. Die Kunden gingen gelassen, fast gleichgültig an diesem prächtigen Klopapier-Turm vorbei. Geradezu snobistisch. Oder trauten sie ihren Augen nicht? Glaubten sie nicht an das Klopapier-Wunder? Befürchteten sie eine Fata Morgana und wollten sich nicht durch unüberlegtes Zugreifen als Sinnesgetäuschte blamieren?

Ein Paket, mehr nicht 

Aber da: Ein Klopapier-Paket lag ganz cool im Einkaufswagen einer vorüber schlendernden Käuferin. Ein einziges, einsames Paket. Nicht zehn oder mehr, wie sie in dunkleren Corona-Zeiten offenbar von hamsternden Frühaufstehern abgegriffen wurden. Da wagte auch ich den Zugriff. Ich war einen Moment versucht, mir gleich einen Jahresvorrat zu schnappen. Aber nein. Mein Gewissen sprach: ein Paket, mehr nicht. Mit diesem guten Gewissen ging ich zur Kasse. Und was geschah? Die junge Frau an der Kasse würdigte das Klopapier-Paket keines Blickes, als sie es über die digitale Preiserkennungsvorrichtung schob. Sie tat so, als sei diese bisherige Rarität das Normalste von der Welt. Nichts anderes als die Tüte Milch, die Eier und die Bananen. Kaum zu glauben.

Aber ich hätte es kommen sehen müssen. Dieses Zurück zur Normalität. Denn schon gestern gab es im Tiefkühlfach des Supermarktes mehrere Pakete fein gehackten, eisigen Spinat. Wie von Zauberhand. Vorgestern gähnende Leere, dann über Nacht die steinhart gefrorenen Spinatziegel. Das war ein Vorzeichen, wie die Schwalbe, die zwar noch keinen Sommer macht, aber doch von ihm kündet. Der Spinat war sozusagen der Schatten, den das Klopapier-Großereignis vorauswarf. 

Ja, es ist so weit. Corona, wo ist dein Stachel? Deine Tage sind gezählt. Das Schlimmste ist überstanden, summe ich vor mich hin, während ich mit federnden Schritten aufs Badezimmer zuschreite.  

Foto: Bildarchiv Pieterman

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S. Marek / 22.04.2020

Lieber Herr Rainer Bonhorst, bei vielen reicht der Vorrat an Toilettenpapier locker bis zur nächsten Pandemie ;-)

Dr. Ralph Buitoni / 22.04.2020

@Wolfgang Kaufmann - “das Schlimmste haben wir noch vor uns, sagt die WHO” - soso, sagt die WHO - haben Sie sich eigentlich schon mal damit beschäftigt wer diese durch und durch korrupte WHO eigentlich ist? Sie glauben wohl das sei eine Versammlung der Heiligen, aber realistischere Stimmen sehen die eher als geschicktes out-sourcing der Pharmaindustrie. Irgend ein demokratisches Mandat hat dieser Lobbyverein übrigens nicht, ist nur scheinbar ein Gremium unabhängiger Stimmen. Vergleichen Sie mal die von der WHO schon 2009 angezettelte, aber damals nicht richtig erfolgreiche Panikkampagne zur “Schweinegrippe” - brachte die Regierungen dazu für MILLIARDEN Impfstoff und Schutzkleidung zu kaufen, Material, das dann nach Ausbleiben der Katastrophe VERBRANNT worden ist. Sie aber wollen partout nicht aus Ihrem wohligen Schauer-Panik-Spaßbad aussteigen, was? Immer schön gruseln, geben zwar Zahlen, Fakten und Entwicklungen nicht her aber was solls? Bezahlen ja die Anderen.

Karsten Dörre / 22.04.2020

Trockenhefe ist noch (DDR-)Mangelware. *schnief*

Johannes Schuster / 22.04.2020

Tief verehrtester Herr Bonhorst, das ist eine Täuschung, die ich mit einem kleinen Comic beschreibe: Die Plage mit dem Klopapier ist im heiligen Buch des Planeten Rhavih Al Wrachin drei mal angekündigt worden. Der Prophet Shirah Wah Lozzah hat dazu gesagt: “Am fünften Tage als die Lüge groß wurde und zur Stadt ihres Volkes mußten sie zum Stuhle gehen und die Notdurft konnte nicht weniger als ein Zeichen am ihrem Körper bleiben, daß sie unrein sein mußten, drei Mal für ihre Taten”. Auf RhVh Al Wrxhn (Sprachevariante des Neozwarq) sind damit die Eigenschaften der Lüge, des Narzissmus und der Gier gemeint, also das Falsche, das Lieblose und das Raffende. In den Liedern der Rhaviih (dem Volk) geht das Klopapier immer dann aus, wenn eine dieser Eigenschaften die Menschen ergreift, und zwar in der genannten Hierarchie, wobei die Lüge an der Spitze steht und gleichzeitig der Grund für beide anderen Sünden ist. Man kann als Exeget und Fachmann für interstellare Theologie festhalten, das der Sturm auf das WC Papier daher rührt, daß die Menschen sich ihrer Unreinheit bewußt waren, ihrer Gier und ihres Narzissmus und sie die Sünde der Nullsumme des Gefühls abputzen wollten um nicht das Zeichen des Wahns an sich zu nehmen. Ich behaupte im Übrigen nicht, daß der Comic irrealer ist, als die Bilder, die er kopiert. Der Comic ist immer nur der hohe Kontrast dessen, was man schnöde im Grau übersähe. Es ist immer Psychologie vom Feinsten und Kunst und die Klausuliertheit dessen, was in ihr nur offensichtlicher wird. Corona und das große “Putz es Dir vom Arsch - Bedürfnis” - das ist Psychologie und zwar eine sehr abgründige solche. Aber so ein Funken babylonische Selbstoffenbarung steckt da schon drin, den Finger fein in vier Lagen gefirnisst.

Johannes Schumann / 22.04.2020

Ist mir auch aufgefallen. Gestern im Rossmann, heute im Discounter. Die Klopapierhersteller haben nichts davon, da die Menschen erstmal ihr gebunkertes Klopapier aufbrauchen werden, bevor sie neues kaufen. Erst wenn ein Durchfallvirus den Umlauf macht, dann knallen die Champagner-Korken bei Kimberly-Clark und Co. Das Virus darf aber nicht lebensgefährlich sein.

Ilona Grimm / 22.04.2020

Ein entzückender Beitrag; tausend Dank! Statt Klopapier brauchen wir nun aber Gesichtsschutz und Einmalhandschuhe. Bei mir im Landkreis Rosenheim gibt’s weder noch. Im Internet erworben habe ich 30 Masken „made in China“ (Marke 08/15) und habe heute erstmals beim Einkaufen eine getragen, weil hier schon ab heute Maskenpflicht herrscht. Nach weniger als zehn Minuten ist auf einer Seite das Gummiband aus dem Material gerissen, ohne dass ich das Teil angefasst oder sonstwie strapaziert habe. Das kann heiter (und teuer) werden!

Otto Nagel / 22.04.2020

“Corona, deine Tage sind gezählt !”  Herr Bonhorst, als Politiker in einer der Parteien der Nationalen Front sind Sie nicht geeignet !

Oliver Lang / 22.04.2020

Hamstern hin, Hamstern her, der Spott ist gerechtfertigt und sogar notwendig. Trotzdem in diesem Zusammenhang interressant, in Breitbart kam kürzlich ein Klopapier-Experte (für den US.Markt) zu Wort. Seine Schätzungen gingen von einem, in Folge des Shutdowns, 40% höheren Klopapierbedarf in ‘privaten’ Toiletten aus. Da Belieferung und teilweise sogar Produktion von ‘institutionellem’  ( WC in Firmen, Gastronomie, Behörden,...) Klopapier von ganz anderen Firmen geleistet wird, als die Versorgung der Einzelhändler, war ein Mangel an Ware zu erwarten. (Von Rollengröße, Qualität etc. ganz zu schweigen). Vergleichbares habe ich bei anderen ausverkauften Waren beobachtet wie Mehl, (Tomaten-)konserven, Hefe. Es fand eine schlagartige Verlagerung des Verbrauchs von gewerblich zu privat statt, dem die Logistik so schnell nicht folgen kann. Anders sieht es beim Mangel an Masken und Desinfektionsmitteln aus. Hier wurde durch chinesische ‘Schwarmintelligenz’ der europäische Markt leergefegt, bevor ein Spahn auch nur ‘alles unter Kontrolle’ behaupten konnte. Zudem ist in diesen Bereichen der globale Bedarf um ein Vielfaches gestiegen. Mein Fazit, die privaten Großeinkäufe wurden medial deshalb so gehypt und damit zu Hamsterkäufen verstärkt um vom Versagen der Regierung und dem daraus folgenden Fehlen von Schutzausstattung für medizinisches Personal abzulenken.

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