Sebastian Thormann, Gastautor / 12.10.2019 / 16:30 / Foto: IDF / 22 / Seite ausdrucken

Das wirkliche Friedenshindernis im Nahen Osten

Von Sebastian Thormann.

Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs hat vor Kurzem ein Urteil empfohlen: Bei Produkten aus – wie er es nennt – „Israelischen Siedlungskolonien“ im sogenannten Westjordanland sei das Herkunftsland „Israel“ irreführend. Produkte aus diesen Regionen müssten in Zukunft gesondert gekennzeichnet werden. Der Europäische Gerichtshof folgt in seinen Urteilen in den allermeisten Fällen den Vorschlägen des Generalanwalts.

Der Generalanwalt argumentiert unter anderem damit, dass es europäische Konsumenten gibt, die speziell diese Produkte boykottieren wollen und vergleicht in diesem Zusammenhang die Situation sogar ausdrücklich mit Waren aus Apartheid-Südafrika oder anderen Ländern, in denen keine Demokratie herrscht. Damit folgt er auch der Argumentation von Anhängern der antisemitischen BDS-Bewegung, die einen Boykott Israels und Sanktionen gegen den jüdischen Staat fordert.

Gegenüber dem Washington Free Beacon kritisierte die an dem Rechtsstreit beteiligte Menschenrechtsanwältin Brooke Goldstein die Empfehlung des Generalanwalts als „einfach nur ungeheuerlich“. Weiter sagte sie: „Wenn der EU-Gerichtshof diese Intoleranz zulässt, wird dies die Rechtsstaatlichkeit in Europa beeinträchtigen und zweifellos viele unbeabsichtigte Konsequenzen für EU-Händler haben.“

Palästinenserstaat ist nicht historisch

Diese neue Kennzeichnungspflicht ist aber bei weitem nicht die einzige Schikane für israelische Unternehmen, die aus dem sogenannten Westjordanland in die EU exportieren wollen. Produkte von dort, die aus israelischen Gemeinden kommen, unterliegen weiterhin EU-Zöllen, anders als Waren aus dem Rest Israels oder Gegenden, die von der Palästinensischen Autonomiebehörde verwaltet werden (siehe auch hier).

Diese Politik kommt vor allem daher, dass die EU und viele Länder die israelische Kontrolle über das sogenannte Westjordanland (auch als Judäa und Samaria bekannt) als „illegale Besetzung“ ablehnen und den israelischen Siedlungen dort das Existenzrecht absprechen. Tatsache ist, dass dieses Land, genauso wie die Stadt Jerusalem, die antike Heimat des jüdischen Volkes war. Das heutige Israel ist der dritte jüdische Staat, der im Laufe der Geschichte im Nahen Osten existiert hat. Sogar der Name „Judentum“ kommt von eben diesem Land: Judäa. Im Gegensatz dazu hat es historisch nie einen arabisch-muslimischen Palästinenserstaat gegeben.

Nach dem Ende des britischen Mandats über die Gegend und dem Krieg gegen den neugegründeten Staat Israel annektierte Jordanien illegalerweise das Land zwischen der Waffenstillstandslinie im Westen und dem Jordan-Fluss im Osten. Als 1967 Israel wieder von seinen Nachbarn angegriffen wurde, eroberte es diesen Landstreifen von Jordanien und konnte Jerusalem wiedervereinigen. Nach entsprechenden Friedensverträgen erhebt Jordanien auch keinerlei Anspruch mehr auf dieses Land.

Terror gegen Israel ist nichts Neues

Seit 1993 ist die Zahl der genehmigten israelischen Gemeinden in Judäa und Samaria im Grunde gleichgeblieben. Nur die Bevölkerung und die Anzahl der Häuser sind gestiegen. Heutzutage heißt es aber oft, genau diese Siedlungen seien das Haupthindernis für Frieden im Nahen Osten und der Grund für den palästinensischen Terror.

Terror gegen Israel gab es aber bereits, als das Gebiet noch von Jordanien annektiert war und keine einzige israelische Siedlung dort stand. Damals gründete sich die Terrororganisation PLO und forderte die „Befreiung Palästinas“, damit war die Zerstörung des Staates Israel und die Vertreibung der Juden von dort gemeint. Inzwischen hat die PLO natürlich dem Terror abgeschworen – und benennt nur noch Straßen nach Terroristen oder zahlt diesen und ihren Angehörigen eben besondere Unterstützung, aber das ist ein anderes Thema.

Fakt ist also, Terror gegen Israel ist nichts Neues, es gab ihn vor Beginn des Siedlungsbaus, genauso wie danach. Außerdem gibt es ein konkretes Beispiel dafür, was wohl passieren würde, wenn Israel die Kontrolle über Judäa und Samaria mit den dortigen Siedlungen aufgibt:

Menschliche Schutzschilde für Terror

Nämlich 2005 im Gaza-Streifen, als Israel sich komplett von dort zurückgezogen hat, seine eigenen Bürger dort zwangsweise aus Siedlungen entfernte und die Verwaltung komplett den Palästinensern überließ. Heute regieren dort die islamistischen Hamas-Terroristen und attackieren von dort aus mit Raketen und Tunnelanlagen nach Israel die israelische Zivilbevölkerung. Immer wieder sterben Israelis bei solchen Angriffen, genauso wie unschuldige Palästinenser, die von der Hamas als menschliche Schutzschilde für ihren Terror verwendet werden.

Dazu kommt, dass die israelischen Siedlungen nur etwa zwei Prozent der Fläche des sogenannten Westjordanlandes einnehmen, mehr als 75 Prozent der Israelis dort leben in der Nähe zum Rest Israels (siehe hier). Selbst wenn Israel also, trotz der erheblichen Terrorgefahr, der Gründung eines eigenen künstlichen Palästinenserstaates zustimmen würde, wäre es ohne große Probleme möglich, einen Grenzverlauf zu finden, der diese Siedlungen auf israelischer Seite beinhaltet. Das wirkliche Friedenshindernis im Nahen Osten ist also nicht die Existenz der israelischen Siedlungen, die historisch legitimiert sind, sondern die Tatsache, dass weiterhin ein Großteil der Palästinenser Gewalt gegen Israelis gutheißt und unterstützt.

Sebastian Thormann ist 19 Jahre alt und studiert in Passau. 

Dieser Artikel ist im Rahmen des Projekts „Achgut U25: Heute schreibt hier die Jugend in Zusammenarbeit mit der Friedrich A. von Hayek Gesellschaft und dem Schülerblog Apollo-News entstanden.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Bernhard Freiling / 12.10.2019

Alles richtig, was Sie schreiben. Eine Geschichte, die nicht oft genug wiederholt und den Menschen, auch den jungen - einschliesslich der Querverweise auf die antisemitischen Umtriebe innerhalb der EU -  in Erinnerung gebracht werden kann. Nur eines bitte, und das ist meine ganz persönliche Meinung (welche auch sonst?): Wer von “unschuldigen Opfern” spricht impliziert, es gäbe auch “schuldige Opfer”. Die gibt es nicht. Stellen Sie sich einfach vor, die zwei Getöteten in Halle wären Anhänger von “Rechtsaußen Höcke” gewesen. Wären sie dann “schuldige” Opfer? So in der Richtung: “Nicht schade drum, bei deren Einstellung?”

Claudius Pappe / 12.10.2019

Wer keine Probleme hat , gebe den Juristen (Maas, Schäuble…..) und Pastorentöchtern ( Merkel ) die Macht.

Claudius Pappe / 12.10.2019

Der europäische Gerichtshof……………….sagt doch schon alles. Ein Gerichtshof der der politische “Elite ” verpflichtet ist.

Stefan Riedel / 12.10.2019

...“Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs hat empfohlen, Produkte aus israelischen Siedlungskolonien im Westjordanland gesondert zu kennzeichnen”... Es kommen noch (hochwertige) Produkte aus diesem “verfluchten Westjordanland”.  Welche Produkte kommen aus den palisten… ? Haß, Zerstörung, Tod den Juden, Tot… ,ich habe bestimmt einen Exportschlager vergessen!?

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Sebastian Thormann, Gastautor / 12.06.2020 / 17:00 / 48

Seattle ohne Polizei – Ihr wolltet es so

Nach Auseinandersetzung mit Linksradikalen Anfang dieser Woche, kündigte die Bürgermeisterin von Seattle Jenny Durkan zur „Deeskalation“ den Rückzug der Polizei aus dem betreffenden Bezirk an.…/ mehr

Sebastian Thormann, Gastautor / 19.03.2020 / 06:10 / 43

Kommt jetzt das Corona-Fake-News-Verbot?

Angesichts des Coronavirus-Ausbruchs in Deutschland hat der niedersächsiche Innenminister Boris Pistorius (SPD) gefordert, die Verbreitung von „Fake News“ zu bestrafen. Im SPIEGEL-Interview sagte er über…/ mehr

Sebastian Thormann, Gastautor / 23.11.2019 / 17:00 / 8

„Alt-Right“ in trauter Eintracht mit ganz links

Seit vielen Jahren veranstalten konservative Studentengruppen an verschiedenen US-Universitäten Vortragsreihen bekannter republikanischer Politiker und Kommentatoren aus dem Umfeld der republikanischen Partei. Dabei gab es immer…/ mehr

Sebastian Thormann, Gastautor / 11.10.2019 / 12:00 / 13

Die Selbstzensur des Westens gegenüber Chinas Machthabern

Von Sebastian Thormann. Letzte Woche zeigte der Manager des Basketball-Teams Houston Rockets auf Twitter seine Unterstützung für die pro-demokratischen Demonstranten in Hongkong. Kurze Zeit später…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com