Das wirklich nötige Konjunktur-Programm

Die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion Sören Bartol, Matthias Miersch und Achim Post fordern ein Konjunkturprogramm, das auf die Sektoren Klimaschutz und Digitalisierung setzt. Danach soll ein Konjunkturprogramm zukunftsfähig mit Erfordernissen einer klimafreundlichen Wirtschaftsweise verbunden werden. So denken im Augenblick viele auf der linken und grünen Seite. Ich halte das für einen schweren Gedankenfehler.

Der Umbau in eine dekarbonisierte Wirtschaftsweise wird uns drei Generationen lang beschäftigen. Die bislang CO2-freien Ansätze stehen weltweit in ihren Anfängen. Es bedarf noch eines erheblichen Forschungs- und Entwicklungsaufwands, hier die richtigen Schritte zu tun. Es ist beispielsweise überhaupt noch nicht ausgemacht, ob die Zukunft der Mobilität dem Elektromotor oder nicht doch synthetischen Kraftstoffen gehört. Es kann gut sein, dass Elektromobilität am Ende eine Nische für die städtische Kurzstreckenmobilität darstellt, aber schon aus physikalischen Gründen im Pendlerverkehr, Langstreckenverkehr, LKW-Verkehr, Schiffsverkehr und Flugzeugverkehr synthetischen Kraftstoffen unterlegen sein wird.

Verschwendung für parasitäre Technologien

Die Corona-Krise wird nicht nur einen schwerwiegenden wirtschaftlichen Einbruch mit sich bringen, sie führt auch zur Umwertung bislang gepriesener Werte.

  • Plastikverpackungen, z.B. Polyethylen-Ummantelung bei Gurken waren verschrien und sind heute ein Muss.
  • Die Sicherheit der Stromversorgung war bislang eher ein heruntergespielter Vorgang im linksgrünen Lager. Nicht auszudenken, wenn in diesen Tagen ein Blackout die Notstromversorgung in den Krankenhäusern auf die Probe gestellt hätte. 
  • Der private PKW-Verkehr wird eine Renaissance erleben. Der ÖPNV, aber auch der öffentliche Bahnverkehr wird als erstrangige Transfergefahr auf Jahre einen Malus bekommen.

Was jetzt not tut, ist nicht die weitere Fütterung der ohnehin überhasteten Energiewende mit weiteren Subventionen, sondern eine tiefgreifende Entlastung mit Sofortwirkung.

Was bringt denn jetzt der weitere Zubau von Windrädern? Er erhöht die Überschussmenge an Abfallstrom in windstarken Zeiten, führt zu marginalen Arbeitsplatzeffekten hierzulande (der größte Teil der Vorprodukte kommt mittlerweile aus China) und leistet keinen Beitrag zur Sicherheit der Stromversorgung, ganz im Gegenteil. Was wir ohnehin nötig haben, ist der Bau von 10.000 MW-Gaskraftwerken, und das im Süden Deutschlands. Das wäre ein Teil eines Sofortprogramms. Ebenso wie die sofortige Aufhebung aller Dieselbeschränkungen, die sich als völlig nutzlos erwiesen haben. Eine Offensive für das Dieselkraftfahrzeug der Generation 6 d (die Abgasluft ist sauberer als die angesaugte Luft) würde sofort die Automobilindustrie beflügeln, von der jeder fünfte Arbeitsplatz in Deutschland abhängt. Dann muss aber auch die unselige Strafsteuer auf den CO2-Verbrauch bei PKW in Europa aufgehoben werden. Ein kenntnisreicher Umweltminister wüsste schon, wie er argumentieren kann: Jedes neue Dieselfahrzeug emittiert weniger CO2 als ein Elektrofahrzeug, das mit dem heutigen Strommix Deutschlands fährt und dessen Batterie in Südostasien auf Kohlebasis hergestellt worden ist. Und das wird sich auf Jahre nicht ändern. Die Käufer werden sich nicht durch einen noch so großen Rabatt zum Kauf eines Elektroautos überreden lassen. Zu groß sind die Nachteile der Inflexibilität, solange nicht für jeden Haushalt eine Schnellladestation vorhanden ist. Dazu benötigen wir aber das Umgraben aller Straßen – in ganz Deutschland. Dies wird, wie man aus öffentlichen Planungsprozessen weiß, Jahrzehnte dauern und der erste Spatenstich wird vielleicht im dritten Jahr des Konjunkturprogramms erfolgen.

Ich befürchte, dass die Politik eher auf eine weitere Geldverschwendung an parasitäre Technologien setzt. Denn nichts anderes sind Windenergie und Elektromobilität. Beide Technologien funktionieren nur dann, wenn die Sicherheit der Energieversorgung oder der Mobilität von verschmähter konventioneller Technik befriedigt wird.

Letzte Chance für Fortschritt durch Technik?

Nein, wer wirklich will, dass „die Pferde wieder saufen“ (Karl Schiller), muss sehr großen Mut beweisen und genau das tun, was hilft: den vorhandenen Kapitalstock so effizient wie möglich wieder zu einer Vollauslastung zu führen. Das bedeutet natürlich eine Pause beim Ausbau von allen grünen Wolkenkuckucksheimen, aber auch, und das meine ich ernst: der Verzicht auf alle Belastungen von Verbrauchern und Wirtschaft, das heißt, u.a. Verschieben der CO2-Steuer.

Helmut Schmidt hat so etwas gemacht. Er hatte die unglaubliche Stärke, nach der ersten Ölkrise 1977 in den Gymnicher Gesprächen alle Umweltschutzmaßnahmen auf Eis zu legen. Natürlich werden die Grünen und Linken schäumen. Aber folgte man ihren Vorschlägen und würde jetzt auch noch die Landwirtschaft auf ökologischen Landbau umstellen, dann hätte man noch eine veritable Kostenexplosion bei den Grundnahrungsmitteln. Denn gleicher Ertrag ist nur mit bedeutend mehr Flächenaufwand möglich – und das zu höheren Kosten.

Natürlich muss man auch die Chance der fundamentalen Krise nutzen, um viele alte Hüte loszuwerden. Jetzt heißt es, die gentechnische Forschung in Deutschland zu reaktivieren, die vor 30 Jahren bei ihrem ersten Produkt in Deutschland (Behringwerk mit gentechnisch erzeugtem Insulin) von Joschka Fischer als hessischem Umweltminister plattgemacht worden ist. Dazu gehört die Wiedereröffnung von energietechnischer Forschung jenseits von Wind und Solar, z.B. bei der Sequestrierung von CO2 aus Kohlekraftwerken. Das würde sogar schneller helfen als der Bau neuer Gaskraftwerke. Und statt 20 Milliarden für ein Endlagergrab in 50 Jahren auszugeben, endlich eine Öffnung eines Forschungszweigs, um durch Transmutation der abgebrannten Brennelemente CO2-freie Energie zu erzeugen. Bill Gates zeigt, dass das funktioniert. Wir haben sogar in Deutschland mit dem Dual Fluid Reaktor DFR ein Konzept, dass das von Gates‘ Terrapower übertrifft. Das hilft nicht sofort, ist aber unabweisbar. So muss die Krise genutzt werde. Sie bietet uns die letzte Chance, wieder das zum Leben zu erwecken, was unseren Wohlstand ausgemacht hat. Fortschritt durch Technik.

Der Beitrag wurde am 19.05.2020 aktualisiert

Foto: Volker Debus/Deutsche Wildtier Stiftung CC BY-SA 3.0 de via Wikimedia Commons

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Frances Johnson / 14.05.2020

Ich finde die obigen Ausführungen natürlich sachlich, nüchtern und korrekt. Nur die Auslassung der Tatsache, dass Gates’ Fa. TerraPower eine Verbindung zu unten genannter staatlicher Institution aufbauen wollte oder aufgebaut hatte, was Donald Trump empfindlich gestört hatte, finde ich schlecht. Derselbe Staat, der Folgendes dementiert: “China’s president Xi Jinping ‘personally asked WHO to hold back information about human-to-human transmission and delayed the global response by four to six weeks”, DM, co uk Auch im Spiegel. Eine Spekulationstheorie hatten wir noch nicht: Komplott, um Donalds Trumps Wiederwahl zu verhindern. Unter den britischen Ausführungen ein ebenso interessanter Bericht über die Vampirsammlerin, habe schon bei Maxeiner darauf hingewiesen.

Nico Schmidt / 14.05.2020

Sehr geehrter Herr Vahrenholt, mal unter uns, wo sehen Sie diesen Politiker, von dem Sie gerade geschrieben haben? in Berlin bestimmt nicht. MfG Nico Schmidt

Detlef Dechant / 14.05.2020

Diese ganze hier herrschende Diskussion ist obsolet. In Deutschland und auch anderen westlichen Industrieländern wächst derzeit eine Generation heran, die sich zweiteilt in die MINT-Interessierten, aber dem Politischen entsagen und daher den Vorgaben der Politik folgen muss, und in die durch links-grüne Lehrkräfte idoktrinierten Geisteswissenschaftler (wobei mir “Wissenschaftler” schon sauer aufstößt), die in staatlich alimentierte Jobs in Politik, Institutionen und Universitäten drängen und dem Gesellschaftssystem ihren Stempel aufdrücken. Entscheidungen werden nicht mehr rational getroffen und wissenschaftlich begründet, sondern nach Gefühl, orientiert an Umfragen und Befindlichkeiten der vermuteten “mittelmäßigen” (nach Gauss) Mehrheit, mit dem Ziel “Haltung zu zeigen” und “ein Zeichen zu setzen” sowie verpflichtend einer stattlich verordneten Solidarität, nicht nach Raiffeisen sondern nach Marx und Lenin.

Peter Robinson / 14.05.2020

CO2 ist nicht verantwortlich für einen vermeintlich-anthropologischen «Klimawandel».

Ernst H. Meister / 14.05.2020

Mit der Wiederansiedlung von Betrieben der Grundversorgung im Inland (Schuhe, Kleider etc.) und Abnahme des Welttransportes nimmt automatisch das Ansteckungsrisko für die wiederkehrenden asiatischen Tierviren ab, der Co2 Ausstoß nimmt ab, die Umwelt wird geschont, der Stress wird verringert und die Volkswirtschaften werden nach lokalem Bedarf restrukturiert. Mit der De-Globalisierung erreiche ich alle Ziele mit einem Schlag und habe im Inland wieder reale Jobs. Nur Vorteile. Keine Kosten. Warum redet man dauernd daran vorbei? Sollen die weltweiten Spekulanten auf ewig die Sozial- und Preisniveau-Unterschiede ausnützen dürfen? Dann wird es in Europa nie mehr Vollbeschäftigung geben und in Asien nie anständige Löhne, die für einen funktionierenden chinesischen Binnenmarkt nötig sind. Die Zockerwünsche dürfen nicht die Realwirtschaft bestimmen.

R. Kuth / 14.05.2020

Einfach mal die Augen reiben und rüber nach Polen (!) schauen, nach der Entwicklung der letzten Jahre dort. Da können die arroganten Deutschen lernen wie Erfolg geht.

Sandra Müller / 14.05.2020

@Gottfried Meier: Genau DAS ist zu befürchten. Die Zeichen sprechen in Summe dafür, auch wenn man sich noch so sehr den Weg der Vernunft herbei sehnt…

Rolf Heine / 14.05.2020

Herr Vahrenholt spricht das aus, was jeder vernünftige Mensch denkt. Trotzdem besteht keine realitische Chance auf logisches, an Fakten orientiertes Handeln des Staates und der Regierungen von Bund und Ländern. Der Staatsapparat sowie die Leit- und ÖR-Medien sind, schlicht gesagt, durchsetzt mit linken und grünen Transformern. Deutschland steht heute nur noch auf Platz 18 im weltweiten BIP/Kopf-Ranking. Es steht sehr zu befürchten, dass dieser Gesellschaft in den nächsten Jahren ein weiterer dramatischer Abstieg bevorsteht, insbesondere dann, wenn die letzten fruchtbaren Schlüsselindustrien “erfolgreich” geschleift wurden. Und das dürfte kaum mehr aufzuhalten sein. Der Staat ist verfault, und zwar an Kopf und Gliedern. Die Akteure der Politik, zumeist versehen mit einer ausgeprägten und völlig verantwortungslosen Schmarotzermentalität, sind das Produkt einer personellen Negativauswahl, die auf einem systematisch fehlerhaften Delegierten-System der (Volks-) Parteien beruht. Die Gesellschaft wird im Windschatten davon in weiten Teilen dekadenter. Linke, grün-kollektivistische Weltanschauung hat sich über die letzten 30 Jahre derart tief in die Köpfe eingegraben, daß für Veränderung womöglich zunächst eine Art “Schöpferische Zerstörung” (Schumpeter) her muß. Mahner wie Fritz Vahrenholt werden schließlich nur noch von jenen gehört, die man von der Richtigkeit seiner Thesen gar nicht erst überzeugen muß.

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