Strompreise: Habecks Brücke ins Nichts

Der Wahnsinn der deutschen Energiepolitik wird immer offenkundiger: Behauptete Robert Habeck noch bis vor kurzem „Wir haben kein Stromproblem“, heißt es jetzt: „Für zahlreiche Betriebe der energieintensiven Industrie sind diese Preise existenzbedrohend". Jetzt wird von einer „Energiebrücke" mittels Strompreis-Subventionen ins erneuerbare Paradies phantasiert.

Sie erinnern sich sicher noch an den Ausspruch des Wirtschaftsministers Robert Habeck inmitten der größten Energiekrise Deutschlands im Juli 2022: „Wir haben ein Gasproblem, kein Stromproblem. Und da hilft uns Atomkraft gar nichts.“ Ein Jahr später beklagt er in einer von ihm herausgegebenen Broschüre "Industriepolitik in der Zeitenwende": 

„Während die Strompreise für stromintensive Unternehmen beispielsweise der Chemie-, Stahl- und metallverarbeitenden Industrie vor dem Ukrainekrieg wettbewerbsfähig waren, zahlen diese Unternehmen oft inzwischen einen vielfach höheren Strompreis als Wettbewerber etwa in Frankreich, den USA oder China".

Wir haben also ein Strompreisproblem, und dieses ist durch Verteuerung und Verknappung des Stromangebots auf Grund grüner Politik erzeugt worden. Es gibt zwei politisch erzeugte Ursachen: Die eine ist die Stillegung der letzten Kernkraftwerke und die massive Verteuerung der CO2-Zertifikate bei Kohle- und Gaskraftwerken. Die Stillegung der letzten sechs Kernkraftwerke durch die Ampelkoalition hat die preiswertesteten Stromerzeugungskapazitäten aus dem Verkehr gezogen. (Beim preiswerten Kernenergiestrom von 2,5 €ct/kWh sind die Kosten der Endlagerung und des Rückbaus einbezogen.)

Da Kernkraftwerke immer den preiswertesten Strom erzeugten, müssen nun teurere Gas- und Steinkohlekraftwerke einspringen. Da das teuerste Kraftwerk den Preis bestimmt, erhöht sich der Strompreis dramatisch (Grafiken zum Thema siehe hier: Die große Energiekrise)

Die Stilllegung der Kernkraftwerke hat also nicht nur die CO2-Emissionen in Deutschland um fünf bis zehn Prozent erhöht (Habeck Heizungsgesetz bringt bis 2030 kumuliert 1,4 Prozent CO2-Minderung). Die Stilllegung hat auch den Strompreis in Deutschland deutlich nach oben geschoben.

Der CO2-Preis verdoppelt die Strompreise

Ein weitere, durch grüne Politik erzeugte Ursache der Strompreisexplosion ist die Verteuerung der CO2-Preise durch das europäische Zertifikate-Handelssystem. In 2021 trat die vierte Handelsperiode für CO2-Zertifikate in Kraft, wonach die Anzahl der Berechtigungszertifikate für CO2-Emissionen um jährlich 2,2 Prozent verknappt wird. Das sind Jahr für Jahr 48 Millionen t CO2-Zertifikate weniger, was dazu führte, dass sich in 2021 die CO2-Preise massiv erhöhten. In den Vorjahren kostete die Emission einer Tonne CO2 20 €. In 2021 sprang der Preis auf 80–100 € um das Vier- bis  Fünffache.

Diese CO2-Preiserhöhung hat in Deutschland, das etwas mehr als die Hälfte der Stromerzeugung aus Braunkohle, Steinkohle und Gas deckt, besonders starke Auswirkungen. Es führt zu einer Verdoppelung der Strompreise in Deutschland, das bereits die höchsten Strompreise der Welt aufwies und einen hohen Anteil an energieintensiver Industrie hat. Das hinderte weder die Bundesregierung noch die EU-Parlamentarier der Ampelparteien aber auch der CDU daran, die Verschärfung des Emissionshandels in Europa durchzuwinken. 

Das Ergebnis seiner Politik kann auch der Wirtschaftsminister jetzt nicht mehr negieren. Die De-Industrialisierung hat begonnen. Bei der Vorstellung seiner Industriestrategie Ende Oktober erklärte er: „Wir verlieren die Industrie und damit nicht nur Arbeitgeber und Branchen, sondern maßgeblichen Teil des Wohlstands, mit den entsprechenden politischen, gesellschaftlichen, demokratischen Konsequenzen." (Minute 41:40)

Wenn ein Minister eingestehen muss, dass das Ergebnis seiner Politik zum dramatischen Verlust an Wohlstand führt, wäre eigentlich ein Rücktritt angebracht. Er gesteht ein: „Für zahlreiche Betriebe der energieintensiven Industrie sind diese Preise existenzbedrohend, es droht eine Erosion der deutschen Grundstoffindustrie und damit der Wegfall integrierter Wertschöpfungsketten" (Industriepolitik in der Zeitenwende, S. 17)

Aber Robert Habeck hat einen andere Begründung: Ursache für die Strompreisexplosion sei der „Angriffskrieg Putins auf die Ukraine". Das mag für die Gaspreise zutreffen, für die Stromknappheit jedoch ist allein die Bundesregierung verantwortlich.

Die Strompreisbrücke führt ins Nichts

Da Robert Habeck nun zur Erkenntnis gekommen ist, dass „unser Wohlstand auf das Engste mit industrieller Produktion verknüpft ist", (Industriepolitik S. 3) soll jetzt der Steuerzahler durch eine Strompreissubvention das Schlimmste verhindern. So will er für etwa 2.500 energieintensive Unternehmen den Strompreis von heute 10 bis 12 €ct/kWh auf 6 €ct/kWh heruntersubventionieren. Diese Unternehmen verbrauchen etwa 120 Terawattstunden Strom, etwa  22 Prozent des deutschen Stromverbrauchs. Um die Kosten ein wenig einzugrenzen, sollen nur 80 Prozent des Verbrauchs bezuschusst werden. Trotzdem kommt man auf eine gewaltige Summe von 6 Milliarden Euro pro Jahr. Um dieses fatale Ergebnis der eigenen Politik ein wenig zu kaschieren, spricht Habeck von der Strompreisbrücke, die lediglich bis 2030 zu zahlen sei, nach seiner Rechnung etwa 25 bis 30 Milliarden Euro. Denn – so seine Annahme – ab 2030 wären ja ausreichend preiswerte erneuerbare Stromerzeugungen installiert worden: „In Zukunft wird die Industrie durch Erneuerbaren Strom, Wasserstoff und klimaneutrale Kohlenwasserstoffe versorgt werden. Erneuerbare Energien ... stärken  auch nachhaltig Preisstabilität und Versorgungssicherheit für die Industrie."

Hier liegt der eigentliche Fehler der Energiepolitik der Bundesregierung. Sie glaubt, eine Stromversorgung oder gar eine Energieversorgung Deutschlands allein durch Solarstrom und Windenergie wettbewerbsfähig sicherstellen zu können. Kein anderes Land der Welt versucht das. In meinem letzten Newsletter habe ich darauf hingewiesen, dass Windenergieanlagen riesige Kostenschübe durch Material- und Kapitalkosten zu gewärtigen haben. Will man dann noch die fluktuierenden Erneuerbaren zu einem bedarfsgerechten, verlässlichen Stromangebot formen, werden 14 bis 16 €ct/kWh erreicht.

Das ist dann das Ende energieintensiver industrieller Produktion in Deutschland.

Und es klingt in Habecks Industrategiepapier schon wie eine Drohung, wenn er zusammenfasst: „Es haben nur Unternehmen eine Chance, die mit den langfristigen Kosten des neuen Eneriekonzepts werden arbeiten können." Industrieunternehmen, die die Subvention bekommen, müssen „eine klare Transformationsverpflichtung eingehen, bis 2045 Klimaneutralität zu erreichen". Übersetzt heißt das: Es überleben nur Unternehmen, die dem grünen Narrativ folgen.

Was müsste eine neue Bundesregierung tun?

Die Ampel-Koalition will zwar die CO2-Abscheidung bei ausgewählten Industrien erlauben, die Anwendung der Technologie bei Kohlekraftwerken jedoch nicht zulassen. Anstatt 25–30 Milliarden aus dem Klimaschutzfond (!) zur Subventionierung des Industriestroms bereitzustellen, sollte eine neue Bundesregierung mit diesem Geld die CO2-Abscheidung bei Kohlekraftwerken finanzieren. Das würde auf Dauer das Stromangebot absichern und die Stromkosten senken, da die Abscheidung von CO2 deutlich preiswerter ist (50 bis 70 €/t CO2) als die Zahlung einer Strafgebühr für Zertifikate in Höhe von 80 bis 100 €/t CO2. Damit könnte man sich auch den extrem teuren Weg eines Backups durch Wasserstoffkraftwerke sparen, da deren Regelungsfunktion von den „grünen" Kohlekraftwerken übernommen werden könnte.

Eine neue Bundesregierung hätte zum Zweiten durch die Abschaffung des Fracking-Verbotsgesetz die Möglichkeit, preiswertes und wettbewerbsfähiges Erdgas in Deutschland für die nächsten 20 bis 30 Jahre zu erschließen. Der Förderungsbeginn wäre innerhalb einer Jahresfrist möglich.

Drittens müsste eine neue Bundesregierung das Forschungsverbot für neue, störfallfreie  Kernkrafttechnologien der 4. Generation abschaffen, bei denen keine langlebigen Abfälle entstehen. Das hilft uns zwar nicht sofort, wird uns aber langfristig aus der Sackgasse führen. Denn es verdichten sich die Hinweise, dass diese Technologien Strom für 2 €ct/kWh erzeugen können. Wer langfristig industrielle Produktionen in Deutschland aufrechterhalten will, muss die Weichen hierfür rechtzeitig stellen.

 

Fritz Vahrenholt ist Honorarprofessor an der Universität Hamburg im Fachbereich Chemie und war bis 1997 Umweltsenator der Freien und Hansestadt Hamburg. Von 1998 bis 2013 war er in Vorstandsfunktionen im Bereich der Erneuerbaren Energien bei der Deutschen Shell AG, der Repower Systems AG und der RWE Innogy. Er war bis Ende 2019 Alleinvorstand der Deutschen Wildtier-Stiftung. Dieser Text entstammt seinem monatlich erscheinenden Newsletter.

Foto: Montage Achgut.com

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Theo Ludewig / 07.11.2023

Die Grüne Pest betreibt Sabotage an unserem Land durch die Veranstaltung von Unfug. Das betrifft nicht nur den Windmühlen-Bau, wobei doch völlig klar ist, daß Wind und Sonne nicht den Energie-Bedarf eines Industrielandes sicherstellen können. Die nächste Sau, die durchs Dorf getrieben wird, ist die Herstellung “Grünen Wasserstoffs” in Wolkenkuckucksheim. Auch dabei wird wieder der Bürger ausgeplündert werden, genauso wie er jetzt die Subventionen energieintensiver Betriebe zahlen soll. Nach dem Abschneiden Deutschlands von der preiswerten und zuverlässigen Erdgasversorgung aus Rußland hat der Yankee auch den Dummen gefunden, der ihm das El-En-Dschiii teuer abkauft. Da haben sich die Firmen-Boykotte und Bedrohungen der Verlegeschiffe in der Ostsee doch gelohnt! Die Grüne Pest als Fünfte Kolonne der Yankees hat gleichzeitig dafür gesorgt, daß eigene Schiefergas-Vorkommen in unserem Land nicht genutzt werden dürfen.

Anna Hegewald / 06.11.2023

Geehrter Herr Professor Vahrenholt, das haben Sie grandios analysiert und hervorragend zusammengefasst. Alles prima verständlich und logisch. Leider haben wir keine Wahlen und die Ampel wird weiter das Land gegen die Mauer fahren. Ich habe die Hoffnung verloren, dass sich hier ohne Kollaps was in Richtung Vernunft dreht. Leider.

Gus Schiller / 06.11.2023

Schnell noch vor Silvester 10.000 Windräder aufstellen und der Strompreis sinkt drastisch. Ampellogik.

S.Busche / 06.11.2023

Industrien, die diese geniale, aber tödliche Idee mitmachen, sind einfach hoffnungslos blöd. Lässt man sich tatsächlich SO einfach fertigmachen? SO einfach abservieren? Weil BlackRock sonst den Geldstrom stoppt? Weil es Larry Fink so will? Das die ganze Geschichte völlige Blödsinn ist, weiß wohl mittlerweile jeder. Aber was es bedeutet, diesen Blödsinn weiterzumachen, das wird wohl erst in einem Jahr mit der Stromrechnung und der Arbeitslosigkeit klar. Die Grünen kapieren es sowieso nicht, wissen garnicht, was Arbeitslosigkeit bedeutet, und wenn doch, dann wollen sie es aus Prinzip nicht blicken. Setzt die ganze Truppe in einen Sandkasten mit Förmchen und einem Eimer Wasser. Da geht noch was. ODER knipst den Grünen einfach das Licht aus. Basta, weil einfach nachhaltig und deshalb besser.

gerhard giesemann / 06.11.2023

Gegen Klima ist nix zu machen, nur Anpassung ist möglich. Je weniger Menschen es gibt, desto einfacher geht das, basta. CO2? Irrelevant.

Lao Wei / 06.11.2023

Eine CO2-Abscheidung brauchen wir erst im zweiten step. Erst einmal benötigen wir (das Land) die grün dominierte AMPEL-ABSCHEIDUNG! Möglichst 15000m untererdig, was kurzfristiges Auftauchen vermeidet. Fanatischen Ideologen ist rational-methodisches Denken/Handeln ein Gräuel, Bereits Sir Karl R. Popper wußte: hat der (modifiziert) ideologische Wahnsinn erst einmal Fuß gefasst wird er ungeniert behaupten, ER sei das NORMALE! Irgendwann muss es doch auch der gemeine Pöbel kapieren, dass eine StaMoKap-Höllenfahrt mit einer gnadenlosen Polit-MiPo eine Reise in den Ruin gleicht. Wenn auch in einem anderen Kontext gedacht: „ich freu mich drauf; das haben wir uns immer gewünscht;  ja wie wunderbar ist das denn“, ich wünsche gute Reise!

Rainer Hanisch / 06.11.2023

@Reinhart Max: “Mal abgesehen vom fehlenden politischen Willen, wo sollen den die Fachkräfte dafür herkommen ?” Na, vielleicht fragen wir mal in China nach? Dort ist so manches möglich, was in Doofland Jahrzehnte dauert und dann doch in die Hose geht. Aber welche Fachkräfte (ich meine: tatsächliche!) kommen denn hierher? In anderen Ländern gibt es meist bessere Arbeitsbedingungen. Das deutsche “Schulsystem” ist mindestens seit 1990 im Ar…  Ein mir bekannter Unternehmer aus Aachen sagte zu Wendezeiten, dass er bevorzugt ex-DDRler einstellt. Weil die besser ausgebildet seien. Wollte es nicht so recht glauben. Aber als ich selbst erleben musste, wie in einem westdeutschen Elektronikkonzern “Lehrlingsausbildung” abläuft, glaube ich tatsächlich daran.  @Klaus Keller: Nehmen Sie bloß den Märchenprinzen nicht noch in Schutz! Gut, ihm allein Totalversagen vorzuwerfen, ist nicht “fair”; alle anderen Politkasper sind keinen Deut besser! Und, wenn man irgendetwas kaufen will - egal wo - braucht man Geld. Schließlich gibt es kaum etwas kostenlos. Und woher nehmen, wenn im Ländle nur bunt bedrucktes aber wertloses Papier existiert? Damit einen Lebensstandard finanzieren zu wollen, ist die gleiche Utopie, wie mit Windmühlen die Welt retten zu wollen.

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