Peter Grimm / 18.10.2022 / 16:00 / Foto: GalejbAB / 41 / Seite ausdrucken

Das ist dann wohl der Atom-Wumms

Wenn im Frühling 2023 es so geschieht, wie es die Grünen wollen, nämlich dass die AKW „rückgebaut“, also zerstört und unbrauchbar gemacht werden, dann ist das in der Tat ein Atom-Wumms. Der scheint fast unausweichlich.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat das, was er unter Krisen-Politik versteht in letzter Zeit bekanntlich gern gefühlig-infantil kommuniziert. Mit zumindest einem Erfolg. Die Worte: „Unterhaken“, „Wumms“ und „Doppel-Wumms“ bringt wahrscheinlich jeder Deutsche inzwischen mit dem Kanzler in Verbindung. Eine so unterkühlte Vokabel wie „Richtlinienkompetenz“ passt eigentlich nicht so ganz in diese Reihe. Aber mit der soll Scholz „Führung“ gezeigt haben, indem er ein „Machtwort“ gesprochen habe, schreiben einige Kollegen. „Machtwort“ passt ja auch irgendwie ganz gut zum „Wumms“. War also seine Entscheidung zum Weiterbetrieb der drei letzten Kernkraftwerke für ein paar Wochen nun der Atom-Wumms? Zunächst hört es sich nicht danach an.

Wer in seinem Denken nicht von Parteiprogrammen oder anderen ideologischen Barrieren behindert wird, hat wahrscheinlich geglaubt, eine Regierung würde in Zeiten, in denen die Städte wegen der Energie-Krise verdunkelt werden, jede Möglichkeit nutzen, Strom zu erzeugen außer mit Gas, weil ja ein Gashahn zugedreht wurde. Demnach sollten logischerweise auch die restlichen Kernkraftwerke jede Kilowattstunde produzieren, die sie produzieren können. Und dies auch längerfristig, denn die Energiekrise ist nach diesem Winter nicht vorbei.

Doch bekanntlich sehen das die Grünen anders. Sie haben ja schon seit etlichen Jahren eine weitgehende weltanschauliche Lufthoheit im politisch-medialen Raum erobert. Vor elf Jahren hatte das auch die damalige Bundeskanzlerin anerkannt und war auf den Kurs von schnellem Atom-Ausstieg und Energiewende eingeschwenkt.

Doch in der aktuellen Krise haben die vor elf Jahren regierenden Atomaussteiger aus CDU/CSU und FDP den Gedanken geäußert, für die bestehenden drei AKW doch noch ein paar neue Brennstäbe zu bestellen, um sie zwei Jahre lang weiter Strom liefern zu lassen. Die AfD würde sogar gern richtig auf Kernenergie setzen, aber mit der wollen die anderen möglichst auch in keiner neutralen Sachfrage gemeinsam abstimmen.

Die Grünen haben auf ihrem Parteitag beschlossen, zwei Atomkraftwerke weiter zu betreiben, aber nur bis zum April und ohne Beschaffung neuer Brennstäbe. Danach sollten diese AKW dann möglichst umgehend "zurückgebaut" werden. Die Brücken in die atomare Stromerzeugung sollten schnell abgerissen werden, eine Umkehr oder ein Kurswechsel auf dem deutschen Energiewendeweg unmöglich gemacht werden.

Das kleinste Kompromiss-Karo

Die FDP sah sich nun in einer ungewohnten Rolle gefordert, nämlich Inhalte gegen die grünen Koalitionspartner zu vertreten. Bislang hatte sich die Partei recht geschmeidig in die inhaltlich vor allem rot-grüne Regierung eingefügt. So entstand also eine Koalitionskrise, die man nicht lange ausdiskutieren konnte, denn es muss jetzt entschieden werden, das Atomgesetz zu ändern, sonst gehen die letzten drei Kraftwerke zum Jahresende vom Netz. 

Nun war, von dramatischem medialen Trommelwirbel begleitet, der Kanzler gefragt, mit seiner Richtlinienkompetenz, mit dem Machtwort, mit einem Wumms. Und was er dann dekretierte, war kleinstes Kompromiss-Karo. Hätte die Koalition Zeit gehabt, wäre wahrscheinlich genau das Gleiche nach dramatischen Koalitionsausschusssitzungen beschlossen worden.

Die Grünen bekommen den definitiven Atom-Ausstieg im April, weshalb auch keine Brennstäbe mehr beschafft werden. Bis dahin dürfen aber alle drei Kernkraftwerke noch Strom erzeugen und die Deutschen über diesen Winter retten. Was ein Jahr später sein wird, scheint diese Verantwortungsträger nicht zu interessieren. Und wenn dann im Frühling 2023 es so geschieht, wie es die Grünen wollen, nämlich dass die AKW „rückgebaut“, also zerstört und unbrauchbar gemacht werden, dann ist das in der Tat ein Atom-Wumms. Der scheint fast unausweichlich.

Dass im Bundestag neben dem Regierungs-Gesetzentwurf auch über einen Antrag der CDU/CSU zur Laufzeitverlängerung für die letzten Kernkraftwerke abgestimmt wird, mag noch einmal Anlass zu einer interessanten Parlamentsdebatte sein, doch eine Chance auf eine Mehrheit hat er nicht. Die FDP hat ja, nach dem „Machtwort“ des Wumms-Kanzlers schon signalisiert, der Scholz-Linie zustimmen zu wollen.

Die Energieversorgung in diesem Winter werden die Verbraucher teuer bezahlen, aber vielleicht gibt’s ja immer Strom. Wenn das so ist, sollten es die Deutschen genießen, denn wie die Atomkraft-Lücke einen Winter später geschlossen wird, weiß noch niemand. Aber bis dahin sind ja noch ein paar Monate Zeit, in denen sich die selbsternannte Fortschritts-Koalition bestimmt noch etwas einfallen lässt.

Foto: GalejbAB via Wikimedia Commons

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Gerhard Doering / 18.10.2022

Wer denkt denn bis 2024? Wenn die letzten Kernkraftwerke bis April 2023 abgeschaltet werden und es im nächsten Jahr wieder so ein blödes Herumgewurstel der Groko gibt, haben wir es wirklich nicht mehr verdient Elektrizität zu benutzen, denn dann geht Deutschland mit Mann und Maus unter.

Frank Bitterhof / 18.10.2022

Das ist kein fauler Kompromiß, das ist ein “arbeitsunfähiger” Kompromiß. Und wie sieht es mit der Energieversorgungsplanung für den nächsten Winter aus? Vielleicht sollten sich unsere PolitikerInnen zur Fortbildung “Langfristplanung” mal ins Reich der Mitte begeben, um in Erfahrung zu bringen, wie man das macht. Apropos: Lese vorhin, dass das nichts wird mit den LNG-Gasimporten aus China (woher die das wohl haben…?), China will kein Erdgas exportieren, da man es dort für den Eigenverbrauch benötigt. Wird jetzt Herr Weil in bundesdeutscher Solidarität Erdgasförderung in Niedersachsen ermöglichen?

Dr Stefan Lehnhoff / 18.10.2022

@ A Ausländer: Exakt! Deswegen haben wir ja auch alle dieses Ergebnis seit Monaten vorhergesagt. Der Kontrollverlust kommt natürlich trotzdem, aber wahrscheinlich etwas später. Habeck hätte das nicht gefordert, wenn er geglaubt hätte, seine Linie kommt am Ende durch. Nebenbei ist er jetzt im eigenen Lager der Kriminellen Irren und Psychopaten auch noch unschuldig.

Marcel Seiler / 18.10.2022

Das Wegbleiben des Stroms wird Menschenleben kosten, viele. Besonders bei den Kranken (Dialysepatienten: alle mal aufpassen!) und Alten. Dass die Grünen und die Grünen-Wähler das auf ihr Gewissen laden wollen, ist mir unverständlich.

St. Marek / 18.10.2022

Die Entscheidung des Kanzlers bedeutet ja wohl nur, daß das Kabinett nun einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Atomgesetzes formulieren und in den Bundestag einbringen muß. Der wird dort dann gelesen und - vielleicht - angenommen. Wenn dann auch der Bundesrat nicht dazwischenfunkt, könnte das Gesetz noch vor Weihnachten vom Nichtmeinpräsidenten unterzeichnet und verkündet werden. Ich kann mir allerdings nicht so ganz vorstellen, daß die Betreiber dann noch bereit sind, die geplante und vorbereitete Abschaltung zum Jahresende noch ein paar Monate hinauszuschieben. Man darf auch nicht vergessen, daß es in diesem Land keine Zwangsarbeit gibt. Wäre ich Fachkraft in einem AKW und hätte ich seit Jahren ein Enddatum meines Vertrags am 31.12.2022 vor Augen gehabt, dann stünde mein Fluchtplan längst fest, und ich würde mich auf keinen Fall überreden lassen, nochmal drei Monate dranzuhängen. Scholz überschätzt sich hier m.E. wieder einmal. Hoffentlich bricht ihm diese Sache nun (politisch) das Genick.

Ludwig Luhmann / 18.10.2022

Schwabs Marionette Habeck führt einen der schwersten Schläge gegen Dodoland aus. Wichtig wird sein, den Dodos klarzumachen, dass es auch die braunrotgrünen Khmer waren, die letztlich dafür gesorgt haben werden, dass wir Dodos als Dodos in die geplante Individualobsoleszenz geführt werden. Wir sind nicht essentiell und wir sind nicht systemrelevant. Wir sind überflüssige Fresser, wir sind Massenversuchsunternmenschen, wir sind der letzte Dreck.——-> Man muss immer wieder nach Davos zum WEF blicken und nach New York zur UNO/WHO. Auch die neokommunistischen Verbrecher in der Brüsseler EU muss man im Blick haben. Der globale Hybridkrieg hat Fahrt aufgenommen ... wenn wir bis 2030 nicht nichts besitzen wollen, dann müssen wir irgendwann aufstehen und kaputt machen, was uns kaputt macht!

Rainer Irrwitz / 18.10.2022

wie ich das sehe haben wir zwei Optionen: entweder stoppt Deutschland die Grünen oder die Grünen stoppen Deutschland. Offensichtlich haben die Globalisten sich für Option zwei entschieden, die Schlafschafe werden es erst realisieren wenn es unumkehrbar zu spät ist. Ideologie und die angeblich “richtige” Haltung ersetzen eben keine nackten Tatsachen und physikalischen Realitäten. Unter der totalen Weltgenesung oder dem totalen Untergang machts der Deutsche eben nicht!

Heiko Stadler / 18.10.2022

Eine Besonderheit der grünen Ideologen ist, dass sie Menschenrechte nach Lust und Laune außer Kraft setzten. Insbesondere gilt das für das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, das sich der grünen Coronareligion unterzuordnen hat. Ganz anders ist das bei ideologischen Gesetzen, mit denen die Grünen zum Ausdruck bringen, welche Objekte gemäß der grünen Religion von bösen Geistern besetzt sind. Dazu zählt zum Beispiel der Wasserdampf aus den Kühltürmen von Kern- und Kohlekraftwerken, der in der Avocado-Köpfen (außen grün, innen braun) der Grünen für CO2 gehalten wird. Die Avocados meinen, dieses lebenswichtige Pflanzenwachstumsgas sei ein Produkt des Satans. Diese Geisterwelt muss nach dem Willen der Avocados der ganzen Welt oder zumindest allen Deutschen aufgedrückt werden.

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