Das große Klimageschäft in Dubai

Werden die G7 den Rest der Welt dazu bringen, ihre Stromversorgung auf erneuerbare Energiequellen umzustellen? Um das zu beurteilen, muss man die Größe der BRICS-Staaten betrachten – und den dort herrschenden Lebensstandard. 

Die Statistik schreibt G7 einen kumulativen Anteil von 29 Prozent am globalen BIP zu, während die BRICS-Staaten auf 26 Prozent kommen. Gibt dieser Vorsprung der alten Welt ausreichend Macht, um ihre Vorstellungen von nachhaltiger Energieversorgung auch dort durchzusetzen? Oder eher nicht?

29 Prozent und 26 Prozent sind immerhin vergleichbare Zahlen. Nicht vergleichbar sind dagegen die Zahlen der Einwohner: 800 Millionen gegenüber 3,2 Milliarden. In den BRICS-Staaten leben viermal so viele Menschen wie in den G7. Das bedeutet aber, dass das Pro-Kopf-BIP in beiden Welten sehr unterschiedlich ist, und damit auch der Lebensstandard. 

Das ist noch vorsichtig formuliert. Tatsächlich sind alle BRICS-Staaten arm, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. In Brasilien leben 26 Prozent der Bevölkerung in Armut, in Russland 10 Prozent, in China 26 Prozent, in Indien 22 Prozent und in Südafrika 40 Prozent. Armut bedeutet gemäß den Kriterien der World Bank $2 pro Tag oder weniger. 

Den Schalter umlegen

Ich lebe seit 20 Jahren in einem der BRICS-Staaten, in Südafrika, und hatte Gelegenheit zu beobachten, was das bedeutet. Der Unterschied zwischen $1 oder $2 pro Tag ist größer als der zwischen $1.000 und $2.000. Mit $2 hat man eine Chance zu überleben, mit $1 kaum. Wenn hier also eine Million Dollar übrig sein sollten, die nicht in der Tasche eines korrupten Politikers verschwinden, dann müssen sie in Infrastruktur und Schaffung von Arbeitsplätzen investiert werden. Alles andere wäre zynisch. Oder sollte eine mögliche Erwärmung des Planeten von ein Grad Celsius in 50 Jahren wichtiger sein als das Überleben der eigenen Bevölkerung im Hier und Heute?

Hier kommen 94 Prozent des Stroms aus Kohle, und der Abbau von Edelmetallen und Eisen im Nordosten des Landes ist auf 100 Prozent sichere Versorgung angewiesen. Nichtsdestotrotz schlug vor ein paar Jahren der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Gerd Müller, bei seinem Besuch vor, man solle doch von Kohle auf Windkraft umstellen; Deutschland würde bei der Finanzierung helfen. Was für eine geniale Idee.

Er hatte anscheinend die Vorstellung, man müsste nur einen großen Schalter umlegen, um auf erneuerbar zu wechseln. Die Zerstörung existierender Kraftwerke und der wichtigen Kohlewirtschaft aber wäre eine fatale Vernichtung von Arbeitsplätzen. Sicher wusste der Herr Minister auch nicht, dass aus Südafrika jährlich rund zehn Millionen Tonnen Kohle nach Europa (auch nach Deutschland) exportiert und viele Millionen Tonnen in Benzin verwandelt werden.

Südafrika hat jedenfalls damals das freundliche Angebot von Herrn Müller abgelehnt. Vielleicht war ja auch der „Erfolg“ der Energiewende in Deutschland nicht überzeugend genug.

Die Schwergewichte und die Kohle

Brasilien, ein Land mit gut 200 Millionen Einwohnern, erzeugt nur fünf Prozent seines Stroms aus Kohle. Wie schaffen die das? Sie profitieren von Wasserkraft, nicht zuletzt von dem gigantischen Staudamm im Rio Paraná, dessen Turbinen immerhin 14 Gigawatt liefern; das entspricht der Leistung von einem Dutzend ausgewachsenen Kernkraftwerken. Aber echte Kernkraft gibt es auch im Lande. Dennoch hat Präsident Lula beim BRICS-Treffen im August dieses Jahres laut verkündet, sein Land werde den gestiegenen Strombedarf durch Ausbau der Kohlekraftwerke decken. Warum? Ganz simpel: weil das der billigste Weg ist. Ja, auch hier muss man sparen, auch hier lebt ein Viertel der Bevölkerung in Armut.

Die Schwergewichte bei BRICS sind natürlich China und Indien. Zusammen bringen sie 2,5 Milliarden Einwohner auf die Waage und eine installierte Leistung von sage und schreibe 1.100 Gigawatt, das wären rund tausend Kernkraftwerke, wenn der Strom nicht zu mehr als 50 Prozent aus Kohle käme. Und mit der wachsenden Industrie wächst auch hier der Bedarf an Elektrizität, und auch hier setzt man natürlich auf Kohle, denn beide Länder haben immerhin riesige Reserve davon. 

Ein indischer Politiker machte es sehr deutlich: „Sowohl in China als auch bei uns in Indien wird die unbequeme Wahrheit deutlich, dass es nach wie vor die verhasste Kohle ist, die das Licht am Brennen hält.“

Die „Conference of Parties“

Zusammengefasst heißt das: Die BRICS-Länder mit knapp 50 Prozent Anteil am weltweiten CO2-Ausstoß werden ihre Emissionen weiter steigern, wobei sich nur Russland zurückhält. Allerdings haben sich alle verpflichtet, bis Mitte des Jahrhunderts aus der Kohle ausgestiegen zu sein. Dieses Wunder muss dann die nächste Generation vollbringen.

Aber haben denn die Vereinten Nationen keinen stärkeren Einfluss? Da finden doch seit 1995 jährlich große Klimakonferenzen statt. Die letzte „Conference of Parties“ zur Rettung des Weltklimas (COP 27) fand 2022 in Sharm el-Sheik statt, einem Badeort an der Südspitze des Sinai. Hundert Staatsoberhäupter und 35.000 sonstige Teilnehmer kamen. Das entspricht der Einwohnerzahl einer ganzen Stadt. Diesen Monat trifft man sich in Dubai – wie üblich für 14 Tage. Doch all dieser Aufwand lässt das CO2 in der Atmosphäre vollkommen unbeeindruckt! Die Konzentration ist seit 1995 unbeirrt und stetig von 360 auf 420 ppm angestiegen. Wie kann das sein?

Das Ganze erinnert an eine Szene aus dem Film: „Manche mögen’s heiß“, der zur Zeit der amerikanischen Prohibition spielt. Schauplatz ist Miami, wo sich die Freunde der italienischen Oper zu deren alljährlicher „Conference of Parties“ treffen. Das Hotel begrüßt die Teilnehmer mit Spruchbändern wie: „WELCOME FRIENDS OF THE ITALIAN OPERA“.

Wer durchschaut den Schwindel nicht?

Dem Zuschauer bleibt aber nicht verborgen, das im Gepäck der Gäste keine Geigen oder Flöten liegen, sondern Whiskyflaschen und Maschinenpistolen. Es handelt sich in Wirklichkeit um eine Konferenz der Mafiabosse, die um die Aufteilung des Markts streiten. Es geht weder um Rigoletto noch um Tosca, es geht um Macht und Geld. Die italienische Oper ist nur Fassade.

Und so könnte es ja sein, dass es auch bei den Freunden des Weltklimas nicht um CO2 und Hundertstel Grade Celsius geht, sondern um einen Anteil am Milliardengeschäft namens Klima, an den CO2-Zertifikaten und dem „Green Climate Fund“. Und so wie zum Treffen der Freunde der italienischen Oper tatsächlich ein naiver Musikfreund anreisen könnte, der sich für Verdi und Puccini interessiert, so könnte es ja auch einen naiven Teilnehmer unter den Freunden des Weltklimas geben, der den ganzen Schwindel nicht durchschaut. Und dieser naive Teilnehmer könnte Deutschland sein.

Dieser Artikel erscheint auch im Blog des Autors Think-AgainSein Bestseller „Grün und Dumm“ ist bei Amazon erhältlich.

Foto: Tim Reckmann CC BY 2.0 via Wikimedia Commons

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Wolfgang Richter / 10.11.2023

Es tut so wohl, wenn irgendwann der Schmerz der sich hier selbst (c02-) Geisselnden nachläßt. Mögen doch die Transformer, die hier das Feld erfolgreich bestelllt haben, nach Indien, Pakistan oder auch Südafrika oder Nigeria fahren, sich dort auf die Sandpiste kleben und den Bewohnern erklären, daß sie zum Wohle der Weltgemeinschaft auf ihr bißchen Wohlstand, ggf. auch die 2 $ am Tag, zu verzichten und in dem stromfrei dunklen Unterstand aus Fundholz und einem Stück Plane zu verweilen haben. Ich habe Zweiel, daß diese Wohlstandsverwahrlosten lebend ihren Flieger erreichen.

Hans Bendix / 10.11.2023

Nun, müsste es am Ende nicht besser heissen: “Und dieser naive Teilnehmer wird Deutschland sein.”?

Peter Krämer / 10.11.2023

Wie überall sonst auch gibt es bei der Klimapolitik Gewinner und Verlierer. Den Nutzen ernten die Unternehmen, die Produkte für die grüne Transformation liefern.. Es ist aber nicht das Kapital dieser Leute, das sie einsetzen. Es ist das Spargeld der Bürger. All die nötigen Subventionen des Staates, hat dieser vorher seinen Bürgern abgepresst. Die Erzeuger des Grünen Wahns kommen aus der Finanzbranche. Sogenannte Grüne sind nicht die Erfinder, was für ein lächerlicher Gedanke, sondern nur willfährige Handlanger.

Rolf Mainz / 10.11.2023

1 oder 2 $ pro Tag. Und da glauben manche Weltverbesserer in westlichen Ländern immer noch, dass niemand des Geldes wegen nach Westeuropa strebe. Und jene “1 oder 2 $ pro Tag” müssen ja auch erst einmal erzielt werden, auf welchem Wege auch immer - während es die soziale Hängematte in Deutschland gratis gibt und dies auf weitaus höherem Niveau. Wer da keinen Pull-Effekt erkennen kann, der weiss warum.

Olaf Dietrich / 10.11.2023

IST Deutschland!!  Unfassbar wie die G7 diesem CO2 Mythos auf den Leim geht, Grüne, Gelbe, Rote, Amerikaner.  Maggie Thatcher hat das mit als erste erkannt und frohlockt: ” A great way to make money!” 50 Jahre her!! Unser Planet rettet sich schon selber, wenn´s soweit ist, braucht nicht diese gottlose Anbiederung von z.b. einem Habeck!!  Wieviel CO2 hat eigentlich Krieg?????

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Hans Hofmann-Reinecke, Gastautor / 22.04.2024 / 14:00 / 16

Atomkraft: Das tote Pferd ist sehr lebendig

Vergangene Woche hat die Internationale Atomenergie Behörde (IAEA) Vertreter von Industrie und Politik aus interessierten Nationen zu einer Konferenz nach Peking eingeladen.  Themen waren die…/ mehr

Hans Hofmann-Reinecke, Gastautor / 29.03.2024 / 14:00 / 22

Nukleargipfel: Na dann eben ohne Deutschland

Kürzlich fand in Brüssel der erste Nuclear Energy Summit, das erste globale Gipfeltreffen zum Thema Kernenergie statt. Repräsentanten aus 34 Ländern nahmen teil, darunter alle wichtigen…/ mehr

Hans Hofmann-Reinecke, Gastautor / 09.03.2024 / 12:00 / 21

Tschernobyls Wölfe: Krebsresistenter dank Strahlung?

Im Sperrgebiet um den Reaktor von Tschernobyl entwickelte sich eine Wolfspopulation mit erhöhter Resistenz gegen die Auswirkungen von Krebs. Im Sperrgebiet um den Reaktor von…/ mehr

Hans Hofmann-Reinecke, Gastautor / 03.01.2024 / 16:33 / 13

Das Desaster von Tokio und das Wunder

Je seltener Desaster werden, desto mehr Aufsehen erregen sie. Die Luftfahrt ist mit täglich 100.000 unfallfreien Flugbewegungen extrem sicher geworden, und so ist die Kollision…/ mehr

Hans Hofmann-Reinecke, Gastautor / 18.12.2023 / 14:00 / 36

Wahnhafte Störungen nationaler Tragweite

Die deutsche Politik zeigt seit Jahren deutliche Symptome wahnhafter Störungen. Entscheidungen entspringen illusorischen Vorstellungen, die jeder sachlichen Beobachtung widersprechen, an denen man dennoch eisern festhält.…/ mehr

Hans Hofmann-Reinecke, Gastautor / 16.12.2023 / 16:00 / 29

Physik und Klimawandel: Die Angst vor der Wahrheit

Ein Physiker, der nichts von Klimawissenschaft versteht, ist nützlicher als ein Klimawissenschaftler, der nichts von Physik versteht. Daran kann auch die COP28 in Dubai nichts ändern.…/ mehr

Hans Hofmann-Reinecke, Gastautor / 04.12.2023 / 15:15 / 26

Die Maßeinheit für Größenwahn

Der geplante Ausbau von Solaranlagen um den Faktor drei wird keine Probleme lösen, aber enorme Einbußen an Lebensqualität mit sich bringen. Widerstand ist aber zwecklos,…/ mehr

Hans Hofmann-Reinecke, Gastautor / 05.09.2023 / 10:00 / 65

Vorschlag zur IAA – das elektrische Perpetuum mobile!

Ein Vorschlag zur IAA, die heute eröffnet wird: Die Versorgung der E-Autos wird dezentralisiert. Zu jeder E-Tankstelle gehören eine Handvoll von Windmühlen, die Austauschbatterien aufladen. Die…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com