Georg Etscheit / 21.03.2021 / 13:00 / Foto: Ciberprofe / 48 / Seite ausdrucken

Corona-Demos: Grüne und Medien als Scharfmacher

Die Theresienwiese ist ein großer, staubiger Platz am Fuße der Bavaria im Münchner Stadtteil Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt. Sie ist der Ort, wo jedes Jahr das Oktoberfest stattfindet, wobei zu fragen ist, ob dieses größtes Volksfest der Welt mit Millionen in engstem Körperkontakt stehenden Besuchern, die Millionen Liter ungesundes Bier trinken und Hunderttausende von Klima schädliche Brathähnchen verspeisen, überhaupt jemals wieder stattfinden wird. Seit einigen Monaten findet man auf der „Wiesn“ auch ein großes Corona-Testzentrum - und schließlich soll sie, zumindest wenn es nach dem Willen der Münchner Ordnungshüter geht, in Zukunft eine Art Müllhalde für unerwünschte Demonstrationen sein. Selbst mehrere tausend Menschen auf dem riesigen Areal erregen in der Reststadt keinerlei Aufmerksamkeit, zumal dann, wenn sie von mehreren Hundertschaften Bereitschaftspolizei bewacht werden. Und das wäre wohl genauso beabsichtigt.

Insofern war es fast ein Wunder, dass am vorletzten Wochenende mitten in der Münchner Innenstadt Tausende von Menschen friedlich und fröhlich gegen die seit Monaten andauernden Corona-Maßnahmen demonstrierten. Veranstalter war die aus Landshut stammende Initiative „Bayern steht zusammen – mir san oans", die allein seit Beginn des zweiten Lockdowns Mitte November 2020 in Bayern fast fünfzig Kundgebungen und Demonstrationen gegen die Corona-Politik von CSU-Ministerpräsident Markus Söder organisiert hat, der gerne, wenn auch mit schwindendem Erfolg, den harten Hund in Sachen Seuchenbekämpfung gibt. 

Statt der erwarteten und von der Münchner Ordnungsbehörde, dem Kreisverwaltungsreferat (KVR), genehmigten 500 Teilnehmer, kamen mehrere Tausend, was die Polizei angeblich nicht erwartet hatte. Sie ließ die Protestierer bei der Schlusskundgebung auf der Maximilianstraße im Blickfeld des Münchner Maximilianeums, Tagungsort des Bayerischen Landtags, zunächst gewähren und löste die Veranstaltung erst etwa eine Stunde nach deren offiziellen Beginn auf. Übliche Begründung: Missachtung der Abstandspflichten und des Maskentragens, Gefährdung der öffentlichen Sicherheit in Pandemiezeiten.

Der Veranstalter erklärte die Demonstration pflichtgemäß für beendet, doch hielten sich einige hundert Menschen außerhalb der Absperrungen nicht an die Anweisung, nach Hause zu gehen. Manche setzten sich auf die Straße und wurden, zuweilen recht unsanft, von Polizisten weggetragen. Andere zogen in größeren Gruppen unbehelligt weiter durch die Stadt, unter anderem zum Marienplatz im Herzen der bayerischen Metropole.

Dort formierten sie sich zu einer Polonaise, was Münchens SPD-Oberbürgermeister Dieter Reiter auf Nachfrage der Süddeutschen Zeitung, die dem Casus an zwei Tagen hintereinander die Titelseite ihres Lokalteils widmete, zu markigen Worten animierte: Solche Demonstranten verhöhnten nicht nur „die große Mehrheit der Münchnerinnen und Münchner, die sich aus Rücksicht auf ihre Mitmenschen an die zugegeben einschneidende Maßnahmen“ hielten. Sie gefährdeten auch die öffentliche Sicherheit. Dies sei „nicht nur unsolidarisch, sondern einfach unerträglich“. 

„Null Toleranz“ für „Gegner der Corona-Maßnahmen“

Schützenhilfe erhielt Reiter von Dominik Krause, dem grünen Fraktionsvize im Münchner Rathaus – die Ökopartei regiert als stärkste Rathauskraft in einer Koalition mit der SPD. Krause warf der Polizei vor, die Lage nicht im Griff gehabt und trotz der zahlreichen Verstöße der „Corona-Skeptiker“ immer nur auf die Notwendigkeit eines verhältnismäßigen Vorgehens verwiesen zu haben. Krause, ein 1990 geborener Jungpolitiker, hätte es offenbar gerne gesehen, wenn die Polizei nach guter bayerischer Linie hart durchgegriffen hätte.

Einkesselungen, mehr oder weniger kräftige Knüppelhiebe, schmerzhafte Fesselungen mit Kabelbindern und reihenweise Bußgeldbescheide gegen friedliche Demonstranten, das findet heute im Zweifel auch den Beifall der Grünen, die ihren Aufstieg zur möglichen Kanzlerpartei nicht zuletzt einer sehr weitläufigen Inanspruchnahme des Demonstrationsrechts verdankt, bei der Gewalt zum guten Ton gehörte. Und auch die Süddeutschen Zeitung, deren einstiger Starkolumnist Heribert Prantl nicht müde wurde, ein ungehindertes Recht auf freie Meinungsäußerung anzumahnen, forderte in einem markigen Kommentar im Lokalteil „null Toleranz“ für „Gegner der Corona-Maßnahmen“.

Besser als immer nur verbal und pauschal auf die „Corona-Leugner-Szene“ einzuschlagen, wäre es, endlich einmal das Verhalten des Kreisverwaltungsreferates (KVR) zu hinterfragen, das seit den unseligen AIDS-Maßnahmen des früheren Kreisverwaltungsreferenten Peter Gauweiler für robustes Durchgreifen bekannt ist. Denn die aktuelle Praxis, die Zahl von Demonstranten bei Veranstaltungen gegen die Corona-Maßnahmen auf lächerliche 200, 300 oder 500 Teilnehmer zu begrenzen, läuft in der Praxis fast automatisch darauf hinaus, dass die Polizei die Veranstaltung auflösen muss. 

Die angeblich dem Gesundheitsschutz dienenden Höchstzahlen laufen nämlich dem Interesse eines Veranstalters, sein Anliegen für andere bestmöglich wahrnehmbar zu vertreten, diametral entgegen. Und eine Versammlung, bei der ein paar wenige Menschen voneinander und vom lebendigen Geschehen einer Stadt isoliert sind, kann niemals eine Dynamik entfalten, die eine wahrnehmbare beziehungsweise „machtvolle“ Meinungsäußerung erlaubt, wobei die Behörden seit der Leitentscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Fall Brockdorf gehalten sind, den Bürgern die Ausübung ihres Grundrechtes auf Versammlungsfreiheit explizit zu ermöglichen und die Polizei zur Kooperation aufgefordert ist, nicht zum Draufschlagen. 

Veranstaltungen auf kaltem Weg verhindern

Weil ein generelles Verbot von öffentlichen Kundgebungen selbst in Corona-Zeiten von den Gerichten regelmäßig gekippt wird, versuchen die Behörden nun offenbar, ihnen nicht genehme Veranstaltungen auf kaltem Weg mittels überzogener und wenig praxisgerechter Auflagen zu verhindern. Dass die Gegenseite darauf reagiert, indem sie die Grenzen dieser Auflagen von Fall zu Fall austestet, kann nicht verwundern. Ein solches Vorgehen wird vom politischen und medialen Mainstream regelmäßig nur dann begrüßt, wenn es gegen mißliebige „rechte“ Gruppierungen und Anliegen geht, während etwa massenhaftes Schuleschwänzen von Klimaaktivisten, eine Ordnungswidrigkeit wie die Weigerung zum Masketragen, meist ungeteilten Beifall findet.

Die Münchner Ordnungshüter sähen es natürlich am liebsten, wenn es gelänge, „stationäre Versammlungen auf weitläufige Orte außerhalb der Altstadt festzulegen“, wie es KVR-Chef Thomas Böhle in der SZ andeutete. Damit kann er nur die Theresienwiese gemeint haben, wohl wissend, dass er damit vor Gericht nicht durchkommen wird, denn das Grundecht schützt auch die Wahl des Ortes, eben um eine möglichst große Aufmerksamkeit zu erzielen.

Ob der Ruf nach „null Toleranz“ bei „Corona-Gegnern“ verfängt, bleibt abzuwarten. Die Zurückhaltung der Polizei mag nicht zuletzt darin begründet liegen, dass sich die Polizeiführung der Loyalität der Beamten nicht völlig sichern sein kann. Zweifel an der Weisheit der Regierenden in Sachen Pandemie sind in den Reihen der Ordnungskräfte paradoxerweise wohl weiter verbreitet, als bei grünen und linken Law-and-Order-Fetischisten. 

Eskalierende Presse, eskalierende Politiker, deeskalierende Polizei: Das gleiche Bild zeigte sich übrigens gestern in Kassel. "Friedlich und ohne größere Zwischenfälle, Menschen aus der Mitte der Gesellschaft – das war mein Eindruck heute nach mehr als siebeneinhalb Stunden auf den Kundgebungen gegen die Corona-Maßnahmen in Kassel", schreibt Beobachter Boris Reitschuster, "umso erstaunter war ich, als ich die Zusammenstellung der Berichte in den großen Medien las. Die gleichen Blätter, die regelmäßig gewalttätige Mobs in Innenstädten als „Party- oder Eventszene“ schönschreiben, sprechen nun von einem „Randale-Mob“ wie etwa die Bild-Zeitung. Das ist eine bewusste Irreführung der Leser."

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Karin Krause / 21.03.2021

Leider ist das wie hier beschrieben schon fast Realität!!!

E. Müsch / 21.03.2021

Gestern war ich auch in Kassel und Augenzeuge einer absolut freidlichen und genehmigten Demonstration, auch wenn kurzfristig der Ort verlegt wurde aber was man in der MSM lesen musste ist unter aller Sau. Eine friedliche Demo von Bürgern aus der Mitte der Gesellschaft, die für Bürger - und Freiheitsrechte und Demokratie eintreten, werden hier kriminalisiert und diffamiert . Schämt Euch Ihr Lügner seid eine Schande für euren Berufsstand. Der Begriff Lückenpresse ist bei weitem zu harmlos für diese Hetze und Lügen. Der Begriff Lügenpresse trifft es haargenau. Die Gewalt wurde von Provokateuren inszeniert, und die Polizei reagierte überhart als sie den Friedrich Platz räumte, zu dem Zeitpunkt waren die meisten bereits auf dem Nachhause weg.

S.Müller-Marek / 21.03.2021

In Kassel gab es eine Gegendemonstration zur Demonstration gegen die Corona Maßnahmen. Wie werden denn eigentlich die Gegendemonstranten behandelt? In welcher Größenordnung treten die denn auf? Warum erfährt man darüber nichts? Das war eine rhetorische Frage. Natürlich finden wieder nur die “bösen” Demonstranten Einzug in die linksdrehenden Medien. Daran sieht man ein weiteres Mal, wie einseitig und manipulierend unsere Informanten sind!

Hans-Peter Dollhopf / 21.03.2021

Soeben wird auf WeLT die AntiCop, also die Anti-Coronapolitik-Demonstration vom Samstag in Kassel eintotschlägig zertreten. Alan Posener, der mit dem besonderen Riecher posaunt etwa: “Die Freiheit meiner Aerosole endet an der Nase des anderen” Yo! So einfach geht das mit der Selbstbeherrschung des eigenen Ausatmungsresultats. Ganz theoretisch natürlich! Weiß diese Flachkopfschraube eigentlich, welchen Schwachsinnsanspruch sie da getextet hat? Sitzen die bei WeLT alle im falschen Zug und von Station zu Station wird der Ausstieg irgendwie peinlicher?

Stephan Maillot / 21.03.2021

Ich frage mich öfter ernsthaft, inwieweit wir uns im Moment noch die Politiker, die diesen ganzen Zirkus anführen, als noch geistig gesund vorzustellen haben. Die agieren seit einem Jahr in einer Blase aus ihresgleichen, Promi-Virologen etc., unter Voll-Stress. Die momentane Führung kommt mir nicht mehr so vor, als ob sie noch im engeren Sinne “zurechnungsfähig” ist. Man schaue sich doch Merkel, Spahn und Lauterbach mal an, wie die auftreten! Wäre auch gar nichts so besonderes, wenn sich da inzwischen die Schrauben gelockert hätten. Wie zurechnungsfähig war ein Robespierre noch in der Hochphase der französischen Revolution? Irgendwann kippt so ein System in eigentlichen Wahnsinn, der keinen Realitätsbezug mehr hat, was nicht heißt, dass die Akteure deswegen automatisch keine (schadhafte) Macht über das System und die Menschen mehr hätten.

Boris Kotchoubey / 21.03.2021

Ein sehr gutes Beispiel zeigen die Demonstranten in Salzburg. Sie kommen nicht mit medizinischen Masken. Sie kommen in vollen Anzügen - solchen, in denen man in Höchstsicherheitslaboren wie in Wuhan arbeitet. Somit demonstrieren sie jedem die Absurdität der Corona-Maßnahmen - und sind unangreifbar.

B. Kurz / 21.03.2021

@Bernhard Maxara: Ja, Herr Maxara, ich bin manchmal auch am Verzweifeln über den vermeintlich eingeforderten Gehorsam für die Demonstrationen. Aber es sind keine “Genehmigungen”, die eingeholt werden, sondern einfach nur ANMELDUNGEN zu Versammlungen, die dem Zweck dienen, dass die Versammlungen durch die Polizei geschützt bzw. verkehrstechnisch geleitet wird. Dass dieser “Schutz” in leider zu vielen Fällen zu grobem Mißbrauch durch einige gewaltbereite Polizisten führt, ist leider eine traurige Tatsache, weil tlw. unverhältnismäßige Schlägereinheiten eingesetzt werden. Aber glauben Sie mir, wenn sie plötzlich einer Horde wildgewordener Antifanten gegenüberstehen, sind sie froh, wenn die Polizei ihrer eigentlichen Aufgabe nachkommt. Die letzten Demos haben auch gezeigt, dass die Teilnehmer immer mehr verstehen, dass die “Genehmigung” samt Auflagen ja nicht unbedingt ernstgenommen werden muß.

Armin wacker / 21.03.2021

Die Grünen sollten sich schwer zurückhalten, was sie ja zum Glück nicht tun werden, denn es sind ihre Wähler, die da demonstrieren.

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