Cora Stephan / 24.02.2022 / 11:00 / Foto: Pixabay / 9 / Seite ausdrucken

Cora Stephan: Die Stimme der Provinz – auf in den Baumarkt!

Was tun, wenn es draußen frühlingt und man den irritierenden Nachrichten aus aller Welt wenigstens für ein paar Stündchen entfliehen will? Wenn sich um die eigene bedeutungslose Existenz zu kümmern das einzige zu sein scheint, was man gegen die stündlich anbrandenden Hiobsbotschaften tun kann? Man muss sich dessen jedenfalls nicht allzu sehr schämen, wenn man keine Nachkommen hat, die einen später vorwurfsvoll fragen könnten, warum wir denn damals nicht... Einspruch... Widerstand... Tyrannenmord...

Einspruch haben wir ja durchaus eingelegt, regelmäßig. Doch wer hört schon auf unsereins?

Und deshalb: auf zum Bau- und Gartenmarkt! Hier trifft man Männer, die robuste Kleidung und die FFP2-Maske halbmast tragen und so aussehen, als ob sie wissen, was sie brauchen. Kurz: Bastler. Nestbauer. Heimwerker. Alltagstaugliche Selbermacher, denen der ganze Quatsch, den die da oben in die Welt blasen, am Arsch vorbeigeht – und die im Übrigen keinen Zweifel zulassen, dass es sich bei ihnen um Männer handelt. Und die Frauen, die sich dort aufhalten und zielgerichtet durch die Gänge streifen, sind eindeutig Frauen. Aber gendern? Elter-1- statt Muttersprache? Feministische Außenpolitik? Das interessiert unter Garantie keine, die nach der passenden Hohlkehle sucht und die weiß, wo sie die Trennscheiben in allen Größen findet.

„Wollen wir es miteinander versuchen?“

Wobei – naja: Nicht alle im Baumarkt tätigen Spezialisten nehmen Frauen per se für voll. Man muss schon um ein wenig Anerkennung kämpfen, etwa beim Mann für die richtige Farbmischung. Kleiner Rat: nicht beleidigt sein, sondern lieber sein Genie rühmen: Wie er die mitgebrachte Farbprobe scannt, die richtige Mischung ermittelt, den geöffneten Topf mit der weißen Grundfarbe unter die Farbdüsen stellt und ihn hernach wieder gut verschließt, damit er im Rüttler nicht explodiert...

Ja, ich gebe alles zu: Meine Favoriten sind die schweren Männer, gern auch tätowiert, die mit dem Baumarktlogo auf der Weste neue Ware in die Regale räumen. „Können Sie mir helfen?“ Frage mit Augenaufschlag. „Keine Ahnung.“ Brummige Antwort. „Wollen wir es miteinander versuchen?“ Na und ob. Es folgt ein Spaziergang im Außenbereich an allem vorbei, was irgendwie mit Gartenzäunen und Sichtblenden zu tun hat und der passenden Farbgebung. Man scheidet voneinander in bestem Einvernehmen, nicht ohne die enorme Auswahl gerühmt zu haben, auch wenn das Gewünschte nicht gefunden wurde. Es scheinen hier vor allem jene perversen Gelüste befriedigt zu werden, die sich später in irgendeinem halbplanierten Vorgarten entladen, zum Schrecken aller Vorbeiflanierenden.

Und ganz zum Schluss kommt sie dann doch noch ins Spiel, die Weltlage. Der Zaun, der vor einer Woche auf 1,80 Meter 59 Euro gekostet hat, ist jetzt 72,95 Euro teuer. Wer ist schuld? Wahrscheinlich der Chinese. Oder der Amerikaner, der baut und baut, woran Joe Biden schuld ist mit seinem Konjunkturprogramm. Oder die Waldbrände in Kalifornien und der Borkenkäfer in Kanada. Oder Corona und Putin. Was weiß man schon.

Prompt ist man wieder bei allem, vor dem man flüchten wollte.

Es gibt keinen Westen mehr zu erobern

Doch halt! Hießen Baumärkte nicht, noch bevor man sie Heimwerkermarkt nannte, Lager für Siedlerbedarf? Das löst doch glatt wieder wohltuende Empfindungen aus. Siedler sein! Die Pferde vor den Planwagen spannen und irgendwohin ziehen, um sich ein neues Leben aufzubauen! Fernab feministischer Politik, die Männer überwinden will, obwohl man sie doch dringend braucht, wenns ums Siedeln geht! Fort, nur fort in ferne Weiten, ohne Radio, Fernsehen und Tageszeitung, dorthin, wo man abends müde auf die Matratze sinkt, weil man den Kopf ausgeschaltet und etwas mit den Händen getan hat.

Jaja, ich weiß schon. Es gibt keinen Westen mehr zu erobern und ein Zuckerschlecken war das auch nicht gerade, ganz abgesehen von den darunter leidenden Indigenen. Beschränken wir uns lieber aufs Lackieren der Hohlkehle.

Doch eine kleine historische Reminiszenz sei noch angefügt: Einst haben sich die deutschen Fürstentümchen um die in Frankreich von den Papisten verfolgten protestantischen Hugenotten gerissen, da man ihnen nachsagte, qualifiziert und fleißig zu sein. Das waren Siedler nach herrschendem Geschmack.

Heute wundert man sich, dass man, wenn man mit Sozialhilfe lockt, lauter Sozialhilfeempfänger erhält. Die trifft man selten im Baumarkt. Aus diesem und aus jedem anderen Grund.

 

Mehr von Cora Stephan lesen Sie in ihrem neuen Buch „Lob des Normalen: Vom Glück des Bewährten“. Hier bestellbar.

Foto: Pixabay

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Klaus Keller / 24.02.2022

Siedler? Gute Idee! Den Oblast Kaliningrad könnte man in Preußen umbenennen und deutsch als zweite Amtssprache einführen. Eine Steuerfreiheit von 3 Jahren für alle neuen Bürger die eine der Amtssprachen sprechen und eine nützliche Lebenserfahrung mit sich bringen könnte verlockend sein. Man könnte von Bundespräsident Frank Walter Steinmeier Tantiemen verlangen, wenn er, wie so oft, vor seinem Schloss, Preußens Gloria spielen lässt. Ob ein Nachfahre Wilhelms preußischer König werden könnte?  Warum nicht? Preußen und Russland hatten Zeitweise auch gemeinsame Feinde. Der russische Zar wäre ranghöher so das die Machtverhältnisse klar sind. Es müsste natürlich die Frage geklärt werden was mit den besetzten Palästinensergebieten passiert. Ubs den besetzten preußischen Gebieten muss es natürlich lauten. Das könnte doch lustig werden.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Cora Stephan / 02.05.2024 / 10:00 / 48

Toxische Weis(s)heit: Nancy und das Kalifat der Reichsbürger

So also ist das: Erst errichten die Reichsbürger ein Kalifat, um dann ins Deutsche Reich von 1871 zurückzukehren?  Gut, dass es den Prozess gegen die…/ mehr

Cora Stephan / 08.04.2024 / 06:15 / 35

„Babys sind der Goldstandard des Menschenhandels“

Birgit Kelles Zorn ist in jedem Kapitel ihres neuen Buches über Leihmutterschaft zu spüren. Sie hat die ganze Szene und ihre Propagandisten bis ins letzte…/ mehr

Cora Stephan / 08.03.2024 / 06:15 / 49

Männer! Richtige Männer! Es gibt sie noch!

Botschaft an alle Männer, die heimlich daran zweifeln, dass es 99 Geschlechter gibt, ein Mann per Selbstermächtigung zur Frau wird und Frauen die besseren Menschen…/ mehr

Cora Stephan / 29.02.2024 / 11:00 / 51

Daniela Klette und der vergessene Linksextremismus

Die Innenministerin ist voll des Lobes angesichts der Festnahme von Daniela Klette, 65 Jahre alt, Mitglied der RAF, Dritte Generation. Fahndungserfolg nach nicht einmal 30…/ mehr

Cora Stephan / 15.02.2024 / 06:05 / 65

Toxische Weis(s)heit: Die Heuchler von Ulm

Eine Stadt die in der Coronazeit durch besonders rigide Freiheitseinschränkungen von sich reden machte, setzt sich plötzlich für „Vielfalt und Demokratie“ ein. Ulm ist ein…/ mehr

Cora Stephan / 10.02.2024 / 12:00 / 36

Merz in Grün?

Was geht im Kopf eine Politikers wie Friedrich Merz vor, der die Grünen erst zum Hauptgegner erklärt und dann eine Koalition mit ihnen nicht mehr…/ mehr

Cora Stephan / 01.02.2024 / 12:00 / 40

Toxische Weis(s)heit: Teure Migration

Eine holländische Studie ermittelte, dass zwei Drittel aller Einwanderer den niederländischen Staat Geld kosten. In Deutschland ist die Lage längst kritisch. Wer 2015 nicht nur Gefühle…/ mehr

Cora Stephan / 25.01.2024 / 10:00 / 35

Preisverleihungen nur noch auf Bewährung!

Wer einen Preis verliehen bekommt, weil er was besonderes geleistet hat, sollte sich sehr genau überlegen, mit wem er künftig redet. Sonst ist der womöglich…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com