Cora Stephan / 06.05.2021 / 10:00 / Foto: Pixabay / 26 / Seite ausdrucken

Cora Stephan: Die Stimme der Provinz – Ab in die Höhle!

Manchmal will man sich einfach aus dem Spiel bringen. Verschwinden. Spurlos. Dorthin, wo man weder einen Impfpass noch eine Maulbinde braucht. Weg aus dem Wahnsinn. Doch wohin? Ferne Inseln? Da sei die Grenzkontrolle vor.

Nun, wenigstens die Sache mit einem Ausweis dürfte sich erledigen lassen, man wende sich dahin, wo sich auch die vielen angeblichen Syrer ihre Papiere besorgt haben. Mal abgesehen davon, dass man schon gar keine braucht, sofern man irgendeinen Asylgrund plausibel machen kann. Doch so viel Verstellungskunst ist nicht jedem eigen. Würde man Biodeutschen mit Dreitagebart abnehmen, dass sie erst fünfzehn sind? Nein. Eben.

Was tun? Wohin sich wenden? In die Wälder, ihr Germanen? In gut sortierte Fichtenmonokulturen vielleicht? In eine Blockhütte am See, wie einst Ralph Waldo Emerson? Dort stehen bereits die Datschen der anderen.

Nach Innisfree, mit Yeats? „I will arise and go now, and go to Innisfree, and a small cabin build there, of clay and wattles made; nine bean-rows will I have there, a hive for the honey-bee, and live alone in the bee-loud glade.“ Doch weiß man, warum es genau neun Reihen mit Bohnen sein müssen? Schon Walden musste sich erst mit dieser Spezies vertraut machen. Und auch Innisfree ist nicht mehr das, was es zu Yeats‘ Zeiten mal war.

Man ist dort in guter Gesellschaft

Kurz: Diese romantische Art des Aussteigens hat sich erledigt. Das spurlose Abtauchen in die Waldhütte verhindert schon der Hubschrauber mit der Wärmebildkamera. Es sind härtere Maßnahmen nötig. Wie einst heißt das: in den Untergrund gehen. Dem Städter stehen Bunkeranlagen aus dem Zweiten Weltkrieg, stillgelegte U-Bahnschächte und hie und da die Kanalisation zur Verfügung, jedenfalls in Wien, zu Zeiten vom „Dritten Mann“. In der Provinz hat man es manchmal, aber auch nicht immer netter.

Dass der Harz durchlöchert ist wie ein Emmentaler, ist bekannt. Ebenso, dass dort noch niemand das Bernsteinzimmer gefunden hat. Man müsste es sich also schon selbst gemütlich machen. Gut, auch ungenutzte Eisenbahntunnel sind brauchbar, vielleicht findet sich in dem einen oder anderen sogar noch einer der vielen Eisenbahnzüge des Führers, die man in Bereitschaft hatte, er wurde ja überall gebraucht, und die waren mit allem ausgerüstet, auch mit Telefonanlagen ohne Anschluss.

In meinem französischen Ausweichquartier, im Vivarais am Rande der Cevennen, ist der Untergrund seit Jahrtausenden ein beliebter Rückzugsort: Tausende von Höhlen durchziehen die Gegend, ideal fürs Untertauchen, sei man Mörder oder Schmuggler, Rebell oder Fanatiker, im Widerstand oder desertiert. Oder Künstler.

Wer über das langgestreckte Kalkplateau wandert und die richtige Nase dafür hat, stößt, wer weiß, auf eine steinzeitliche Bilderhöhle. So jedenfalls erging es vor wenigen Jahrzehnten Jean-Marie Chauvet und seinen Freunden, Hobbyhöhlenforscher, die eigentlich dachten, die meisten Höhlen rund um den Pont d‘Arc bereits zu kennen. Doch eines Tages wehte sie ein Luftzug an, der aus einer kaum sichtbaren Öffnung kam, und dann – nun: die von den Dreien entdeckte Grotte ist eine der größten, ältesten und am besten erhaltenen Höhle mit Malereien aus dem Jungpaläolithikum. Pferde. Höhlenlöwen. Wollnashörner. Bisons. Panther. Man ist dort in guter Gesellschaft.

„Die Cevennen müssen brennen.“

In der Neuzeit wurde in den unzählig vielen Höhlen eher weniger gemalt. Als Zufluchtsorte aber waren sie noch immer Gold wert, erst für die Hugenotten des Vivarais, später für Kämpfer der französischen Résistance. Ludwig XIV. kassierte 1685 das Verdikt, mit dem der gute König Henri IV. den Hugenotten Religionsfreiheit gewährt hatte und verfolgte die ungeliebten Calvinisten gnadenlos. Der Kampf gegen die Kamisarden, wie sie in den Cevennen genannt wurden, dauerte mehr als hundert Jahre. Wer nicht flüchtete, in die Schweiz oder nach Deutschland, zog sich in den Untergrund zurück, in den „désert“. Wortwörtlich heißt das Wüste, aber gemeint waren Einsamkeit und Abschied von der Welt. Zu ihren Gottesdiensten trafen sich die Hugenotten in einer Schlucht oder einer Grotte.

Der Widerstand, den die Kamisarden der könglichen Armee leisteten, immerhin damals die beste der Welt, bediente sich bewährter Guerillataktiken. Man kannte das Gelände und hatte den Überblick, wenn so eine Armee heranrollte, die ja schwerlich zu übersehen war. Zwei Jahre ging das hin und her. Der verzweifelte Befehl eines der Heerführer lautete schließlich: „Die Cevennen müssen brennen.“ Und so geschah es. Beinahe 500 Dörfer wurden niedergebrannt. Verwilderte Gärten, geschwärzte Steinwände, abgedeckte Dächer, leere Fensterhöhlen: Die Rauchschwaden hängen noch heute über Landschaft und Gemütern.

Doch das soll niemanden abhalten. An irgendeinem Berghang, mit Blick auf Ardeche oder Chassezac, muss sie sich doch finden lassen, die wasserdichte Unterkunft mit Feuerstelle für jemanden, der nicht die Zivilisation flüchtet, sondern das, was die Dummheit der Regierenden und die der Regierten daraus gemacht hat.

Es muss doch ein Entkommen geben.

Mehr von Cora Stephan lesen Sie in ihrem neuen Buch „Lob des Normalen: Vom Glück des Bewährten“. Hier bestellbar.

Foto: Pixabay

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

S. Marek / 06.05.2021

Liebe Frau Cora Stephan, haben Sie schon mal den Film “Der Planet der Affen” gesehen ?  Wir sind auf dem Weg dahin.  Kaufen Sie sich rechtzeitig ein Flugticket beim Elon Musk. Seine Starship Rakette hat erste erfolgreiche Landung absolviert.

Bernd Keller / 06.05.2021

Exit Eifel? Aber Spinner haben wir genug! Auch gute! Springprozessionen auch - sind aber ehr für mehr WÄRME und SOMMER. Greta würd morgen mit Konsorten auf die Nase fallen; Eisregen gemeldet. Publikum gibt es auch nicht - Fast alle sind Arbeiten, die Rentner machen noch etwas mehr Holz als geplant, die Rentnerinnen versuchen den Eisgarten zu retten. Kinder in der warmen Schule - nur in den Pausen und später auf dem Bolzplatz; auch mit Schneeregen…

Gerhard Schmidt / 06.05.2021

#Dr. Goetze: Ach nee. Bin vor 2 Jahren aus dem Rhein-Main-Ghetto mit Familie nach Ostfriesland geflüchtet! Bremen ist bald deutschenfrei, die sind jetzt auch alle hier…

Albert Martini / 06.05.2021

Es ist mir ein Vergnügen, Romantikdeutschlands Zentralfigur Heinrich von Ofterdingen nachzureichen: der fand in der Höhle immerhin einen der damals noch ästhimierten Hohenzollern.

Thomas Taterka / 06.05.2021

Jeder muß heutzutage ganz allein für sich entscheiden, wieweit er diesen gefährlichen Schwachsinn, der sich Politik nennt , in sich hineinkriechen und an die Eingeweide läßt. Es ist vor allem eine Frage der persönlichen Distanz und des Lebenswillens. -Wahrscheinlich ist es momentan nicht, aber es ist -durchaus -möglich, daß die gesamte globale Hysterie zu einem jähen Ende kommt durch einen wirtschaftlichen Zusammenbruch und dann ist die Geschichte,  entgegen aller Experten - Erwartung wieder ... offen. Nichts hält ewig . Und niemand kann wirklich voraussehen , was schon in wenigen Jahren TATSÄCHLICH sein wird. - Ich hoffe, damit die Deprimiertesten hier im Forum zu erreichen. Auch wenn ich manchmal selbst so klinge, bin ich DOCH davon überzeugt, daß die Geschichte voll von überraschenden Wendungen BLEIBT. Daran wird auch der jetzt triumphierende Massen -Irrsinn nichts ändern. -  ” Keep calm and carry on. “

Helene Bronner-Fiorentino / 06.05.2021

@Adrian Quesseleit   Ihre Zuschrift hat mich erschuettert. Ich habe meine Coronamassnahmendepression inzwischen hinter mir.  (Ich lebe zwar seit d Tod meines Mannes allein, habe aber - Gott sei Dank - eine sehr liebe u aufmerksame engere u weitere Familie) Ich kann Ihnen versichern, mir geht es jetzt besser, als vor der Depression. Ich weiss auch jetzt noch nicht, wie u ob wir aus diesem kollektiven Wahnsinn jemals wieder heraus kommen. Aber ich bin ueberzeugt, dass ” Der Herrgott” weiter sieht als wir.  Vielleicht kann Ihnen Paul Gerhardt ein wenig Trost u Zuversicht spenden: BEFIEHL du deine Wege/und was dein Herze kränkt/der allertreusten Pflege/des, der den Himmel lenkt./Der Wolken Luft und Winden/gibt Wege, Lauf und Bahn/der wird auch Wege finden,/da dein Fuß gehen kann.    Auch schon vor vielen Jahren, hat mir dieser Text immer wieder geholfen, weiter zu gehen.

Helene Bronner-Fiorentino / 06.05.2021

@Ricardo Sanchis   Ich fuerchte, Harz4 wird es bald nur noch fuer Geimpfte geben.

Ernst Flemm / 06.05.2021

Liebe Frau Stephan, falls nicht sowieso bekannt: Ernst Jünger, “Der Waldgang”. Aktueller denn je.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Cora Stephan / 09.05.2024 / 10:00 / 17

Toxische Weis(s)heit – Mit Gewalt an die Weltspitze

Deutschland galt lange als sicheres Land. Das ist lange vorbei, und Otto-Normalo leidet still darunter. Die Politik merkt erst jetzt was und macht ein großes…/ mehr

Cora Stephan / 02.05.2024 / 10:00 / 49

Toxische Weis(s)heit: Nancy und das Kalifat der Reichsbürger

So also ist das: Erst errichten die Reichsbürger ein Kalifat, um dann ins Deutsche Reich von 1871 zurückzukehren?  Gut, dass es den Prozess gegen die…/ mehr

Cora Stephan / 08.04.2024 / 06:15 / 35

„Babys sind der Goldstandard des Menschenhandels“

Birgit Kelles Zorn ist in jedem Kapitel ihres neuen Buches über Leihmutterschaft zu spüren. Sie hat die ganze Szene und ihre Propagandisten bis ins letzte…/ mehr

Cora Stephan / 08.03.2024 / 06:15 / 49

Männer! Richtige Männer! Es gibt sie noch!

Botschaft an alle Männer, die heimlich daran zweifeln, dass es 99 Geschlechter gibt, ein Mann per Selbstermächtigung zur Frau wird und Frauen die besseren Menschen…/ mehr

Cora Stephan / 29.02.2024 / 11:00 / 51

Daniela Klette und der vergessene Linksextremismus

Die Innenministerin ist voll des Lobes angesichts der Festnahme von Daniela Klette, 65 Jahre alt, Mitglied der RAF, Dritte Generation. Fahndungserfolg nach nicht einmal 30…/ mehr

Cora Stephan / 15.02.2024 / 06:05 / 65

Toxische Weis(s)heit: Die Heuchler von Ulm

Eine Stadt die in der Coronazeit durch besonders rigide Freiheitseinschränkungen von sich reden machte, setzt sich plötzlich für „Vielfalt und Demokratie“ ein. Ulm ist ein…/ mehr

Cora Stephan / 10.02.2024 / 12:00 / 36

Merz in Grün?

Was geht im Kopf eine Politikers wie Friedrich Merz vor, der die Grünen erst zum Hauptgegner erklärt und dann eine Koalition mit ihnen nicht mehr…/ mehr

Cora Stephan / 01.02.2024 / 12:00 / 40

Toxische Weis(s)heit: Teure Migration

Eine holländische Studie ermittelte, dass zwei Drittel aller Einwanderer den niederländischen Staat Geld kosten. In Deutschland ist die Lage längst kritisch. Wer 2015 nicht nur Gefühle…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com