Der Helikopter-Skandal um Christine Lambrecht wirft erneut ein schlechtes Licht auf ihre Kompetenz als Verteidigungsministerin. Ihr bisheriges Auftreten gibt Anlass, sie für eine Quotenfrau zu halten.
Durch ein scheinbar harmloses Instagram-Foto kam ein Skandal um Verteidigungsministerin Christine Lambrecht ins Rollen. Am 13. April ließ sie ihren 21-jährigen Sohn im Dienst-Helikopter nach Nordfriesland mitfliegen, wo sie das Bataillon Elektronische Kampfführung 911 besichtigte, um am nächsten Tag gemeinsam mit dem Nachwuchs zum Osterurlaub auf Sylt weiterzureisen – in der Ministerinnen-Kolonne samt BKA-Personenschützern. Nachdem ihr Sprössling ein Foto von sich im Helikopter bei Instagram postete, wurden große Medien wie die BILD-Zeitung aufmerksam. Zuerst hatte der Business Insider über den Fall berichtet.
Das Verteidigungsministerium übte sich in vornehmer Zurückhaltung und verifizierte Anfang der Woche lediglich die Mitnahme eines „Familienangehörigen“, aus Datenschutzgründen wollte man die Mitnahme von Sohn Alexander nicht bestätigen, ebenso wenig die Höhe einer etwaigen von Christine Lambrecht geleisteten Erstattung. Die Ministerin habe die entstandenen Kosten für den Mitflug jedoch voll übernommen, da ihre Begleitung keinen dienstlichen Hintergrund hatte, zitierte der Spiegel einen Sprecher. Diese soll demnach rund 150 Euro für den Trip bezahlen. Zur veranschlagten Kalkulation schreibt der Business Insider, dass eine Flugstunde in dem Cougar-Regierungshubschrauber rund 5.300 Euro koste.
Daneben wird der Zeitpunkt der Reise von vielen Kommentatoren thematisiert: Mitten im Ukraine-Krieg und heftigen Diskussionen darüber, welche Rolle Deutschland bei der militärischen Unterstützung des Landes spielen soll, plant ausgerechnet die Verteidigungsministerin einen Kurztrip auf die Luxusinsel Sylt. Dabei sollen wir doch „Frieren für den Frieden“.
Konfrontiert mit den Vorwürfen gibt sich die Verteidigungsministerin tiefenentspannt und scheint die Angelegenheit für nicht weiter wichtig zu halten. Immerhin zeigt sie „Verständnis für die Kritik“, wie ein ZDF-Bericht titelt. Im dazugehörigen Interview sagt sie: „Ich bin als Ministerin in der Situation, dass ich sehr wenig Zeit habe für Privatleben und insbesondere für den Kontakt mit meinem Sohn (…) ich bitte um Verständnis dafür, dass es darum geht, eben auch den Kontakt zum Kind aufrecht zu erhalten.“ Das „Kind“ strebt allerdings schon einer Körpergröße von 1.90 Metern entgegen und ist auch sonst schon ziemlich erwachsen.
Normale erwerbstätige Mütter brauchen auch keinen Hubschrauber
Ein wenig erinnert diese Geschichte an den Fall Anne Spiegel. Die hatte ihren vierwöchigen Familienurlaub als damalige rheinland-pfälzische Umweltministerin unmittelbar nach der Flutkatastrophe im Ahrtal ebenfalls mit den Bedürfnissen ihrer vier Kinder und ihres kranken Mannes gerechtfertigt. Es ist schön, dass unsere Ministerinnen anscheinend mehr und mehr ihre familiäre Seite für sich entdecken. Nur haben sie sich für diese Art von Work-Life-Balance leider die falschen Berufe ausgesucht. Sie bekleiden Spitzenämter, die nun einmal den vollen Einsatz erfordern. Eigentlich.
Warum sollen wir Ministerinnen plötzlich für ihre Mütterlichkeit loben? So etwas bleibt, wenn man die Kompetenz schlecht loben kann. Ich sage nur: 5.000 Helme für die Ukraine. Im übrigen: Normale erwerbstätige Mütter schaffen die Kinderbetreuung auch ohne Hubschrauber. Und fliegen mit den kleinen Blagen im Gepäck auch nicht halbdienstlich nach Helsinki, Liechtenstein, Lissabon, Luxemburg, Paris, Prag und Slowenien (insgesamt sieben Flüge). Das Foto ihres Sohnes in einem Luxushubschrauber hat darüber hinaus etwas Rolexträgerhaftes und steht einer SPD-Politikerin nicht gut („protzig, peinlich, deplatziert“) zu Gesicht.
Auf Tagesschau online wird berichtet, dass sich Lambrecht eigentlich aus der Politik zurückziehen wollte, weil ihre Umfragewerte tief im Keller ruhten. Sie habe sich in ihren „Traumberuf“ als Anwältin zurückziehen wollen – und erst als ein SPD-Sieg wieder möglich schien, eines anderen besonnen: „Als im Herbst 2021 klar wird, dass die SPD weiter regieren kann, will Lambrecht von ihrem angeblichen Traumberuf offenbar nichts mehr wissen. Hinter den Kulissen lotet sie ihre Chancen aus, erneut Ministerin zu werden“. Aufgrund der von Olaf Scholz angekündigten Geschlechter-Parität im Kabinett landet Christine Lambrecht schließlich auf dem Posten der Verteidigungsministerin.
Ist Christine Lambrecht mehr als nur eine Quotenfrau? Was sie bisher abgeliefert hat, gibt keinen Anlass, diese Frage zu bejahen.
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