Als ob es auf die Namen ankäme, die Gesichter, so tingelten die drei Kandidaten um den CDU-Vorsitz durch die Lande und präsentierten sich vor Mitgliedern, die sie gar nicht wählen können. Denn das tun demnächst "Delegierte". Es ist also in etwa so wie bei einer Bundestagswahl. Alles glotzt auf die Kanzlerkandidaten, vor allem, wenn das fantastische TV-Duell ansteht. Gewählt wird der Kanzler aber vom Parlament.
Dieser seltsam bedeutungslose Showdown hatte seine eigenen Regeln. Werfen wir zuerst ein kurzes Streiflicht auf die drei Kandidaten. Da ist Friedrich Merz, der Konservative, der tönt, er wolle die CDU zu alter Stärke zurückführen, über vierzig Prozent, und die AfD halbieren. Damit kommt er nach gut zehn Jahren eigener Politikpause ungefähr so glaubwürdig um die Ecke wie weiland Hui-Buh, das Schlossgespenst auf meinen Kinderschallplatten. Da ist nämlich auch noch "AKK", die stilistische Wiedergängerin Angela Merkels, die genau die Sache mit den vierzig Prozent bereits geschafft hat – bei unter einem Achtzigstel der Deutschen, denn das Saarland hat nur eine knappe Million Einwohner.
Allerdings können auch solche Kleinigkeiten eine Bedeutung erlangen, beendete Kramp-Karrenbauers Wahlsieg doch den "Martin-Schulz-Effekt", das kurze erotische Strohfeuerverhältnis der Demoskopen zur SPD und der SPD zu ihrem Vorsitzenden. Und dann hätten wir noch Jens Spahn, der irgendwo zwischen neoliberal und dirigistisch durch die Landschaft irrlichtert, was er vor allem der Tatsache zu verdanken hat, dass der bekennende Merkel-Kritiker sich von Merkel ausgerechnet den schon seit Horst Seehofers Zeiten stets verlorenen Posten des Gesundheitsministers hat andrehen lassen. Der Mann läuft in seiner eigenen Partei nicht derart außer Konkurrenz wie Horst Seehofer in der Schwesterpartei, der weit und breit einzige politische Überlebende eines Gesundheitsministerpostens. In der Gesundheitspolitik, für die Spahn zuständig ist, lässt sich – auch wenn man nur für den Posten des Schatzmeisters einer Trachtenkapelle kandidiert – seit Seehofers Zeiten kein Blumentopf gewinnen, denn hinter dem Terrain der Minimalkompromisse, dem Niemandsland zwischen Kopfpauschale und Bürgerversicherung, lauert der Sumpf der prinzipiellen Reformunfähigkeit, des Ärztemangels und der allmählich eintretenden Pflegekatastrophe. Dass Seehofer diesen Posten glücklich los wurde, während Spahn ihn sich glücklich überhelfen ließ, spricht nicht für Spahns strategische Qualitäten.
Ist die CDU regierungs- und oppositionsunfähig?
Aus meiner Sicht haben wir es also mit drei mehr oder weniger dubiosen Kandidaten in einem ziemlich dubiosen Verfahren zu tun. Um die CDU selbst ist mir dennoch nicht bange – vorläufig. Jeder der drei Kandidaten wüsste, was zu tun ist, denn auch ein ausgestopfter Postsack auf dem Posten des Vorsitzenden täte es: Ein wenig konservatives Denken antäuschen und ansonsten mit dem Gedankengut der SPD, der Grünen und nötigenfalls der Linkspartei hausieren gehen, mit Unterstützung des Zwangsfernsehens. Das sichert derzeit im Schnitt noch etwa fünfundzwanzig bis dreißig Prozent Stimmanteil, außer vielleicht im Wilden Osten, aber auf Bundesebene dürfte es klappen mit der "stärksten Kraft". Vorsorglich hat soeben auch die FDP für den Migrationspakt gestimmt, man will ja bei der Machtverteilung nicht völlig außen vor bleiben, und die CDU hat ja auch noch einen Wirtschaftsflügel. Wenn schon die CEBIT zusammenbricht, könnte sich die CDU, neben allen linksgrünen Weltrettungsambitionen, tatsächlich hier und dort auf ein paar wirtschaftsfreundliche, liberale Inhalte besinnen.
Politik ist die Kunst des Möglichen. Damit ist umrissen, worin die CDU sich üben muss, egal, wer ihr vorsitzt. Erstens: Den Posten der stimmstärksten Kraft halten, und sei es auch nur um zwei oder drei Prozent. Zweitens: Genügend Spaltung und Unfrieden im restlichen Teil des linken Lagers aufrechterhalten, damit es dort zu keiner Einigung an der CDU vorbei kommt – am besten dadurch, sich selbst unauffällig als den irgendwie konservativen Teil des linken Lagers zu präsentieren. Auch da könnte das Zwangsfernsehen dort weitermachen, wo es heute schon steht, kritiklos. Drittens: Mit nunmehr allen linken Parteien koalitionsfähig werden, zuzüglich der FDP, denn die hat ja traditionell auch einen linksliberalen Flügel, für den Notfall. Viertens: Rechts ist bäh! Kritik am linksgrün-neoliberalen Einheitskurs ist rechts, bäh, und daher unerwünscht!
Das ist es, worum ich die CDU nicht beneide. Sie ist regierungs- und oppositionsunfähig geworden, gegenstandslos, denn sie steht für nichts und gegen nichts. Wer ihr präsidiert, ist völlig egal, und die Wahl der CDU zwischen Annegret Kramp-Karrenbauer und Friedrich Merz – zum "Dritten Mann" siehe oben – von ähnlicher Abwechslung gekennzeichnet wie ein verzweifeltes Hin-Und-Her-Zappen zwischen Caren Miosga und Claus Kleber.