Ich geh zum Griechen um die Ecke. Und ich meine einen echten Griechen, keinen verkleideten Araber der auf Alexis Sorbas macht. Ein Ehepaar. Beide alt wie Akropolis und die Gesichter so verwittert als hätte Phidias sie noch selbst gemeißelt. Dort gibt es das Essen auf großen Tellern aus Porzellan. Die Portionen reichen um ganze afrikanische Länder neidisch zu machen. Die Pommes sind braun geröstet = keine Bio-Öko-EU konforme Kartoffelknete. Für die Berge von Fleisch auf dem Teller müssen ganze Herden gestorben sein. Es liegen griechische Zeitungen aus, im Röhrenfernseher in der Ecke läuft griechischer Fußball oder griechische Telenovas und an den Wänden hängen ausgeblichene Familienbilder mit grinsenden Enkeln (die jetzt vermutlich schon selber Kinder haben). Die Alte schaut einem mit unbändiger Begeisterung zu während man sich durch die Gebirge an Kohlenhydraten und Fetten frisst. Würde sie noch breiter grinsen, die Mundwinkel träfen sich am Hinterkopf. Der Alte nickt stumm dazu und hebt kaum den Blick vom Kreuzworträtsel. Und es schmeckt! Schei** auf Chichi-Gastronomie und woken Bio-Fraß.
Das Geschirr meiner Wahl: Arzberg Form 1382 Blaublüten. Ich selbst trage bergseeblaue Augen und Reste blonden Haarbestandes. An meine Haut lasse ich nur mich und Schöne.
Ich überlege mir seit Ewigkeiten ein unhandliches, schweres, silbernes, neobarockes Essbesteck zu kaufen, nur für 1 Person, nur für mich. Ich habe bisher noch keins gefunden, das prunkvoll genug gewesen wäre, das sogar Graf Dracula zufrieden gestellt hätte. 2 riesige silberne oder vergoldete Altarleuchter für den hyper-modernen Esstisch oder dem flachen Computerbildschirm, gehören noch zu meinen irren Phantasien. Fürs Schlafzimmer ein gewaltiges Gemälde von Angela Merkel in Lack & Leder… nein, so pervers bin ich auch wieder nicht.
Heute ist die Verpackung wichtiger als der Inhalt, oder wie hier, die Präsentation wichtiger als das Essen. Diese überkonstruierte Design-Dekadenz entspricht dem Zeitgeist. Übertragen auf Menschen-Führer von heute: Hauptsache sie haben die Haare schön, wie Habeck und Baerbock, wenn sie illusionär im »Grünen Reich« öffentlichkeitswirksam »habecken« und »baerbocken«. Sowohl der Design-Schwachsinn rund um Speisen sowie die Etablierung von irrationalen Forderungen waren und sind erst durch Publikationen wie ZEIT, FAZ, SÜDDEUTSCHE und exemplarisch SPIEGEL (Claas Relotius lässt grüßen) Mainstream geworden. Einerseits fantasieren sie beispielsweise gemeinschaftlich von schlagkräftigen Panzern, die wieder gegen Osten rollen, oder träumen von zusätzlichen zehntausenden Windrädern, die auch ohne Wind und Zwischenspeichern existieren sollen, andererseits sind sie zu blöd einen (ehrlichen) argumentativ begründeten Satz fehlerfrei zu sprechen respektive zu schreiben. Um im großen Motivations-Bild beim Thema zu bleiben, sie hätten allesamt den tiefen Teller nicht erfunden…
Ich kaufe, wo ich kann, Römer. Mit grünem Fuß und klarem 1/4l Glasbecher, um meinen Wein zu trinken. Ich bin fassungslos, wie diese schönen Gläser aus der Mode kamen. Die gesichtslosen Riedelgläser stehen für Notfälle ganz hinten.
Gefällt mir sehr, dieser Artikel. Wer eine blütenweiße Tischdecke mit Geschirr aus Porzellan auflegt und daneben weiße Baumwollservietten legt, gilt heutzutage als hoffnungslos veralteter Tischsitten-Neandertaler. Mir aber egal, auch was die Ökobilanz der weißen Kochwäsche im Anschluss betrifft. Kerzenlicht beim abendlichen Essen kommt auch immer mehr aus der Mode. Genau wie echte und schön gebundene kleine Blumensträuße auf dem Tisch.
Leider betrifft dies nicht nur die Tisch- und Eßkultur, nein, es ist inzwischen bereits in alle Winkel des gesellschaftlichen Lebens ganz unbemerkt vorgedrungen: wer keine Familie mehr braucht, der braucht ein Tiny House, natürlich incl. Trocken-Trenn-Latrine für die Terra Preta; wer keine Klamotten mehr kaufen kann, weil inländische Produktion schon vor Jahrzehnten kaputt gemacht wurde und inzwischen ein Import nicht mehr lohnt oder gleich bereits verboten wurde, der wird beizeiten an die Löcher in den Hosen gewöhnt und flicken und nähen können die woken Damen und Herren mit ihren 2 linken Händen und den 10 Daumen ja sowieso nicht; wer keine richtige Schule mehr kennt, der braucht einen Vorbeter oder-sänger, weil selbständiges Denken bereits längst abgeschafft wurde. Es leben die neuen Sekten, die wirkliche Wissenschaft bereits längst geächtet und verbannt hat. Wer woke und modern sein will , der verzichtet erst auf Krawatte , dann auf’s Hemd, wie der Sakkokragen dann aussieht, weiß jeder der ab und zu mal noch ein Hemd selbst gewaschen hat und sogar beim Militär gab es die Kragenbinde nicht ohne Grund. Wir wissen jetzt zwar , wie wir unsere Hände waschen sollen, ohne Ursula wäre ich direkt am Dreck verreckt, aber dafür fressen wir “Fingerfood” und “Streetfood” , so wie wir “Street Ball ” spielen, obwohl wir Sportstätten und -vereine haben, obwohl wir bereits im KinderGARTEN , der keine Tagesstätte ist (!), bereits lernen mit Messer und Gabel zu essen. Wir fressen Doppelwhopper , wahrscheinlich mit dem Doppelwumms, und verblöden von Tag zu Tag mehr.
Die, die heute den Ton angeben, sagen was im Trend ist oder eben nicht, haben in ihrer Kindheit niemals von Porzellangeschirr essen dürfen , geschweige denn an Tischen mit weissen Damasttischtüchern sitzen dürfen. Für einen Mitteldeuten war es kurz nach der Wiedervereinigung einigermassen befremdlich bei einem Besuch bei den Brüdern und Schwestern jenseits der Elbe den Kaffee aus unförmigen Tonpötten ohne Unterteller serviert zu bekommen . Dabei gab es damals noch Rosenthal und Seltmann Weiden. Die hat man lieber Pleite gehen lassen zu Gunsten des Einheitsbreies eines schwedischen Billiganbieters.Leider hat sich dieser seltsame Brauch dann auch ganz schnell diesseits der Elbe breitgemacht. Genau so wie Platzdeckchen aus Kunstoff, neuerdings aus „guten „ Material wie Bambus , Jute oder was die sonst noch dafür halten. Inzwischen muss man sogar beim bestellen einer Tasse Kaffee extra darauf hinweisen,,eine Tasse mit Untertasse zu bevorzugen. Auch ist es schick geworden sein Essen , auch in guten Restaurants, auf schwerem Tongeschirr in dunklen Farben , wie selbstverständlich auf der rohen Tischplatte, serviert zu bekommen. Niemandem scheint sich an dieser esthetischen Erbärmlichkeit zu stören.
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