Thilo Spahl, Gastautor / 21.08.2022 / 10:00 / Foto: Stefan Klinkigt / 60 / Seite ausdrucken

Brennt wirklich mehr Wald als früher?

Es ist Sommer. Es ist immer wieder heiß. Es ist trocken. Und der Wald brennt. Alles klar: Wir bekommen die Folgen des Klimawandels zu spüren.

„Waldbrände durch Klimakrise” sagt Spiegel Online, „Risiko wird mit Klimakrise immer größer" erfahren wir bei tagesschau.de. „Der Klimawandel schafft Voraussetzungen für verheerendere Feuer”, weiß der „Faktenfuchs” vom Bayerischen Rundfunk.

Aber beobachten wir hier wirklich die Folgen des Klimawandels? Brennt es heute in Deutschland mehr als früher? Und wenn ja, warum? Schauen wir zunächst auf die Antworten zweier Medienlieblinge aus der deutschen Klimakatastrophen-Community.

Laut Windradpapst Volker Quaschning sind verhinderte Windräder schuld an den Waldbränden: „Es gibt Menschen, die #Windkraft verhindern, um angeblich den #Wald zu schützen. Das Gegenteil ist aber der Fall. Jedes verhinderte Windrad heizt die #Klimakrise an mit Hitze, Dürre und Waldbränden.“ (In gewisser Hinsicht hat er recht. Überall wo wir den Wald roden, um Windkraftwerke zu errichten, kann es auch keinen Waldbrand mehr geben.) 

Und laut Klimafolgenpapst Stefan Rahmstorf ist es die Hitze: „Nein, Hitze ist nicht der *Auslöser* von Bränden, sondern der Grund, warum die Vegetation brennt wie Zunder.“ (Wer erklärt ihm den Unterschied zwischen Hitze und Trockenheit?)

Waldbrände in Deutschland

In Europa sind hauptsächlich die südlichen Länder betroffen, aber auch in Deutschland brennt es natürlich ab und zu. Anfällig sind vor allem die Kiefernreviere in Nord-Ost-Deutschland und Niedersachsen. Und ein paar Brände machen der Feuerwehr in den vergangenen Wochen zu schaffen. Dafür gibt es spezifische Gründe.

Die Brände in diesem Jahr im Landkreis Sächsische Schweiz/Osterzgebirge haben vor allem deshalb lange gebrannt, weil in dem steilen Gelände schwer gelöscht werden kann beziehungsweise das Risiko für die Feuerwehrmänner besonders groß ist, wenn sich das Feuer hangaufwärts bewegt. Generell ist aber Brandenburg das Bundesland mit der größten Waldbrandgefahr. Dafür gibt es laut Brennpunkt Wald vier wesentliche Ursachen, die alle nichts mit dem Klimawandel zu tun haben:

  • „Erstens entstanden in Brandenburg über viele Millionen Jahre trockene Sandböden, die wenig Wasser speichern.
     
  • Zweitens: Die klimatischen Faktoren sorgen in Brandenburg für wenig Niederschläge. Im Gegensatz zu weiten Teilen Deutschlands ist das Klima in Brandenburg subkontinental.
     
  • Drittens gibt es in Brandenburg sehr viele Kiefernreinbestände. Kiefern liefern viele ausgetrocknete Nadeln als Brandmaterial und werden nur langsam von Bodenorganismen zersetzt.
     
  • Viertens gibt es in Brandenburg große Mengen an nicht-explodierter Munition aus dem Zweiten Weltkrieg. Zum Beispiel auf Übungsplätzen des Militärs. Weil diese Munition noch explodieren kann, können die Einsatzkräfte bei Waldbränden nicht einfach mit ihren Löschfahrzeugen in die betroffenen Gebiete fahren. Das macht es für die Einsatzkräfte schwerer, den Brand zu löschen und der Waldbrand kann sich großflächiger ausbreiten.”

Brandschutz vs. Biodiversität

Ein weiterer wichtiger Grund ist die veränderte Waldnutzung. Feuerökologe Prof. Johann Goldammer vom Global Fire Monitoring Center in Freiburg erklärt im Deutschlandfunk, was heute anders ist als früher:

„Wir waren bei den Bränden am vergangenen Wochenende in Torgau in Nordsachsen mit dabei. Da haben wir gesehen, dass solche Kiefernbestände, die vom Feuer noch nicht betroffen waren, völlig ungepflegt waren, mit einem sehr, sehr großen Anteil von umgestürzten Bäumen, von Totholz, also alles Bäume, die nicht aufgearbeitet wurden. Und das ist ein großer Unterschied zu einer Situation, wenn wir die mit der Zeit vor 30 oder vor 40 Jahren vergleichen, wo praktisch Durchforstungsholz sehr intensiv genutzt wurde, wo praktisch im Wald kein Totholz liegen blieb.

Und dann solche Feuer, die eigentlich nicht ungewöhnlich waren, gerade in den Kiefernforsten in Nordostdeutschland, dass dann solche Feuer sich als reine Grasfeuer darstellten, im Unterstand der Kiefernwälder. Und diese Grasfeuer haben keine lange Verweilzeit. Die gehen relativ rasch durch den Bestand durch. Und die Kiefern haben auch die Eigenschaft, dass sie eine sehr starke Borke am Stammfuß haben, und da sehen wir immer wieder, dass wenn ein solch leichtes Feuer durch den Bestand geht, dass das dem stehenden Bestand eigentlich gar nichts ausmacht. Wenn wir einen Bestand der gleichen Altersklasse heute haben und haben diesen hohen Anteil an Totholz drin, dann frisst sich das Feuer sozusagen vor Ort fest, betrifft auch den Stammfuß, erreicht die Wurzeln, und dann ist die Mortalität so groß. Im Grunde genommen kann sie sehr schnell 100 Prozent erreichen. Das sind die Beobachtungen. Die sind also auf die veränderte Bewirtschaftung der Wälder zurückzuführen.”

Wenn es darum gehe, die Biodiversität zu fördern oder viel Kohlenstoff terrestrisch zu speichern, dann habe man „tatsächlich eine hohe Last an potenziellem Brennmaterial. Und wenn wir dann eine Situation haben, wie in diesem Jahr, dann haben wir eigentlich genau das Gegenteil erreicht, nämlich dass das Ökosystem durch ein Feuer völlig zerstört wird“. Wenn der Wald intensiv bewirtschaftet worden wäre, hätte es das Problem nicht gegeben. Goldammer resümiert: „Wenn wir Bestände haben, die wir aus bestimmten Gründen für Biodiversität oder für Kohlenstoffspeicherung aufbauen und bewirtschaften wollen, dann müssen diese Bestände besonders gesichert werden vor Feuer.”

Keine Zunahme in den letzten Jahrzehnten

Im langjährigen Mittel (1993 bis 2019) verzeichnen wir in Deutschland 1.035 Waldbrände mit durchschnittlich 656 Hektar betroffener Fläche. Die Schadenssumme beträgt gerade einmal 1,38 Millionen Euro. Waldbrände kosten uns also pro Jahr etwa so viel, wie wir alle 30 Minuten für die Subventionierung von Solar- und Windenergie ausgeben.  

Wie diese Grafik zeigt, gibt es in den letzten 30 Jahren in Bezug auf Anzahl und Ausmaß keinen Hinweis auf eine Zunahme der Waldbrände. Die Spitzenwerte sind in dieser Darstellung des Bundesumweltamts ohnehin nicht zu sehen, da sie in der Vergangenheit liegen. Im Jahr 1975 brannten allein in Niedersachsen über 8.000 Hektar. Im in der Grafik noch nicht verzeichneten Jahr 2021 kamen wir in ganz Deutschland dagegen nur auf 548 Waldbrände auf einer Gesamtfläche von 148 Hektar.

Dürre durch Klimawandel

Ein Grund, weshalb immer mehr Leute nervös werden, liegt darin, dass wir jüngst (2018 und 2019) sehr trockene Jahre hatten. Ist das der Klimawandel? Wird es in Deutschland durch den Klimawandel immer trockener im Sommer? Wenn wir uns die Sommer-Niederschläge der letzten 140 Jahre anschauen, die im Wetterkanal von Jörg Kachelmann dargestellt sind, müssen wir verneinen. Es gibt keinen eindeutigen Trend (siehe hier).

Und wenn wir die Spitzenwerte heraussuchen, sehen wir, dass sowohl vier der trockensten Sommer als auch vier der nassesten Sommer in der jüngeren Vergangenheit, den letzten 30 Jahren, liegen (siehe hier). Im Winter ist von einem Trend zu mehr Trockenheit erst recht nichts zu sehen. In der Hitliste stehen sieben nasse Winter nur drei trockenen Wintern seit 1990 gegenüber.

Auch in Europa und insbesondere den südeuropäischen Ländern gibt es keine Zunahme der Brände, sondern insgesamt einen rückläufigen Trend, wie diese Grafik der Europäischen Umweltbehörde zeigt.

Natürlich wird dort darauf verwiesen, dass, auch wenn in den letzten 30 Jahren trotz Klimaerwärmung ein Rückgang zu verzeichnen war, sich die Fläche in Zukunft, bei einem (unrealistischen) Anstieg der globalen Temperaturen um drei Grad, verdoppeln könnte. Außer man verbessert das Feuermanagement, dann könne der Anstieg auch „substanziell” begrenzt werden. Mit anderen Worten: Auch bei Worst-Case-Szenarien für die Klimaerwärmung werden in Zukunft Waldbrände, auch wenn das Waldbrandrisiko unter Umständen steigen dürfte, ein relativ einfach beherrschbares Problem darstellen.

Für die nähere Zukunft mag in Deutschland die Energiekrise ihren Beitrag zur Prävention leisten: Wenn erst einmal ein großes Brennholzsammeln in der ländlichen Bevölkerung Ostdeutschlands losgeht, könnte sich mittelfristig die über die Jahre gewachsene Brandlast der dortigen Wälder erheblich reduzieren.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Novo-Argumente.

Foto: Stefan Klinkigt

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Leserpost

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K. Schmidt / 21.08.2022

Wir erleben in Wirklichkeit eine Bildungs(klima)krise.

Boris Kotchoubey / 21.08.2022

Aber klar: Der Wald brennt, weil der Bürger immer noch zu wenig Steuern zahlt, und die Regierung immer noch zu wenig Macht hat und kann daher noch nicht alles verbieten. Das sind die Ursachen, was sonst?

Bernhard Piosczyk / 21.08.2022

Heute ist ein sehr schönes Wetter. Wir haben immer noch Sommer bzw. den Spätsommer. Ich spreche immer vom Wetter nicht vom Klima. In diesem Jahr wird es im meinem Garten sehr viele Äpfel geben, Walnüsse gibt es auch sehr viele. Grünkohl wächst auch sehr gut.  So kann es ruhig weiter gehen. Es ist alles Perfekt. Frei nach Spinoza,  ist die Natur ein Modus Gottes.  So Gott will.  Alles Perfekt. Auch die Dürre.

S. Malm / 21.08.2022

- Fünftens: In den letzten Jahren nimmt die Anzahl der Baumleichen in den Wäldern stetig zu. Mag sein, daß Personal fehlt, vor allem aber hat Grüner Quatsch dafür gesorgt, daß, wenn es brennt, dann nicht nur ein bißchen Unterholz und Kiefernnadeln brennen,  sondern dann 20m hohe Fackeln im Wald stehen. Das ist übrigens nicht nur bei uns so, das ist ein Phänomen, das in der gesamten Grünen Machtspäre auftritt.

s.Braun / 21.08.2022

Ich lebe seit 1960 in einem Ort im Vorspessart. Ein relativ großes Waldgebiet. Den letzten mir bekannten Waldbrand habe ich als Jugendfeuerwehrmann miterlebt, das war 1976, da sind am Waldrand ca. 2 ha abgebrannt. Seitdem war hier nichts mehr. Auch wenn das in angrenzenden Gemeinden passiert wäre, hätte man das mitbekommen. Hier hat anscheinend in den letzten 46 Jahren niemand seine Kippe im Wald aus dem fahrenden Wagen geschnickt, oder wir haben einfach nur Glück.

Klaus Keller / 21.08.2022

Nachricht aus der Vergangenheit: DW Nachrichten Kambodscha: Bundeswehr hilft bei Minenräumung Die Regierung in Kambodscha will, dass das Land bis 2020 minenfrei ist. Das ist nur zu schaffen, wenn andere helfen. Deutschland finanziert dort seit 1999 einen 350 Mann starken Minenräumverband mit 1 Million €/ Jahr… - Wie lange liegt das oben genannte Zeug da schon rum? PS Heute hilft Deutschland eher beim Verminen von Arealen im Ausland.

Sascha Hill / 21.08.2022

Sehr richtig. Ein weiterer Grund, wäre noch ein neues Gesetz(e?). Keine Ahnung, ob das nur in den Staaten so ist, doch da es sich um ein Dumm-Grünes Gesetz handelt… Egal ob kontrollierte Brände oder eben das behandeln kranker Bäume. (Befall oder Seuche) Alles verboten! Das wären wohl neben der Verspargelung und der Tatsache, das genau dadurch weniger Niederschlag runterprasselt die Hauptursachen für Waldbrände.

Klaus Keller / 21.08.2022

Weil diese Munition noch explodieren kann, können die Einsatzkräfte bei Waldbränden nicht einfach mit ihren Löschfahrzeugen in die betroffenen Gebiete fahren… Man könnte bei der Bundeswehr nachfragen ob man gelegentlich Munition suchen und gezielt sprengen könnte. Weniger Auslandseinsätze und mehr Gefahrenabwehr im Inland wäre doch auch eine Möglichkeit dem Land zu diesen. Waffentaucher beschäftigen sich z.B. auch mit Seeminen in Arealen wo Windkraftanlagen gebaut werden sollen. Das tägliche Leben hier und jetzt ist der Ernstfall.

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