Ulli Kulke / 30.11.2023 / 12:00 / Foto: Raimond Spekking / 45 / Seite ausdrucken

Beim Thema Klimawandel kühlen Kopf bewahren

Heute beginnt die Weltklimakonferenz in Dubai. Ein guter Anlass, das Buch „Der Mensch-Klima-Komplex“ vorzustellen. Der Autor Hans von Storch ist Insider, hat selbst an Berichten des UN-Klimarates IPCC mitgeschrieben – und warnt vor Klimaalarmismus und politischer Instrumentalisierung des Themas.

Wir müssen uns wieder warm anziehen. Zum einen wegen des derzeit ziemlich eisigen Wetters. Aber auch im Vorgriff darauf, dass uns nun bis – mindestens – 12. Dezember tagtäglich aus Presse, Funk und Fernsehen das anstehende Verglühen unserer Erde vorgeführt werden wird, die „Klimakatastrophe“ wird uns wieder frei Haus geliefert. Wie alle Jahre zur Vorweihnacht, zur regelmäßigen Klima-Konferenz der Vereinten Nationen, COP (United Nations Framework Convention on Climate Change, Conference of the Parties). Die 28. ist es dieses Jahr und sie findet in Dubai statt.

Es ist schon schwierig. Zwischen der von nahezu allen Medien verbreiteten Stimmung eines menschengemachten Weltuntergangs einerseits und der Ablehnung jeglicher Verantwortung des Menschen für die Entwicklung des globalen Klimas, die sich vor allem in den sozialen Netzen verbreitet, gibt es in unserer – mental – aufgeheizten Atmosphäre wenige kompetente und hörbare Stimmen vom Menschen, die in der Diskussion einen kühlen Kopf behalten. Hans von Storch gehört zu ihnen, seit vielen Jahren. Sein kürzlich erschienenes Buch „Der Mensch-Klima-Komplex“ kann all jenen durch die kommenden zwei Wochen hindurchhelfen, die Wert auf eine differenzierte Sicht legen.

Der Autor, bis 2015 Uni-Professor in Hamburg und Leiter des Instituts für Küstenforschung in Geesthacht, hat selbst an Berichten des UN-Klimarates IPCC mitgeschrieben, der von alarmistischer Seite stets als Kronzeuge für die anstehende Apokalypse herangezogen wird – dies allerdings nur deshalb, weil die Protagonisten sich hierbei stets systematisch der erschreckendsten aller angebotenen IPCC-Szenarien bedienen.

Wetterextreme gab es immer schon

Von Storch hat keinen Zweifel am menschlichen Einfluss auf die Erderwärmung, dennoch legt er in seiner Arbeit seit Jahrzehnten Wert vor allem auf die Notwendigkeit der Anpassung, kritisiert die heute vorherrschende Eindimensionalität, den alleinigen Focus auf die Verhinderung weiteren CO2-Ausstoßes. Anpassung allerdings ist allein durch technologische Entwicklungen möglich und durch entsprechende attraktive Angebote des Westens an den Rest der Welt, was jeweils einer starken Wirtschaftskraft bedarf. Sie ist sowieso unausweichlich: „Klima ist und bleibt gefährlich, mit oder ohne Klimawandel“.

Der Autor hat großen Zweifel an den allzu ambitionierten Ansprüchen gut vernetzter Paläoklimaforscher, die das Klima von vor Jahrhunderttausenden zu rekonstruieren vorgeben und damit die erdzeitalterübergreifenden Alleinstellungsmerkmale der heutigen Erderwärmung belegen wollen. Die berühmt-berüchtigte „Hockeyschlägerkurve“, an der sich diese Diskussion besonders festmacht, und die einen über Äonen global fast konstanten Temperaturverlauf belegen soll, bevor der Graph zu Beginn der Industrialisierung beinahe senkrecht nach oben springt, lehnt er in der dargestellten Form ab.

Auch was die Klimafolgen angeht, distanziert sich von Storch von denen, die jeden Starkregen, jede Dürre dem Ausstoß menschengemachter Treibhausgase zuschreiben: „Tatsächlich kann man derzeit erleben, wie jedes Wetterereignis mit signifikanten Folgen für Menschen und die Gesellschaft immer dem Klimawandel zugesprochen wird, ganz so, als habe es in Zeiten vor dem Klimawandel solche schrecklichen Wetterextreme nicht gegeben.“ Die Ausführungen von Storchs hierzu sind auch deshalb dankenswert, weil sie – und dies wird von den Medien durchgehend außer Acht gelassen – allen Forschungen und Zusammenfassungen entsprechen, wie sie vom IPCC bisher zusammengetragen wurden.

Was man kritisch sehen muss

Die Klimadebatte ist besonders hierzulande wie wenige andere seit Jahrzehnten eingebettet in gesellschaftliche Auseinandersetzung, als Ursache wie auch Folge der politischen Spaltung. In dem Zusammenhang beklagt von Storch eine ganze Reihe kritischer Tendenzen:

  • Instrumentalisierung der Perspektiven nachteiliger, menschlich verursachter Klimaveränderungen für politische und wirtschaftliche Zwecke
  • Die Autorität des wissenschaftlichen Wissens wird genutzt, um politisch opportune Aussagen in „Wahrheiten“ zu transformieren und so den politischen Prozess auf die Frage der Umsetzung zu reduzieren (Entpolitisierung von Entscheidungen)
  • Herabstufung anderer gesellschaftlicher Herausforderungen, die als Folge eines vorgeblichen Ursprungsproblems „Klimawandel“ dargestellt werden
  • Wissenschaft wird „post-normal“, das heißt, Wissenschaft gilt dann als „gut“, wenn sie die gesellschaftlich erwünschten („richtigen“) Schlüsse legitimiert, nicht wenn sie methodisch solide vorgeht
  • (…) Das politische Konzept vom Klima wird zum Vehikel zur Konstruktion politischer Macht

Das Buch ist geschrieben von einem Insider aus dem Bauch des Wals des klimawissenschaftlichen Komplexes. Er hat den Blick besonders auch auf die daraus folgende politische Agenda. Man könnte ihn mithin – im Anklang des Namens eines allzu hoch angesehenen Potsdamer Institutes (PIK) – als Klimawissenschaftsfolgenforscher bezeichnen. Gut verständlich für jeden ist „Der Mensch-Klima-Komplex“ auch noch geschrieben. Das Buch zur Klimakonferenz.

Hans von Storch. Der Mensch-Klima-Komplex. Was wissen wir? Was können wir tun? Zwischen Dekarbonisierung, Innovation und Anpassung. Dietz-Verlag 2023, 19.90 €

 

Ulli Kulke ist Journalist und Buchautor. Zu seinen journalistischen Stationen zählen unter anderem die „taz“, „mare“, „Welt“ und „Welt am Sonntag“, er schrieb Reportagen und Essays für „Zeit-Magazin“ und „SZ-Magazin“, auch Titelgeschichten für „National Geographic“, und veröffentlichte mehrere Bücher zu historischen Themen.

Foto: Raimond Spekking CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Jörg Kramer / 30.11.2023

In 100 Jahren werden die Leute nur den Kopf schütteln, dass man ein homöopathisch zugemischtes Gas in der Atmosphäre für die Klimaprozesse auf diesem Planeten hauptsächlich verantwortlich macht. Der Anteil des CO2 liegt zurzeit bei 0,413 Promille. Im einstelligen Promillebereich kann der Mensch noch arbeiten. Die Maximale Arbeitsplatzkonzentration liegt bei 5 Promille. Eine weitere Zehnerpotenz mehr ist mit dem Leben nicht mehr vereinbar. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Diese große Toleranz gegenüber CO2 lässt möglicherweise darauf schließen, dass während der Evolution doch erhebliche Schwankungen der CO2-Konzentration in der Atmosphäre auftraten und das Leben sich entsprechend anpasste. So soll die CO2-Konzentration vor 34 Mio. Jahren bei 1000 ppm bzw. 1 Promille gelegen haben. Im Jura (160 Mio. Jahre) sogar zwischen 1 und 2 Promille. Und damals entwickelte sich Flora und Fauna bestens. Weder kochten die Meere noch bestand das Festland nur aus Wüste. Wenn also die heutigen Klimamodelle die Wirklichkeit beschreiben, müssten sie auch für die Vergangenheit gelten. Aber kein Klimatologe kann erklären, warum im Jura nicht die Welt unterging.

Sabi Hohenems / 30.11.2023

Leider verwechseln die Klimahysteriker die immer bewegte Wissenschaft mit Religion.

Sonja Bauch / 30.11.2023

Da behaupet doch tatsächlich der Vulkanforscher Boris Behncke, der seit 25 Jahren über die Ausbrüche des Ätna forscht, dieser würde in einer Stunde 20-mal mehr CO2 ausstoßen, als Deutschland im Jahr emittiert. Derzeit sind weltweit sechs Vulkane aktiv. Von mir nun eine Aufforderung an die Letzte Generation: “Ran an den Krater!”

Dr. Hendrik Hurtz / 30.11.2023

Einen kühlen Kopf kann ich leider kaum noch bewahren, wenn ich unter Einbeziehung der durch seriöse Wissenschaft begründeten Zweifel am sektenartigen Klima-Aktionismus heute zur Kenntnis nehmen muß, daß unsere 250 Teilnehmer starke Klima-Kämpfer-Riege schon am Begrüßungstag der COP28 in völliger Maßlosigkeit die ersten 100.000.000 Dollar für irgend welche angeblich klimageschädigte Dritte rausgehauen hat (inwieweit dieser Paukenschlag wesentlich auf die Greenpeace-Leihgabe Morgan und ihre Minister-Chefin zurückgeht, kann man nur vermutet werden) - und all dies während unsere dilettantische Regierung unter anderem mit Kürzung der Sozialleistungen und, und, und ... liebäugelt. Unfaßbar! Die USA zB werfen wesentlich bescheidenere 17,5 Mio. Dollar in den Ring - Großbritannien 60 Mio. Pfund und Japan 10 Mio. Dollar. Wir sind offenbar schon wieder einmal “Weltmeister” ... koste es, was es wolle!

gerhard giesemann / 30.11.2023

Vor allem ist sicher: Menschen sind menschengemacht. Das Klima vielleicht. Deshalb ist Grenzschutz der beste Klimaschutz – damit nicht so viele „Klimaflüchtlinge“ hier auch noch alles versauen. Der Begriff „Klimaflüchtling“ verknüpft Klima und Flucht in nachgerade infamer Weise: So wird die Immigration als unvermeidlich dargestellt – und wer schuld am Klima ist dürfte doch klar sein, oder? Du musst also nicht einmal mehr sagen „Asyl“, sondern es genügt: Mir passt das Klima zuhause nicht. Verglichen damit ist die Sache mit der Grippe geradezu harmlos. Was einzig hilft ist Anpassung. Und das geht umso leichter, je weniger Menschen die Erde bevölkern. Deshalb: Grenzschutz ist der beste Klimaschutz für uns. Die anderen müssen selber wissen, was sie eigentlich wollen. Aber auf eigene Kosten, klar.

sybille eden / 30.11.2023

Solange Wohnhäuser immer noch mit Unsummen ”  wärmegedämmt ” werden, glaube ich kein Wort von der ” Erderwärmung”. Offensichtlich fällt dieser simple Widerspruch niemanden auf ..........

Dr. Konrad Voge / 30.11.2023

Empfehle das Buch von Norbert Patzner: ” Das Ende der liberalen Demokratie”. Da beschreibt er den Weg des menschengemachten Klimawandels. Sehr aufschlussreich. Alles nur ein Geschäftsmodell.

Karsten Dörre / 30.11.2023

Menschheit wächst auf acht Milliarden Menschen an, die leben, ernährt und versorgt werden müssen. Das geht nicht mit Rationierung, Armut, Verzicht und Elend. Das führt zu Verteilungs- und Versorgungskämpfe, Hass, Neid und Gier - nicht nur auf Staatsebenen sondern auch in der unmittelbaren Nachbarschaft. Die Ideologie der Gleichheit und Gleichberechtigung scheitert/e immer wieder an der Natur der Natur (hier Mensch). Man kann unliebsame Gefühle nicht wegdemonstrieren oder mundtot machen. Das Klima ist mit Sicherheit wichtig. Aber weder Klimastopp (Klimaeinfrierung) noch Klimagerechtigkeit sind reele Ziele. Allein die Begriffe machen deutlich, dass hier Blödsinn propagiert wird. Und immer da, wo Blödsinn große Politik wurde (z.B. Stalinismus, Maoismus) endete es blutig in den vermeintlich “besten” Systemen.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Ulli Kulke / 24.02.2024 / 06:05 / 119

Herr Fratzscher fühlt sich nicht wohl

Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, hat ein Interview gegeben und erzählt zum Thema Migration unglaublich dummes Zeug. Präsident Marcel Fratzscher und sein…/ mehr

Ulli Kulke / 20.02.2024 / 06:00 / 77

Als die Grünen jenseits der Brandmauer saßen

Der neueste Hit gegen die AfD heißt: Zielführendes Regierungshandeln, etwa in der Migrationspolitik, nutze nur der radikalen Opposition! Hätte man sich früher daran gehalten, gäbe…/ mehr

Ulli Kulke / 23.01.2024 / 06:00 / 208

Wem helfen die Massen-Demonstrationen?

Es gibt Massendemonstrationen „gegen rechts". „Wir sind mehr“, stand auf den hochgehaltenen Spruchbändern. Aber repräsentieren sie alle wirklich die Mehrheit der 81 Millionen Deutschen? Was erreichen…/ mehr

Ulli Kulke / 22.11.2023 / 06:00 / 70

Kein EU-Verbot von Glyphosat

Harte Zeiten dürften auf Cem Özdemir zukommen. Die EU hat ihm – und seiner grünen Partei – nicht wie erhofft den Gefallen getan, dem in…/ mehr

Ulli Kulke / 27.09.2023 / 06:15 / 59

Gendern in Thüringen: Große Mehrheit dagegen, CDU traut sich selbst nicht

Demokratie Paradox in Thüringen, mal wieder. Was zählt Volkes Stimme, was soll sie zählen? Vor allem aber: Was darf sie zählen – und was darf…/ mehr

Ulli Kulke / 16.09.2023 / 06:15 / 81

Die Sirenen der Brandmauer-Profiteure

Warum reagieren die linken Parteien so hysterisch auf ein mit CDU, AfD und FDP-Mehrheit beschlossenes Gesetz in Thüringen? Ganz einfach: Sie – vor allem die Grünen…/ mehr

Ulli Kulke / 23.08.2023 / 06:00 / 43

Die Zwei im irren Germanistan

Henryk M. Broder und Reinhard Mohr liefern in ihrem neuen Buch „Durchs irre Germanistan. Notizen aus der Ampel-Republik“ eine Momentaufnahme des Öffentlichen Raums zur Halbzeit…/ mehr

Ulli Kulke / 19.07.2023 / 14:00 / 88

Kurzkommentar: Wie Rotrotgrün von einer starken AfD profitiert

Eines sollten wir im tagesaktuellen politischen Diskurs nicht vergessen: Das rotrotgrüne Lager profitiert unmittelbar von einer starken AfD. Durch sie wird – in Kombination mit der…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com