Simon Akstinat / 29.03.2022 / 14:00 / Foto: Bundesarchiv / 73 / Seite ausdrucken

Bayern: Die Mobber fühlen sich gemobbt

Die wichtigste Fortbildungseinrichtung im Freistaat für Lehrer und Schulleiter wirft gegenüber Corona-Impfungen skeptische Menschen und Reichsbürger in einen Topf.

Seit nunmehr über einem Jahr haben viele Menschen, die auf die Corona-Spritze verzichten möchten, unter Ausgrenzung und Anfeindungen zu leiden  auch in Bayern. Zwei Lehrerinnen aus dem Freistaat berichteten Achgut.com von ihren diesbezüglich unangenehmen Erfahrungen mit Kollegen. Die oft schikanierten „ungeimpften“ Lehrkräfte (fälschlich so genannt, obwohl sie wie andere auch gegen alle möglichen Krankheiten geimpft sind) mussten kürzlich außerdem erfahren, dass die altehrwürdige Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung (ALP) in Dillingen an der Donau (die zentrale Fortbildungseinrichtung für Lehrkräfte und Schulleiter in Bayern) unter der Leitung von Michael Debbage-Koller ab dem 29. März 2022 einen mehrtägigen Lehrgang anbietet, in dem bayerische Schulleiter offenbar weiter gegen Menschen wie sie aufgestachelt werden sollen: 

„Querdenker, Reichsbürger, Verschwörungstheoretiker – schulrechtlicher und pädagogischer Umgang mit demokratie- und staatsskeptischen Personen und Gruppierungen (...) Diese Fortbildung richtet sich an Schulleitungen und greift neben schulrechtlichen Aspekten vor allem kommunikative Strategien auf, wie mit undemokratischen oder beleidigenden Äußerungen umgegangen werden kann.“

Wie genau die Akademie, die unmittelbar dem Bayerischen Kultusministerium untersteht, „Querdenker“ definiert, und was diese denn mit „Reichsbürgern“ zu tun haben, bleibt vollkommen unklar. „Staatsskeptische“ Menschen müssen keineswegs zugleich „demokratieskeptisch“ sein – ganz im Gegenteil. 

Keine Antwort

Wir stellten Michael Debbage-Koller die folgenden Fragen:

1. Wie definieren Sie „Querdenker“?

2. Was haben „Querdenker“ Ihrer Meinung nach mit Reichsbürgern zu tun?

3. Ist „staatsskeptisch“ Ihrer Meinung nach gleichbedeutend mit „demokratieskeptisch“?

4. Können Sie Beispiele für „undemokratische Äußerungen“ nennen?

Doch der Mitarbeiter dieser staatlichen und von unseren Steuergeldern bezahlten Einrichtung hielt eine Antwort offenbar für nicht notwendig. Weiter heißt es in der Kursbeschreibung: 

„An bayerischen Schulen äußern Eltern und Schüler in den vergangenen Monaten verschiedene durch die Pandemie verursachte Sorgen, Ängste und Befürchtungen. Immer wieder hinterlassen aber Personen oder Personengruppierungen durch unsachliche, teils provozierende Äußerungen oder durch einen aggressiven, beleidigenden Ton den Eindruck, einem antidemokratischen oder staatsdelegitimierenden Weltbild anzuhängen."

Dass die Eltern der von Corona weitgehend ungefährdeten Kinder, denen im Unterricht das Tragen einer Maske aufgenötigt wird, durchaus einmal „unsachlich“ werden können, sollte nach all der Zeit, die mittlerweile vergangen ist, verständlich sein – da ist Menschen schon wegen weniger die Hutschnur geplatzt. Jedoch sind mit „provozierenden Äußerungen“ und „aggressiven, beleidigenden Tönen“ zuletzt vor allem Trommler für die Corona-Impfung aufgefallen wie etwa der nun abgewählte saarländische Ministerpräsident Tobias Hans („Zuerst einmal müssen wir eine klare Botschaft an die Ungeimpften senden: Ihr seid jetzt raus aus dem gesellschaftlichen Leben.“) oder Wirrköpfe wie Ulrich Montgomery, die Corona in einem Atemzug mit Ebola nennen. 

Die Frage nach konkreten Beispielen für „undemokratische Äußerungen“ ließ Michael Debbage-Koller ebenfalls unbeantwortet.

Politische Neutralität erwartet man ja heutzutage von den meisten staatlichen Stellen kaum noch. Dass aber Menschen, die ohnehin unter Schikanen zu leiden haben, nun auch noch als Wüteriche mit schlechtem Benehmen oder „demokratische Wackelkandidaten“ dargestellt werden, mit denen ein besonderer „Umgang“ praktiziert werden müsse, zeigt den gesteigerten Irrsinn, der ausgebrochen ist.

 

Simon Akstinat arbeitet als Autor und Fotograf. Sein neues Buch „Pantheismus für Anfänger – Der kaum bekannte Gottesglaube von Goethe, Einstein und Avatar“ ist hier und hier bestellbar.

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Leserpost

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Peter Woller / 29.03.2022

Den “Alt-68er Marsch durch die Institutionen” habe ich natürlich auf dem Schirm. Wo sind denn die Konservativen in den Institutionen geblieben? Sind die an und mit Corona verstorben? Verzeihung, war Sarkasmus. In den Institutionen hat doch in den vergangenen 50 Jahren ein schleichender Umwandlungsprozess stattgefunden. Ein klein wenig Links schadet doch nicht. Ein bisschen mehr noch nach Links. Etwas weiter nach Links. Links ist doch nicht schlecht. Und jetzt 2022: Gefälligst nach Links. Oder bist Du Nazi? Links, hab ich gesagt, sonst knallt es gleich ganz derbe. Alle guten Menschen stehen heutzutage auf Links.

Sabine Heinrich / 29.03.2022

@Tobias Schlüter: Ich war es nicht, von dem Sie es gehört haben. Diese Einschätzung hätte aber von mir - 40 Jahre in der Praxis tätig gewesen - sein können. Genau so habe ich etliche in der Lehrerfortbildung Tätige wahrgenommen. Mit DER Vorbereitung, mit DEM - nicht vorhandenen-  schlüssigen Konzept, mit dieser Arroganz, mit der sie - weil sie nicht zu ihrem Unwissen stehen mochten - höflich- kritische Fragensteller abgebügelt haben - damit wären sie als Lehramtsanwärter spätestens in der 2. Prüfung durchgefallen - und in den Klassen hätten sie eh kein Bein an die Erde bekommen. Die Flucht in die Lehrerfortbildung war bei vielen ganz offensichtlich. Auch die Flucht in die Politik. Ich habe etliche Kultusminister (Erstberuf: Lehrer) in Schleswig- Holstein kommen und gehen sehen - und keinem - wirklich KEINEM - hätte ich zugetraut, auch nur (selbst zu besseren Zeiten) ein halbes Jahr z.B. an einer ganz normalen Hauptschule (inzwischen an fast jeder beliebigen Schule) als Nicht-Prominenter durchzuhalten. Es ist sicher auch gewollt, dass unfähige, der Praxis entflohene Lehrer als Fortbildungsleiter, Seminarleiter und Ähnliches auf gläubige, obrigkeitshörige praxiserfahrene Kollegen losgelassen werden, die eigentlich wissen, wie der Schulalltag aussieht - aber dies nicht zu äußern wagen. Einen Vortrag über die bedrückende Lehrerfortbildung heute erspare ich mir /Ihnen. Bis Anfang der 90er Jahre wurden nur qualifizierte Lehrer als Seminarleiter etc. usw. zugelassen - alle mit reichlicher Praxiserfahrung. - Die Berufsflüchtlinge wissen schon, wo sie für weniger Stress viel mehr Geld bekommen, drum gilt wohl der jahrzehntealte Ausspruch von Otto Graf von Lambsdorff noch immer: ” Der Deutsche Bundestag ist mal voller und mal leerer, aber immer voller Lehrer.”

W. Renner / 29.03.2022

Sollte ich jemals wieder Deutschland besuchen, werde ich die Reise als Zoobesuch abrechnen.

Norbert Brausse / 29.03.2022

Was ist eigentlich das definierte Lernziel dieser Weiterbildungsmaßnahme? Am Ende der Fortbildung sind die Teilnehmer befähigt, negativ-feindliche Elemente zu erkennen und unschädlich zu machen. Ich glaube, ich habe jetzt etwas verwechselt oder doch nicht?

Stanley Milgram / 29.03.2022

Ich bin immer noch nicht dahinter gestiegen, was Irre antreibt, ihren Irrsinn zu verbreiten. Wollen sie dazu gehören? Wollen sie mit immer kruderen Phantasien im Mainstream endlich mal gehört werden? Man glaubt immer, so blöde kann keiner sein; und wird jedesmal eines Besseren belehrt… AUSWANDERN?

B. Zorell / 29.03.2022

Tobias Schlüter / 29.03.2022 Daß nicht leistungsfähige - eher leistungsunwillige - Kollegen in den Gewerkschaften “geparkt” wurden, habe ich schon 1970 in einer Giesserei kennengelernt. Da kam eine Gewerkschaftsdelegation zu mir, um mich zu begrüßen. Die Kollegen beobachteten mich, wie ich mich verhalte. Ich war zurückhaltend und skeptisch. Als diese Delegation sich entfernt hatte, konnte ich eine gewisse Genugtuung unter den Kollegen verspüren.  Ab da waren die Kollegen freundlicher und kollegialer. Sie erzählten mir genau das, was Sie in ihrem Text beschreiben.

Werner Arning / 29.03.2022

Die Herrschaften von dieser Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung scheinen auch nicht so voll erfasst zu haben, was Demokratie eigentlich bedeutet. Für sie ist ein Kritiker oder Zweifler offensichtlich ein Staatsfeind, ein Demokratie-Gegner. Zumindest scheinen sie Kritikern per se „Staatsdelegitimierung“ und ein antidemokratisches Weltbild zu unterstellen. Auf diese Idee muss man erst einmal kommen. Eine differenzierendes Urteilen ihrerseits ist nicht zu erkennen. Da finden sie sich in unguter Gesellschaft. Etwa in der Gesellschaft von Autokraten, die auch sehr schnell bei der Hand sind, Kritikern beispielsweise Staatszersetzung zu unterstellen. Aber ebenfalls befinden sie sich in der Gesellschaft der Mehrzahl unserer Medien. Und einer erklecklichen Anzahl von Politikern, sie sich für lupenreine Demokraten halten. Zugegeben, Demokratie ist nicht leicht. Sie setzt Toleranz voraus. Das Akzeptieren abweichender Meinungen ist nicht jedermanns Sache. Schon gar nicht in Deutschland. Aber lernfähig und wissbegierig sollten sich die Fortbilder zeigen. Zumindest.

Reinmar von Bielau / 29.03.2022

Ich kann Jedem politisch Interessierten nur die Deutschland Berichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SoPaDe) von 1934- 1941 empfehlen (erschienen im Verlag 2001). Darin wird haarklein aufgeführt, wer, was und wie beim Aufbau des NS Staates agiert hat. Vielleicht ist es an der Zeit, dass wir beginnen eigene Berichte zu verfassen. Für die heutige Sozialdemokratie ist es dafür ganz offensichtlich zu spät. Die gehen vorneweg ins neue, bessere Deutschland und Herr Debbage-Koller ist auf jeden Fall mit dabei. Anschließend heißt es wieder, dass man “nur gemacht hat, was einem gesagt wurde”. Die übliche Adolf Eichmann-Gedächtnis Ausrede!

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