Bauer, Trecker, Fußtritt

Was derzeit bei den Bauern los ist, hat eine weit längere Vorgeschichte als der Versuch einer unfassbar täppisch agierenden Regierung, bei den Landwirten Steuervergünstigungen und Kfz-Steuer zu kassieren.

Wann waren Bauern je beliebt? Der Edelmann beutete sie aus, der Städter sah auf sie herab. Besonders verhasst waren sie, als sie am längeren Hebel saßen: Während der Hungerkrisen in und nach den Weltkriegen hatten sie noch immer etwas zu beißen, im Unterschied zu den Städtern. Als beschränkt und verhockt galten sie, allesamt, noch vor 50, 60 Jahren, und ihre Kinder im Schulbus rochen nach Schwein und Kuh.

Sie sind die Schmutzkübel gewohnt, die über ihnen ausgegossen werden. Es muss also einiges geschehen, bevor ihnen der Traktor durchgeht. Was derzeit bei Bauerns los ist, hat eine weit längere Vorgeschichte als der Versuch einer unfassbar täppisch agierenden Regierung, bei den Landwirten Steuervergünstigungen und, ausgerechnet, Kfz-Steuer zu kassieren.

Bei den Grünen hatte man schon immer mal die Bauern auf dem Kieker, und der Ton wird seit Jahren schärfer. Sind nicht die Bauern eigentlich an Corona schuld, wie Renate Künast einst behauptet hat? Ach, woran denn nicht: Sie versauen die Böden, die Bauerndödel, tönen die Naturreligiösen, sie vergiften Bäche und Grundwasser, sie quälen ihre Tiere, sorgen für Insektentod und Artenverlust, kurz: ohne Bauern lebten wir im naturnahen Paradies. Nun ist das Gegenteil richtig, aber muss ein Städter so etwas wissen, der sein Biogemüse aus China bezieht?

„Aufrufe mit Umsturzphantasien“

Bauernlegen ist der neueste heiße Scheiß, eng gefolgt vom Rinderwahn. In Irland schlägt ein Regierungspapier vor, 200.000 Kühe zu keulen – keulen, das heißt, töten ohne Verwertungsabsicht. Die niederländische Partei für die Tiere (PvdD/Grüne) fordert in ihrem Wahlprogramm eine Verringerung des Viehbestands um ganze 75 Prozent. Dabei kann das Rind, die Kuh, etwas, was kaum ein anderes Wesen vermag: es kann dank seines raffnierten Verdauungsystems aus sonst unverdaulichem Grünzeug Fleisch und Milch machen. Mehr als zwei Drittel der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche der Erde ist Grünland, aus dem kein Acker werden kann – aber Weidegrund für Kühe. „Die Klimakuh“ heißt das aktuelle Buch zum Thema – ein Hohelied auf ein zu Unrecht als Klimakillerin verrufenes Tier.

Die Pläne der Ampel waren der letzte Tropfen, der das Güllefass hierzulande zum Überlaufen brachte. Bei den Bauernprotesten geht es nicht nur um Agrardiesel und KfZ-Steuer – das sind nur die beiden letzten Beispiele dafür, dass diese Regierung nichts, aber auch gar nichts von Landwirtschaft und bäuerlicher Existenzweise versteht. Das Vorhaben, Kfz-Steuer nicht nur auf Fahrzeuge, sondern auch auf Anhänger zu erheben, ist besonders absurd: die meisten Fahrten finden auf Hofflächen, Äckern und Feldwegen statt.

Die Protestzüge der Bauern stoßen ganz offenkundig auf viel Zustimmung in der Bevölkerung, ganz im Unterschied zu den „Klimaklebern“. Doch die Büchsen der Polit- und Medienleute sind bereits gespannt, und das allseits bekannte garstige Lied wird wieder angestimmt. Wenn die Demokratie in Gestalt protestierender Bauern sich rührt, erklären unsere Politiker prompt, die Demokratie sei in Gefahr – durch den „motorisierten Mistgabelmob“. Und natürlich seien die Proteste staatsfeindlich und rechts unterwandert, ja was denn sonst. Es kursierten sogar „Aufrufe mit Umsturzphantasien“ (Robert Habeck, unnachahmlich literarisch).

Die Regierung ist schmerzunempfindlich

Man möchte meinen, die alte Denunziationsleier funktioniert nicht mehr, wir haben die schmutzigen Gesänge schon viel zu oft gehört. Wie war das noch 2015, als jeder ein potenzieller Mörder war, der kein allgemeines Willkommen samt Seenotrettung aussprechen wollte – „ja, sollen wir sie denn ertrinken lassen?“, wurde jeder Einwand gegen unkontrollierte Masseneinwanderung gekontert. Und was war mit Pegida, einer friedlichen Protestbewegung gegen die offenen Grenzen und offenen Portemonnaies? Auch hier sprang das Denunziationskarussell mit vollem Tempo an, bis man von Pegida nichts mehr hörte.

Und erst Corona! Monatelang tobten Politik und Medien gegen jene Vaterlandsverräter, die die Panikpandemie nicht mitmachen wollten. Immerhin waren die Demonstranten so lammfromm, dass die Polizei sich traute, Wasserwerfer gegen sie einzusetzen – was man sich bei erlebnisorientierten Jugendlichen mit Hintergrund in Silvesternächten nicht traut. Und was man sich bei den Bauern mit ihrem schweren Gerät ebenfalls nicht trauen wird. Ein Wasserwerfer gegen einen Claas, Fendt, John Deere? Aussichtslos.

Insofern: Gegen die hartnäckig an ihren Posten klebenden Tölpel der Ampelregierung werden womöglich auch die Bauern nichts ausrichten können, die Regierung ist schmerzunempfindlich. Andererseits: Da sich Speditionen, LKW-Fahrer und Transportunternehmen unserer Nachbarn ihnen anschließen, werden sie womöglich einen Fußabdruck hinterlassen, der an den richtigen Stellen wie ein Fußtritt wirkt.

 

Cora Stephan ist Publizistin und Schriftstellerin. Viele ihrer Romane und Sachbücher wurden Bestseller. Ihr aktueller Roman heißt „Über alle Gräben hinweg. Roman einer Freundschaft“.

Foto: Illustration Rudolf Wildermann

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Leserpost

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Uta Buhr / 11.01.2024

Nachtrag: Eigentlich sollten sich auch die Rentner an den Protesten beteiligen, denen die sogenannte “Wirtschaftsweise” Schnitzer - nomen est omen - schon Kürzungen ihrer ohnehin mageren Einkünfte angedroht hat. Aber vielleicht ist sie ja auch in völliger Unkenntnis der Materie, der Meinung, dass wir - Zitat Robäääärt - das höchste Rentenniveau in der EU haben. Wer keine Ahnung von seinem Ressort hat, sollte zurücktreten und sich einen anderen Job suchen. In der Gastronomie werden doch massenhaft Leute gesucht. Aber da muss man ja arbeiten…

Uta Buhr / 11.01.2024

Na sowas, der Habückling hat doch vor Jahren schon einmal den Landwirtschaftsministernen von Schleswig-Holstein gemimt. Dass dabei auch rein gar nix an Kenntnis über die Agrarwirtschaft und die mit ihr verbandelten Bauern hängen geblieben ist, lässt tief blicken. Der bereits ziemlich verfettete Grünling ist eindeutig ebenso lernunfähig wie belehrbar. Aber typisch grüne Pest spielt er jetzt den Alleswisser und vom lieben Gott persönlich legitimierten Herrscher über die gesamte Bauernschaft des Landes. Was erlauben, Bauer? How dare you! Ja, wie können die Landwirte, die uns alle ernähren, es nur wagen, dem Herrn Ministernen zu widersprechen und ihn gar um ein Gespräch zu bitten. Zwar war er so gnädig, zweien von ihnen eine Audienz zu gewähren wie weiland die Fürsten dem aufmüpfigen Pöbel. Und eidadaus die haben die Stirn, dieses großzügige Angebot abzulehnen und gar zu fordern, dass er sich ihnen allen stellt. Da kam ja nur der feige Rückzug des total überforderten Robääääärt in Frage, der jetzt den friedlichen Bauern auch noch Beleidigung, Nötigung und gar Landfriedensbruch angelastet wird. Die regierungsuntertänige Staatsanwaltschaft steht schon in den Startlöchern, um die wackeren Landleute zu kriminalisieren. Mit wie üblich weinerlicher Stimme wagte der Grünling sich jetzt vor die Kamera, um seiner Larmoyanz freien Lauf zu lassen. Und die Staatsmedien stimmten, wie nicht anders zu erwarten, in den Chor ein und bombardierten die Bauern mit unflätigen Schimpfkanonaden. Wir sollten alle geschlossen hinter den bäuerlichen Protesten stehen, in denen es um viel mehr als Subventionen geht. Machen wir den selbsternannten Herrschern, die ja eigentlich unsere Angestellten sind, ordentlich Feuer unterm Arsch. Eine andere Sprache verstehen die ja nicht. Bitte liebe Bauern, Spediteure, LkW-Fahrer, Kleiunternehmer und all jene, die sich an diesen mehr als berechtigten Aktionen beteiligen, gebt nicht klein bei, sondern bleibt unerschütterlich bei euren Forderungen.  

Marianita Lang / 11.01.2024

An Dr. H. Böttger. Das Gedicht heißt “Pitter Lüng” und ist von Detlev von Liliencron.

Wilfried Düring / 11.01.2024

R.Camper: Letzen Endes geht es den Woken immer um dieselbe Sache. Um RAUB und ENTEIGNUNG. Selber faul will die Sünde will man auf Kosten anderer Leute leben, und sich am Ertrag von deren Arbeit bereichern! Für den ländlichen Raum bedeutet das: Groß-Ivestoren kaufen als moderne Sklavenhalter Grund- und Boden auf und halten sich - verschuldete - Leibeigene zu dessen Bearbeitung. Und diese werden dann überwacht von Demokratie-Forschern, Extremismus-Experten, Meinungs-Kanonieren und berufsmäßigen Denunzianten. Über allem thront der Bundes-Hanf-Bauern-Minister - der gibt gute Ratschläge und raucht sein Pfeiffchen aus eigenem Anbau . - Die Bauern wären ja bekloppt, wenn sie sich NICHT wehren würden!

Hartmut Josiger / 11.01.2024

Da hilft nur eins gegen die bockigen Landwirte: Zwangskollektivierung (LPG) nach Vorbild der DDR.

Wilfried Düring / 11.01.2024

Angesicht der unbarmherzigen medialen Pogrom-Hetze gegen die Bauern (‘Kartoffel-Mob usw.) muß man daran erinnern, daß die Woken ‘ihrer Zeit’ stets an Programmen zur Ausrottung der freien Bauern bastelten und regelmäßigen Abständen (Bürger-) Kriege gegen den Bauerstand führten! Dies war im revolutionären Frankreich so (Völkermord in der Vendee), in der stalinistischen Sowjetunion (Holodomar in der Ukraine und in Kasachstan). Krieg gegen die Landbevölkerung führte man auch in China, Kambodscha, in Äthopien, im Kongo. Aber insbesondere der Völkermord an den katholischen Bauern der Vendee - der erste Völkermord der (‘modernen’) ‘Neuzeit’ - ist in der sogenannten ‘Erinnerungskultur’ der bunten Republik offenbar vollständig verblaßt. Natürlich. Denn dieser Völkermord war Modell und Blaupause für all das Andere, was dann im 20. Jahrhundert folgte; unter: Hitler, Stalin, Mao, Pol Pot, Mengistu usw. . Umso wichtiger ist, daß WIR uns erinnern: Für die Menschen in der Vendee bedeutete die französische Revolution: frei sein von jeglichem Recht, und gleich sein unter der Guillotine (im ermordet werden). Die Menschen in der Vendee wollten sich von den Revolutionären in Paris nicht vorschreiben lassen, zu welchem Gott sie beten dürfen. Die Menschen in der Vendee wollten ihre Söhne nicht in die IMPERIALISTISCHEN Eroeberungs-Kriege des revolutionären Frankreichs schicken.  Die tapferen Menschen in der Vendee starben für ihre Kinder, für ihren katholischen Glauben und die für Freiheit ihrer bäuerlich geprägten Heimat! Und genau deshalb sind sie heute vergessen - während ihre Mörder in EU-Europa verherrlicht werden! Und die Bauern-Schinder in der bunten Republik tragen heute Namen wie KÜNAST und ÄZDEMIR.

Wilhelm Lohmar / 11.01.2024

Bei den Medienschaffenden verwundert mich deren Einstellung zu diesem Thema nicht. Schließlich rechnet man sich dort zu den sogenannten “urbanen Eliten”.

Andreas Bitz / 11.01.2024

Ein paar Zugeständnisse machen, die meist parteigebundneren Bauernfunktionäre einfangen, einige V-Leute aktivieren die Galgen zeigen, Fährenversenker und zur medialen Ablenkung eine neue Wannseekonferenz der AfD herbeifabulieren - dann kann das politische Geschäft der Ampel weiterlaufen. Auch auf der “Achse” wird verkannt, daß es gar nicht um “Subventionen” für reiche Großbauern geht; der Protest wird weithin von weiteren Leistungsträgern der Gesellschaft getragen: Handwerk, Steuerzahler, Dienstleister, Häuslebesitzer. Und deren Protest wird mit den verebbenden Aktionen der Bauern versanden.

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