Avanti Dilettanti! Kevin Kühnert als Prototyp

In einer unübersichtlichen Welt wird die Arbeit als Berufspolitiker zunehmend anspruchsvoller. Es ist daher nötig, die althergebrachte Rolle der Volksvertreter einmal kritisch unter die Lupe zu nehmen. Durch die Ankündigung des SPD-Politikers Kevin Kühnert, sich für den Bundestag zu bewerben, ist eine neuerliche Diskussion über die Vita von Abgeordneten entbrannt. Doch statt sich mit der Frage auseinanderzusetzen, welche Anforderungen ein hoch dotiertes Mandat an diejenigen stellt, die von ihren Parteien in die Berufsparlamente entsandt werden, reiten die vorwiegend links-grün geprägten Redaktionen plumpe Attacken gegen bürgerliche Vorstellungen.

Anders als behauptet, ist es jedoch keinesfalls diskriminierend, ein Mindestmaß an (Aus-)Bildung von jedem zu verlangen, der den Beruf des Politikers mit dem Ziel ergreift, weitreichende Entscheidungen für unsere Gesellschaft zu treffen und möglicherweise irgendwann mitzuregieren. Viele Bundestagsabgeordnete können nicht nur auf eine entsprechende Lebenserfahrung, sondern auch auf eine Berufsausbildung außerhalb der Politik zurückblicken.

Doch je weiter man durch die Reihen linker und grüner Abgeordneter schreitet, desto häufiger trifft man auf Lebensläufe, die Anlass zur Sorge geben, hier könne die Grundvoraussetzung für die Abschätzung komplexer Sachzusammenhänge und die Bewältigung schwierig aufzulösender Zielkonflikte nicht vorliegen. Es ist keine Erfindung „alter, weißer Männer“, dass mangelndes Wissen und fehlende Kenntnisse regelmäßig durch ideologische Verbissenheit kaschiert werden. Es scheint gar, als betrachteten Ideologen die Fähigkeit zum vorausschauenden Handeln als hinderlich, wenn es um die Beurteilung von Klima-, Umwelt-, Energie-, Immigrations-, oder Integrationsvorhaben geht.
Tatsächlich ist es nun mal so, dass nur Parteisoldaten überhaupt in die Nähe aussichtsreicher Listenplätze gelangen – alle anderen werden ausgesiebt.

Sektenhafte Kollektive prägen das Bild

Unser Grundgesetz sieht ausdrücklich vor, dass Parlamente ein Abbild der Gesellschaft sein sollen und Abgeordnete dem Wohl des ganzen Volkes verpflichtet sind. Es ist gerade nicht gewünscht, nur Delegierte bestimmter Stände entscheiden zu lassen, ebenso wenig Vertreter einiger ausgewählter Fachrichtungen oder etwa nur Akademiker. Jeder Bürger muss die Chance haben, als Abgeordneter zu wirken. Soweit die Theorie. Dass dies in der Praxis keinesfalls so ist, weiß jedes Kind. Das hehre Ziel scheitert auf höchster parlamentarischer Ebene schon daran, dass niemand in den Bundestag einziehen kann, der nicht Mitglied einer politischen Partei ist.

Das Für und Wider dieser Bestimmung muss hier gar nicht vertieft werden, denn bereits die praktische Ausgestaltung wird dem Anspruch des freien Parlamentszugangs nicht einmal ansatzweise gerecht. Tatsächlich ist es nun einmal so, dass nur Parteisoldaten überhaupt in die Nähe aussichtsreicher Listenplätze gelangen. Alle anderen werden zumeist schon auf kommunaler Ebene ausgesiebt.

Wer selbständig denkt, wer eine eigene Meinung vertritt, wer sich nicht an den Anbiederungsritualen beteiligt, die in Parteien die berüchtigte „Casting Couch“ für die Rollenbesetzung im Theater-, Musik- und Filmgewerbe ersetzen, hat keine Chance auf höhere Weihen. Bei der von Marketingagenturen bestimmten Parteikommunikation sind kluge Köpfe, wie man sie noch vor wenigen Jahren hinter mancher Zeitung wähnte, kontraproduktiv. Sektenhafte Kollektive prägen das Bild. Das innerparteiliche wie auch das parlamentarische Ringen um Lösungen ist längst zum verpönten Streit umdefiniert worden, der Wähler verschrecken könnte.

Der Vernunft keine Chance geben

Und hier schließt sich der Kreis. Die Belohnungsmechanismen der Parteien honorieren Folgsamkeit – und grenzen kritische Geister aus. Sie führen zu einer Negativauslese, weil sie fachlich Versierte und Lebenserfahrene, die Diskurse anstoßen, indem sie (Partei-)Dogmen hinterfragen, am Aufstieg hindern, hingegen denen, die über begrenzte Bildung und Erfahrung verfügen, jedoch linientreu sind, früh alle Türen öffnen. Gerade im links-grünen Parteienspektrum, das weitaus ideologischer auftritt als das bürgerlich-liberale Lager, ist dies zu beobachten. Wir müssen als Gesellschaft darüber reden, wie wir die Balance zwischen einer möglichst breiten Bürgerbeteiligung an der parlamentarischen Arbeit und der Schärfung des Anforderungsprofils an unsere Volksvertreter wiederherstellen.

Wer im Jahr 2020 immer noch bestreitet, dass es bestimmter fachlicher und persönlicher Voraussetzungen bedarf, um die wichtige Parlamentsarbeit zum größtmöglichen Wohl der Gesellschaft zu erledigen, dem geht es offenbar nur um die Aufrechterhaltung einer links-grünen Lebenslüge – und vielleicht auch darum, der Vernunft keine Chance zu geben, irgendwann doch noch über die sich immer weiter ausbreitenden Ideologien zu siegen.

Die Kevin Kühnerts dieses Landes sollen sich wie jeder andere auch um einen Parlamentseinzug bemühen können. Doch Berufsparlamente sind kein Selbstzweck. Sie spielen eine entscheidende Rolle bei der Sicherstellung der bestmöglichen Staatsführung. Wer die Demokratie stärken will, muss akzeptieren, dass wir einen professionellen Politikbetrieb nur mit erstklassigen Abgeordneten gewährleisten können.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Ramin Peymanis "liberale Warte"

Foto: Raimond Spekking CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

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Karl Schmidt / 10.08.2020

Wir sehen das Phänomen, dass fehlende Leistung belohnt wird. Überhaupt hat man den Eindruck, dass insbesondere die politischen Vertreter der Gescheiterten selbst eine entsprechende Vita aufweisen. Dort ist der Erfolg, die Erfahrung, kein Kriterium mehr, denn die Mitstreiter würden sich davon nur bedroht fühlen: Sie gehören ja selbst zu den Dilettanten und könnten in einer kompetenten Umgebung nicht bestehen. Letztlich ist das einzige Kriterium für die Karriere die Fähigkeit, Netzwerke zu knüpfen. So bildet sich ein Bonzen-Staat.

K.Bucher / 10.08.2020

Bitte Aufhören mit solchen Gestalten , weil die haben sich schon lange selber Erledigt bevor Sie überhaupt zum Leben angefangen haben ...Alleine schon vom Alter her ....Bitte WER nimmt Den schon ernst ?

Corinne Henker / 10.08.2020

Die linksgrüne Politikerkaste ist der beste Beweis für den Dunning-Kruger-Effekt: je ahnungsloser sie sind, desto überzeugter vertreten sie ihre Ideologie. Würde man beginnen, sich mit der Materie, über die man in felsenfester Überzeugung urteilt, tatsächlich auseinanderzusetzen und Faktenwissen zu erwerben, würde dies ja unweigerlich zu Zweifeln an der eigenen Kompetenz und Überzeugung führen, und das geht gar nicht. Wissen und Intelligenz sind im heutigen Politikbetrieb eher störend. Meine Lösung wäre eine grundsätzliche Änderung von Wahlrecht und Abgeordnetenvergütung: aktives und passives Wahlrecht nur noch für Netto-Steuerzahler, passives Wahlrecht nur mit abgeschlossener Ausbildung und mind. 5 Jahren Tätigkeit außerhalb der Politik, Vergütung in Abhängigkeit vom Durchschnittsverdienst der letzten 5 Jahre vor (beruflichem) Eintritt in die Politik, z.B. 120% für LT-Abgeordnete, 250% für Bundeskanzler (angerechnet dabei natürlich nur der eigene Verdienst, keine staatlichen Transferleistungen). Aber natürlich wird das in unserer Looser-Truppe (damit meine ich nicht nur die Politik) niemals mehrheitsfähig sein.

Rupert Reiger / 10.08.2020

Das Land ohne Wirtschaftspolitik: Einerseits ist die Wirtschaft die Grundlage von allem, was der Staat finanziert. Andererseits kann einer, der nicht einmal einen Kaugummiautomaten managen kann, durchaus in die Spitzenpolitik und Staaten lenken. Erstaunlicherweise hat die Wirtschaft, vor allem die Vielfalt der mittelständischen Wirtschaft eines 80-Millionenvolks, nicht wegen sondern trotz der Politik noch halbwegs funktioniert. Das ändert sich jetzt. Der neue Zyklus heißt Software und er ist radikaler als derjenige der industriellen Revolution des 18./19. Jahrhunderts. Unter den 10 wertvollsten Firmen der Welt sind 6 Softwarefirmen, mit SAP (Software, ähäm Wirecard?) ist nur noch ein !!! deutsches Unternehmen unter den Top 100 und weiter hinten Toyota als einziger Autohersteller !!! Und für D bricht sie jetzt an, die Zeit der Ressentiments und der gewählten Dilettanten. Es geht seinen Gang bis der Karren ganz im Dreck ist, es gibt keine Umkehr, erst dann gabelt sich der Weg: Entweder zu einem Neuanfang in Freiheit, oder aber, denn Ressentiments und Dilettanten haben die Macht und sie werden nie schuld sein,  in den Totalitarismus. Und wenn alle verlieren, es gibt immer einige, die mehr verlieren und andere die weniger verlieren. Deren Freude stabilisierte das ganze.

Volker Kleinophorst / 10.08.2020

Wie hieß es noch gestern an gleicher Stelle: Die Dummen haben die Burg gestürmt. Die Idee es sei diskriminierend, von einem Politiker Kompetenz zu erwarten, ist einfach so Kevin. Das ist sicher auch wieder diskriminierend. Ich werde übrigens auch diskriminiert. Ich bin ein Millionär in der Haut eines armen Schluckers. Die Krankenkasse kommt aber mit dem Geld nicht rüber. Krankheitsbild nicht anerkannt, ob man mir stattdessen zwei Brüste… Das wäre kein Problem. Ich werde klagen. Kann ich bis das durch ist in den Bundestag? Auf Schulhofniveau: “Hey Kev, so doof wie du bin ich schon lange.”

Detlef Rogge / 10.08.2020

Jeder, der eine Berufsausbildung oder ein Studium hinter sich gebracht hat und obendrein über Berufserfahrung verfügt, weiß, anders als ein Ungelernter, um die Komplexität bei der Lösung von Problemen. Genau über dieses Wissen sollten Amts- und Mandatsträger verfügen. Dilettanten unterschätzen nämlich nicht selten aufzuwendende Mühe und Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Theorie in Praxis. Ein gutes Beispiel war Josef Fischer in seiner Funktion als Außenminister, der glaubte, mit fixem Anlesen von einschlägigem Wissen über die Runden zu kommen. Ich entsinne mich an seinerzeitige Berichte, nach denen sein autoritärer Führungsstil gepaart mit wichtigtuerischer Arroganz bei grundsätzlicher Ahnungslosigkeit seine Mitarbeiter in den Wahnsinn zu treiben drohte. Bei Fischers Abgang sollen im Außenministerium die Sektkorken geknallt haben. Vom größten Dilettanten aller Zeiten, dem zwölf Jahre genügten, um Deutschland und halb Europa zu ruinieren, will ich erst gar nicht reden. Kein Schulabschluss, keine Ausbildung, kein Nichts aber weltanschaulich durchgeformt.

Marc Blenk / 10.08.2020

Lieber Herr Peymani, die Parteien haben sich den Staat Untertan gemacht und sind dabei, die Bürger zu entmachten. Der Bürger als Souverän in der demokratischen Grundordnung soll verschwinden. Allerdings, bei aller durch Bildung nicht gerechtfertigten Abgehobenheit der Parteiensoldateska, schwächen sich die zum Kartell vereinten Parteien selbst im Fortgang dieses Prozesses. Denn auch als Politiker ist der Bürger nicht mehr gefragt. Die Unbildung wird ja gerne als die Konsequenz von Quote und linker Gleichstellungsphantasien dargestellt. Von Befürwortern wie Kritikern. Ziel von Politik ist nicht mehr die Lösung gesellschaftlicher Probleme, sondern die Selbstverwirklichung von in die Politik Strebender. Die Bedingung ist nicht mehr Sachkenntnis, Persönlichkeit sowie überdurchschnittliches Verantwortungsbewusstsein, sondern mehr oder weniger nur die Befolgung einer schon vorgegebenen Doktrin. In der Quasivereinigung zu einem Parteienkartell wird die Halbbildung zum Prinzip. Es ist sozusagen Grundvoraussetzung einer gelungenen Parteikarriere. Immer weniger Parlamentarier haben ein Direktmandat. Konkurrenz auf dem Weg nach oben gibt es, aber man muss sich eben nicht beim Wähler und Bürger durchsetzen, sondern vor Parteigremien bestehen. Und dort geht es zusätzlich um Quote. Der Bürger hat am Ende nur die Wahl einer Partei, deren Ergebnis nur über die nächste auszuwürfelnde Karrierestufe der Selbstverwirklicher entscheidet, aber mit einem politischen Bürgerwillen so gut wie nichts mehr zu tun hat. Aber solche geschlossenen und den Bürgerwillen sich vom Leib haltenden Systeme haben ihre Schwächen. In Krisen zeigen sie ihren besonderen Unwillen zur Demokratie und ihre Unfähigkeit Probleme zu lösen. Und je weniger die Politiker von der Sache und der Welt verstehen, desto mehr wird der Feudalcharakter des pseudodemokratischen Parteienkartells sichtbar.

Klaus Schmid Dr. / 10.08.2020

Ist doch egal wer da in den Parlamenten sitzt - die (Grundgesetz-widrige) “Fraktionsdisziplin” bügelt sowieso alles nieder. Mutti, Annalena, KGE und Saskia kungeln das im Hinterzimmer alleine aus.

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