Ob ein guter Text auf Papier gedruckt ist oder digital verfügbar, ändert ja nichts an seiner Qualität. Die Dichte an Qualitätstexten in Büchern ist wegen des Herstellungsaufwandes zwar höher, während in digitalen Medien jeder Hans und Franz ungefiltert Unsinn und Ablenkendes publizieren kann. Das Wissen selbst ist zwar verderblich, aber in Schule oder Uni wird ja nicht nur bloßes Wissen in einen hineingekippt, sondern man lernt auch, Wissen zu akquirieren, zu verstehen und anzuwenden. Dies sind die eigentlich wichtigen Lerninhalte, und sie sind nicht nur zeitlos, sondern auch unabhängig vom Material, aus dem die Wissenskonserven gefertigt sind.
Die viel bessere Variante des digitalen Lesens wird hier nicht genannt, wie so oft: Der E Book Reader. Kein Unterschied mehr zu Papier, Leselicht usw. Und Ablenkung gibt es auch nicht, da die Geräte nur zum lesen taugen, zu nichts weiter. Zwar gibt es einen Browser, aber es ist wahrlich keine Freude, dieses zu bedienen. Reader sind mit Tablets und Smartphones geht eigentlich überhaupt nicht. Ich habe es mit Tablets versucht und fand es furchtbar. Nach 2-3 Stunden abends, tanzten einem im Bett die Lichter vor den geschlossenen Augen, es war sehr unschön. Bei einem Reader entfällt diese unangenehme Störung. Anfangs war ich auch skeptisch, jetzt möchte ich ihn nicht mehr missen. Den einzigen Vorteil. den ich noch bei Holzbüchern sehe: Fachbücher, wo man eine bessere Übersicht hat. Vorteil ist vor allem auch der Platz. Meine Wohnung sah aus wie eine Bücherei und im Keller stapelten sich die Bananen Kartons, randvoll mit den gelesenen Trivial Romanen. Jetzt habe ich meinen Reader. Klein, leicht und praktisch wie ein Buch. Ich möchte auch keinen 1000 Seiten Roman mehr in der Hand halten, ehrlich gesagt. Oder wenn man auf dem Weg zur Arbeit ist und schon auf Seite 990 und den nächsten Wälzer schon einstecken hat.
Hallo Herr Huber, ich denke, Sie beschreiben die Ergebnisse der entsprechenden Studien - hier vor allem die Israelische - etwas einseitig. Im letzten Abschnitt “Conclusions and directions for future research” heißt es u. a.: “However, it is also possible that effective MLR for in-depth learning of texts is a context-dependent habit acquired in the early years at school (see LaRose, 2010). In this case, the contextual cues associated with computerized study environments may be different for individuals who, as schoolchildren, acquired their learning skills on screen in the first place. An examination of media habits as a potential factor underlying the findings is therefore called for.” (MLR ist die Abkürzung für “Metacognitive learning regulation”)
Da ich zeit meines Lebens im Verlagswesen tätig gewesen war, bin ich natürlich dem Buch gegenüber voreingenommen. Aber aus eigener Erfahrung weiß ich, daß etwa auf dem Laptop oder am PC Gelesenes sich nicht in gleichem Maße mir einprägt, wie das in einem Buch Gelesene. Sehr gut auch der Hinweis des Autors auf das haptische Erleben und das Markieren von Textstellen, das beim digitalen Text unmöglich ist. Und noch ein mir wichtiger Aspekt: eine Bibliothek – und sei sie noch so wenig umfangreich – ist Materie gewordener Geist. Dazu fällt mir spontan ein Satz in Günter Grass’ „Blechtrommel“ ein, die ich unlängst nach Jahrzehnten mit Faszination wieder gelesen habe: „Auch schlechte Bücher sind Bücher und darum heilig.“
Man suche auf youtube “manfred spitzer digitale demenz” und schaue sich den Vortrag an. Klare Aussage: Handys machen junge Menschen dumm. Keine Handys, Smartphones oder Tablets bis zum Alter von 18 Jahren. Mehr gäbe es nicht zu sagen. Die notwendigen Konsequenzen lägen damit auf der Hand. Aber keinen Politiker interessiert’s. Alle quatschen Parolen wie “mediale / digitale Kompetenz” sinnfrei nach ohne zu wissen, von was sie da reden. Aber das ist ja seit Jahrzehnten nichts neues mehr in der Bananenrepublik D.
Ob Paukanstalten wie in manchen asiatischen Ländern oder (den weiten Entfernungen geschuldet) jahrgangsübergreifende Gemeinschaftsschulen wie in Finnland (beide in PISA gut!) - für den Lernerfolg bedarf es überall auf der Welt genau zweier Dinge: - lernwilliger Schüler und - fähiger Lehrer Der ganze Rest ist zweitrangig. Das klingt banal, übersteigt die Fähigkeiten deutscher Bildungspolitiker aber seit Jahrzehnten.
Sie haben recht. Man sollte dem Digitalisierungstaumel konservative, also auf wissenschaftlichen Studien und Erfahrungen beruhenden Argumente entgegenhalten und mutig zum Bücherlesen und zur Handschrift motivieren, neugierig darauf machen und von der Überlegenheit des “analogen” Lesens und Schreibens begeistern. Die befürchtete digitale befürchtete digitale Demenz (Manfred Spitzer) ist in ihrem Vorstadium bei der Generation Lehrstellenbewerber und bei PISA in erschreckender Konsequenz angekommen. Wissenschaft darf sich keinem sonstwie gearteten Mainstream unterwerfen, auch wenn die Tendenz besteht, dieses für politisch korrekt zu halten.
Falsch, Herr Hueber - wirkliches Wissen veraltet nicht ! Es gibt nur wenige Sachverhalte, die aufgrund neuer Forschungslagen grundsätzlich verworfen und neu formuliert werden müssen. Die meiste Wissensgenerierung betrifft nur eine Erweiterung, oder Nuancierung, oder Neubalancierung bekannter Fakten und Sachverhalte. Und zum Tiefenlesen: dieses ist vor allem bei der Aufnahme von belletristischer Literatur von Relevanz: so es gilt langfristige Gedächtnisgehalte zu bilden. Dieses Wissen veraltet qua Natur sowieso überhaupt nicht - das Orientierungswissen über Weltliteratur bleibt unverändert relevant. Das Lesen von gedruckter Literatur hilft in der Tat bei der Memorierung, so wie das Haptische dabei eine Rolle spielt.
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