Volker Seitz / 18.01.2021 / 10:00 / Foto: Pixabay / 13 / Seite ausdrucken

Afrika-ABC in Zitaten: Brückenphilosophie

In der Satire „Die Durchsichtigen“ macht sich der angolanische Schriftsteller Ondjaki auch Gedanken über die Brückenphilosophie: „In Angola wird zu viel gearbeitet“.

„Und wie weit ist der Auftrag, den ich Ihnen erteilt habe?“ Dem Assessor gefiel es, in Anwesenheit seines Ministers laut über seine Arbeit zu reden… „Um was für einen Auftrag geht es?“, fragte neugierig DomCristalino. „Belastbares Material zu beschaffen für einen Vorschlag an den Ministerrat, ein Vorschlag meinerseits an den Minister“. „Wozu?“ „Zur Ausrufung nationaler Solidaritätsfeiertage“ (…)“ „Angola muss mehr Verantwortung übernehmen in der Welt und Solidarität üben, sowohl mit den Industrienationen als auch mit sogenannten sich entwickelnden Ländern.“ (…) Und so werden wir die Einführung zahlreicher neuer Feiertage ins Auge fassen oder zumindest sehen, ob wir neue Pünktlichkeitstoleranztage einführen, natürlich unter Berücksichtigung der Wochenendperspektive.“

„Aha?“ „Ja, unter Beibehaltung der offiziellen Gepflogenheit, bereits jeden Feiertag, der auf einen Sonntag fällt, auf den Montag zu verlegen, und im Rahmen des nationalen Wiederaufbaus unseres Landes eine neue Brückenphilosophie zu etablieren.“ (…) Verpflichtende Brückentage. Fällt ein Feiertag auf einen Donnerstag, entsteht ein Brückentag! Selbstverständlich bis Montag, und wenn ein sehr wichtiger Feiertag, zum Beispiel der Unabhängigkeitstag eines befreundeten Staates, sagen wir Mosambik, auf einen Mittwoch fällt, würden wir einen Zugbrückentag einführen und sofort und per automatischer Verfügung Donnerstag und Freitag als Werktage streichen und erst wieder Montag arbeiten, beziehungsweise nach Abzug der Toleranz Montag Nachmittag, also praktisch Dienstagmorgen.“ (Seiten 310–311)

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Rolf Mainz / 18.01.2021

“Sogenannten sich entwickelnden Ländern” ist allein ein Knüller für sich. Ursprünglich, der Realität am ehesten entsprechend, sprach man bekanntlich noch von “unterentwickelten Ländern” oder der “Dritten Welt”. Dann folgte die Umbenennung in “Entwicklungsländer”. Dann anscheinend in “sich entwickelnde Länder”. Ausser der Bezeichnung hat sich seitdem tatsächlich grundsätzlich nichts geändert. Und, ach ja, man muss inzwischen sogar von einer “Vierten Welt” sprechen - aber auch diesbezüglich fällt den Spindoctors sicher noch eine angenehmere Neuformulierung ein.

Volker Seitz / 18.01.2021

@ Gerhard Giesemann ein paar fulminante Zitate zur so genannten „Entwicklungshilfe“ kommen morgen.

Uta Glaubitz / 18.01.2021

wunderbar - as always.

Dr. Joachim Lucas / 18.01.2021

Das ist ja wohl keine Satire sondern die Realität. Bleibt nur die Frage offen, ob der Schreiber jetzt wegen der Satire eingesperrt wird oder wegen der Beschreibung der Realität. In Asien gibt es so etwas wohl eher weniger, wie kommt denn das? Wenn wir hier in D so weitermachen, insbesondere denk ich an Berlin, dann wird das auch hier Realität.

giesemann gerhard / 18.01.2021

Dambisa Moyo: “Dead Aid”. Moyo ist sambische Nationalökonomin und sie sagt u.a.: “Wir Afrikaner sind doch keine kleinen Kinder”. Deshalb kritisiert sie “Entw.-hilfe als “dead aid” - wir sollten das sein lassen. Aber sie auch fern halten, klar. Sehr gutes Interview mit ihr bei YT

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