112-Peterson: Wie die Pille die Frauen veränderte

Im Folgenden geben wir Auszüge aus einem Gespräch zwischen Jordan B. Peterson und dem britischen Autoren Tim Lott (u.a. „The Spectator“) wieder.

Lott: „Vermutlich liegt der Grund dafür, dass wir uns in unserer gegenwärtigen Situation befinden (...) in der bemerkenswerten Veränderung, die sich in den letzten 40 Jahren hinsichtlich des Potenzials und der Möglichkeiten von Frauen vollzogen hat. In diesem Zeitraum haben sich Frauen als viel formbarer, leistungsfähiger und mit viel mehr Talenten und Möglichkeiten ausgestattet herausgestellt, als wir das in den 1950er Jahren für möglich gehalten hätten. Und diese außergewöhnliche Befreiung, die sich da zweifellos vollzogen hat, scheint uns zu der Annahme einer unendlichen Formbarkeit geführt zu haben. So oder so wäre die Diskussion früher oder später an diesem Punkt gelandet.“

Peterson: „Ich würde sagen, dass es teilweise daran liegt. Auf jeden Fall spielt die Post-Verhütungs-Verwirrung eine Rolle. Denn mit der Erfindung der Antibabypille wurde im Grunde eine neue Frau erschaffen. In der gesamten Geschichte des Lebens gab es noch nie ein weibliches Geschöpf, das die freiwillige Kontrolle über seine Fähigkeit zur Fortpflanzung hatte und nun ist es möglich. Als nächstes stellt sich die Frage, wie dieses neue Wesen ist? Eine Antwort darauf lautet, dass sie so ist wie es ihr gefällt.

Und wenn man das dann mit der Marxistischen Doktrin verbindet, also einer sozialkonstruktivistischen Doktrin, die besagt, dass der Staat das Individuum konstruiere und das auch richtig sei, dann ist das nicht ohne. Teilweise aber auch nachvollziehbar, schließlich sind wir immer noch mit dem Versuch beschäftigt, die Parameter weiblichen Verhaltens zu bestimmen, wenn Weiblichkeit von unfreiwilliger Fortpflanzung abgekoppelt ist.“

Lott: „Die Pille kam ja auf, als es einen großen Anstieg des wirtschaftlichen Vermögens gab. Also gab es wohl plötzlich ziemlich viele Möglichkeiten.“

Peterson: „Genau. Und natürlich liegt darin auch eine große Chance, denn es ist offensichtlich, dass Frauen (als Individuen, Anm. d. Red.) beispielsweise genauso intelligent sind wie Männer (als Individuen, Anm. d. Red). Auch wenn die Streuung unterschiedlich ist, wie wir bereits diskutierten. Und sie sind genauso gewissenhaft wie Männer, genauso kreativ und so weiter. Auch wenn sie (die Frauen in ihrer Gesamtheit, Anm. d. Red.) vielleicht nicht genauso kreativ wie alle Männer (in ihrer Gesamtheit, Anm. d. Red.) sind, so bleibt das doch abzuwarten, wir werden sehen, wie sich das entwickelt.

In jedem Fall ist es nicht verwunderlich, dass es viele Umwälzungen im Verhältnis zwischen Männern und Frauen gibt. Wenn die Menschheit auf die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts zurückblickt, wird sie drei entscheidende Umstürze ausmachen können. Den Transistor, die Wasserstoffbombe und die Antibaby-Pille. Alle drei sind von revolutionärer Bedeutung. 

Ein Monster für die Paarung, ein Freund für die Kindererziehung

Aber es wird noch komplexer. Es hat sich herausgestellt, dass Frauen, die die Pille nehmen, feminine Männer besser gefallen als maskuline. Also verändern sich auch ihre Vorlieben.“

Lott: „Wegen der hormonellen Veränderung, wenn sie die Pille nehmen.“

Peterson: „Genau. Wenn man den Zyklus von Frauen verfolgt, die nicht die Pille nehmen, bemerkt man folgendes: Man zeigt ihnen Fotos von Männern. Also im Grunde immer vom selben Mann, nur, dass man seine Kieferbreite variiert, was man leicht am Computer vornehmen kann. Die Breite des Kiefers ist mit der Höhe des Testosterons verbunden. Also haben Männer mit einem breiteren Kiefer höhere Testosteronwerte. Frauen bevorzugen Männer mit breiteren Kiefern, wenn sie ihren Eisprung haben und Männer mit schmaleren Kiefern, wenn sie ihren Eisprung nicht haben. Das heißt im Klartext, Frauen wollen sich mit einem Monster paaren und mit einem Freund Kinder großziehen. Ich glaube, dass die Geschichte „Die Schöne und das Biest“, die ich für den zentralen weiblichen Mythos halte, versucht, diese Lücke zu schließen. Denn der Heldin gelingt es, das Monster, mit dem sie konfrontiert ist, zu zähmen (siehe dazu diesen Beitrag von Jordan B. Peterson).

Im Grunde suchen Frauen einen Mann, der zahm genug ist, damit er nicht die gemeinsamen Kinder frisst, aber wild genug, um die Familie zu verteidigen und dem Sohn beizubringen, ebenfalls ein wehrhafter Mann zu werden und damit wiederum Paarungschancen zu haben. Natürlich existiert auf dieser Ebene auch ein großes sexuelles Potenzial.“

Dies ist ein Ausschnitt aus einer Diskussion zwischen Jordan B. Peterson und Tim Lott. Hier geht's zum Auszug.

Foto: jordanbpeterson.com

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Leserpost

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Thomas Taterka / 03.07.2019

@ Wolfgang Kaufmann : Insgesamt neigen karrierebewusste Frauen immer ein wenig zur ” Enttäuschung “, wenn sie tatsächlich das bekommen, wonach sie sich sehnen. Eine Abwechslung in dieser “Disziplin “ muß man ihnen schon gönnen. Damit sie’s selber aushalten. Es kann ein Kreuz sein mit der Unzufriedenheit.

Quentin Quencher / 03.07.2019

Nur mal so eine eigene Beobachtung. Als meine Frau die Pille nahm, war unsere Erotik im Eimer, wir hatten kaum noch Lust aufeinander. Dies änderte sich schlagartig, als sie die Pille nicht mehr nahm. Was aber merkwürdig daran ist, dass auch mein Verlangen nach ihr deutlich abgekühlt war, als sie die Pille nahm.

Petra Wilhelmi / 03.07.2019

Studien können irgend etwas zeigen, aber sie zeigen nie die ganze Wirklichkeit. Ich halte das für ein Gerücht, dass Frauen mit Pille femininere Männer mehr mögen. Die Pille gibt es schon so lange, aber dass die Männer zu Milchreisbubis wurden, erfolgte erst in den letzten Jahren. Mir - und ich habe die Pille genommen - wäre es nie eingefallen, einen Milchreisbubi zum Manne zu nehmen. In meinem Freundeskreis passierte das auch nicht. Diese Ansammlung von Milchreisbubis “bewunderte” ich erst, als ich 1991 in den Westen zog, um arbeiten zu gehen. Solche komischen Männer, die man außerdem nicht ernst nehmen konnte, kannte ich vormals gar nicht.

Christoph Müller / 03.07.2019

Bezüglich der Kieferbreiter kommt mir ein spontaner Gedanke: Wirkt ein Vollbart wie ein breiterer Kiefer? Sind Männer mit vollem Vollbart (in der Eisprung-Phase) attraktiver als bartlose Männer?

Thomas Taterka / 03.07.2019

Die Pille hat Frauen, aber auch Männern Zeit geschenkt, um angstfrei (meistens) zu ergründen, ob es möglich ist, dauerhaft den richtigen Spaß miteinander zu finden und Konflikte als Paar zu überstehen. Sie war eine Erfindung für freiheitsliebende Menschen, die unter Bedingungen zu einer Verpflichtung ohne Zwang bereit sind. Was sie wert war, erkennt man weniger an den Gesellschaften, in denen sie erhältlich war als vielmehr an denen, die sie verdammt haben. Wie zum Beispiel den islamischen ( Gibt es eigentlich für einen Mann auch Spaß am Sex, wenn die Frau gar keinen hat? ) Das absolute Gegenteil der Pille ist die künstliche Zeugung in diesen abartig lukrativen Farmen,  wo Männer das unerfüllte ” gemeinsame ” Leben retten, indem sie in ‘nen Plastikbecher, nach vorheriger Zuchtprüfung, wichsen, - aus Liebe natürlich,  aus Liebe!

Michael Lorenz / 03.07.2019

Irgendwo fand ich folgenden hübschen, wenn auch nicht ganz ernst gemeinten Gedanken. Der Feminismus wäre danach eine Strategie der Evolution: Frauen propagieren den weichen, verständnisvollen, kuscheligen Mann, um dann genau jene auszuwählen, die intelligent und mutig genug sind, das nicht zu glauben :-)

Wolfgang Rebers / 03.07.2019

Das ist mir (maskuliner Mann) auch schon aufgefallen. Frauen auf Pille ticken irgendwie falsch. Hatte nie eine Freundin die in der Weise verhütet hat.

Magdalena Hofmeister / 03.07.2019

Ich würde sogar behaupten, dass wäre nicht die Pille (o. allgemein die Möglichkeiten der Geburtenkontrolle), die den letzten Frauengenerationen das Gefühl absoluter sexueller u. reproduktiver Autonomie vermittelte (die z.T. aber weiterhin Illusion ist, dass erfahren die meisten Frauen aber erst in vollem Umfang mit dem ersten Kind), die Reaktionen der Mehrheit der Frauen im Zuge der Migrationskrise eine ganz andere gewesen wäre. Nicht so sehr aus biochemischen Gründen, sondern weil die jetzigen Frauengenerationen aufgrund der als selbstverständlich wahrgenommenen Geburtenkontrolle u. sozialen Absicherung auch von Alleinerziehenden, bar jeglichen Sinnes für die fragile Seinslage von Frauen sind, ihrer größeren Gebundenheit u. existentiellen Abhängigkeit vom Schutz durch Familie, Mann u. Staat allein durch die Tatsache, dass sie es sind, die Kinder austragen. Um erst gar nicht von der generell geringeren körperlichen Stärke zu reden, die Frauen schutzbedürftiger machen. Dahingehend hatte ich schon die absurdesten Streitgespräche mit Frauen, die diese einfache biologische Tatsache mit aller Macht als irrelevant relativieren wollten mit dem Einwand, dass eine sportliche Frau ja durchaus stärker sein könne als ein sportlicher Mann. Die meisten Frauen, die sich als Feministinnen verstehen, werden den Hinweis auf die Bedeutung der Empfängnisverhütung für die Emanzipation beleidigt abstreiten, sehen sie das doch als direkten Angriff auf die Frauenbewegung, als deren einziges Verdienst sie die emanzipatorischen Fortschritte sehen möchten. Das schon allein mit Zusammenbrechen der sozialen Sicherungssysteme (als unweigerliche Folge einer ungebremsten Migration), die Frauen trotz Empfängnisverhütung, am meisten leiden werden, wird bei solch Selbstherrlichkeit gar nicht erst wahrgenommen.

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