112-Peterson: Was ist ein guter Mann?

Ich bewundere Carl Gustav Jung. Er interessierte sich sehr für die Faktoren, die die Erleuchtung verhindern. Wenn Erleuchtung möglich und erreichbar ist, wieso kann nicht jeder erleuchtet sein? Wenn es nur darum geht, den goldenen Pfad der Glückseligkeit befolgen zu müssen – das hört sich einfach an, wieso ist dann nicht jeder erleuchtet? Jungs Einstellung dazu ist eine völlig andere.

Jung glaubte, dass man vor allen Dingen diszipliniert sein muss, wenn man die eigene Persönlichkeit verändern will. Aber darüber hinausgehend muss man denjenigen Anteil der eigenen Persönlichkeit integrieren, der schrecklich ist, der die Regeln brechen kann. Das Furchtbare muss als Teil der eigenen Persönlichkeit anerkannt werden. Mir gefällt diese Vorstellung sehr.

Ich möchte Ihnen ein Beispiel geben. Etwa vor 20 Jahren geriet folgendes in die Schlagzeilen einer der führenden kanadischen Zeitungen: Der damalige Minister für Auswärtiges, Lloyd Axworthy, äußerte sich über das, was unter Milosevic im ehemaligen Jugoslawien geschah, über die Gräueltaten, die dort verübt wurden. Er sagte, dass er mit so etwas nicht gerechnet habe, weil seine Vorstellungskraft für dieses Ausmaß an Bösem nicht ausreiche. Da dachte ich mir: „Du glaubst wohl, dass du mit dieser Aussage Deine moralische Überlegenheit signalisierst? Aber von meiner Warte aus zeugt sie bloß von Feigheit und geschichtlicher Ignoranz. Denn für die Aufgaben als Außenminister musst Du sehr wohl über Vorstellungskraft fürs Böse verfügen. Hast Du sie nicht, dann gewinnt der Erstbeste, der sie hat, der besiegt dich.“

Oder denken wir an die Harry-Potter-Geschichten. Harry kommt mit dem Bösen in Berührung. Ein kleiner Anteil in seiner Seele, tief in seinem Inneren, ist so schwarz, wie es dunkler gar nicht geht und deswegen kann er ja mit Schlangen sprechen. Ohne diesen Anteil könnte er niemals siegen. Vom psychologischen Standpunkt aus ist das völlig stimmig. Denn wenn man nicht in der Lage ist so zu denken, wie böse Menschen denken, dann ist man ihnen schutzlos ausgeliefert. Sie werden für uns unvorstellbare Erfolge haben und sie werden gewinnen.

Die knallharten Typen

Die besten Männer, die mir im Leben begegnet sind, traf ich während meiner Schulzeit. Viele meiner Freunde brachen in der 10. Klasse die Schule ab. Viele von ihnen waren physisch sehr gut entwickelt, ziemlich stark und sie hatten die Nase voll davon, die Hand heben zu müssen, um Erlaubnis für den Gang zur Toilette zu bekommen. Sie wollten das nicht mehr. Einer meiner Klassenkameraden wurde von der Schule verwiesen, nachdem er den Turnlehrer körperlich angegriffen hatte. Dabei war der Turnlehrer ein richtig starker Bursche, er konnte einen Kreuzhang machen, es war also keine triviale Sache für meinen Freund, sich gegen ihn zu behaupten. Man hat ihn jedenfalls rausgeschmissen. Es fiel mir damals auf, dass die Jugendlichen, deren Charakter ich am meisten bewunderte, diejenigen waren, die entweder selbst die Schule abgebrochen haben oder von der Schule verwiesen wurden. Das waren die knallharten Typen, die es satt hatten, Regeln zu befolgen, die ihrem Charakter nicht gerecht wurden. Sie gingen hinaus in die Welt und fanden beispielsweise Arbeit auf einer Bohrinsel, das war damals möglich. Das war echt harte Arbeit. Es war nicht so, dass sie den leichteren Weg gehen wollten.

Ein harmloser Mann ist kein guter Mann. Ein guter Mann ist ein sehr gefährlicher Mann, der seine Gefährlichkeit freiwillig unter Kontrolle hält. Das merkt man auch bei einem der zentralen Frauen-Themen. Der Archetyp des Helden ist zwar ein zentrales Männer-Thema, aber es gibt unterschiedliche Helden-Archetypen, die für Frauen relevant sind. Einer davon ist in der Geschichte über „Die Schöne und das Biest“ verkörpert. Die Schöne hat kein Interesse an einem Kerl, der kein Biest ist, sie interessiert sich für den Mann, der ein Biest ist, und das ist richtig so. Ihr Interesse gilt dem Biest, das zivilisiert und diszipliniert werden kann, das seine gezähmten Biest-Eigenschaften in den Dienst einer Familie stellen kann. Genau so sollte es sein!

Dies ist ein Ausschnitt aus dem Jocko Podcast 98 mit Jordan B. Peterson, hier geht es zum Ausschnitt und hier zur gesamten Sendung.

Foto: jordanbpeterson.com

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Leserpost

netiquette:

Winfried Kellmann / 01.05.2019

“Ein guter Mann ist ein sehr gefährlicher Mann…” Vor Jahren besuchte ich eine Autorenlesung,die massiv von Feministinnen gestört wurde. Der Veranstalter wehrte sich entschieden und lautstark dagegen, man kann sagen, er ermannte sich. Er wurde, man staune, danach von der hübschesten der militanten Tanten angebaggert. “Ihr Interesse gilt dem Biest, das zivilisiert und diszipliniert werden kann, das seine gezähmten Biest-Eigenschaften in den Dienst einer Familie stellen kann. Genau so sollte es sein!” So kam das Gute in die Welt. Ein Mann, der seine Zähmung, d.h. seine Triebregulierung, nur vorspielte, um an die Muschi zu kommen, Kinder zu zeugen und dann zu verduften, mußte ausselektiert werden. (Vor kurzem gab es noch immer Heiratsbetrüger, die sogar strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wurden.) Warum sind die Männer heute so feminisiert? Weil sie damit Erfolg haben. Die Frauen wollen es so. Und ich muß zugeben, die auf der Sonnenseite mag ich auch sehr. Sie sind so freundlich geworden, so höflich, so guter Dinge, gehen mit ihren Kindern so nett um, sofern sie welche haben. Problem ist die Maßlosigkeit der feministischen Erlösung: Das Feminat übernimmt alle negativen Eigenschaften des Yang, ohne über sie im Ernstfall zu verfügen und unterdrückt die postiven, als da sind an erster Stelle: Wehrhaftigkeit und Wahrhaftigkeit oder Stolz auf die eigene Kraft und Ehrgefühl. Stattdessen: Ein verhängnisvoller Glaube an die Kraft der Selbstsuggestion.

Andreas Spata / 01.05.2019

Zu Baudelaire und der raffiniertesten List möchte ich einen anderes in die selbe Richtung gehendes Zitat anmerken. Die größte Lüge ist, dass das Wort Islam Frieden bedeutet. Wird gern aus Unwissenheit behaupte.  Obwohl der arabische Wortsinn “vollständig weggeben”,“im Stich lassen” im Bezug auf “das Gesicht”, an Allah, übersetzt gemeint ist.

Heiko Engel / 01.05.2019

Wir leben das versteckte Matriarchat. Politik wird in Deutschland am Frühstückstisch gemacht. Und wehe er spurt nicht. Zwecks Kompensation ist ihm Harley, lässige Friseur und ein Tattoo erlaubt. Und wählt er auf Madames Geheiß nicht grün; wehe ihm. Dann darf er Claudia R. drei Monate nicht mehr im TV sehen. Soviel zur deutschen Piepwurst, ähh… Verzeihung Mann.

Charlotte Hofmann / 01.05.2019

Ja, so ist es - hüte dich vor denen, die so “normal” erscheinen!

Dr. Gerhard Giesemann / 01.05.2019

Wer mal wissen will, was so abgeht unter bestimmten Bedingungen, der liest Neitzel/Welzer: “Soldaten. Protokolle vom Kämpfen, Töten und Sterben”, S. Fischer 2011. Und er fragt sich, warum eigentlich die unmöglichsten Typen, mit Tätos von oben bis unten stets die geilsten Weiber haben - nicht unbedingt die hellsten, klar. Und warum die Ladies vor lauter refugees-welcome ... werden. Täte ich auch ... werden, wenn es lauter junge Frauen und Mädchen wären, die da ankommen. Gucksdu mal bei youtube unter China 60th anniversary military parade: Von denen ließe ICH mich gerne erobern. Weil stockhetero. Und die sind ganz süß ... . Und noch vielleicht: Martä Tikkanen: “Wie vergewaltige ich einen Mann”, um 1980, antiquarisch bei Wilsberg, Ekki und Alex für ca 5 Öre. War damals ein echter Renner, das Büchlein.

Robert Krischik / 01.05.2019

Der Nikolaus ist ein guter Mann, dem man nicht genug danken kann.

Juliane Mertz / 01.05.2019

Nun gut, das ist zum Glück (für die Männer) nur ein Teil der Wahrheit. Den anderen kann man im Tierreich beobachten, denn dort interessiert sich das Weibchen auch für den positiven Helden: Den Vogel, der besonders schön singt, oder der ein tolles Nest baut oder der ganz fleißig beim Würmersuchen ist. Übrigens, Herr Peterson: Bei den meisten Tierarten sind die Männer schöner als die Weibchen.

Leander Holger Hofmann / 01.05.2019

“Und führe uns nicht in Versuchung”, d. h., lass mich nicht sehen, wer ich bin, und “wenn man zu sehr in seinen Abgrund schaut, dann schaut der Abgrund in einen selbst.” Es ist schon angebracht, sich mit seinen negativen Seiten auseinander zu setzen, aber auch nicht zu sehr, sondern so viel, wie es zur Sublimierung nützlicher gesellschaftlicher Eigenschaften und zur Vervollkommnung der Humanität notwendig ist. Zudem gibt es Erfahrungswelten anderer Menschen, die man als normaler Mensch nicht betreten kann. Ich kann Peterson in diesem Beitrag überhaupt nicht zustimmen. Auch sein Bezug zu C. G. Jung und einer “Erleuchtung” ist, wenn man den weiteren Text verfolgt, m. E. nicht richtig.

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