112-Peterson: IQ und Erfolg

Viele Leute mögen das Konzept „IQ“ nicht, weil es so willkürlich erscheint. Menschen mit einem hohen IQ haben diesen nicht „verdient“, sie sind von Geburt an damit ausgestattet. Und er ist äußerst stabil. Sie können eine Person mit einem hohen IQ dümmer machen, indem Sie sie nicht gemäß ihrer Möglichkeiten fördern, aber einen Menschen mit einem niedrigen IQ intelligenter zu machen, ist nahezu unmöglich. Wenn Sie das schaffen, können Sie sich einen Nobelpreis abholen. Zwar werden immer wieder Methoden präsentiert, die den IQ erhöhen sollen, vor kurzem etwa die Lumosity-Spiele. Tatsächlich verbessern diese jedoch ausschließlich die Fähigkeit, Lumosity-Spiele zu spielen. Für eine allgemeine Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten gibt es keinerlei Beweise.

Wir haben noch nicht herausbekommen, wie sich die Effekte eines solchen Trainings verallgemeinern lassen. Intelligenz ist ein Phänomen, dass sich über verschiedene Bereiche erstreckt. Man kann durch Übung sehr gut in einem Teilbereich werden, eine Leistungssteigerung in anderen Bereichen ergibt sich daraus jedoch nicht. Eine solche Übertragung ist der Heilige Gral der Intelligenzforschung, und sie ist noch niemandem gelungen. Menschen versuchen schon lange, dieses Problem zu lösen, und manche behaupten, dass sie es geschafft hätten, aber ihre Behauptungen halten keiner näheren Überprüfung stand.

Man sollte den Einfluss von IQ-Unterschieden nicht unterschätzen. Der durchschnittliche IQ von Universitätsstudenten liegt wahrscheinlich irgendwo zwischen 125 und 130. Bei einem IQ von 115 ist man im 85. Perzentil; da ist es schwierig, mit Erfolg ein anspruchsvolles Studium zu absolvieren. Ab einem IQ von 130 sollte man einen Master- oder Diplomstudiengang in Betracht ziehen. Mit 145 ist man an einem Punkt, wo man so ziemlich alles machen kann, was man will.

Je höher der IQ, desto größer sind jedoch auch die Diskrepanzen zwischen den verschiedenen Bereichen. Man kann also zum Beispiel einen sehr hohen verbalen IQ haben, aber nicht so gut in Mathematik sein. Oder umgekehrt. Nichtsdestotrotz trägt der IQ erheblich zum Erfolg im Leben bei. Ich wüsste nicht, wie sich das ändern ließe. Ich meine, warum verdienen kluge Leute mehr als andere? Weil sie immer auf dem neuesten Stand sind und die Grenzen des Möglichen austesten. Wenn Sie 1.000 Menschen nach ihrem IQ sortieren, dann werden es die Intelligentesten sein, die zuerst innovative Ideen entwickeln. Intelligente Menschen haben mehr Ideen, und sie können besser strategisch denken.

15 Prozent der Bevölkerung haben einen IQ von 90, das ist ungefähr die Schwelle, um schriftliche Anweisungen verstehen und ausführen zu können. Aber unsere Gesellschaft wird immer komplexer. Die Linken denken, unsere Gesellschaft sei ungerecht, weil es Arbeitslosigkeit gibt, und die Konservativen denken, dass jeder einen Job finden kann. Was beide Seiten verkennen: Menschen unterscheiden sich massiv in ihren Fähigkeiten. Die Intelligenzunterschiede sind viel größer, als die meisten Leute denken. Sie sind ein strukturelles Problem.

Dieser Beitrag ist ein Ausschnitt aus dem Vortrag „Maps of Meaning 1: Context and Background“. Hier geht’s zum Original-Vortrag auf dem YouTube-Kanal von Jordan B. Peterson.

Foto: jordanbpeterson.com

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Leserpost

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Peter Zentner / 31.10.2018

Ich widerspreche dem letzten Satz des sehr geschätzten Joradan B. Peterson: “Sie [die Intelligenzunterschiede] sind ein strukturelles Problem.” Dies sind sie eben nicht; sie sind eine biologisch und empirisch bewiesene Tatsache. Und daran werden auch die inflationär stattfindenden Schulversuche, samt mildtätig gesenkten Kriterien, nichts ändern.

Britta Staffel / 31.10.2018

Eine steile These. Das würde bedeuten, dass nur die intelligentesten in den Führungsetagen von Politik, Wirtschaft und Verwaltung sitzen würden. Eine traumhafte Vorstellung, die aber leider von der Realität widerlegt wird.

Marcel Seiler / 31.10.2018

Ich halte das für korrekt. Politiker und Philosophen, die anderes behaupten (wie die hier zitierten “Linken” und “Konservativen”) sind grausam, da sie die Menschen behandeln, ohne sie wirklich zu sehen: sie behandeln sie, als ob sie anders sind, als sie es in Wirklichkeit sind. Damit entwürdigen sie sie.

Detlef Dechant / 31.10.2018

Der Grundaussage ist zuzustimmen, aber der Artikel enthält einen Fehler: die IQ-Daten sind nicht aus Deutschland. ” Der durchschnittliche IQ von Universitätsstudenten liegt wahrscheinlich irgendwo zwischen 125 und 130. ...Ab einem IQ von 130 sollte man einen Master- oder Diplomstudiengang in Betracht ziehen.” Was würden sich die Dozenten an unseren geisteswissenschaftlichen Hochschulen freuen, wenn ihre Studenten auch nur annähernd an diese Werte herankämen!

Arnim Kuhn / 31.10.2018

“Sie können eine Person mit einem hohen IQ dümmer machen, indem Sie sie nicht gemäß ihrer Möglichkeiten fördern, aber einen Menschen mit einem niedrigen IQ intelligenter zu machen, ist nahezu unmöglich.” Hier wirft Peterson zwei Dinge durcheinander. Dazu muss man wissen, dass der IQ die tatsächliche Intelligenz eines Menschen misst, die sich im Verlauf seines bisherigen Lebens entwickelt hat, und nicht nur deren genetisch determinierten Anteil. Mit der Person, die dümmer gemacht werden kann, kann also nur ein Kind gemeint sein, das zwar mit einer hohen potenziellen Intelligenz geboren wurde, diese aber mangels Förderung nicht entwickeln und in einem IQ-Test nach Abschluss seiner kognitiven Reifung zum Ausdruck bringen kann. Mit der Person, die nicht klüger gemacht werden kann, kann Peterson nur einen Erwachsenen meinen, dessen Intelligenz nicht mehr formbar ist. Kindern kann man hingegen mit z.B. acht Jahren noch einen ziemlich niedrigen IQ bescheinigen (weil sie z.B. in einem Waisenhaus aufgewachsen sind), diese Kinder können aber bis zum Alter von 18 ihren gemessenen IQ durch Bildungsanstrengungen noch deutlich verbessern. Und genau auf die gleiche Weise verbessern arme Länder, die ihre Bildungssysteme verbessern, auch deutlich ihre gemessenen IQs! Es gibt einen genetisch bedingten Maximal-IQ, den man erreichen kann, aber nur, wenn man sich optimal entwickeln kann. Wie hoch dieser ist, kann man einem Kind aber nicht ansehen, und das Testen von Kindern ist sehr schwierig. Wenn jemand also einen IQ von 100 hat, kann das heißen, dass er eine durchschnittliche Begabung optimal entwickelt hat. Es kann aber auch heißen, dass er eigentlich ein besseres Potenzial gehabt hätte, dieses aber wegen Vernachlässigung nicht entwickeln konnte. Was es nicht heißen kann, ist, dass er als Minderbegabter zur Welt gekommen ist, es aber dann durch eine Wunderschule doch noch geschafft hat. Aber diese genetisch Minderbegabung ist im Kindesalter nicht zweifelsfrei feststellbar.

Wolfgang Kaufmann / 31.10.2018

Konservative glauben an Darwins Auslese, Sozialisten halten es für gerechter, den IQ zu ignorieren und die Menschen mit der Gießkanne auf die einflussreichen Posten zu verteilen. Einzig Deutschland hat das Experiment der gezielten reziprok proportionalen Platzierung gewagt. Typischer Fall von Dunning-Kruger…

Wiebke Lenz / 31.10.2018

Ich lese die Beiträge von Herrn Peterson immer wieder gerne, obwohl ich selten einer Meinung mit ihm bin. Nun sind wir beim Thema “Erfolg”. Ich kenne einen Menschen, der Analphabet ist. (Der andere ist bereits verstorben.) Beide haben sich einen relativen Wohlstand aufgebaut durch ihrer eigenen Hände Arbeit. Und ich kenne Menschen, die meinen, dass sie soviel klüger wären als andere, dass sie die Fähigkeiten, die sie besitzen, einfach nicht nutzen. Die anderen sind blöd, man muss sich nicht in ein System einpassen. Also: Hartz IV. Ganz sicher ist die Schlussfolgerung richtig, dass nicht jeder studieren kann. Ist auch nicht nötig - eine jede Arbeit ist ihres Lohnes wert. Ein hochbezahlter Manager könnte ohne “Putze” sein Büro allein aufräumen und ohne andere Dienstleistungen auch seine Elektro-Leitungen wechseln, die Fenster putzen und den Tischler spielen. Bleibt nicht viel Platz für die eigentliche Arbeit. Ich persönlich bin mit einem IQ von ca. 140 gesegnet, habe mein Abi abgebrochen und bin mit meinem Leben als Angestellte durchaus zufrieden. Dies heißt nicht, dass ich mir keine Gedanken über das Weltgeschehen im Allgemeinen und in D. im Besonderen mache und einfach aus Spaß theoretische Möglichkeiten von Erfindungen oder Systemen (wie z.B. auch Rentensystem in D.) exakt durchspiele. Was ich zum Bildungssystem noch anmerken möchte: Es wird darauf hingearbeitet, dass Fächer zusammengelegt werden. Dies finde ich schlicht falsch. Es wird den Kindern die Möglichkeit genommen, aus anderen Fächern Wissen abzurufen. Es kommt zu Verkümmerungen - von der ideologischen Beeinflussung mag ich nicht schreiben.

Jürgen Kleber / 31.10.2018

Lieber Herr Patterson, inwieweit Ihre Argumentation faktisch zutreffend ist, kann weder in der Kürze Ihres Beitrages noch in einem Leserbrief geklärt werden. Allein die äußerst kontroverse Intelligenzforschung in der Weise als gesicherte, eindeutige wissenschaftliche Tatsachen zu verkaufen wie Sie es in dem Beitrag tun sollte allerdings hellhörig machen. Darüberhinaus ist Ihre Argumentation in sich völlig unschlüssig. Zunächst wird der IQ zum Synonym für Intelligenz gemacht. Ich brauche hier wohl nicht groß ausführen, dass der IQ das Summenergebnis eines standartisierten, multidimensionalen Testverfahrens ist und das misst was er misst: die Fähigkeit vom Menschen konstruierte Probleme zu lösen. Je nach ihrem Habitat treffen Menschen in ihrem Alltag auf sehr viele solcher Probleme oder auf so gut wie gar keine. Nun behaupten Sie, dass der Mensch zunehmend mit Habitaten konfrontiert sein wird, in denen seine Intelligenz gefragt ist im Sinne dessen, wie der IQ es misst. Ich bin von Berufs wegen mit Menschen unterschiedlichster Klassen, IQs etc. befasst, und zu meinem Beruf gehört es, die Menschen über Ihren Beruf zu fragen. “Was machen Sie” “Ich bin Ingenieur” “Und was machen Sie da genau?” usw.. Ich kann Ihnen versichern, dass nur ein Bruchteil der Menschen in ihrem Beruf auch nur einen Bruchteil ihrer Intelligenz zu benutzen angehalten sind. Es herrscht ein viel größeres Problem der intellektuellen Unterforderung im Beruf als umgekehrt. Und dies auch und gerade in Berufen, deren Erlangung einen höheren Universitätsabschluss vorraussetzen. Zuletzt beschreiben Sie die (zu erwartende) Normalverteilung des Merkmals “Intelligenz” als strukturelles Problem. Moment mal, haben Sie die Schule der strukturalisitschen Naturalisten besucht? Oder würden Sie die Tatsache, dass das Merkmal “Körpergröße” in der Bevölkerung normalverteil ist als Strukturproblem bezeichnen? Insoweit die Messskalen bis zum Erreichen einer Gaußschen Kurve angepasst wurden vielleicht Grüße, J.G.   

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