112-Peterson: Gott ist tot?

Gott ist tot”, das wohl berühmteste Zitat Nietzsches, wird oft vollständig aus dem Zusammenhang gerissen und falsch zitiert. Und wo es nicht falsch zitiert wurde, wurde es wenigstens falsch verstanden. Denn Nietzsche war einer der seltsamen Menschen, die in der Lage sind, gedanklich 50 oder sogar 100 Jahre in die Zukunft zu gehen. Und obwohl er im Allgemeinen als Feind des Christentums und des Aberglaubens angesehen wird und sicherlich ein unglaublich offener Gegner des christlichen Traditionalismus war, wusste er auch, dass, wenn man die alten Götter sterben lässt, die Wahrscheinlichkeit, dass es zu blutigen Auseinandersetzungen kommt, praktisch bei 100 Prozent liegt.

Daher kommt hier das Zitat im Original:

„Habt ihr nicht von jenem tollen Menschen gehört, der am hellen Vormittage eine Laterne anzündete, auf den Markt lief und unaufhörlich schrie: 'ich suche Gott! Ich suche Gott!' – Da dort gerade Viele von Denen zusammen standen, welche nicht an Gott glaubten, so erregte er ein großes Gelächter. Ist er denn verloren gegangen? sagte der Eine. Hat er sich verlaufen wie ein Kind? sagte der Andere. Oder hält er sich versteckt? Fürchtet er sich vor uns? Ist er zu Schiff gegangen? ausgewandert? – so schrieen und lachten sie durcheinander. Der tolle Mensch sprang mitten unter sie und durchbohrte sie mit seinen Blicken.

'Wohin ist Gott?' rief er, ich will es euch sagen! 'Wir haben ihn getödtet, – ihr und ich! Wir Alle sind seine Mörder! Aber wie haben wir diess gemacht? Wie vermochten wir das Meer auszutrinken? Wer gab uns den Schwamm, um den ganzen Horizont wegzuwischen? Was thaten wir, als wir diese Erde von ihrer Sonne losketteten? Wohin bewegt sie sich nun? Wohin bewegen wir uns? Fort von allen Sonnen? Stürzen wir nicht fortwährend? Und rückwärts, seitwärts, vorwärts, nach allen Seiten? Giebt es noch ein Oben und ein Unten? Irren wir nicht wie durch ein unendliches Nichts? Haucht uns nicht der leere Raum an? Ist es nicht kälter geworden? Kommt nicht immerfort die Nacht und mehr Nacht? Müssen nicht Laternen am Vormittage angezündet werden?

Hören wir noch Nichts von dem Lärm der Todtengräber, welche Gott begraben? Riechen wir noch Nichts von der göttlichen Verwesung? – auch Götter verwesen! Gott ist todt! Gott bleibt todt! Und wir haben ihn getödtet! Wie trösten wir uns, die Mörder aller Mörder? Das Heiligste und Mächtigste, was die Welt bisher besaß, es ist unter unseren Messern verblutet, – wer wischt dieß Blut von uns ab? Mit welchem Wasser könnten wir uns reinigen? Welche Sühnfeiern, welche heiligen Spiele werden wir erfinden müssen? Ist nicht die Größe dieser That zu groß für uns? Müssen wir nicht selber zu Göttern werden, um nur ihrer würdig zu erscheinen?"

Wo ist oben und unten?

Es ist also leicht zu erkennen, dass die Vorstellung dahinter eine ganz andere ist als das landläufige Gott ist tot”-Zitat, das ganz allgemein mit Nietzsche in Verbindung gebracht wird. Was will er damit aber ausdrücken?

Ein System wie das Christentum oder jedes andere System, das eine Gesellschaft tausende von Jahren ausgerichtet hat, kann nicht einfach durch eine spontane Laune ohne anschließende Konsequenzen ausgelöscht werden. Welche Konsequenzen? Nietzsche sagt: Wir werden nicht mehr wissen, wo oben und unten ist." Was meint er mit dieser Metapher? Nun, wir wollen doch alle nach oben, oder? Und umgekehrt wollen wir uns von dem, was unten ist, fernhalten. Wenn man aber die grundlegendsten Voraussetzungen seines Wertesystems auslöscht, dann gibt es kein Oben und Unten mehr. Und wo befindet man sich dann? Das ist schwer zu sagen, man war ja vorher noch nie in dieser Situation.

Wie ist das Leben, wenn man nicht weiß, wo oben und unten ist? Ist es einfach neutral? Gibt es einfach keine Werte mehr? Oder könnte es vielleicht der Fall sein, dass, wenn Oben und Unten beide abgeschafft wurden, dass der Ort, an dem man zurückgelassen wird, eher einem permanenten Leidenszustand ähnelt? Denn vielleicht ist es einfach nur so, dass die ständige Fähigkeit, sich anzustrengen, also ein Aufwärtsstreben, an das man glaubt, tatsächlich das ist, was das Leben für uns erträglich macht. Und wenn wir das Gefühl von oben und unten verlören, wäre das Ergebnis nicht so sehr neutral, sondern vielmehr schrecklich.

Die Alternative kennt keiner von uns

Jeder, der ein Glaubenssystem hat, tut folgendes. Nehmen wir an, Sie sind ein Verfechter der linken Politik, Sie vertreten eine umweltfreundliche oder konzernfeindliche Haltung. Unter Studenten also eine übliche Einstellung. Was tut man, wenn man diesem Glaubenssystem anhängt? Man betrachtet die Welt, wie sie sich darstellt und erklärt, wie sie sich manifestiert in Hinblick auf die Grundsätze dieses Glaubenssystems. Das haben Sie bestimmt schon an sich selbst beobachten können. Sie können eine glaubwürdige Geschichte darüber erzählen, warum die Welt so ist, wie sie ist, indem Sie beispielsweise eine unternehmensfeindliche Perspektive einnehmen, denn es gibt alle möglichen schrecklichen Dinge auf der Welt, die eine Folge von Unternehmenssteuerung sind.

Man könnte also sagen, dass das eben Beschriebene eine notwendige Entwicklungsphase ist, um die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Glaubenssystem zu erlangen. Warum? Nun, jedes Oben ist besser als gar nichts. Das wäre die erste Beobachtung. Selbst wenn Ihr Glaubenssystem relativ unzureichend und intellektuell leicht infrage zu stellen und möglicherweise auch nicht sehr vollständig ist: Die Tatsache, dass es für Sie eine moralische Struktur ausarbeitet und Sie Gut von Böse und Recht von Unrecht unterscheiden lässt, macht es in jedem Fall zu einem Vorteil. Womöglich zeugt es von intellektueller Schwäche und Widersprüchlichkeit, was in jedem Fall einen Mangel darstellt. Aber das bedeutet nicht, dass der Aufwand, ein solches System aufzubauen, sich nicht lohnen würde, im Gegenteil, es lohnt sich. Und Nietzsche sagte, in Bezug auf das Christentum in Europa: Die intellektuellen und moralischen Fehler des institutionellen Christentums sind im Wesentlichen unzählbar.”

Dennoch sollte man folgendes nicht vergessen: Eine derartige Ordnung ist nötig. Denn die Alternative, die noch keiner von uns erfahren hat, da wir uns alle in einem moralischen System bewegen, ist viel schlimmer. Chaos ist viel schlimmer.

 

Dies ist ein Auszug aus einer Vorlesung von Jordan B. Peterson. Hier geht's zum Auszug und hier zum gesamten Vortrag.

Foto: jordanbpeterson.com

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Waltraud Köhler / 13.11.2019

Der Mensch wird nie ohne eine Form von Religion / Wertesystem leben. Vor dem christlichen Ein-Gott-Glauben gab es schließlich auch schon eine Religion. Bei uns glaubten wir an Donnar, Wodan und Freya und einige andere Götter, Im lateinischen Raum an Jupiter und all seine Untergötter, im grichischen war es Zeus mit seinen Untergöttern. Davor gab es über einige Jahrtausende in ägyptischen Raum die Götter der Pharaonen, wobei wohl der wichtigste Re, der Sonnengott war. Der Mensch benötigt eine Erklärung des unerklärbaren, dafür hat er sich Götter ausgedacht. Dann kam die Wissenschaft und erklärte uns nach und nach all das unerklärbare, wie z.B. Blitz, Donner, Schnee, Kälte und Wärme. Allerdings stößt selbst die Wissenschaft an ihre Grenzen, wenn sie gefragt wird, warum wurde unser Dorf überschwemmt und das Nachbardorf nicht? Warum sind unsere Felder trocken und die 50 km weiter nicht. Zudem mag es sein, dass einige Wissenschaftler genau das sogar verstehen, aber eben nicht das gemeine Volk. Deshalb gibt es nun eine neue Religion / Wertesystem. Da ist dann der oberste Gott der Klimawandel. Und auch dieser Gott ist wie all die anderen vor ihm friedlich und positiv zu stimmen durch persönlichen Verzicht. Der eine Gott hat ausgedient, er wurde ersetzt mit einen halbwissenschaftlichen neuen Gott. Dieser Gott ist zeitgeistgemäß weder männlich noch weiblich. Wir erleben einen Umbruch, Als Wodan weichen musste und durch eine Dreifaltigkeit ersetzt wurde, dürfte es ähnlich gewesen sein. Auch für die Menschen damals stürtze ein Wertesystem zusammen. 2000 Jahre unbefleckte Empfängnis sind vielleicht wirklich genug gewesen :-) Vor allem in Zeiten, in denen jede Frau ohne mit einem Mann zu schlafen ein Kind gebähren kann, also die unbefleckte Empfängnis zur Normalität geworden ist.

Ilona Grimm / 13.11.2019

Leseempfehlung an alle, die sich über die Zustände in unserer Welt (in Deutschland) wundern: “Wie der Teufel die Welt beherrscht“ (erhältlich bei Amazon oder EpochTimes). Das dreibändige Werk wurde von einem Team anonymer chinesischer Autoren verfasst, die die Schrecken des Kommunismus und ein Leben ohne göttlich verordnete Regeln und Werte, ohne Traditionen, ohne Kultur, ohne absolute Ethik usw. am eigenen Leib erfahren haben und nun außerhalb Chinas (trotzdem im Untergrund) leben und arbeiten. Die Mechanismen, die zahlreichen raffinierten Indoktrinierungs- und Manipulationsmethoden, mit denen der Kommunismus verbreitet wird - im Westen zunächst (noch) gewaltfrei und mit demokratischen Mitteln (Parteien, Wahlen) - werden akribisch und ohne Schnörkel beschrieben. // Band I: Pol.Korrektheit, sex.Freizügigkeit, Marsch durch die Institutionen, Revolte gg. Gott, Kulturrevolution im Westen, Zerstörung der Familie, Sozialsystem // Band II: Westl. Wohlfahrtsstaaten, Steuersystem, Enteignung, Verdrehung d. Gesetze, Bildung, Medien, Dekadenz, Kultur u. Traditionen // Band III: Terrorismus, Pseudoreligion Ökologismus, Klimahysterie, Globalisierung und Chinas Griff nach der Weltherrschaft. Die letzten Seiten befassen sich mit einem möglichen Ausweg aus der „Krise“. // Diese drei Bände erklären mir, warum die Welt gerade genau so ist wie sie ist. Meines Erachtens sind die Bücher unbedingt lesenswert für intelligente Menschen mit Gottglauben, aber genauso für Atheisten, Agnostiker, Skeptiker usw., die weder Gott noch den Teufel als real existierend anerkennen können oder wollen. /// Dieser Kommentar passt auch zu dem heutigen Beitrag über die deutschen Bedürfnisanstalten, insbesondere an Unis.

Michael Puhlmann / 13.11.2019

“... die Alternative… ist ...Chaos”. Das ist, werter Herr Peterson, etwas irritierend. Das Chaos ist da. Es war nie nur eine Alternative. Es war schon immer da. Und es war überall. Es wird auch immer da sein. Jedenfalls aus naturwissenschaftlicher Sicht. Die Evolution hat innerhalb des Chaos’ einige stationäre Entwicklungsstufen geschaffen, die trotz chaotischer Außenwelt eine lediglich begrenzte Lebensdauer haben. Wir erleben momentan den evolutionären Wandel einer religiösen Menschheit zu einer naturorientierten. Dies wird leider begleitet von extremen Überbewertungen in alle Richtungen. Aber die Menschheit erkennt und versteht immer besser die unserem Universum zugrundeliegenden Naturgesetze. Das bedeutet unweigerlich für die Zukunft eine Abkehr von Religionen als unwissenschaftliche Erklärversuche der natürlichen Zusammenhänge und Erscheinungen. Wieso sollte dann nicht am Ende, wenn diese Entwicklung erfolgreich verläuft, der Glaube an den Menschen und an die zufällige Natur als ein Evolutionsziel stehen? Da ist noch so viel zu entdecken. Leider besteht auch die Gefahr des Abdriftens in eine alternative und zerstörerische Richtung. Deshalb aber ist doch der Atheismus weder eine intellektuelle Schwäche und Widersprüchlichkeit noch gar ein Mangel an moralischer Struktur ohne Gut und Böse. Sondern er ist möglicherweise eine evolutionäre Weiterentwicklung der Menschheit, die nicht auf eine körperliche Optimierung, sondern auf eine Vervollkommnung der menschlichen Intelligenz abzielt und damit Gefahren erkennen und ihnen gemessen begegnen kann. Und die alles Leben achtet! Wozu braucht es da einen Gott?

Martina Hagedorn / 13.11.2019

Wer gegen die Religion argumentiert, der bekämpft in Wahrheit das freie Denken. Er herrscht sehr große Verwirrung um und über diesen Begriff, denn eine gute Definition braucht Platz, Raum und Zeit. Alle Religionen sagen etwas anderes, keine ist gleich, ALLE widersprechen sich. Alle lassen sich sehr fein unterscheiden. Der Atheismus ist auch eine Religion. Alle widersprechen sich. Nur einer kann recht behalten, sagt die scharfe, klare Logik. Entweder ist das Denken frei oder nicht. Hat sich hier noch keiner ernsthaft gefragt, warum die Linken, die die Bibel niedergemacht haben, also Lügen über diese verbreitet, dem gottlosen Koran die Füße küssen und es verteidigen? Hat sich keiner gefragt, warum die Linken Juden haßen, vor allem deren Staat Israel? Haß auf Juden und Haß auf Christen aber Anbetung einer Todeskultur wie dem gottlosen Islam, durch Atheisten? Wären die Linken ehrlich, müßten sie den Koran verfolgen und verbieten und diejenigen, die den Respekt und Achtung vor dem Nächsten verteidigen (Christen) beschützen. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Heute dürfen Muslime hierher einreisen, aus aller Welt, und Christen die hierher wollen, werden ausgewiesen. Israel ist der Beweis für die Existenz des christlich-jüdischen Gottes. Das jüdische Volk würde ohne den biblischen Gott überhaupt nicht existieren. Es wäre längst ausgestorben, laut atheistischer Dogmatik. Der christliche Gott liebt die Gerechten. Gäbe es nur Gerechte auf der Welt, hätten wir keine Probleme. Letztlich dreht sich alles um die Frage: wer definiert was gut oder böse ist? Nietzsche hat die Frage falsch beantwortet, er log und beschuldigte die Falschen. Und jetzt wartet seine schlafende Seele auf das Jüngste Gericht. Nur das Christentum bietet die perfekte Gerechtigkeit. Wer es nicht glaubt, der prüfe nach. In der Bibel wird mehrfach aufgefordert, seinen Verstand zu gebrauchen und der Glaube ist ein Weg. Der andere: Wahrheit, nichts als die Wahrheit. Wer nicht glaubt, der SOLL PRÜFEN!!

H.-J. Ewers / 13.11.2019

Vielleicht gab es ja den „Glaubensgegenstand“ der „Glaubens-Infizierten“ zu irgendeiner Zeit einmal. Es könnte aber sein, dass er dann irgendwann Scham und Gram darüber empfand, wie überwiegend verwerflich Er Sich ausweislich des „Alten Testamentes“ gegenüber den Menschen (Israeliten) aufgeführt und benommen haben soll. Aufgrund dessen hat sich der „Glaubensgegenstand“ der „Glaubens-Infizierten“ vielleicht endlich später so selbstkritisch beurteilt, wie Er vom britischen Zoologen, theoretischen Biologen und Evolutionsbiologen Richard Dawkins  in seinem Buch „Der Gotteswahn“, S. 45, gesehen wird: „…eifersüchtig und auch noch stolz darauf; ein kleinlicher, ungerechter, nachtragender Überwachungsfanatiker; ein rachsüchtiger, blutrünstiger ethnischer Säuberer; ein frauenfeindlicher, homophober, rassistischer, Kinder und Völker mordender, ekliger, größenwahnsinniger, sadomasochistischer, launisch-boshafter Tyrann“. Der letzte „Allmachts- und Freiheitsgebrauch“ des „Bibeldämons” bestand deswegen evtl. darin, Sich Selbst in allem auf das Maß eines gewöhnlichen Menschen (evtl. in der Person Jesus‘, der ja ganz Mensch gewesen sein soll ?) geschrumpft  und gleichzeitig Seine „Allmacht“ unwiderruflich und für alle Zeit aufgegeben zu haben. Das erklärt vielleicht, warum es bisher zu keiner Parusie Jesus‘ gekommen ist - denn ohne das angeblich „allmächtige biblische Megawesen” muss die Parusie ja notwendigerweise ausfallen.

Peer Munk / 13.11.2019

Wenn sich aber nun die Zweifel daran mehren, dass es einen Gott oder Schöpfer gibt? Es wurde die Evolutionstheorie entwickelt, mit der sich die Entstehung der Arten erklären lässt - ohne Gott, und zwar sogar besser, würde ich behaupten. Die Quantenphysik hat neue Erkenntnisse gebracht. Der medizinische und technische Fortschritt wäre unmöglich gewesen ohne Quantenphysik. Soll man das nun alles vergessen und trotzdem so tun, als gäbe es einen Gott?Soll man alle Zweifel daran ignorieren? Im übrigen haben sowohl Atheisten als auch Gläubige Verbrechen begangen. Und es gab Atheisten und Gläubige, die sich um die Menschlichkeit verdient gemacht haben. Vielleicht hat das gar nichts mit Glaube oder nicht Glaube zu tun.

Bernhard Idler / 13.11.2019

Die fundamentalistischen Atheisten behaupten gern, ohne Religion gäbe es keine Kriege und keine Unterdrückung. Angesichts der Geschichte seit der Aufklärung muß man schon ziemlich orthodox atheistisch sein, um das zu glauben. Am gefährlichsten ist aber die Ablehung von Religion, weil sie nicht vernünftig sei. Das impliziert, man halte die eigenen materialistische Überzeugungen für vernünftig. Die schlimmsten Greuel haben aber die Ideologien auf dem Gewissen, die sich selbst als rational und wissenschaftlich verstehen. Daß fortschrittliche, humane Ideen wie die Menschenrechte auf dem christlichen Menschenbild vom Menschen als Wesen mit unveräußerlicher Würde (nicht als molekulare Maschine) beruhen, kommt noch erschwerend hinzu (sie sind materialistisch nicht zu begründen und gelten selbstverständlich in atheistischen Systemen nicht).

Dieter Kief / 13.11.2019

“Jedes Oben ist besser als gar nichts.” Nun, das wäre vielleicht besser nicht gesagt worden. Oder wenigstens nicht so gesagt worden, denn es ist eine Übergeneralisierung, noch dazu eine - übeflüssige Übergeneralisierung. Aber wenn man solche Quisquilien beiseite lässt, hat der gute Dr. Peterson natürlich Recht. Was er sagt deckt sich, ein wenig umformuliert, weitgehend mit dem was der gute Dr. Habermas unter Rekurs auf den erstaunlichen Herrn Dr. Durkheim sagt.auch unter Rekurs auf dessen Nachfolger in der soziologischen Religionsdeutung Dr. Max Weber, aber vor allem unter Bezugnahme auf Karl Jaspers’ Überlegungen zur ACHSEN-Zeit, hehe, sagt: Dass Religionen Hochkulturen fundieren, sobald die Menschen sesshaft werden und sich zivilisieren (z. B. schreiben). Hochkulturen aber verstetigen (institutionalisieren) die Trennung zwischen weltlicher und spiritueller Sphäre und bilden so einen Kitt, der diese unwahrscheinlichen Gebilde nun über Jahrtausende zusammenhält - durch dick und dünn. Also der Kitt, das ist lt. dem Pas-de-deux der Herren Doktoren Habermas (Auch eine Geschichte der Philosophie, 1700 S., 58 Euro, gerade erschienen) - ahhh, dem Pas-de-deux sagte ich der Herren Doktoren Habermas und Jaspers besteht der Kitt der Hochkulturen aus dem Buddhismus, dem Taoismus, der antiken Griechischen Philosophie und - tatataa: Dem Judentum und dem Christentum - nicht zuletzt in ihrer Römischen Ausprägung. - Da der Herr Peterson mehr Jung liest als Weber, Jaspers und Durkheim, wird er vielleicht nicht en Détail, aber doch sicher grosso modo dieser Lagebeurteilung zustimmen. So wie ich auch seiner Idee zustimme, dass Menschen Oben und Unten (=Struktur) brauchen. Die Idee, dass diese Idee von Oben und Unten bereits durch und durch schlecht wäre, ist der Gründungsirrtum der Postmoderne des (frühen)  Foucault, und des gesamten Derrida und anderer Verwirrungskünstler wie Lyotard, Kemper, Deleuze/Guattari, aber auch etwelcher Feministischer Irrlichter wie Phyllis Chesler et. al.

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