Thilo Schneider / 04.09.2023 / 14:00 / Foto: Constantin Grünberg / 40 / Seite ausdrucken

Lehrer – eine Typologie aus aktuellem Anlass

Aus gegebenem Anlass denke ich an meine alten Lehrer zurück. Neben den wirklich guten gab es nämlich damals schon genau den unangenehmen Typus, der eben wieder für Aufmerksamkeit sorgte.

Lehrer. Wir alle kennen sie, wir alle hatten sie. Menschen, die vor uns standen und sich einmal mehr und einmal weniger engagiert darum bemühten, uns Schüler in die Schönheit der deutschen Sprache („Es heißt nicht „wegen dem Flecken“, sondern wegen des Fleckens, Genitiv, Schneider, Genitiv!“) einzuweihen oder Bücher besprechen zu lassen, die wir außerhalb der Schule eher weniger gelesen hätten. Im Lateinunterricht zog mir mein Lateinlehrer einst ein MAD-Heftchen (dessen langjähriger Chefredakteur damals der unvergleichliche Herbert Feuerstein war) aus der Schultasche, hielt es vor der Klasse hoch und rief empört aus: „Das ist Schund! Wer so etwas liest, aus dem wird nix!“ Recht hat er behalten. Die Fünf in Latein hatte ich mir redlich durch Faulheit verdient. Und weil ich bei Übersetzungen die gestelzten Worte in gut lesbares Deutsch übersetzte, um die Geschichte spannender zu gestalten. Das war gut zu lesen, hatte nur mit der Übersetzung nicht mehr viel zu tun… Ich bin trotzdem recht zufrieden. 

Dann gab es die Engagierten, die, die sich wirklich für Schüler und Schulstoff interessierten, mit denen man in Geschichte den Schlieffen-Plan diskutieren konnte, einfach, weil sie für Geschichte und die Geschichten in der Geschichte brannten. Und ich erinnere mich gerne an den einzigen Mathematiklehrer, der es tatsächlich schaffte, Mathematik so zu erklären, dass es die Schüler verstanden. Bei einem Klassenausflug saß der Mann in einer Ecke, las eine niederländische Zeitung und gab per Zuruf die Schachzüge bekannt, die er zu tun gedächte – ohne das Schachbrett zu sehen. Ich bin ein einigermaßen guter Schachspieler, aber nach 10 Minuten hatte er mich vernichtet. Ich denke gerne an ihn zurück. Riesentyp! 

Daneben gab es natürlich die Desillusionierten. Die, die kurz vor der Pensionierung standen, die 1940 noch Rassekunde gelehrt hatten und jetzt mit ihrem Schicksal haderten, dass das mit dem Endsieg knapp daneben gegangen war. Die standen einfach nur vorn und lasen aus den Schulbüchern vor, die offen vor uns lagen. Gelegentlich erwischte sich da jeder beim Sekundenschlaf. Die fragten einfach nur stur Stoff ab, ein Fest für Auswendiglerner, die Hölle für die, die lieber abstrahierten und sich selbst Gedanken machen. 

Ein Mann auf einer Mission

Es gab die jungen, progressiven Lehrer; ich denke da mit Freude an einen Englischlehrer, der mich aus der Klasse warf, weil ich einen Franz-Josef-Strauß-Sticker trug, während seine Buttons vor grünem Engagement („Stoppt Strauß!“, „Atomkraft? Nein danke!“, „Schwerter zu Pflugscharen“ und so Gedöns) nur so glühten. Dass er das nicht durfte, wussten wir damals nicht, und anscheinend hat es auch niemanden im Lehrerzimmer gestört. Es waren liberale Zeiten. Das Spiel funktionierte in beide Richtungen: Ich ging ins Sekretariat und verlangte nach Aufsicht, wie es mir als Schüler nach der „Allgemeinen Schulordnung“ zusteht. Fünf Minuten später war ich wieder in der Klasse. Ansonsten war der Typ ganz in Ordnung, weil er Paris–Dakar mitgefahren war. 

Und dann gab es eben die, die ihren Machthunger an ihren Schülern auslebten. Die auf einer Mission waren. Die dich zusammenschrien oder – sehr beliebt – Schularbeiten nach Noten austeilten. Die besten Noten zuerst, ich hatte also meistens Zeit, mich auf eine weitere Desillusionierung vorzubereiten. Die, die Schüler nicht als Schutzbefohlene, sondern als Feinde betrachteten, die möglichst vor der Klasse zu demütigen waren. Auch hier erinnere ich mich an einen Englischlehrer, der einen Mitschüler vor versammelter Klasse das „th“ üben ließ und den Jungen zum Löffel machte. Warum? Weil er es konnte. Oder weil er einfach nur ein Arschloch war. Ja, diese Typen hatten sich den Sekundenkleber in den Autoschlössern und an den Scheibenwischern redlich und ehrlich und stocksauer verdient.  

Ich glaube, der letzte Typus ist auch der, der Oiwonger jetzt zum Verhängnis wurde. Ein Mann auf einer Mission. Einer, der es nicht verknusen konnte, dass er irgendwo auf der Liste des SPD-Denunziantenstadls auf den hinteren Plätzen versauerte, während sein ehemaliger Schüler heute Vizeministerpräsident seines Bundeslandes ist. Das muss er schlecht verdaut haben, zumal die Veröffentlichung des brunzblöden Flugblatts so kurz vor der Wahl geschah, wo es doch seit Jahrzehnten in seinem Besitz ist. Und der glühende „Antifaschist“ auch noch auf Abi-Feiern herumlief und „Kronzeugen“ suchte. 

Dies sind die Lehrer, die sich, selbstverständlich nur das Beste wollend, ganz in den Dienst ihres Dienstherrn und nicht in den Dienst ihrer Schutzbefohlenen stellen. Und von denen wir froh waren, sie nach der Schule nie, nie, nie wieder sehen zu müssen. Aber manchmal kommen sie wieder. Und sei es nur als „Dokumentensammler“. 

(Weitere Strafarbeiten des Autors unter www.politticker.de)

 

Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.

Foto: Constantin GrünbergCC-BY 4.0 via Wikimedia Commons

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Thomas Kache / 04.09.2023

Ach ja, unsere Lehrer, aka Pauker. Mein Papa, selbst ein Solchiger, pflegte zu sagen: „Wer zünden will, muss selber brennen“. Ich befürchte, der Lehrer Graf brennt vor allem darauf, seinen Ehemaligen, den Aiwanger Hubert, zu verbrennen.

Regina Lange / 04.09.2023

Aiwangers Denunziantenpädagoge ist vom Typus “roter Kotzbrocken”! So einen musste ich auch zwei Jahre in Geschichte ertragen und weil ich anderer Meinung, in Sachen “wer hat die alleinige Schuld am Ersten Weltkrieg” war und ihm das auch sagte und starrköpfig bei meiner Meinung blieb, war ich gar nicht mehr gut bei ihm gelitten und er ließ mich das spüren! Gut das ich nicht in die Politik strebte, er hätte das wahrscheinlich auch vorgekramt um mir eins drauf zu geben!

Sabine Heinrich / 04.09.2023

@Gerd Alois Werz: Volle Zustimmung! Gegen diesen unsäglichen “Pädagogen” muss es Anzeigen hageln ohne Ende! Auch von der zuständigen Behörde! - Was für ein mieses kleines Würstchen (Pardon - ich möchte keine Fleischwaren beleidigen) ist dieser Wicht? - So - werde ich jetzt wegen meines unbotmäßigen Kommentars gelistet und verfolgt?

Sabine Heinrich / 04.09.2023

Ich freue mich, dass hier nicht das von mir erwartete Lehrerniedermachen stattgefunden hat. Dank an Herrn Schneider und die meisten Kommentatoren! Verpetzen wurde während meiner Schulzeit, die lange zurückliegt - geächtet -  auch von den allermeisten Lehrern. Selbst Lehrerin, musste ich allerdings die schlimme Erfahrung machen, dass unter einem Schulleiter - Emporkömmling aus einfachen Verhältnissen, nur zusammengehalten durch einen seiner 2 Anzüge und seiner damals (Mitte der 70er bis ca. 2000) nahezu uneingeschränkten Macht Intrigantentum, Mobbing gegen Kollegen, die wagten, nicht seiner Meinung zu sein, prächtig gediehen! Auch gegenüber schüchternen Eltern aus weniger begnadeten Verhältnissen, die ein schwieriges Kind hatten, war er meist erbarmungslos. Bei einflussreichen hat er gekuscht - der perfekte Untertan!-  Er hatte genau diese Klientel wie diesen Lehrer, der eine Schande für unsere Zunft ist - hinter sich: Die Petzer, die Intriganten, die Schleimer - eine widerliche Mischung, die sich Schülern gegenüber genau so mies benommen haben. Aber allesamt hatten sie sich in Machtpositionen hoch"gearbeitet” - der Konrektor, seine Nachfolgerin, der pädophile Personalratsvorsitzende (stets auf Seiten des Schulleiters, Ortsvorstand der SPD, der erst fallengelassen wurde, als es keine Möglichkeit mehr gab, ihn zu halten.) - Ich habe viele Lehrer gehabt, die mich für ihr Fach begeistern konnten - sogar Geschichte! Und unglaublich tolle Kollegen, die ihren Beruf mit Begeisterung, Können, Einsatzbereitschaft, Lebensfreude und Phantasie ausgeübt haben - und die von ihren Schülern auch im Rahmen ihrer Möglichkeiten Leistung gefordert - und sie dadurch zu Höchstleistungen, die dann auch entsprechend gewürdigt wurden-  angespornt haben. - In den letzten Jahren meiner Berufstätigkeit hatte ich den Eindruck, dass die nachfolgenden Junglehrer z.T. wie genormt aus Schubladen kommen würden. Durchaus meist fleißig, aber teilweise ziemlich naiv und lebensfremd.

Rainer Niersberger / 04.09.2023

Nur der Vollständigkeit halber : Heute sprechen wir von Lehrerinnen, in bestimmten Schulen zu etwa 99 %.  Am Gymi, das ich von 64 bis 73 besuchte, waren die Damen eine eher seltene Erscheinung.  Die Korrelation von Geschlecht und Ideologie, in bestimmten akademischen Bereichen, auch in den Medien, ist inzwischen kaum zu uebersehen. Dass diese Korrelation immer noch weitgehend verdrängt wird, der Einfluss der Effeminisierung allgemein, gehoert zu den Elefanten, die im Raum stehen, aber natuerlich nur umrundet werden. Es waere ja hochriskant, diese Verbindung zu thematisieren, wiewohl sie existentielle Folgen hat. Wer als Gasthoerer Philosophie den Lehrbetrieb fuer die Pflichtveranstaltungen der angehenden Lehrerinnen und somit auch sie selbst etwas kennenlernen durfte, auch die Inhalte und das Niveau, duerfte wenig verwundert ueber das schulische Ergebnis mit entsprechen Auswirkungen fuer die Schüler sein.

T. Schneegaß / 04.09.2023

Im Fall Aiwanger war es ein Lehrer, in tausenden gleichgelagerten Fällen waren und sind es der Nachbar, der Arbeitskollege, der Sportfreund, der gute Onkel aus der Verwandtschaft. Gemeinsamkeit: links (kommt von linken,  also hereinlegen, schaden). Rechts hätte auch gar keinen Sinn, da der Links-Staat rechten Denunziationen gar nicht nachgehen würde. Wenn also jetzt der Aiwanger gegen seinen Denunzianten vorgehen würde, würde was passieren? Nichts!

Andreas Ost / 04.09.2023

I’m Falle A.  duerfen auch persoenlicher Neid auf einen Erfolgreichen mitgespielt haben. Das timing stimmte,zwar, die Aktion aber nicht nur niedertraechting und hinterhaeltig, dsondern auch noch saubloed. Und dass dis SZ sich fuer so etwas hergab, spricht fuer den Niedergang des deutschen Journalismus

Burkhart Berthold / 04.09.2023

Off topic: Wir hatten in München einen Kunsterzieher, einen alten, hageren Knacker, der uns - eine anerkannt schwierige Klasse - in der 11. übernahm und mit uns italienische Renaissance machte. Vor ihm hatten wir schon einige Kunsterzieher gekillt. Er aber liebte seine Renaissance, und es dauerte keine zwei Wochen, da saßen wir mucksmäuschenstill im verdunkelten Zeichenraum und diskutierten mit ihm voller Begeisterung endlose Dia-Shows mit Giotto & Co. Dieser Lehrer fuhr mit uns dann auch nach Florenz und Venedig. Ehre seinem Andenken! Die übrigen Lehrer mochten ihn gar nicht.

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