Am 1. Juni bekam ich vom Piper Verlag in München eine Presse-Information, in der es um das kurz zuvor erschienene Buch von Heiko Maas ging. Der Verlag habe, hieß es in der Info, „rechtliche Schritte gegen die AfD-Fraktion Thüringen und deren Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke eingeleitet“. Höcke habe am 31. Mai auf seiner FB-Seite „einen Facebookeintrag gepostet, auf dem ein gefälschtes Cover des kürzlich bei Piper erschienenen Buches Aufstehen statt wegducken zu sehen ist“. Dabei habe er den Untertitel des Buches, das im Original Eine Strategie gegen Rechts lautet, in Eine Strategie gegen das Recht verändert.
Der Verlag fand das gar nicht witzig. „Die Fälschung des Covers wird nicht als solche kenntlich gemacht und ist somit denjenigen, denen das Originalbuch nicht bekannt ist, nicht ersichtlich.“
Nun gehört es zum Wesen von Fälschungen, dass sie eben nicht „als solche“ kenntlich gemacht werden. Die Titanic lebt von solchen Scherzen, die heute-show ebenso. Aber Piper, der sehr erfolgreich den Satiriker Michael Moore vermarktet hatte, war nicht zu Scherzen aufgelegt. Deswegen hatte der Verlag bereits am 31. Mai „über seinen Anwalt die AfD Thüringen sowie Herrn Höcke aufgefordert, umgehend eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben“.
Nicht nur relevant, auch wichtig
Die Presse-Information schloss mit einem Statement der Piper-Verlegerin Felicitas von Lovenberg: „Wenn es eines Relevanznachweises für das wichtige Buch von Heiko Maas bedurft hätte, so liefern ihn solche Aktionen wie die der AfD sowie die tendenziösen und hasserfüllten Bewertungen des Buches im Netz.“
Im Zeitalter des Internets können Verleger sich die Rezensenten ihrer Bücher nicht mehr aussuchen. Jeder Amazon-Leser kann und darf jetzt rezensieren, und etliche machen es erstaunlich sachkundig. Zudem weiß jeder Verleger, dass nur eines schlimmer ist als tendenziöse oder gar hasserfüllte Bewertungen eines Buches: gar keine. Die tautologische Feststellung, eine solche Aktion wie die der AfD sei ein „Relevanznachweis“ für das „wichtige“ Buch von Heiko Maas, enthält auch eine Prise Dankbarkeit.
Neugierig geworden, fragte ich bei meiner Buchhändlerin nach, wie sich das Heiko-Maas-Buch verkaufe. „Wie Ziegelsteine in einem Fischladen“, sagte sie. Ein schrecklicher Verdacht schoss mir durch den Kopf. Könnte es sein, dass die Verlagsaktion gegen die AfD nur ein Werbegag war, um einem Ladenhüter zum Erfolg zu verhelfen? Ich schrieb eine email an die Pressestelle des Piper Verlages und bat, mir vier Fragen zu beantworten:
„Wie hoch ist die Auflage des Maas-Buches? Wie heißt der Co- bzw. Ghostwriter des Ministers? Hat irgendeine Bundesbehörde das Buch gefördert, sei es direkt oder durch die Abnahme eines Buchkontingents? Und: Bei welcher Stelle hat der Verlag die Anzeigen gegen Höcke und AfD Thüringen erstattet? Ist der Fall von öffentlichem Interesse oder gehen Sie den Weg der Privatklage?“
Die Auflage ist ein Geheimnis
Tags darauf antwortete die Pressestelle. „Vielen Dank für Ihre Mail! Leider ist Frau Brenndörfer, die Pressechefin vom Piper Verlag, heute nicht im Verlag. Ihre Kolleginnen dürfen zu diesem Buch keinerlei Informationen rausgeben." Nicht einmal die Höhe der Auflage. Nur Frau Eva Brenndörfer persönlich könne das. "Ich habe ihr eine email mit der Bitte um Rückruf geschickt. Sobald ich sie gesprochen habe, kriegen Sie die Infos.“
Ich wartete acht Tage, zwei Tage länger als Gott brauchte, um die Welt zu erschaffen, und schrieb dann eine weitere mail an die Pressestelle bei Piper. „Darf ich Sie in aller Höflichkeit an Ihre mail vom 2. Juni erinnern? Ist Frau Brenndörfer immer noch nicht vom Einkaufen zurück? Gibt es wirklich im großen Hause Piper niemanden, der meine Fragen beantworten könnte?“
Die Antwort kam wieder umgehend, war aber unbefriedigend. Eine Kollegin von Frau Brenndörfer ließ mich wissen, es sei „ungewöhnlich“, dass sich Frau Brenndörfer so viel Zeit lasse, sie sei „sonst immer sehr bemüht, jede Rückfrage zu beantworten“. Das war’s. Danach kam nix mehr. Ich vermute, Frau Brenndörfer steckt noch immer in einem Aufzug bei Sport Scheck oder wurde von Aliens entführt.
Was aber macht das Buch von Heiko Maas? Ich schaute bei Amazon nach. Genau vier Wochen nach seinem Erscheinen am 23. Mai hatte es 118 Käufer bzw. Leser zu „Kundenrezensionen“ animiert, von denen 111 dem Buch nur einen von fünf Sternen gegeben hatten. Ebenso enttäuschend war die Platzierung auf Rang 24.203. Nicht gerade ein „Relevanznachweis“ für das „wichtige Buch“ des Ministers.
Sieht aus, als hätte die Sache mit der AfD nicht viel gebracht. Obwohl dem Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung gegen Björn Höcke und die AfD stattgegeben wurde.