Vera Lengsfeld / 02.08.2018 / 18:00 / 16 / Seite ausdrucken

Zweierlei Maß ist in der deutschen Politik

Gestern rauschte eine Meldung durch die Medien, die von einer Verschärfung des Asylrechts durch die Bundesregierung berichtete. Die staunende Öffentlichkeit erfuhr, dass künftig Asylbewerber auch bei der Überprüfung ihres Asylstatus mitwirkungspflichtig seien. Das heißt, dass sie bislang nicht einmal erscheinen mussten, wenn eine Prüfung ihres Asylstatus anstand. „Es ist wieder eine Verschärfung des Asylrechts: Anerkannte Flüchtlinge müssen künftig auch dann bei Behörden erscheinen, wenn ihr Status überprüft und gegebenenfalls beendet werden soll“, empörte sich eine Agentur. Es sei „nicht hinnehmbar, dass die regelmäßige Überprüfung, ob ein Schutzbedarf noch besteht, ins Leere läuft, wenn die Personen nicht zur Überprüfung erscheinen müssen", erklärte Innenminister Horst Seehofer (CSU). Das fällt ihm jetzt erst auf? Die beschlossene Änderung sei ein "weiterer wichtiger Schritt für mehr Qualität im Asylverfahren".

Als geübte Zwischen-den-Zeilen-Leserin erfahre ich, dass die Asylverfahren bisher mangelhaft ausgeführt wurden. Deshalb müssten insbesondere Asylentscheidungen des BAMF aus den Jahren 2015 bis 2017 "noch einmal gründlich überprüft" werden. Es soll sich um rund 260.000 Asyl-Entscheidungen handeln. Inzwischen läuft der Familiennachzug von Menschen mit Asylstatus auf Hochtouren. Was wird mit diesen Angehörigen, wenn sich nach „gründlicher“ Prüfung herausstellt, dass der Asylbescheid zu Unrecht ergangen ist?

Übrigens ist die „Verschärfung“ nicht mehr als ein Gesetzentwurf, der erst noch durch den Bundestag muss. Die Aufweichung des Vorhabens ist schon angekündigt. Es soll das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Schutzberechtigte entweder mit den "Mitteln des Verwaltungszwangs", also beispielsweise einem Zwangsgeld, zur "Erfüllung seiner Mitwirkungspflichten anhalten" können – oder nach Aktenlage über den Widerruf oder die Rücknahme einer Schutzberechtigung entscheiden. Das ist zu viel Zwang für die SPD. Ihre Innenpolitiker Högl und Lischka haben bereits angekündigt, Zwangsgeld oder Entscheidung nach Aktenlage sein „nicht unbedingt zielführend“.

Lesen Sie das Ganze noch einmal uns setzen Sie statt Schutzsuchende Steuerzahler und statt BAMF Finanzamt. Für jeden Steuerzahler ist es selbstverständliche Pflicht, nicht nur bei der Erstellung der Steuererklärung, sondern bei einer eventuellen späteren Überprüfung mitzuwirken. Sollte er es wagen, eine solche Mitwirkung abzulehnen, drohte ihm nicht nur Zwangsgeld, sondern sogar Haft. Kein Innenpolitiker der SPD käme auf die Idee, ein solch scharfes Vorgehen als „nicht zielführend“ zu bezeichnen.

Bei der gestern beschlossenen „Verschärfung“ handelt es sich wohl wieder einmal nur um eine Schimäre, mit der den Bayern weisgemacht werden soll, dass sie beruhigt ihr Kreuz bei der CSU machen können, damit alles gut wird.

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Leserpost

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Michael Lorenz / 02.08.2018

“Nicht zielführend” stimmt schon sehr präzise. Man muss nur schauen, um welches Ziel es geht. Betrachtet man Merkel als grünste Parteivorsitzende aller Zeiten, die SPD als deren willigste Helfer und das folgende Zitat, erkennt man sofort, warum jegliche Maßnahmen, die die Migration auch nur minimal stören könnten, wirklich nicht zum Ziel führen: “Wir, die Grünen, müssen dafür sorgen, so viele Ausländer wie möglich nach Deutschland zu holen. Wenn sie in Deutschland sind, müssen wir für ihr Wahlrecht kämpfen. Wenn wir das erreicht haben, werden wir den Stimmenanteil haben, den wir brauchen, um diese Republik zu verändern.“ (Ob authentisch oder Cohn-Bendit nur zugeschrieben, weiß ich nicht. Aber die Realität bildet es allemal ab!)

Ilse Polifka / 02.08.2018

Bei jedem Antrag auf Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch XII ( das ist Sozialhilfe ) muss der Antragsteller mitwirken, sonst erhält er keine Leistung. So steht es im Gesetz. Das gilt aber wohl nur für die, die schon ganz lange hier sind.

Sabine Schönfelder / 02.08.2018

Wohl wahr. Ein paar zackige Vokabeln über den Äther geschickt, ‘prüf’ , ‘Asyl’, ’ Verschärfung’ sollen dem Zuhörer suggerieren, wir Politiker tun was, Zucht und Ordnung werden wiederhergestellt. Rührt euch! Tatsächlich wird an einer Groteske rumgeschraubt , wobei man darüber sinnieren könnte, ob diese sogenannte Verschärfung nichts oder garnichts bringt. Aus Gründen der Routine heult die SPD trotzdem schmerzhaft auf, ob der offensichtlichen politischen Camouflage. Den Gipfel und gleichzeitig die eindeutige Marschroute der deutschen Flüchtlingspolitik stellt die bereits von Ihnen erwähnte Tatsache dar, Verwandtschaft von Flüchtlingen ins Land zu holen, deren Asylstatus noch nicht und vielleicht nie bewilligt wird. Der deutsche Steuerzahler soll beruhigt zur Urne wandeln, als Zahlmeister für eine unkontrollierte Migration. Echte Schutzsuchende sind lange nicht mehr das Thema, 80% müßten sonst nicht Papere fälschen oder entsorgen. Quo vadis Deutschland?

Karla Kuhn / 02.08.2018

“....dass künftig Asylbewerber auch bei der Überprüfung ihres Asylstatus mitwirkungspflichtig seien. ”  Ist das Vera….. pur ?? Fragen Sie mal einen Hartz IV Antragsteller, der zu spät kommt, nicht alle Papiere dabei hat oder noch schlimmer, auf seinen Kontoauszügen einen Posten, der zwar harmlos ist aber für den Bearbeiter suspekt erscheint, was dem passieren kann !! Immer wenn ich denke, die Skala des Wahnsinns muß doch irgendwann mal erreicht sein, kommt es noch dicker. Falls das eine Wahlkampfstrategie sein soll, kann ich mir nicht vorstellen, daß sie noch viel Nutzen bringt.

Wolfgang Kaufmann / 02.08.2018

Die germanozentrische Reduktion unseres Geschichtsunterrichts auf die Tausend Jahre führt zum deutschen Trauma. Für viele ist der Deutsche immer böse und der Ausländer immer gut. – Andere Nationen lernen in der Schule fünf oder mehr Jahrhunderte kulturelle und militärische Leistungen ihres Volkes, nicht zuletzt bei der Verteidigung des eigenen Landes: Spanien 1492, Ungarn 1526, Malta 1565, Italien 1571, Polen 1683. Nur Deutschland fixiert sich auf die Verliererrolle 1918 und 1945; selbst 1989 gipfelt in der Gleichschaltung von Maastricht. Sollen wir politisch zu identitätslosen Europäern gemacht werden, schwankend und ischiaskrank, bevor uns die Neuen Deutschen Organisationen zeigen, wo der Bartel das Moos holt?

Silas Loy / 02.08.2018

Im Grundgesetz steht ganz ausdrücklich, unverändert und absolut logisch: Wer aus einem sicheren Drittstaat nach Deutschland einreist hat keinen Anspruch auf Asyl. Warum dann überhaupt ein Anspruch geltend gemacht werden darf und dabei auch noch (wie sonst in keinem Land der Welt) der Rechtsweg offensteht, können nur noch ganz hartgesottene Winkeladvokaten (nicht) erklären. Mit der deutschen Verwaltung (Remonstration hin, Rücktritt her) konnten deutsche Regierungen schon immer alles machen. Und noch viel mehr.

Klaus Bierwagen / 02.08.2018

Vermutlich handelt es sich hier nicht um deutsche Politik ubd dafuer gibt es noch mehr Beispiele,

Sabine Drewes / 02.08.2018

Das erinnert mich an meinen Lieblingsspruch aus dem Lateinunterricht: Quod licet iovi, non licet bovi. Preisfrage: Wer ist hier das Rindvieh und wer ist Jupiter? Nur Ihr Fazit teile ich so nicht, liebe Frau Lengsfeld. Der jetzige Innenminister macht doch nur, was seine Amtsvorgänger versäumt haben. Und mit Ihnen die Bundesregierungen, denen Seehofer nicht angehörte. Wenn die SPD sich mal wieder querstellt, trägt sie für die Folgen die Verantwortung.

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