Markus Vahlefeld / 19.01.2020 / 11:30 / Foto: Kalispera Dell / 90 / Seite ausdrucken

Zwei Sternminuten des Fernsehens: “Sie sind am Ende”

Zwei Sternminuten des Fernsehens, die Sie sich nicht entgehen lassen sollten. Beim Talk im Hangar 7 des österreichischen Fernsehsenders servusTV vom 16. Januar 2020, trifft ein bestens gelaunter Prof. em. Norbert Bolz auf den Chefredakteur der liberalen österreichischen Wochenzeitung Falter, Dr. Florian Klenk. In der kurzen Sequenz ist alles drin, was zukünftige universitäre Seminare der Kommunikationswissenschaft untersuchen müssen, um perfide Machtausübung und die Asymmetrie der Debattenkultur zu begreifen. In Kürze:

1. Klenk erkennt an dem Prinzip "Hörensagen" eine denunziatorische Verrohung des Diskurses, an der die Rechten Schuld tragen.

2. Den von ihm als Verrohung definierten Parameter wendet er nun selbst an und führt eine Untersuchung ins Feld, die Norbert Bolz nachgewiesen haben soll, sich radikalisiert zu haben.

2.a) Den üblichen Diskursgesetzen folgend müsste sich Bolz gegen den Vorwurf, sich "rechtsradikalisiert" zu haben, nun verteidigen und wäre damit bereits in Klenks Falle gelaufen. Sie bezweckt nichts anderes, als den Diskurs von der Sache weg hin zur Person Bolz zu verschieben. Rechts/Radikal/Hass/Hetze dienen hier ausschließlich der ad-hominem-Unterstellung, um den Disskussionsgegner in der Sache zu entmündigen.

3. Bolz bleibt stattdessen sachlich und fragt nach, welche Aussage von ihm denn genau radikal sein soll.

4. Klenk hat keine Antwort, weil er ja nur mit dem Prinzip "Hörensagen" argumentiert hat. Er möchte die Diskussion beenden.

5. Bolz bleibt hartnäckig und spießt den Fall nun exemplarisch auf. 

6. Klenk leitet einen Strategiewechsel ein, indem er in der Hartnäckigkeit einen Beweis der Radikalisierung von Bolz erkennen will.

7. Bolz geht auch darauf nicht ein, sondern insistiert auf der Bitte, Klenk möge nur einen einzigen radikalen Gedanken von Bolz benennen.

8. Klenk ist nun in der Sach-Falle und kann nicht antworten. Er leitet einen weiteren Strategiewechsel ein: Klenk gibt vor, dass die von ihm getroffenen Aussagen ja auch für ihn selbst und jeden im Raum gelten würden.

9. Bolz, der sicher die Strategien der universitären K-Gruppen aus Selbstanklage und Läuterungswille nur zu gut kennt, kommentiert kühl: "Ach, jetzt kommt die geheuchelte Selbstkritik."

10. Das hilflose Gesicht von Klenk ist recht hübsch anzusehen.

Und das in zwei Minuten. Schöner war Fernsehen selten:

https://twitter.com/i/status/1218112540372340736

 

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Leserpost

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U. Lutz / 19.01.2020

Herr Prof. Bolz, das war richtig großes Kino in nur 2 Minuten! Ich habe es mir gleich 2× angesehen.

Martin Schott / 19.01.2020

In einer Talkshow in Deutschland wäre Prof. Bolz 5:1 inklusive Moderator niedergemacht worden. Intellekt und Bildung hin oder her. Daher ist auch der Erkenntnisgewinn aus solchen Sendungen gleich Null. Prof. Bolz habe ich schon als Stammgast im „nachtstudio“ von Volker Panzer (ZDF) sehr gerne gesehen. Lang ist‘s her. Eine vergleichbare Sendung gibt es im deutschen Fernsehen heute nicht mehr.

Paul Liesner / 19.01.2020

Herr Professor Bolz wünsche ich mir mal in einer deutschen Talk Show, wenn z. B. Robert Habeck von den Grünen mit am Tisch sitzt.

Dietmar Herrmann / 19.01.2020

Im buntländischen Qualitätsrotfunk wäre der Delinquent so oft ungehindert unterbrochen oder bedarfsweise niedergekreischt worden (die sog. Waffen der Ökofrau), daß er seine elegante Reposte überhaupt nicht hätte äußern können. Noch ein aktuelles Beispiel für Verbalframing: bei der Rückfahrt vom Dienst schaltete ich zwecks Zerstreuung das Radio ein und geriet in eine Gottesdienstübertragung meines heißgeliebten Rotfunks, wobei sich ein Himmelskomiker über den aktuellen Sittenverfall ereiferte, der sich an Formulierungen wie “wir werden sie jagen” belegen ließe ; klarer Sidekick gegen die Schwefelpartei und deshalb ein essentieller Teil der Seelsorge. Daß seine Spießgesellen ihre Gegner “grillen” wollen, ist selbstverständlich völlig unproblematisch.

Thomas Taterka / 19.01.2020

Er hat” Glück “, daß er bereits draußen ist. Im Berufsleben der Zukunft sieht das so aus : auf den Vorwurf vom Hörensagen muß nicht näher eingegangen werden, denn drei gebriefte Kollegen können bezeugen, daß er behauptet hat, daß “die Sonne jeden Morgen tatsächlich aufgeht “. Da kann er entgegnen, was immer ihm Freude macht. Der Posten wird auf jeden Fall ” frei “, für den nächsten Nachrücker. - Und : oh ja, Norbert Bolz konnte sich wehren gegen Störer, aber damals war die FU auch noch ” frei “. Die “Waffen” eines Intellektuellen sind nur in einer freien Gesellschaft scharf. Hinweis : Die “Kollegentribunalsequenz” in Bentons Verfilmung vom ” Menschlichen Makel ” ist der realistische Prototyp von heutigen Vorwurfsbesprechungen im Arbeitsleben. Gehört, gesehen, erlebt.

Johannes Petrisor / 19.01.2020

Zuerst, Bolz hat da erbarmungslos zugeschlagen und er hatte Recht. Zweitens, einen Moderator mit dieser Frisur hätte es in eine deutschen Talk niemals gegeben.

Frank Holdergrün / 19.01.2020

Wer wissen will, wie täglich genau so argumentiert wird, höre oder lese den DLF kultur Kommentar von heute: “Scheinheiligkeit ist schlimmer als Lüge, Ein Kommentar von Arnd Pollmann.” Ein kleiner Auszug: “Machiavelli wusste, dass die Herrscher dabei trotzdem den schönen Schein der Glaubwürdigkeit wahren müssen. Sonst wird ihnen niemand folgen wollen. Dies lässt sich selbst noch am Erfolg des vermeintlichen Dauerlügners Trump oder auch an der AfD ablesen: Dass Politiker auf ihre Anhänger glaubwürdig wirken, ist durchaus damit vereinbar, dass sie zugleich unentwegt faktenwidrigen Unsinn erzählen. Die Medienkompetenz der Öffentlichkeit wächst. Sicher, wer heute von „Lüge“ in der Politik spricht, macht sich verdächtig, selbst zu viel auf Pegida-Demos gewesen zu sein oder nicht mitbekommen zu haben, dass es „die“ Wahrheit gar nicht gibt. Wenn es aber tatsächlich keine Wahrheiten mehr gäbe, gäbe es auch keine Lügen mehr. Und wer wollte das ernsthaft behaupten?“ Etc. pp. Am Ende des Kommentars ragen die beiden geradlinigen Heroen Thunberg und Habeck auf den Gipfeln der Wahrheit. OMG.

Petra Meinhardt / 19.01.2020

Sehr erquicklicher Talk. Die ganzen 20 Minuten (auf yout…) sind erfrischend. Sowas würde ich mir auch im deutschen ÖR wünschen. Besonders Bolz hat mir gefallen, hat die Öffentlichkeit wissen lassen wie Wasser gepredigt, aber Wein getrunken wird. Weiter so!

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